Eine Bestandsaufnahme durch den Gesetzgeber hat ergeben, dass zwischen 1976 und 1996 sechsundvierzig größere Gesetze mit 6.800 Einzelbestimmungen zur Regelung des deutschen Gesundheitssystems erlassen wurden (Das Parlament Nr. 24-25 vom 7./14.6.1996: 2). Dabei wechseln die Reformvorschläge in häufigen Abständen und die verschiedenen gesundheitspolitisch relevanten Interessengruppen scheinen "zwischen Zustimmung und Ablehnung der Reformvorschläge des Gesundheitsministers fast wahllos hin- und herzuschwanken" (Bandelow 1998: 18)
Auch die jüngsten Bemühungen der Regierung Schröder, gesundheitspolitisch ehemals vertreten durch Andrea Fischer (Bü90/Grüne), nun abgelöst durch Ulla Schmidt (SPD), waren weitestgehend erfolglos.
So resümmierte der SPIEGEL jüngst: "Die kleinen Wahlversprechen von 1998 zum Gesundheitswesen hat die SPD eingelöst, aber den großen Reformstau nicht abgebaut. Zwei Ministerinnen durften sich an der Gesundheitslobby versuchen: Die eine polterte, die andere lächelte. Beides war vergeblich. Die Krankenversicherung wird teurer." (SPIEGEL Online vom 25.2.2002).
Es scheinen also Probleme staatlicher Steuerung im Gesundheitswesen vorzuliegen, eine Tatsache, die das Forschungsinteresse vorliegender Arbeit maßgeblich bestimmt.
Mein Anliegen ist es daher eine Erklärung dafür aufzuzeigen,
- warum strukturelle Reformen der GKV seitens des Staats derart schwierig sind
- und warum - wie es scheint - besonders die Interessen der Leistungserbringer bei dem Versuch der "Ausgabendämpfung" berücksichtigt wurden bzw. werden ?
Dabei sei der hypothetischen Annahme nachgegangen, daß dies anhand einer langjährigen asymmetrischen Machtverteilung innerhalb des gesundheitspolitischen Netzwerks der BRD erklärt werden kann sowie der fehlenden Trennung von Staat und Gesellschaft, bzw. von Reglern und Regulierten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Überlegungen
- Funktionale Systemtheorie (Niklas Luhmann)
- Handlungstheoretische Ansätze
- Neokorporatismustheorie
- Netzwerkanalyse
- Die Eigenarten des deutschen Regierungssystems
- Akteure im gesundheitspolitischen Netzwerk der BRD
- Staat
- Verbände der Krankenkassen
- Verbände der Sozialpartner: Arbeitgeber und Gewerkschaften
- Ärzteorganisationen und -verbände
- Öffentlich-rechtliche Körperschaften
- Private Interessenverbände der Ärzte
- Krankenhäuser
- Pharmazeutische Industrie
- Der Streit um die Ausgabendämpfung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Schwierigkeiten der staatlichen Steuerung im deutschen Gesundheitswesen, insbesondere im Kontext der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sie untersucht die Ursachen für die wiederholten gescheiterten Reformversuche und beleuchtet die Rolle von Interessengruppen und Machtstrukturen innerhalb des gesundheitspolitischen Netzwerks.
- Steuerungsprobleme im deutschen Gesundheitswesen
- Der Konfliktfall GKV
- Die Rolle von Interessengruppen
- Netzwerkstrukturen und Machtverhältnisse
- Ausgabendämpfung und Kostenkontrolle
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas "Staatliche Steuerungsprobleme im Gesundheitswesen" dar und beleuchtet die historischen und gegenwärtigen Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen. Insbesondere die Kostenentwicklung der GKV und die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Reformen stehen im Vordergrund.
- Theoretische Überlegungen: Dieses Kapitel präsentiert verschiedene theoretische Ansätze, die zur Erklärung der Steuerungsprobleme im Gesundheitswesen beitragen. Zu den behandelten Theorien gehören die Funktionale Systemtheorie von Niklas Luhmann, handlungstheoretische Ansätze, die Neokorporatismustheorie und die Netzwerkanalyse.
- Die Eigenarten des deutschen Regierungssystems: Dieses Kapitel analysiert die Besonderheiten des deutschen Regierungssystems und deren Einfluss auf die Steuerung des Gesundheitswesens. Der Fokus liegt dabei auf den Vergleich zu anderen Industriestaaten und der Frage, warum hierarchische Steuerungskonzepte im deutschen Kontext weniger effektiv sind.
- Akteure im gesundheitspolitischen Netzwerk der BRD: Dieses Kapitel beschreibt die wichtigsten Akteure im gesundheitspolitischen Netzwerk in Deutschland, darunter der Staat, Verbände der Krankenkassen, Sozialpartner, Ärzteorganisationen, Krankenhäuser und die pharmazeutische Industrie. Es untersucht die Interessen und Einflussmöglichkeiten der einzelnen Akteure.
- Der Streit um die Ausgabendämpfung: Dieses Kapitel analysiert den zentralen Konflikt im Gesundheitswesen, den Streit um die Ausgabendämpfung der GKV. Es untersucht die verschiedenen Positionen der Akteure, die Argumente für und gegen die Ausgabendämpfung sowie die Auswirkungen auf die Steuerung des Gesundheitswesens.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit staatlicher Steuerung im Gesundheitswesen, der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Kostenkontrolle, Ausgabendämpfung, Interessengruppen, Machtstrukturen, Netzwerkanalyse, Neokorporatismus, Gesundheitspolitik und Reformen. Besonderes Augenmerk liegt auf den Herausforderungen der staatlichen Steuerung in einem komplexen System mit vielfältigen Akteuren und Interessen.
- Arbeit zitieren
- Daniel Bosch (Autor:in), 2002, Staatliche Steuerungsprobleme im Gesundheitswesen der Bundesrepublik Deutschland. Konfliktfall: Gesetzliche Krankenversicherung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5249