Karrierepolitik und Organisationsstruktur


Hausarbeit, 2001

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Begriffliche Klärung

3 Betriebliche Ziele der Karrierepolitik
3.1 Zielkategorien
3.2 Zielbeziehungen

4 Organisationsstruktur und Karrierepolitik
4.1 Organisationsstruktur als Kontextfaktor der Karrierepolitik
4.2 Auswirkungen struktureller Variablen
4.2.1 Anzahl der Stellen
4.2.2 Gliederungstiefe
4.2.3 Anzahl der Hierarchien
4.3 Auswirkungen verschiedener struktureller Konzepte
4.3.1 Funktionale Organisation
4.3.2 Divisionale Organisation
4.3.3 Matrix-Organisation

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In den entwickelten Volkswirtschaften sind langfristige Beschäftigungsverhältnisse weit verbreitet, Beschäftigungszeiten von zwanzig Jahren und mehr beim selben Arbeitgeber sind keine Seltenheit (vgl. Milgrom/Roberts 1992: 358). Deutschland erreicht dabei im internationalen Vergleich einen relativ hohen Wert, die mittlere Betriebszugehörigkeit betrug hier 1991 bei Männern zwölf und bei Frauen acht Jahre (vgl. Klimecki/Gmür 1998: 299).

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die innerbetriebliche Entwicklung von Arbeitnehmern in dieser langen Zeit sowohl für das Individuum als auch für die Organisation möglichst vorteilhaft gestaltet werden kann. Einen entscheidenden Beitrag dazu kann eine systematische betriebliche Karriereplanung leisten, die der Erreichung organisationaler und individueller Ziele dienlich sein kann (vgl. Berthel 1995a: 1286). Die betriebliche Karrierepolitik ist dabei allerdings „nicht völlig frei gestaltbar, sondern wird durch eine Reihe von Kontextfaktoren beeinflußt“ (Berthel 1995a: 1287). Zu nennen sind hier bspw. Größe, Wachstum, Standort und Organisationsstruktur eines Unternehmens sowie gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen ebenso wie Alter, Schulbildung, Geschlecht und bisheriger Berufsverlauf der betroffenen Arbeitnehmer (vgl. Kräkel 1999: 21-101; Kräkel 2001: 412; Berthel 1995a: 1287).

Diese Arbeit konzentriert sich auf die organisationalen Aspekte betrieblicher Karriereplanung sowie auf die konkreten Auswirkungen des Kontextfaktors Organisationsstruktur. Es wird die Frage untersucht, welche Ziele Unternehmen mit Hilfe ihrer Karrierepolitik verfolgen, und wie sich unterschiedliche Ausprägungen der Strukturgestalt der Organisation positiv oder negativ auf die Möglichkeiten auswirken, diese Ziele zu erreichen.

Zu diesem Zweck werden zunächst die wichtigsten Begriffe definiert (Kap. 2), um dann die organisationalen Ziele betrieblicher Karrierepolitik zu analysieren (Kap. 3). Daraufhin wird erläutert, inwiefern die Organisationsstruktur den Grad der Zielerreichung beeinflusst (Kap. 4), um dann die Ergebnisse der Arbeit abschließend zusammenzufassen (Kap. 5).

2 Begriffliche Klärung

Der hier verwendete Karrierebegriff folgt der Definition von Berthel (1995a: 1285): „Unter Karriere wird jede beliebige Stellen- oder Positionenfolge im betrieblichen Positionsgefüge verstanden. Diese weite Begriffsfassung schließt neben ranghierarchischem Aufstieg auch Stellenwechsel im Sinne von Seitwärts- und Abwärtsbewegungen ein.“

Die Begriffe Karriereplanung und Karrierepolitik werden in dieser Arbeit synonym verwendet, die Definition folgt Kräkel (2001: 410): „Unter Karriereplanung wird hier die Planung betrieblicher Arbeitnehmerkarrieren aus Arbeitgebersicht und nicht die Planung des individuellen Berufsverlaufs durch einen bestimmten Arbeitnehmer verstanden. Konkret sei mit Karriereplanung im folgenden das Aufstellen allgemeiner Regeln für ein bestimmtes Unternehmen hinsichtlich des Aufstiegs, der Versetzung, der Degradierung und der Entlassung von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber gemeint (= Karrierepolitik).“

