Biografiearbeit als Angebot für Menschen mit Demenz. Warum ist Biografiearbeit für die Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen sinnvoll?


Hausarbeit, 2018

11 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Krankheitsbild „Demenz“

3. Was ist Biografiearbeit?

4. Bedeutung von Biografiearbeit fur die Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Demenz ist eins der haufigsten Krankheiten im Alter und ein oft erwahntes Thema. Im Jahr 2015 waren ca. 1,5 Millionen Menschen in Deutschland demenziell erkrankt (vgl. Phillip- Metzen 2015: 9). Aufgrund des demografischen Wandels und der derzeitigen MaBnahmen in Pravention und Therapie, wird sich die Zahl der Erkrankten bis 2050 ungefahr verdoppeln. Es wird von ca. 300.000 Neuerkrankungen jahrlich ausgegangen (ebd.: 14). Ohne die Berucksichtigung lebensgeschichtlicher Hintergrunde bleiben die Bedurfnisse von Menschen mit Demenz haufig unerkannt oder werden falsch interpretiert, was dann eine Bedrohung oder Reduzierung ihres subjektiven Wohlbefindens bedeutet. Und nur durch die Kenntnis und intelligente wie auch sensible Nutzung bedeutsamer „Anker“ (z. B. Hobbys, berufliche Hintergrunde, bedeutsame Personen usw.) gelingt es, eine Beziehung aufzubauen und Situationen emotional positiv zu gestalten. Durch die Auseinandersetzung mit der Biografie sind Pflege- und Betreuungspersonen in der Lage, individuelle MaBnahmen fur Menschen mit Demenz zu erarbeiten und soziale Aktivitaten den Wunschen entsprechend zu gestalten.

Im ersten Abschnitt meiner Hausarbeit mochte ich aufzeigen, was unter einer Demenz zu verstehen ist und welche Auswirkungen dies auf die Betroffenen haben kann. Im zweiten Kapitel beschaftige ich mich mit dem Begriff der Biografiearbeit. Dazu zahlen auch die Formen von Biografiearbeit. SchlieBlich erlautere ich die speziellen Aspekte der Biografiearbeit im Hinblick auf demenzkranke Menschen. Das vierte Kapitel gibt einen Uberblick uber biografieorientierte Ansatze in der Arbeit mit demenzkranken Menschen. Dort wird erlautert, warum Biografiearbeit fur die Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen sinnvoll ist.

