Probleme und Perspektiven der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

19 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeine Grundlagen zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)
2.1. Rechtliche Grundlagen
2.2. Meilensteine der politischen Entwicklung
2.3. Aufgaben und Ziele der ESVP
2.3.1. Petersberg-Aufgaben
2.3.2. Militärische und politische Ziele
a) Militärische Planziele
b) Die Europäische Sicherheitsstrategie

3. Probleme der ESVP
3.1. Strukturelle Probleme: Organisation, Institutionalisierung, Finanzierung
3.2. Problemstellungen beim Aufbau der notwendigen militärischen Fähigkeiten
3.3. Das Verhältnis zur NATO und deren Nicht-EU-Mitgliedern

4. Perspektiven der ESVP
4.1. Stärkung des transatlantischen Dialogs (EU-NATO)
4.2. Die Zukunft der ESVP

5. Fazit

1. Einleitung

Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) zählt zu den bedeutendsten Fortschritten der europäischen Integration in den letzten Jahren.

Diese Entwicklung erscheint zunächst verwunderlich, zumal insbesondere die Verteidigungspolitik als “hochsensibler Kernbereich nationaler Souveränität“ lange Zeit aus dem außenpolitischen Einigungsprozeß ausgenommen wurde.[1] Die Absage der französischen Nationalversammlung 1954 zur geplanten Europäischen Verteidigungs-gemeinschaft (EVG) und das Schattendasein der Westeuropäischen Union (WEU) verdeutlichen den jahrzehntelangen Integrationsstillstand auf diesem Politikfeld.

Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts kam jedoch die entscheidende Wende:

Das Ende des Kalten Krieges, der Zerfall der Sowjetunion, die beginnenden Transformationsprozesse in Mittel- und Osteuropa, die deutsche Einheit und die

Kuwait-Krise verlangten von den EG-Mitgliedsstaaten mit Beginn der 90er Jahre neue außen- und sicherheitspolitische Handlungsstrukturen, die über den Handlungsspielraum im Rahmen der Europäischen Zusammenarbeit (EPZ) hinausgingen.[2]

Mit der im Maastrichtvertrag von 1993[3] verankerten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) wurde der EU zunächst eine verteidigungspolitische Perspektive eröffnet. Doch erst mit der Einbeziehung der Petersberg-Aufgaben der WEU in die EU durch den Amsterdamer Vertrag gewann diese an praktischer Relevanz.

Eine weitere Dynamisierung erfuhr die verteidigungspolitische Kooperation schließlich unter dem Eindruck der militärischen Handlungsunfähigkeit im Kosovo-Konflikt.

Die Grenzen des sicherheitspolitischen Gestaltungspotentials waren nun offensichtlich, infolge dessen sich die EU nun gezwungen sah, die GASP durch die ESVP auszubauen.[4]

Nachdem im folgenden Abschnitt die rechtlichen Grundlagen, die politische Entwicklung, sowie die Aufgaben und Ziele der ESVP knapp skizziert werden, widmen sich die restlichen Kapitel den Problemen und Erfolgsaussichten der ESVP auf dem Weg zu einer Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GESVP).

2. Allgemeine Grundlagen zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)

2.1. Die rechtlichen Grundlagen

Durch den Unionsvertrag von Maastricht von 1993 wird im Rahmen der neu geschaffenen GASP erstmals eine Verantwortung der Union in allen Fragen der Sicherheit vertraglich verankert sowie eine verteidigungspolitische Perspektive eröffnet.[5]

Auffallend hierbei ist jedoch die überaus vorsichtige Formulierung:

„Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik umfaßt sämtliche Fragen, welche die Sicherheit der Europäischen Union betreffen, wozu auf längere Sicht auch die Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte“. (Art. J.4 Abs.1)[6]

Zudem legten die Staats- und Regierungschefs fest, dass die EU militärische Aktionen nicht selbst durchführen, sondern sich der WEU bedienen solle, die gleichzeitig

zum europäischen Pfeiler in der Allianz auszubauen wäre.[7]

