Platons Partizipationsmetaphysik im Dialog "Sophistes" - Die selbstkritische Reflexion der Ideenlehre


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

18 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Platon und der Dialog „Sophistes“: Historische Einordnung
1.1 Zur Person und zum Werk von Platon
1.2 Aufbau und Inhalt des „Sophistes“
1.3 Die philosophiegeschichtliche Bedeutung des „Sophistes“

2. Kurzdarstellung von Platons Ideenlehre

3. Reflexion der Ideenlehre: Platons Partizipationsmetaphysik im „Sophistes“
3.1 Die Prädikation des Einen durch viele Namen
3.2 Drei Hypothesen zur Frage der Teilhabe der Ideen aneinander
3.3 Der „Grundriss der Dialektik“
3.4 Das Sein des Nichtseienden

Schlussbemerkung

Anhang

Literaturverzeichnis

Einleitung

In seinem Spätwerk „Sophistes“ grenzt PLATON nicht nur den Sophisten vom Philosophen ab, sondern er verdeutlicht auch die dialektische Methode und nimmt Korrekturen an der parmenideischen Ontologie vor. Der Frage nachgehend, wie die Ideen aneinander teilhaben können, begründet PLATON eine Partizipationsmetaphysik und unterzieht dabei seine Ideenlehre einer selbstkritischen Reflexion.

Die vorliegende Hausarbeit umreißt zunächst den historischen Kontext des „Sophistes“, gibt einen kurzen inhaltlichen Überblick dieses Dialogs und stellt außerdem die wichtigsten Grundzüge der platonischen Ideenlehre dar. Daran anschließend erfolgt im Hauptteil die Darstellung und Erläuterung der von PLATON im „Sophistes“ entwickelten Partizipationsmetaphysik mit besonderem Hinblick auf die Ideenlehre.

1. Platon und der Dialog „Sophistes“: Historische Einordnung

1.1 Zur Person und zum Werk von Platon

Der griechische Philosoph und Gelehrte PLATON[1] wurde um 427 v. Chr. unter dem eigentlichen Namen ARISTOKLES in eine wohlhabende und einflussreiche Familie aus athenischem Adel hineingeboren, „jenem Adel, für dessen Lebenskultur geistige und körperliche Beweglichkeit, Anmut in der Bewegung, Höflichkeit und Verständnis-bereitschaft im Verkehr, aber auch Humor und Ironie bestimmend waren“[2]. Stark beeinflusst von seinem Lehrer SOKRATES, der für ihn das Idealbild des gerechten und vernünftigen Menschen darstellte, begann PLATON nach dessen Hinrichtung im Jahre 399 v. Chr. mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Typisch für seine Schriften ist dabei die Dialogform, bei der Position und Gegenposition dargestellt werden, wodurch seine Theorien den Charakter eines sich im Entstehungsprozess befindlichen Lehr-gebäudes erhalten. Seine Dankverpflichtung an SOKRATES glaubte PLATON nicht anders abstatten zu können, „als daß er [in den Dialogen] fast alle seine eigenen Gedanken dem Meister in den Mund legte und hinter diesem bescheiden zurückstand“[3]. Bis zu seinem Tod im Jahre 347 v. Chr. unternahm PLATON drei Reisen nach Sizilien, auf denen er die dortigen Herrscher vergeblich für seine Staatsideale zu gewinnen versuchte, und gründete um 385 v. Chr. die Akademie, eine Philosophenschule, in der unter anderem ARISTOTELES sein Schüler war, und die lange Zeit die bedeutendste „Eliteuniversität“ der antiken Welt darstellte.

Unter dem Namen „PLATON“ sind die Apologie des Sokrates, 34 Dialoge und 13 Briefe überliefert, die aber nicht alle als authentisch gelten. Ohne Auflistung der höchst-wahrscheinlich „unechten“ Schriften ergibt sich auf der Grundlage von Sprachunter-suchungen und der inhaltlichen Entwicklung seiner Lehre folgende Periodisierung:[4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2 Aufbau und Inhalt des „Sophistes“

PLATONS später Dialog „Sophistes“, zu Deutsch „Der Sophist“, zählt zu seinen ideen-kritischen Schriften, knüpft an den Schluss des „Theaitetos“ an und „widmet sich in erster Linie drei Themen: dem Seienden, dem Nichtseienden und der Möglichkeit und Durchführung einer definitorischen Bestimmung des Sophisten“[5]. Um diese Wesens-bestimmung des Sophisten (in Abgrenzung vom Philosophen) durchführen zu können, bedient sich PLATON so genannter Dihairesen [6] und stößt dabei auf die ontologische Schwierigkeit der Begriffe „Seiendes“ und „Nichtseiendes“. Da letzterer Begriff seit PARMENIDES „als ein Rätsel da[stand], das Parmenides zwar gelöst zu haben meinte, das aber seiner wahren Lösung noch harrte“[7], wird im Verlauf des Dialogs „nicht nur ‘der’ Sophist definiert, sondern auch die parmenideische Ontologie einer kritischen Prüfung und Revision unterzogen, wahre und falsche Meinung bestimmt, [sowie] die ‘klassische’ Ideenlehre in wichtigen Punkten revidiert, bzw. erweitert []“[8].