3 Betriebliche Ziele der Karrierepolitik

3.1 Zielkategorien

In der Literatur finden sich verschiedene Kategorisierungen betrieblicher Ziele der Karriereplanung. So werden von einigen Autoren vier Zielkategorien unterschieden (z.B. Berthel 1995a:1285-1286; Berthel 1995b: 292; Berthel/Koch 1985: 36-38; Meichsner 1995: 5-6; Koch 1981: 308-310): Karriereplanung soll demnach zur sachlichen sowie ökonomischen Optimierung beitragen, sie hat außerdem eine Entwicklungs- sowie eine Motivierungsfunktion. Bei der sachlichen Optimierung geht es darum, „Probleme der Stellenbesetzung wie auch der Nachfolgersuche sowohl in qualitativer Hinsicht als auch zu den erforderlichen Zeitpunkten“ (Berthel 1995b: 292) zu lösen. Es soll eine größtmögliche Übereinstimmung zwischen den Anforderungen einer Stelle und den Qualifikationen der Stelleninhaber geschaffen werden. Damit kann auch dem Ziel der ökonomischen Optimierung entsprochen werden: „Eine bessere Übereinstimmung von Arbeitsplatz-Anforderungen und Mitarbeiter-Qualifikationen ermöglicht eine bessere Nutzung des menschlichen Leistungspotentials und mündet insoweit in Steigerungen des betrieblichen Erfolges“ (Berthel 1995b: 292). Beim Motivationsziel hingegen geht es darum, die Mitarbeiter mit Hilfe der Karrierepolitik dazu anzuregen, „mit ihrem Leistungsverhalten nach bestem Vermögen zur betrieblichen Zielerreichung beizutragen“, während das Entwicklungsziel eine „langfristige Veränderung der Leistungsbereitschaft und ‑fähigkeit und damit des Leistungsverhaltens“ (Berthel/Koch 1985: 38) der Mitarbeiter intendiert.

Dieser Arbeit sollen jedoch im folgenden die von Kräkel (2001: 410-411; 1999: 103-105; 1996: 360) verwendeten Zielkategorien zugrunde gelegt werden. Danach ist das langfristige Ziel der Unternehmenspolitik die „Maximierung des (erwarteten) Marktwertes des Unternehmens“ (Kräkel 1999: 102). Für die Karrierepolitik ergibt sich daraus zum einen ein „Allokations- und Matchingziel“ und zum anderen ein „Anreizziel“[1] (vgl. auch Milgrom/Roberts 1992: 364).

Beim Allokations- und Matchingziel geht es darum, dass „die richtigen Personen zum richtigen Zeitpunkt auf die richtigen Stellen gelangen [...]“ (Kräkel 1999: 103-104). Es soll also durch gezielte Karrieremaßnahmen dafür gesorgt werden, dass in der Organisation möglichst effiziente Kombinationen aus Arbeitnehmern und Stellen gebildet werden (vgl. Kräkel 2001: 410). Auf diese Weise soll ein Beitrag zur Sicherung der dauerhaften Leistungsfähigkeit des Unternehmens erbracht werden, indem „die Stellen im Betrieb möglichst zu jedem Zeitpunkt mit einem geeigneten Arbeitnehmer besetzt sind“ (Kräkel 1999: 104).

Die Erfüllung des Anreizziels hingegen soll nach Kräkel (2001: 410-411) die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer sicherstellen. Sie sollen motiviert werden, ihre Fähigkeiten und ihre Leistungskraft auszuschöpfen und für die Erreichung betrieblicher Ziele einzusetzen. „Dies kann erreicht werden, indem gute Arbeitnehmerleistungen mit einem hierarchischen Aufstieg belohnt werden, der wiederum mit einem Entgeltzuwachs sowie einer Zunahme von Ansehen und Einfluss verbunden ist“ (Kräkel 2001: 411). Ein solcher Effekt ist allerdings nur dann zu erwarten, wenn die Arbeitnehmer tatsächlich Karrieren und die mit ihnen verbundenen Belohnungen anstreben und wenn für sie ein ausreichender Zusammenhang zwischen eigener Leistung und beruflichem Fortkommen ersichtlich ist. Es muss also mit individuellen Unterschieden gerechnet werden (vgl. Berthel/Koch 1985: 38).

