In unseren Alltagsfloskeln steckt häufig der Begriff ‚Macht’: Jemand ist an der Macht, man wird ohnmächtig, jemand ist der Machthaber über etwas, man wird zu etwas ermächtigt. Des Weiteren gibt es Weltmächte, Machtfragen oder auch Machtergreifungen. Hinter diesen Aussprüchen und Begriffen steckt das Bild, dass die Macht jemandem gehört, der sie ausübt und dass es andere gibt, die sich dieser Macht unterwerfen. Diesem Verständnis nach, kann man die Macht genau lokalisieren, ihre Wirkungsweisen untersuchen, sie beurteilen, verändern, umkehren oder revolutionieren. Das Bild des allein herrschenden Monarchen, der Herr über sein Volk und die Gesetze ist und das alleinige Bestimmungsrecht hat, ist immer noch eine gebräuchliche Vorstellung.
Es gibt aber auch Betrachtungsweisen, die die Macht nicht an Subjekte gebunden oder als Eigentum verstehen. Der französische Philosoph Michel Foucault (1926-1984) hat sich in seinen Schriften in poststrukturalistischer Manier vom Subjekt abgewendet. In „Die Ordnung der Dinge“ von 1966 untersucht er mit archäologischer Methode die Ordnungsschemata der Wissenschaften in den verschiedenen Epochen. Einen besonderen Bruch konstatiert er im Übergang von der Klassik zur Moderne. Letztere hat nämlich als zentrales Thema des Wissens den Menschen entdeckt und ihn in den Humanwissenschaften, wie Medizin, Biologie, Soziologie Psychologie etc, zum zentralen Objekt der Erkenntnis gemacht. Der Mensch ist somit zugleich der Erkennende und das zu erkennende Objekt. Er kreiert sich also selbst den Raum der Erkenntnis und begrenzt ihn durch seine eigene Sichtweise.
Diese Erkenntnisse verleiten zu dem Gedanken, der Mensch oder das Subjekt ist der Hauptakteur der Gegenwart. Doch Foucault schließt in „Die Ordnung der Dinge“ mit dem Satz:
„Wenn diese Dispositionen verschwänden, so wie sie erschienen sind, wenn durch irgendein Ereignis, dessen Möglichkeit wir höchstens vorausahnen können, aber dessen Form oder Verheißung wir im Augenblick noch nicht kennen, diese Dispositionen ins Wanken gerieten, wie an der Grenze des achtzehnten Jahrhunderts die Grundlage des klassischen Denkens es tat, dann kann man sehr wohl wetten, daß der Mensch verschwindet wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Genealogie und diskursive Ordnung
- Exkurs: Strukturalismus und Poststrukturalismus
- Die Macht der Diskurse
- Was ist ein Diskurs?
- Die Dressur des Diskurses
- Äußere Ausschließungsprozeduren
- Interne Ausschließungsprozeduren
- Methodik gegen die Angst vor dem „Rauschen des Diskurses“
- Genealogie als „,Anti-Wissenschaft“
- Bio-Macht und ihre Technologie
- Die Repressionshypothese
- Die christliche Förderung der Sexualität
- Sex als Sache der Verwaltung
- Allianzdispositiv vs. Sexualitätsdispositiv
- Das Allianzdispositiv
- Das Sexualitätsdispositiv
- Sexualität und Familie
- Chronologie gegen die Repression
- Die Macht des Lebens
- Die Repressionshypothese
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit Michel Foucaults Analyse der modernen Macht im Wandel von 1970 bis 1976. Im Zentrum der Analyse stehen die Entwicklungen in Foucaults Machtverständnis, insbesondere seine Abkehr von der Repressionshypothese und die Einführung des Konzepts der Bio-Macht. Ziel ist es, die Kontinuitäten und Brüche in Foucaults Theorieentwicklung aufzuzeigen und seine genealogische Methode in Bezug auf die Machtverhältnisse zu beleuchten.
- Die Entwicklung des Machtbegriffs bei Foucault
- Die Rolle von Diskursen in der Konstruktion von Macht
- Die Bedeutung der genealogischen Methode
- Foucaults Analyse der Bio-Macht und ihre Anwendung auf die Sexualität
- Die Abkehr von der Repressionshypothese
Zusammenfassung der Kapitel
Das zweite Kapitel befasst sich mit Foucaults Antrittsvorlesung am Collège de France „Die Ordnung des Diskurses“ und stellt seine Methode der Genealogie vor. Foucault analysiert die Funktionsweise von Diskursen und zeigt auf, wie sie durch implizite Regeln über die Themen, die Art und Weise und die Personen der Kommunikation bestimmen. Das dritte Kapitel beleuchtet die genealogische Methode als „Anti-Wissenschaft“ und hebt ihre Unterschiede zum Strukturalismus hervor. Es wird deutlich, dass Foucault sich von einem statischen Verständnis von Macht abwendet und stattdessen die dynamischen Prozesse der Machtproduktion in den Fokus rückt. Das vierte Kapitel konzentriert sich auf Foucaults Analyse der modernen Macht und die Entstehung des Konzepts der Bio-Macht. Hier wird seine Kritik an der Repressionshypothese deutlich, die in der Annahme gründet, dass Macht durch Unterdrückung funktioniert. Foucault argumentiert stattdessen, dass Macht produktive und zugleich disziplinierende Kräfte beherbergt, die in die Lebensbereiche der Menschen eingreifen und sie formen. Das Kapitel beleuchtet die Machtverhältnisse im Bereich der Sexualität und zeigt, wie diese durch Disziplinierungsmechanismen und Normalisierungsprozesse gestaltet werden.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen dieser Arbeit sind: Michel Foucault, Macht, Genealogie, Diskursanalyse, Bio-Macht, Repressionshypothese, Sexualität, Disziplinierung, Normalisierung, Poststrukturalismus, Strukturalismus.
- Arbeit zitieren
- Sabrina Radeck (Autor:in), 2005, Mechanismen der modernen Macht - Hausarbeit zu Michel Foucaults genealogischer Analyse der modernen Macht mit besonderer Berücksichtigung seines Machtkonzeptwandels von 1970-1976, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52399