Vorbereitung auf die Schule im Wandel der Zeit. Inwiefern bereitet(e) der Kindergarten auf die Schule vor ?


Hausarbeit, 2003

23 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

2. Situation des Kindergartens in den Nachkriegsjahren
2.1 Nachkriegsjahre in der DDR
2.2 Nachkriegsjahre in der BRD

3. Der Kindergarten in den 50er/60er Jahren
3.1 Stellenwert des Kindergartens in der Gesellschaft
3.2 Entwicklung der pädagogischen Konzeption
3.3 Einrichtung von Schulkindergärten/Vorklassen
3.4 Kinderladenbewegung

4. Die Reform des Kindergartens durch den „Strukturplan des Bildungswesens“ (1970)
4.1 Modellversuche/ Erprobungsprogramme für den Elementarbereich
4.2 Curricula
4.2.1 Der funktionsorientierte Ansatz
4.2.2 Der wissenschaftsorientierte Ansatz
4.2.3 Der situationsorientierte Ansatz

5. Kindergartenpädagogik von 1980 bis heute
5.1 Inhalte von Schulreifetests in den 80er Jahren
5.2 Pädagogischer Alltag im Kindergarten der 80er Jahre
5.3 Neue Themen im Kindergarten seit Anfang der 90er Jahre
5.4 Bedeutung des Tagesablaufes
5.5 Praktische Beispiele der spielerischen Vorbereitung auf die Schule
5.5.1 Zahlen- und Geschicklichkeitsspiel
5.5.2 Das grüne Krokodil

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mit der Vollendung des 6. Lebensjahres werden Kinder schulpflichtig. Mit ihrem Eintritt in die Schule beginnt ein neuer Lebensabschnitt, der sie vor Anforderungen stellt, die bisher nicht gestellt waren: Sie müssen nach Plan lernen, haben einen vorgegebenen Stundenplan und müssen bestimmte Arbeitspensen erfüllen. In der Kindergartenzeit stehen Spiel und Beschäftigung im Vordergrund.

Ziel dieser Hausarbeit ist es, einen Überblick über die Kindergartenpädagogik im geschichtlichen Zeitraum vom 1945 bis heute zu geben. Vordergründig soll dabei analysiert werden, inwiefern Kinder im Elementarbereich auf die Schule vorbereitet werden. Gab/gibt es kognitive Förderung? Welche didaktischen Konzepte gab/gibt es? Wie hat sich die Kindergartenpädagogik weiterentwickelt? Was erwartet die Schule von Schulanfängern und inwiefern bereitet der Kindergarten darauf vor? Diese Fragen sollen geklärt werden.

Beginnen werde ich mit einer kurzen Darstellung der Situation des Kindergartens in den Nachkriegsjahren. Im Anschluss daran wird die Stellung des Kindergartens in der Gesellschaft der 50er und 60er Jahre sowie die Entwicklung der pädagogischen Konzeption dieser Zeit thematisieren. Auch die Einrichtung von Vorschulklassen als Vorbereitung auf die Schule trug in diesen Jahrzehnten Bedeutung und wird daher in Kapitel 3 Erwähnung finden.

1970 gab es den „Strukturplan für das Bildungswesen“, der eine Reform des Kindergartenwesens zur Folge hatte. Wichtige curriculare Ansätze, die in dieser Zeit entstanden und z.T. heute noch Bedeutung tragen, werden dargestellt.

In den 80er Jahren wurden Schulreifetests eingeführt, die bestimmte Entwicklungsbereiche testeten. Verbunden mit den Inhalten dieser Tests werde ich prüfen, inwiefern die Kindergartenpädagogik auf die Einschulung vorbereitet und stelle dar, wie sich die Inhalte der Kindergartenerziehung bis heute entwickelt haben. Abschließend werde ich zwei Beispiele aus der Kindergartenpraxis aufzeigen, in denen es um die spielerische Vorbereitung auf die Schule geht.