„Die Union ersucht die Westeuropäische Union (WEU), die integraler Bestandteil der Entwicklung der Europäischen Union ist, die Entscheidungen und Aktionen der Union, die verteidigungs-politische Bezüge haben, auszuarbeiten und durchzuführen (...)“. (Art. J.4 Abs. 2)[8]

Während der Vertrag von Maastricht gewissermaßen den rechtlichen Rahmen für eine ESVP gewährleistete, werden durch den Amsterdamer Vertrag von 1999 die Petersberg-Aufgaben in den EU-Vertrag überführt:

„Die Fragen, auf die in diesem Artikel Bezug genommen wird, schließen humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen ein“. (Art J.7 Abs. 2)[9]

Dieser Schritt schafft neben einer konkreten inhaltlichen Zielsetzung die vertragliche Grundlage für den operativen Aufbau der ESVP.

Jedoch erst mit dem Vertrag von Nizza von 2003 wurden im Artikel 17 sämtliche Hinweise auf die WEU gestrichen. Durch die Änderung des Artikel 25 sind nun die Aufgaben des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK) geregelt.

Im Krisenfall erhält das PSK die Befugnis, nach Ermächtigung des Rates „(...) geeignete Beschlüsse hinsichtlich der politischen Kontrolle und strategischen Leitung der Operation zu fassen“ (Art. 25 EUV). Weitere permanente ESVP- Entscheidungs- und

Beratungsstrukturen wurden durch die Gremien des EU-Militärkomitees (EUMK),

des EU-Militärstab (EUMS) und des Ausschusses für zivile Aspekte des Krisenmanagements (CIVCOM) geschaffen.[10]

Zwar ist die ESVP als Teil der GASP zu verstehen, jedoch schließt der EU-Vertrag ausdrücklich aus, dass über „(…) Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungs-politischen Bezügen“ mit qualifizierter Mehrheit abgestimmt werden kann

(Art. 23 Abs. 2 EUV). Zudem wird die Kostenübernahme militärischer Operationen durch den Gemeinschaftshaushalt strikt untersagt. (Art. 28 Abs. 3 EUV).[11]

2.2. Meilensteine der politischen Entwicklung

Den informellen Grundstein für die ESVP legte der EU-Sondergipfel im österreichischen Pörtschach im Oktober 1998. Dort erläuterte der britische Premier Tony Blair erstmals vor europäischer Kulisse die Grundlinien neuen britischen Denkens.

Großbritannien spricht nun der EU eine Rolle im Verteidigungsbereich zu.

In der wegweisenden Erklärung von St. Malo forderten Frankreich und Großbritannien

dass „(...) die EU über die Fähigkeit zu autonomen Handeln und über entsprechend einsetzbare militärische Mittel verfügen sollte“[12]. „Hinzu kam angesichts der Eskalation des Kosovo-Konflikts ein deutlich höherer externer Erwartungsdruck gegenüber der EU als sicherheitspolitischer Akteur.“[13]

Als “Geburtsstunde“ einer eigenständigen und operativen ESVP gilt dann der Europäische Rat in Köln 1999. Die EU soll zur Durchführung selbstständiger Operationen nicht mehr auf die WEU angewiesen sein.

Schon im Dezember 1999 und Juni 2000 faßten die Staats- und Regierungschefs auf den Europäischen Räten in Helsinki und Feira nun erstmals konkrete Beschlüsse zum Aufbau militärischer und ziviler Fähigkeiten. Das ehrgeizigste vereinbarte Ziel ist das sog. “Helsinki Headline Goal“ (vgl. Punkt 2.3.2.)[14]

Wie auf dem Europäischen Rat in Kopenhagen 2002 bereits angekündigt begannen

2003 - gewissermaßen im Schatten des Irak-Krieges - die ersten praktischen Missionen der EU im Rahmen der ESVP.[15] Seit dieser Zeit wurden in nur 3 Jahren insgesamt elf Operationen und Missionen eingeleitet.[16]

Weitere Fortschritte auf dem Weg zu einer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen die Europäische Sicherheitsstrategie (Umfang und Reichweite)

und die Verteidigungsagentur (Koordinierung von Rüstungsaktivitäten) dar.