2. Das Krankheitsbild „Demenz“

Kaum ein anderes Gesundheitsproblem stellt heutzutage eine derartig groBe Herausforderung dar wie die Demenzerkrankrungen. Aber was steckt hinter dem Begriff „Demenz“ eigentlich? Zum Verstandnis dient die Definition der deutschen Gesellschaft fur Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde. „Demenz ist ein Syndrom als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Storung vieler hoherer kortikaler Funktionen, einschlieBlich Gedachtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfahigkeit, Sprache, Sprechen und Urteilsvermogen im Sinne der Fahigkeit zur Entscheidung. Das Bewusstsein ist nicht getrubt. Fur die Diagnose einer Demenz mussen die Symptome nach ICD uber mindestens 6 Monate bestanden haben. Die Sinne (Sinnesorgane, Wahrnehmung) funktionieren im fur die Person ublichen Rahmen. Gewohnlich begleiten Veranderungen der emotionalen Kontrollen, des Sozialverhaltens oder der Motivation die kognitiven Beeintrachtigungen; gelegentlich treten diese Syndrome auch eher auf. Sie kommen bei Alzheimer-Krankheit, GefaBerkrankungen des Gehirns und anderen Zustandsbildern vor, die primar oder sekundar das Gehirn und die Neuronen betreffen (DGPPN et al.2016a:16). Bei den Symptomen einer Demenz kann zwischen Primar und Sekundarsymptomen differenziert werden. Primar bedeutet, dass es eine Ersterkrankung ist, das heiBt, Symptome, die geradewegs durch die Schadigungen im Gehirn auf Grund von Demenz verursacht werden. Sekundar bedeutet, dass es als Folge einer vorherigen Krankheit auftritt (vgl. Falk 2015: 60). Sekundare Symptome konnen durch den Erkrankten selbst, Pflegende und Angehorige sowie durch die Gestaltung des Umfeldes beeinflusst werden. Primare Symptome sind unter anderem, Gedachtnisschwache, gestorte Merkfahigkeit, Beeintrachtigung des Denkvermogens und Orientierungsstorungen. Sekundare Symptome sind Angst, Panik, Aggression, Schamgefuhl, Verunsicherung, Ratlosigkeit, Ruckzug, Unruhe, wahrhafte Erlebnisdeutung und u.a. Depression (vgl. Werner: 2017: 19). Demenz kann man in vier Stadien aufteilen. Die meisten Formen der Demenz verlaufen unmerklich, so dass die Einteilung in die verschiedenen Stadien einer Demenz sowie der Ubergang auch relativ gleitend ist. Bei der leichten Demenz konnen Betroffene noch eigenstandig leben, nichtdestotrotz sind Arbeit und soziale Aktivitaten aber deutlich beeintrachtigt (vgl. Werner 2017:20). Die leichte Demenz zeigt sich zum Beispiel durch vermehrte Vergesslichkeit und zeitliche Orientierungsprobleme. Betroffene verlegen Gegenstande, vergessen Absprachen oder irren sich im Wochentag, aber konnen ihre Alltagstatigkeiten in vertrauter Umgebung erledigen. Die zweite Stadie ist die moderate Demenz. Hier kommt die Person allein noch ganz gut zurecht, braucht aber gelegentlich Anleitung. Die dritte Stadie ist die mittelschwere Demenz. Hier ist die Selbststandigkeit des Betroffenen eingeschrankt. Der Betroffene braucht Hilfe bei der Vollbringung der gewohnlichen Lebensfuhrung und gewohnten Handlungsablaufen. Das letzte Stadium auBert sich durch totalen Gedachtniszerfall, Inkontinenz, Erkennungsstorungen und kompletten Sprachzerfall. Betroffene werden bettlagerig und benotigen rund um die Uhr Betreuung und Pflege. Die Selbststandigkeit ist schwer beeintrachtigt (vgl. Werner 2017:20). Demenz wird in verschiedenen Formen unterteilt. Von der Alzheimer Form, sind die meisten Demenzerkrankten betroffen. Die Benennung geht auf den deutschen Arzt Alois Alzheimer zuruck, der 1906 bei einer Patientin eine unklare Schrumpfung des gesamten Gehirns feststellte (vgl. Werner 2017: 22). Der Verlauf ist ein schleichender Prozess, in dem die Funktion der Neuronen und Synapsen nachlasst. AuBerdem kommt es zu EiweiBablagerungen, weswegen die Nervenzellen des Gehirns endgultig zerstort werden. Somit kommt es zu einem „Verfall“ des Gehirns. Die Veranderungen fuhren dazu, dass Nervenzellen und ihre Verbindungen untereinander absterben (ebd.22). Storungen des Gedachtnisses, der Orientierung, der Sprache, des Denkens und des Urteilsvermogens sind die Folgen dieser Form. Sie tritt meist im Alter von 50 bis 60 Jahren auf und gehort zur primaren Demenz (vgl. Falk 2015: 61). Gefolgt wird dies durch die Vaskulare Demenz, die wegen Problemen der Durchblutung im Gehirn entsteht, aufgrund von verengten oder verschlossenen BlutgefaBen, welches zur Folge hat, dass die Gehirnzellen kein Sauerstoff mehr kriegen und absterben. Entstehen kann sie schnell nach Schlaganfallen. Die Konsequenz ist die Verminderung von Fahigkeiten, wie die Orientierung, die Aufmerksamkeit, die Sprache und motorische Fahigkeiten (vgl. Phillip-Metzen 2015: 20f.). Morbus Pick, auch frontotemporale Demenz (FTD) genannt ist eine weitere Form der Demenz, bei der vorerst Nervenzellen im Bereich der Stirn und der Schlafen abgebaut werden. Diese sorgen fur die Regulation der Gefuhle und des Sozialverhaltens. AnschlieBend schreitet es fort, das Gehirn verkleinert sich. Sie tritt meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf. Bei der Lewy-Korperchen Demenz ist das Erinnerungsvermogen am Anfang der Erkrankung nicht schlecht. Es konnen Einschrankungen der Aufmerksamkeit, Alltagskompetenzen und der exekutiven Funktionen auftreten (vgl. Werner 2017: 30). Demenz bei Morbus Parkinson tritt wahrend der Parkinsonkrankheit auf. Dabei kommt es zu Einschrankungen der Aufmerksamkeit, der exekutiven Funktionen, des Gedachtnisses, der Sprache, der Orientierung (ebd: 31.). Jedoch konnten bislang keine besonderen Eigenschaften beschrieben werden. Da eine Demenz verschiedene Formen, Ursachen und Symptome aufweist, bedarf es einer diagnostischen Klarung. Es gibt verschiedene Methoden, Demenz zu diagnostizieren, allerdings ist das nicht einfach. Die Diagnostik enthalt verschiedene Untersuchungen und Tests.