Da jeder Kindergarten seine eigenen inhaltlichen Schwerpunkte setzt, wird es allerdings nicht möglich sein, allgemein gültige Aussagen über die Vorbereitung auf die Schule zu machen.

1945 bis Ende 1970

Nachkriegsjahre in der DDR

„In der DDR wurde von vornherein eine Einordnung der öffentlichen Kleinkinderziehung in das staatliche Bildungssystem angestrebt. Zu einer obligatorischen Kindergartenpflicht kam es nur deshalb nicht, weil die Ressourcen dafür nicht ausreichten.“[1] Um den Kindergarten für Kinder ab dem fünften Lebensjahr obligatorisch einführen zu können, hätten im Herbst 1946 ca. 8000 Kindergartenplätze und 20000 Erzieherinnenstellen geschaffen werden müssen.

Auch in der DDR konnte der Neuanfang in der öffentlichen Kleinkinderziehung nur im Rückgriff auf die vorhandenen Einrichtungen und Ausbildungsstätten und Inhalte der traditionellen Kleinkindpädagogik bewältigt werden. „Das Altbewährte, die überlieferte „Planung nach Wochen- und Monatsgegenstand“, dominierte in den Gründerjahren der sozialistischen Gesellschaft in der DDR.“[2]

Nachkriegsjahre in der BRD

„ Der Zusammenbruch des Dritten Reiches hinterließ ein durch Krieg zerstörtes Land. Deutschland war aufgeteilt in die vier Besatzungszonen der Siegermächte (...). Durch den Krieg hatten zahlreiche Kinder ihre Väter verloren, in vielen Familien stellten die aus der Kriegsgefangenschaft Heimkehrenden ein besonderes Problem dar, (...) weil sie sich in den veränderten Verhältnissen nicht mehr zurechtfanden oder weil sich ihre Frauen in den Jahren des Alleinlebens verändert hatten. Auch die Kinder litten unter den schwierigen Verhältnissen und für die Kindergärtnerin war der Umgang mit den oft unterernährten und durch familiäre Konflikte belasteten Kindern schwierig.“[3]

Die Frage nach der künftigen Organisationsstruktur des Kindergartens trat zunächst zurück, weil der Wiederaufbau der zerstörten Gebäude im Vordergrund stand.

Auch mangelte es an ausgebildeten Fachkräften für den Kindergarten.

Die Bundesrepublik Deutschland knüpfte letztlich an die Tradition der Weimarer Zeit an und nach und nach übernahmen die wiedergegründeten Wohlfahrtsverbände erneut die Kindergärten, die dadurch auch privaten Charakter erhielten. In den Jahren nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs fielen die Einrichtungen der öffentlichen Kleinkinderziehung also zunächst notgedrungen „(...) in eine Funktion zurück, die sie zu Beginn ihres historischen Auftretens hatten: Sie waren Nothilfemaßnahmen für elternlose, vernachlässigte oder von Verwahrlosung bedrohte Kinder, vor allem, wenn die Mütter arbeiten mussten.“[4] Die vorwiegende Aufgabe des Kindergartens bestand also in der Betreuung und Ergänzung familiärer Erziehungspflicht.