2.3. Aufgaben und Ziele der ESVP

2.3.1. Petersberg-Aufgaben

Das dreidimensionale Aufgabenspektrum der ESVP bilden die bereits erwähnten Petersberg-Aufgaben im Art. 17 Abs. 2 EUV:

1. Humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze
2. Friedenserhaltende Aufgaben
3. Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen

[...]


[1] Vgl. Woyke, Wichard (Hg.): Handwörterbuch Internationale Politik, Bonn 2000, S. 125.

[2] Vgl. Algieri, Franco: Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

In: Weidenfeld, Werner (Hg.): Europa-Handbuch, Bonn 2002, S. 586.

[3] Verträge treten in Kraft.

[4] Vgl. a.a.O., S. 587.

[5] Vgl. europa-digital.de: Internetportal von Europa Einfach e.V.

http://www.europa-digital.de/dschungelbuch/polfeld/esvp/entwickl.shtml [Stand: 24.08.2005]

[6] Vertrag von Maastricht.

http://europa.eu.int/abc/obj/treaties/de/detr2f.htm#Artikel_J.4

[7] Vgl. Dembinski, Matthias: Perspektiven der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, HSFK-Report 11/2000, S. 4.

http://www.hsfk.de/downloads/rep1100.pdf [Stand: 24.08.2005]

[8] Vertrag über die Europäische Union, Amtsblatt Nr. C 191 vom 29. Juli 1992.

http://europa.eu.int/eur-lex/lex/de/treaties/dat/11992M/htm/11992M.html [Stand: 24.08.2005]

[9] Vertrag von Amsterdam, Amtsblatt Nr. C 340 vom 10. November 1997.

http://europa.eu.int/eur-lex/lex/de/treaties/dat/11997D/htm/11997D.html [Stand: 24.08.2005].

[10] Vgl. Hochleitner Dr., Erich (Hg): Die ESVP nach dem Verfassungsvertrag:

Entwicklung, Problemstellungen und Perspektiven.

In: Arbeitspapier des Österreichischen Instituts für Europäische Sicherheitspolitik, Dezember 2004, S. 11 f. http://www.oeies.or.at/ESVP.pdf [Stand: 22.08.2005]

[11] Vgl. europa-digital.de: Internetportal von Europa Einfach e.V.

http://www.europa-digital.de/dschungelbuch/polfeld/esvp/ [Stand: 24.08.2005]

[12] Algieri, Franco: Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

In: Weidenfeld, Werner (Hg.): Europa-Handbuch, Bonn 2002, S. 588.

[13] Rotte, Ralph/Sprungala, Tanja (Hg.): Probleme und Perspektiven der Europäischen

Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP).

In: Arbeiten zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Münster 2004, S. 17.

[14] Vgl. europa-digital.de: Internetportal von Europa Einfach e.V.

http://www.europa-digital.de/dschungelbuch/polfeld/esvp/ [Stand: 24.08.2005]

[15] Die Polizeimissionen EUPM in Bosnien und ARTEMIS in Mazedonien und die Militäroperationen

CONCORDIA in Mazedonien und ARTEMIS in der Demokratischen Republik Kongo.

[16] Vgl. Internetseite des Auswärtigen Amtes der BRD:

http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/eu_politik/gasp/esvp_html [Stand: 02.09.2005]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Probleme und Perspektiven der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Europarecht
Note
2,3
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V52316
ISBN (eBook)
9783638480673
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Probleme, Perspektiven, Europäischen, Sicherheits-, Verteidigungspolitik, Europarecht
Arbeit zitieren
Anonym, 2005, Probleme und Perspektiven der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52316

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