Diese sind: Anamnese, Eigenanamnese, Fremdanamnese, Psychosoziale Untersuchungen, Internistisch-geriatrische und psychiatrisch-neurologische Untersuchungen einschlieBlich Laboruntersuchungen, Psychometrische Diagnostik und Hirnmorphologische Diagnostik (vgl. Falk 2015: 39). Es muss zunachst gepruft werden, ob Symptome zutreffend sind, da es diverse Grunde fur eine Verminderung der Denkleistung geben kann. Wenn dies zutrifft, muss als nachstes die Form der Demenz erkannt werden (ebd.: 48).

3. Was ist Biografiearbeit?

Das Wort Biographie stammt aus dem griechischen. Bio bedeutet soviel wie Leben und Graphie schreiben. Biographie ist demnach eine Lebensbeschreibung (vgl. Opitz 1998: 31). Unter Biographie wird „die Darstellung der Lebensgeschichte eines Menschen sowohl hinsichtlich der auBeren Umstande und Ereignisse (...) als auch der geistig-seelischen Entwicklung“ (Opitz 1998: 31 ff.) gesehen. Die Biografie oder Lebensgeschichte eines Menschen ist ein von ihm selbst formulierter oder kommentierter Lebenslauf, der zeitgeschichtlich und gesellschaftlich gepragt ist. Jedoch geht es im Unterschied zu einem Lebenslauf nicht nur um die Erfassung aller Daten und deren zeitlicher Abfolge im Leben eines Menschen. Vielmehr werden diese Daten und Fakten derartig interpretiert und dargestellt, welche Bedeutung die einzelnen Ereignisse fur einen Menschen haben (vgl. Miethe 2011: 12). Die Biografie gibt also Auskunft, wie dieser Mensch die unterschiedlichen Ereignisse seines Lebens wahrgenommen, bewertet und in seinem Leben eingeordnet hat. Aufgrund der „explosionsartigen“ Steigung der Literatur fur Biografiearbeit, gibt es heute keine einheitliche Definition fur diesen Begriff (vgl. Miethe 2014: 7). Zusammenfassend kann jedoch gesagt werden, dass „[...] Biografiearbeit eine strukturierte Form der Selbstreflexion in einem professionellen Setting“ ist (Miethe 2014: 24). Die Arbeit erfolgt an und mit der Biografie (vgl. ebd.). Die Vergangenheit wird reflektiert, damit man die Gegenwart versteht und somit die Zukunft gestalten kann. Indem man die personliche Lebensgeschichte mit der Gesellschaft verknupft, sollen neue Perspektiven und Handlungspotentiale entstehen (ebd.).

Biografiearbeit benutzt man heute in wesentlichen Arbeitsfeldern, wie der Sozialen Arbeit, der Pflege, der Behindertenhilfe, sowohl in der Schule als auch in der Erwachsenenbildung. Es geht darum, pflegebedurftigen Menschen bei der Bewaltigung schwerer Situationen zu helfen und fur ein besseres Wohlbefinden zu sorgen. Sie sorgt fur ein besseres Verstandnis und Umgang, gibt Sicherheit sowie Orientierung (vgl. Ruhe 2014: 28ff.) Es gibt keine bestimmte Methode der Biografiearbeit, denn es wird als ein padagogischer Ansatz gesehen, der den Zugang zu zahlreichen Methoden bietet (Miethe 2017: 24).