50er/60er Jahre

„In den 50er Jahren entdeckten Bildungsforscher den Zusammenhang von wirtschaftlichem Wachstum einerseits und dem Bildungssystem andererseits.“[5] Dies hatte eine Diskussion über das Bildungssystem zur Folge. 1958 erlangte sie besonders starke Popularität, als es der Sowjetunion gelang, vor den Amerikanern einen Flugkörper („Sputnik“) in eine Umlaufbahn der Erde zu schießen. Man meinte der Bildung einen höheren Stellenwert zuschreiben zu müssen. „Im gleichen Zeitraum wurden neue Ergebnisse der Sozialisationsforschung bekannt, wonach die intellektuelle Leistungsfähigkeit eines Menschen nicht allein das Ergebnis ererbter Begabung ist, sondern daß die Höhe der Intelligenz durch Erziehungs- und Bildungsmaßnahmen beeinflussbar ist. Insbesondere solche Maßnahmen, die bereits im frühen Kindesalter einsetzen, seien erfolgversprechender als eine erst im Schulalter beginnende Förderung.“[6] Der Kindergartenbesuch erfuhr so in den 60er Jahren eine neue Bewertung. Er galt nicht mehr primär als eine Einrichtung für Kinder, deren Mütter berufstätig sein mußten, sondern als eine familienergänzende Bildungseinrichtung. In der BRD standen in den 60er Jahren nur etwa 1/3 der Kinder zwischen drei und sechs Jahren Kindergartenplätze zur Verfügung, was vor allem daran lag, dass er als sozialfürsorgliche Einrichtung galt, nicht aber als pädagogische Institution mit eigenem Bildungs- und Erziehungsauftrag. Nachdem die o.g. Erkenntnisse an die Öffentlichkeit gelangten, wurde eine Erhöhung der Kindergartenplätze gefordert.

Entwicklung der pädagogischen Konzeption

Die Praxis in den 50er Jahren verlief überwiegend nach älteren pädagogischen Konzepten. Man kümmerte sich zu dieser Zeit weder materiell noch pädagogisch besonders um die Kinder und die Jugendlichen. Es dominierten traditionelle Arbeitskonzepte, autoritäre Strukturen und Arbeitsformen. Fröbels Bildungstheorie, nach der die Pflege des kindlichen Tätigkeitstriebs im Vordergrund steht, galt als offizielles Konzept der Kindergartenpädagogik. Freies Spiel sollte für die Entfaltung grundlegender Fähigkeiten, Verhaltensweisen und Welterfahrung des Kindes dienen.

„Maßgeblichen Einfluss auf die [Entwicklung der] pädagogische Konzeption [ab 1945] hatten psychologische „Reifetheorien“, denen zufolge sich die geistig- seelische Entwicklung analog zum biologischen Wachstum vollzieht.“[7] Die nächste Stufe der kindlichen Entwicklung ergebe sich von selbst, wenn nur die vorhergehende Stufe richtig ausgelöst werden konnte. So sah der Kindergarten seine Aufgabe darin, die Umwelt pädagogisch anregend zu gestalten, damit der kindliche Tätigkeitstrieb sich spontan entfalten konnte. „ Diese Auffassung war, verbunden mit Fröbels Konzeption, im wesentlichen die Basis, von der aus sich die Kindergartenpädagogik der Nachkriegszeit entwickelte. Eine Grundannahme dieser Kindergartenpädagogik war es, durch eine kingerecht gestaltete Erziehung das Kind schulreif werden zu lassen, ohne Methoden und Inhalte der Schule vorwegzunehmen.“[8]

Der zentrale Kern der Pädagogik war es, dem Kind eine bewahrte Kindheit zu sichern.

Der Kindergartentag wurde oft stark rhythmisiert. „Charakteristisch für den Ablauf ist die Annahme, daß Kinder im Vorschulalter in relativ kurzen Zeitspannen einen Wechsel der Methoden brauchen.[ Wechsel zwischen Bewegung und Ruhe, Aufnehmen und Schaffen, An- und Entspannung] (...) Eine Schwierigkeit liegt in solchen Rhythmisierung des Verlaufs deswegen, weil Ausdauer und Ermüdbarkeit der verschiedenen Kinder verschieden ist und so also doch eine gewisse Schablonisierung eintritt.“[9] Es handelte sich also um eine Erziehung, die auf äußerliche Anpassung und Disziplinierung ausgerichtet ist. Gleichzeitig kann sie als Vorbereitung auf die Schulzeit angesehen werden, da auch der Schulvormittag stark durchstrukturiert ist.