Die Kategorisierung der betrieblichen Ziele der Karriereplanung in Allokations- und Matching- sowie Anreizziele scheint geeignet, sowohl die oben erläuterten vier Zielkategorien als auch weitere in der Literatur genannte Detailziele zu integrieren. So können sachliche Optimierung und Personalentwicklung als Teile des Allokations- und Matchingziels angesehen werden. Das Motivierungsziel hingegen entspricht weitgehend dem Anreizziel, während ökonomische Optimierung beiden Kategorien zuzuordnen ist, da mit ihnen letztlich das Oberziel der Steigerung des Unternehmenserfolges verfolgt wird (vgl. Kräkel 2001: 410; Kräkel 1999: 102). Einige Detailziele betrieblicher Karriereplanung seien hier nur beispielhaft erläutert und eingeordnet: So kann das von Kitzmann/Zimmer (1982: 184) angeführte Ziel der Personalbindung bzw. „Stabilisierung eines qualifizierten Mitarbeiterstammes“ (vgl. auch Klimecki/Gmür 1998: 304) dem Allokations- und Matchingziel zugerechnet werden, ebenso wie die dort genannte frühzeitige Regulierung der langen Einarbeitungszeiten von Führungskräften und hochqualifizierten Spezialisten. Die Erhöhung der Lernbereitschaft und des Bildungswillens der Mitarbeiter (vgl. Kitzmann/Zimmer 1982: 184) hingegen fällt in die Kategorie der Anreizziele.

3.2 Zielbeziehungen

Zwischen dem Anreizziel und dem Allokations- und Matchingziel der Karrierepolitik können vielfältige Konflikte auftreten, was hier an einigen Beispielen erläutert werden soll[2].

Zunächst ist dabei das sogenannte „Peter-Prinzip“ zu nennen (vgl. Kräkel 1999: 122-123; Kräkel 2001: 411; Milgrom/Roberts 1992: 276): Um dem Anreizziel Rechnung zu tragen werden Arbeitnehmer, die sich auf einer Position bewährt haben, zur Belohnung auf die jeweils nächsthöhere Hierarchieebene befördert. Mit jeder Beförderung werden dabei höhere Anforderungen an den Arbeitnehmer gestellt, was schließlich zur Folge hat, dass jeder Mitarbeiter sich nach seiner letzten Beförderung in einer Position befindet, deren Anforderungen er nicht mehr gewachsen ist. Dies stellt einen Verstoß gegen das Allokations- und Matchingziel dar, der nur durch eine Degradierung korrigiert werden kann. Dies könnte allerdings wiederum negative Folgen hinsichtlich des Anreizziels haben.

Generell kann ein karrierepolitischer Zielkonflikt daraus resultieren, dass bei Beförderungs­entscheidungen aus Anreizgesichtspunkten diejenigen Personen berücksichtigt werden, die in ihrer aktuellen Position besonders gute Leistungen erbringen. Auf dieser Basis können allerdings die zukünftigen Leistungen der betreffenden Personen nicht mit ausreichender Sicherheit antizipiert werden. Daher wäre es aus der Perspektive des Allokationsziels sinnvoller, statt der in der Vergangenheit erbrachten Leistungen die individuellen Leistungspotentiale in den zukünftigen Positionen als Entscheidungskriterium für Beförderungen heranzuziehen. Dies kann allerdings hinsichtlich des Anreizzieles wiederum problematisch sein, da die Arbeitnehmer ihre Beförderungschancen dann durch eine überdurchschnittliche Arbeitsleistung in ihrer aktuellen Position nicht mehr direkt vergrößern können (vgl. Kräkel 1999: 122).