Die im „Sophistes“ auftretenden Personen sind neben SOKRATES die beiden Mathematiker THEAITETOS und THEODOROS sowie ein sie begleitender GAST bzw. FREMDLING AUS ELEA. Durch diesen erhält SOKRATES die Gelegenheit „zur Auf-klärung über das wahre gegenseitige Verhältnis dreier oft miteinander zusammenge-worfener oder verwechselter Berufsvertreter: des S o p h i s t e n, des S t a a t s m a n n e s und des P h i l o s o p h e n“[9].

Nach HELMUT MEINHARDT lässt sich der Dialog in ein Einleitungsgespräch und weitere VI Abschnitte unterteilen:[10]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.3 Die philosophiegeschichtliche Bedeutung des „Sophistes“

„Der Dialog Sophistes hat den Auslegern Platons nicht wenig Kopfzerbrechen verur-sacht. [] Namentlich die Ideenlehre erscheint hier, auf den ersten Blick wenigstens, in einer so eigenartigen Beleuchtung, daß nicht wenige Gelehrte von der Urheberschaft Platons absehen zu müssen glaubten“[11]. Führt man sich jedoch vor Augen, dass, nachdem PLATON seit dem „Menon“ in den mittleren Dialogen bloße Problem-stellungen thematisiert hat, er aber mit „Parmenides“ und „Theaitetos“ – ebenso wie schon in den frühen Dialogen – wieder zum aporetischen Gespräch zurückgekehrt ist, „wodurch schon allein die Zäsur des skeptischen Innehaltens, des kritischen Rückblicks gekennzeichnet wird“[12], ist es geradezu notwendig den „Sophistes“ heranzuziehen, „wenn man wissen will, was aus Platons Seinslehre nach jener selbstkritischen Zäsur geworden ist“[13].

Neben der Tatsache, dass „Platon im Sophistes zum letzten Mal seine Ideenlehre ausführlich behandelt und dabei auf einem neuen Wege vorangeht“[14], führt er hier außerdem sehr detailliert und einprägsam seine dialektische Methode [15] vor. Zudem ist der „Sophistes“ ein „Text, der auf dem Weg zur wissenschaftlichen Logik ist, aber eben noch davor“[16], so dass es unter diesem Hintergrund nicht verwundern sollte, wenn „in dieser Schrift Logik und Metaphysik noch ineinandergehen“[17].

[...]


[1] Anstelle des Namens „PLATON“ wird oftmals auch die latinisierte Form „PLATO“ verwendet.

[2] VRETSKA 2003, S. 7 f.

[3] Ebd., S. 11.

[4] Vgl. dazu REICHERT 1994. Eine ergänzende und differenziertere Übersicht der hier angeführten Schrif-ten befindet sich zudem im Anhang.

[5] GLASMEYER 2003, S. 9.

[6] Eine Dihairese bezeichnet die schrittweise Zerlegung von Begriffen in dichotomische Unterbegriffe, die dabei durch ihre Stellung in der Zerlegung inhaltlich bestimmt werden. Dihairesen sind also die äußersten Ausdifferenzierungen der Begriffe. Vgl. dazu auch REGENBOGEN/MEYER (HRSG.) 1998, S. 149 f.

[7] APELT 1922a, S. 5.

[8] GLASMEYER 2003, S. 9.

[9] APELT 1922a, S. 14.

[10] Vgl. MEINHARDT 1998b, S. 13 ff.

[11] APELT 1922a, S. 1.

[12] KAMLAH 1963, S. 2.

[13] Ebd.

[14] Ebd.

[15] Mit dialektische Methode ist bei PLATON das logische Verfahren der Begriffsbildung, Begriffszerglie-derung und Begriffsverknüpfung gemeint. Vgl. dazu auch REGENBOGEN/MEYER (HRSG.) 1998, S. 146.

[16] MEINHARDT 1998a, S. 10.

[17] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Platons Partizipationsmetaphysik im Dialog "Sophistes" - Die selbstkritische Reflexion der Ideenlehre
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Philosophisches Seminar)
Veranstaltung
Die Spätdialoge Platons (Theaitetos, Sophistes)
Note
gut
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V52158
ISBN (eBook)
9783638479424
ISBN (Buch)
9783638751285
Dateigröße
583 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In seinem Spätwerk "Sophistes" grenzt Platon nicht nur den Sophisten vom Philosophen ab, sondern er geht auch der Frage nach, wie die Ideen aneinander teilhaben können. Dabei begründet er eine Partizipationsmetaphysik, indem er seine Ideenlehre einer selbstkritischen Reflexion unterzieht. Die vorliegende Hausarbeit umreißt zunächst den historischen Kontext des "Sophistes", stellt die Grundzüge der Ideenlehre dar und befasst sich dann im Hauptteil mit der Erläuterung der Partizipationsmetaphysik.
Schlagworte
platons, partizipationsmetaphysik, dialog, sophistes, reflexion, ideenlehre
Arbeit zitieren
Tim Fischer (Autor:in), 2006, Platons Partizipationsmetaphysik im Dialog "Sophistes" - Die selbstkritische Reflexion der Ideenlehre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52158

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