Im Weiteren werden die Formen und die Rahmenbedingungen der Biografiearbeit angefuhrt. Biografiearbeit kann zum einen formell sowie informell stattfinden, zum anderen in Einzel- und Gruppenarbeit erfolgen (vgl. Miethe 2014: 31). Die formelle Arbeit passiert bewusst, indem man von Seiten der Leitung als auch von Seiten der Teilnehmenden, Biografie als Thema benennt und direkt daran arbeitet. Die informelle Form erfolgt fur die Betroffenen meist unbewusst. Es handelt sich um „Alltagssituationen in einem professionellen Kontext“ (vgl. Miethe 2014: 31). Hier wird mit dem Klienten gezielt an der Biografie gearbeitet, jedoch ohne dass der Klient es merkt. Zum Beispiel werden beilaufig beim Backen usw. Teile der Biografie in das alltagliche Gesprach hinzugefugt. Mithilfe dieser Gesprache erreicht der Leitende den Klienten und bekommt so einen Einblick in dessen Lebensgeschichte. Im Laufe der Zeit verknupfen sich die einzelnen Abschnitte somit zu einem Gesamtbild. Eine weitere Unterscheidungsmoglichkeit besteht zwischen der Einzel- und Gruppenarbeit. Wie die Arbeit stattfindet, hangt oft von Zeit und Geld ab. Beide Formen der Biografiearbeit bringen Vor- und Nachteile mit sich. Einzelarbeit taucht meistens im Bereich des KJHG auf, zum Beispiel in der Arbeit mit Pflegekindern. Sie kann aber auch in anderen Bereichen vorkommen, wie zum Beispiel in der Altenarbeit oder Behindertenhilfe (vgl. Miethe 2014:32). Ein Vorteil der Einzelarbeit ist, dass intime / unangenehme Dinge angesprochen werden konnen, die in einer Gruppe sonst nicht zur Sprache kommen wurden. Des Weiteren kann es zu einer besseren Vertrautheit zwischen der Leitung und des Teilnehmers kommen und der Teilnehmer bekommt mehr Aufmerksamkeit. Die Betroffenen fuhlen sich wohler und geschutzt vor Gruppendynamiken (vgl. Miethe 2014: 33). Bei einer Gruppe ab 3 Teilnehmenden, wird gewohnlich von einer Gruppenarbeit gesprochen. Die Vorteile einer Gruppenarbeit sind, dass durch die Offenheit und den Gesprachen der anderen Teilnehmer, mogliche Perspektiven aufkommen oder dass Erinnerungen hochkommen konnen, die in einer Einzelarbeit nicht hochgekommen waren. Durch die Vielzahl der Teilnehmenden und dessen Ruckmeldungen wird eine Perspektivenvielfalt auf die eigene Biografie ermoglicht. AuBerdem ist man aufgeschossener, da man zuerst den anderen zuhoren kann. Diese Offenheit gibt dem anderen Mut sich auch zu offnen. Zudem konnen sich die Teilnehmer miteinander anfreunden (vgl. Miethe 2014: 34). Der Erfolg einer Biografiearbeit ist an den Rahmenbedingungen gebunden. Diese sind unter anderem die Raumausstattung, die Atmosphare, Ort und Zeit und allgemeine Umgebungsfaktoren. Der Ort, wie z.B. ein gut ausgestatteter Raum sorgt fur eine angenehme Atmosphare. Wichtig ist auch die Klarheit uber den Verlauf der Veranstaltung und ausreichend Zeit. Die Teilnehmer brauchen Strukturen und verbindliche Regelungen, die gemeinsam vereinbart werden. Dies sorgt für ein sicheres Wohlbefinden. Biografiearbeit beruht auf Freiwilligkeit (vgl. Miethe 2014: 36ff). Zu Beginn der Veranstaltung sollen Möglichkeiten und Grenzen erläutert werden, um die Erwartungen den Möglichkeiten angleichen zu können. Darüber hinaus gilt absolute Verschwiegenheitspflicht für alle Teilnehmenden. Sowohl gegenüber Institutionen als auch gegenüber Auftraggebern. Zusammenfassend kann man sagen, dass Biografiearbeit einerseits feste Strukturen verlangt, um Vertrauen in die Leitung und Gruppe zu erhalten, andererseits eine prozessorientierte Arbeitsweise, die situativ die Themen der Teilnehmenden ergreift.

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Details

Titel
Biografiearbeit als Angebot für Menschen mit Demenz. Warum ist Biografiearbeit für die Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen sinnvoll?
Hochschule
Fachhochschule Dortmund
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
11
Katalognummer
V520955
ISBN (eBook)
9783346121189
ISBN (Buch)
9783346121196
Sprache
Deutsch
Schlagworte
biografiearbeit, angebot, menschen, demenz, warum, arbeit
Arbeit zitieren
Merve Ibrahimbas (Autor:in), 2018, Biografiearbeit als Angebot für Menschen mit Demenz. Warum ist Biografiearbeit für die Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen sinnvoll?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/520955

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