Schließlich sei hier noch die Problematik des Quereinstiegs externer Bewerber angesprochen (vgl. Kräkel 1999: 123; Kräkel 2001: 411). Aus der Perspektive des Allokations- und Matchingziels kann es für die Organisation sinnvoll sein, einen externen Bewerber unternehmensinternen Kandidaten vorzuziehen, wenn dieser eine höhere Eignung für die zu besetzende Stelle aufweist. Allerdings gehen dadurch für die internen Bewerber Karriereanreize verloren, da die Möglichkeit einer Belohnung durch hierarchischen Aufstieg für einige Zeit nicht mehr gegeben ist. Darüber hinaus können auf Grund der Signalwirkung, die aus der Berücksichtigung externer Bewerber entstehen kann, langfristige negative Anreizeffekte für die Arbeitnehmer eines Unternehmens entstehen, da sie befürchten müssen, auch in der Zukunft bei Beförderungen nicht zum Zuge zu kommen.

Bei der Betrachtung der geschilderten Zielkonflikte stellt sich die Frage, ob es für Organisationen nicht sinnvoller wäre, das Anreizziel der Karrierepolitik zugunsten des Allokations- und Matchingziels aufzugeben (vgl. Kräkel 1999: 125). Der Fokus der Karriereplanung läge dann allein auf einer möglichst optimalen Stellenbesetzung, Anreizwirkungen hingegen sollten mit anderen Mitteln (z.B. direkten monetären Anreizen) erreicht werden. Kräkel (1996: 364-369; 1999: 125-130) nennt jedoch eine Reihe von Gründen, die für eine Verfolgung des Anreizziels mittels betrieblicher Karriereplanung sprechen.

So ist „die Karrierepolitik in manchen Fällen als Anreizinstrument einsetzbar [...], in denen direkte Anreizinstrumente hingegen versagen [...]“ (Kräkel 1996: 371). Dies gilt insbesondere im Falle von Arbeitnehmerleistungen, die nicht durch Dritte überprüfbar und damit auch nicht kontrahierbar sind. Eine direkte monetäre Entlohnung solcher Leistungen ist nur schwer möglich, da sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer der Anreiz besteht, sich opportunistisch zu verhalten und die andere Partei zu übervorteilen. So könnten Arbeitnehmer z.B. nicht-kontrahierbare Leistungen unbemerkt zurückhalten, während der Arbeitgeber deren Anerkennung und Belohnung verweigern könnte. Durch Karriereanreize und eine stellenbezogene Entlohnung kann diesem Problem begegnet werden, wenn der Arbeitgeber die (kontrollierbare) Verpflichtung auf sich nimmt, frei gewordene Stellen auf jeden Fall mit internen Bewerbern neu zu besetzen. Für die Arbeitnehmer besteht dann der Anreiz, hohe Leistungen zu erbringen, um ihre Chancen auf eine Beförderung im Vergleich zu den anderen Bewerbern zu vergrößern. Der Arbeitgeber hingegen hat nur mehr die Wahl zwischen verschiedenen Kandidaten für die Beförderung, nicht aber die Möglichkeit, die Belohnung vollständig zu verweigern. Daher hat er unter diesen Umständen ein Interesse daran, tatsächlich den besten Kandidaten zu befördern, um nicht letztlich wieder dem Allokations- und Matchingziel zu schaden (vgl. Kräkel 1996: 365-366; Kräkel 1999: 125-126).

[...]


[1] Für eine umfassende Darstellung dieser Zielkategorien siehe Kräkel (1999: 105-122).

[2] Für eine ausführlichere Erläuterung und weitere Beispiele vgl. Kräkel (1999: 122-124).

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Karrierepolitik und Organisationsstruktur
Hochschule
Universität Konstanz  (FB Politik-/Verwaltungswissenschaft)
Veranstaltung
Personalwirtschaftliches Seminar: Karriereplanung und Personalbeurteilung
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
25
Katalognummer
V5257
ISBN (eBook)
9783638132053
Dateigröße
588 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Karriereplanung, Organisation, Organisationsstruktur, Karriere, Laufbahn, Laufbahnplanung, career
Arbeit zitieren
Frank Walter (Autor:in), 2001, Karrierepolitik und Organisationsstruktur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5257

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