"Für ihn ist Liebe immer leibhaftig, irdisch, das ursprüngliche Naturverhältnis wird nachdrücklich in seine Rechte eingesetzt und emanzipiert sich von gesellschaftlichen Tabus." [Wolkenstein, Oswald v.: Leib- und Lebenslieder. Ausgewählt und übertragen von Hubert Witt. Leipzig 1982 ( = Sammlung Dieterich, Bd. 397), S. 195 (Nachwort).] Diese Behauptung soll die folgende kurze Abhandlung einleiten, welche sich ebenfalls mit Oswald von Wolkensteins Verhältnis zu Sexualität, Natürlichkeit und Gesellschaft in seiner Zeit und dessen dichterischer Umsetzung auseinander setzt. Am Beispiel des um 1408 [Vgl. Wolkenstein, Oswald v: Die Lieder. Mittelhochdeutsch - Deutsch. 2.Auflage. In Text und Melodien neu übertragen und kommentiert von Klaus J. Schönmetzler. Essen 1990, S.442 (Kommentar).] entstandenen Liedes "Ain graserin" [Klein, Karl Kurt (Hrsg.): Die Lieder Oswalds von Wolkenstein. 3., neubearb. u. erw. Auflage. Tübingen 1987 ( = Altdeutsche Textbibliothek, Nr.55), S. 202-203.] soll ein Aspekt dieser Beziehung herausgearbeitet und auf Tauglichkeit geprüft werden: das Obszöne.
Zu Beginn erfolgt eine eigenständige Übersetzung des Liedes. Dabei auftretende Probleme und Sonderheiten werden danach diskutiert. In wieweit die von Oswald verwendeten Stilmittel, welche für die Wirkung der graserin evident sind, mit in die Übertragung einfließen konnten, wird ebenfalls besprochen. Die interpretatorische Annäherung beschäftigt sich zunächst mit der räumlichen und zeitlichen Disposition, sowie mit der Figurenkonstellation, bevor der Aufbau der Zweideutigkeiten des Liedes erkundet wird. Dazu gehören eine Bestimmung des Obszönitätsbegriffes und die Darlegung der Rolle des Metaphorischen. Anschließend erfolgt die Untersuchung am Text. Die Frage, welcher Gattung das Lied zugeordnet werden kann, soll in einem gesonderten Kapitel thematisiert werden. Den Abschluss bilden eine Einordnung des graserin - Themas in das Oeuvre des Wolkensteiners, sowie ein Fazit dieser Arbeit. Im Rahmen der Abhandlung steht stets das Textwerk der Handschrift B im Fordergrund. Ein Vergleich mit den Handschriften A, c, F, welche das Lied ebenfalls beinhalten, kann nicht stattfinden. Auch die musikalische Ausformung wird vernachlässigt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Übersetzung
- Kritischer Kommentar
- Interpretation
- Inhaltswiedergabe
- Bestimmung des räumlichen und zeitlichen Rahmens
- Die Figurenkonstellation
- Die Frage nach dem lyrischen Ich
- Aufbau der Doppeldeutigkeit
- ,,Obszön\" - Versuch einer Begriffsklärung
- Die Rolle der Metapher
- Oswalds Spiel mit dem Obszönen
- Inhaltswiedergabe
- ,,Ain graserin“ – eine Pastourelle ?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert das Lied „Ain graserin“ von Oswald von Wolkenstein und untersucht darin das Motiv des Obszönen. Sie betrachtet die sprachliche und stilistische Gestaltung des Liedes, die Figur der „Graserin“ und deren Funktion im Kontext des mittelalterlichen Lebens. Die Interpretation zielt darauf ab, die Mehrdeutigkeit des Textes herauszuarbeiten und die Bedeutung des Obszönen im Werk Wolkensteins zu beleuchten.
- Das Motiv des Obszönen in der mittelalterlichen Literatur
- Die Rolle der Sexualität in der mittelalterlichen Gesellschaft
- Die Interpretation von Metaphern und Symbolen im Lied „Ain graserin“
- Die Bedeutung von Sprache und Stil in der mittelalterlichen Lyrik
- Die Frage nach der literarischen Gattung des Liedes „Ain graserin“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Lied „Ain graserin“ in den Kontext der Werke Oswald von Wolkensteins und führt die Thematik des Obszönen ein. Das zweite Kapitel beinhaltet eine Übersetzung des Liedes ins Neuhochdeutsche, während im dritten Kapitel kritische Anmerkungen zur Übersetzung und den verwendeten Textquellen erläutert werden. Das vierte Kapitel behandelt die Interpretation des Liedes, wobei die Inhaltswiedergabe, der Aufbau der Doppeldeutigkeiten und die Rolle der Metapher im Mittelpunkt stehen.
Schlüsselwörter
Oswald von Wolkenstein, Lied, „Ain graserin“, Obszönität, Metapher, Doppeldeutigkeit, mittelalterliche Lyrik, Sexualität, Gesellschaft, Graserin, Pastourelle.
- Arbeit zitieren
- Thomas Schiller (Autor:in), 2004, Das Obszöne im Lied 'Ain graserin' von Oswald von Wolkenstein - Eine Interpretation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52103