Im Kindergarten sollte im Gegensatz zur Schule nicht die Erreichung irgendeines Ziels oder die Erfüllung eines Stoffplans verlangt werden. „Nach dem Selbstverständnis des Kindergartens war es nicht seine Aufgabe, Inhalte zu vermitteln, sondern vielmehr die grundlegenden Fähigkeiten und Verhaltensweisen [z.B. Ausdauer und Beständigkeit, Konzentration, stärkere Sachlichkeit] zu fördern, auf denen die Schule aufbauen konnte.“[10]

Durch die zunehmende Technisierung entwickelte sich ein neuer methodisch- didaktischer Ansatz: in der spielenden Auseinandersetzung mit den Dingen der Umwelt sollten Kinder exemplarische Erfahrungen machen. „ Die notwendige und selbstverständliche Anpassung des Kindes im Umgang mit elektronischen Schalterknöpfen und Hebeln sollte ergänzt werden durch Rückführung auf die Erfahrung , dass dem Effekt der Maschinen einfache Vorgänge zu Grunde liegen, die mit Handgriff und Werkzeug zu vollziehen sind; im Erlebnis solcher Arbeitsvorgänge, didaktisch vorbereitet und fortgeleitet, wird das Fragen der Kinder nach Ursache und Folge angeregt, das früher durch Zuschauen und Mithelfen entstand. Das ergab einen Maßstab für die Auswahl des Spielzeuges und einen neuen Begriff von der „Welt des Kindes“. [Die Welt des Kindes] sollte im Kindergarten (...) ein Übungsraum [sein], in dem sich die Kinder in der altersgleichen Gemeinschaft auf ihre Weise mit den Eindrücken der modernen Welt auseinandersetzen können.“[11]

Das freie Spiel wurde durch das gelenkte Spiel und die gelenkte Beschäftigung mit bewusst gesetzten Bildungszielen im Rahmen der Erlebniswelt der Kinder ergänzt. An dieser neuen Sicht war die Wiedergewinnung eines Verständnisses für Fröbel und seine Absichten mit dem entwickelnd- erziehenden Gabensystem beteiligt. Es ging darum, an Fröbels Begriff der Vorschulfähigkeit eine Orientierung für die Erziehung des Kindes zu finden. Die pädagogische Arbeit wurde unter die Leitlinie gestellt, schöpferische Phantasie zu entwickeln für eine „(...) didaktische Spielpflege, die für Schule und Leben vorbereitet, ohne dem eigentlichen Unterricht vorzugreifen.“[12]

[...]


[1] Erning, Günther/ Neumann, Karl/ Reyer, Jürgen (Hrsg.): Geschichte des Kindergartens. Freiburg: Lambertus 1987, S.93

[2] ebd.

[3] Grossmann, Wilma : Kindergarten. Eine historisch- systematische Einführung in seine Entwicklung und Pädagogik. Weinheim/Basel: Beltz Verlag 1987, S. 80

[4] Erning, Günther u.a., S.85

[5] Grossmann, W., S.97

[6] Grossmann, W. , S.97

[7] Grossmann, W. , S.80

[8] Grossmann, W. , S.80

[9] ebd., S. 83

[10] ebd., S. 81

[11] Hoffmann, Erika: Vorschulerziehung in Deutschland. Witten: Luther Verlag 1971, S. 63

[12] Hoffmann, E. , S. 64

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Vorbereitung auf die Schule im Wandel der Zeit. Inwiefern bereitet(e) der Kindergarten auf die Schule vor ?
Hochschule
Universität Lüneburg  (Institut für Pädagogik)
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
23
Katalognummer
V52500
ISBN (eBook)
9783638482011
ISBN (Buch)
9783638662185
Dateigröße
558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vorbereitung, Schule, Wandel, Zeit, Inwiefern, Kindergarten, Schule
Arbeit zitieren
Isabell Kallis (Autor:in), 2003, Vorbereitung auf die Schule im Wandel der Zeit. Inwiefern bereitet(e) der Kindergarten auf die Schule vor ?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52500

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