Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erlebt das brasilianische Amazonien, das größte zusammenhängende und in weiten Teilen unerschlossene Regenwaldgebiet der Welt, eine Dynamik bisher ungekannten Ausmaßes. Fernstraßenbau, kleinbäuerliche Agrarkolonisation, die Expansion riesiger Rinderfarmen und die Ausbeutung der natürlichen Rohstoffe kennzeichnen diesen Entwicklungsboom. Folgen sind zahlreiche Interessen- und Landkonflikte, die Verdrängung der indigenen Bevölkerung, ein hoher Grad der Verstädterung durch Verdrängung der Kleinbauern und nicht zuletzt die zunehmende Zerstörung der „grünen Lunge„ der Welt.
In der vorliegenden Arbeit wird der Gang der Erschließung und die Entstehung der heutigen Agrarstruktur nachvollzogen. Zu diesem Zweck wird zuerst die historische und aktuelle Landnutzung beschrieben, wobei die Möglichkeiten und Konsequenzen der Produkt- bzw. Produktionswahl im Vordergrund stehen. Es folgt eines Untersuchung der Besiedelung, wobei es vor allem darum geht, die verschiedenen sozialen und ökonomischen Strukturen der Region darzustellen und historisch zu erklären. In diesem Rahmen wird das Thema der Migration ständig zur Erklärung aufzugreifen sein.
In einem letzten Schritt werden Eigentumsverhältnisse sowie die unterschiedlichen Betriebsgrößen dargestellt um zu versuchen die Entwicklung dieser anhand der erarbeiteten Informationen zu erklären, sowie aktuelle Trends herauszuarbeiten. Zur Interpretation und Erklärung der aktuellen strukturellen Betriebsverhältnisse werden die Daten aus den aktuellen Agrazensen des IBGE herangezogen.
Innerhalb des Amazonasgebietes variieren sowohl die ökologischen als auch die ökonomischen Gegebenheiten sehr stark. Auf Grund der begrenzten Kapazität der Arbeit und der unendlichen Mannigfaltigkeit des Amazonasgebietes sah ich mich deshalb gezwungen, teilweise stark zu pauschalisieren. Diese kommt vor allem bei Erklärung der Landnutzung in einem sehr weitläufigen Gebrauch der Begriffe terra-fírme, várzea sowie shifting culivation zum Ausdruck.
Auch die Regierung hat bei den Besiedelungsaktionen ökologisch gesehen das Gleiche getan, was sich in zahlreichen Fehltritten und einer großen Diskrepanz zwischen Plan und Durchführbarkeit äußert. Zwar ist es im Gegensatz zur Regierung nicht meine Aufgabe, Patentlösungen für brasilianische Probleme vorzulegen, doch möchte ich ausdrücklich auf die starke Vereinfachung der Thematik hinweisen, die dem Leser stets bewusst sein sollte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Landnutzung in Amazonien
- Terra- firme
- Probleme bei der Besiedelung
- Extraktion und Sammelwirtschaft
- Das System der shifting cultivation
- Dauerkulturen
- Fallbeispiel Kautschuk
- Fallbeispiel Tomé- Acu
- Várzea
- Besiedelung
- Extraktion und Sammelwirtschaft
- Fischfang
- Holzeinschlag
- Jahreskulturen
- Dauerkulturen
- Viehzucht
- Wandel in der Landnutzung am Beispiel Baixo Alegre (Mato Grosso)
- Terra- firme
- Agrarkolonisation und Migration
- Kautschukboom und wirtschaftliche Stagnation
- Desenvolvimentismo
- 1960-1975: Phase der Okkupation
- Besiedelung an der Transamazônica
- Migration
- 1975-1990: Phase der Modernisierung und Förderung privater Großprojekte
- Expansion der Rinderweidewirtschaft
- Die Verdrängung der Kleinbauern in Mato Grosso
- Ab 1990: Der Staat zieht sich zurück
- Strukturelle Analyse der Betriebe
- Betriebsgröße
- Wandel der Betriebsgrößenstruktur am Beispiel Ouro Preto (Rondônia)
- Auswirkungen der ungleichen Landverteilung: ökonomisch, sozial und ökologisch
- Eigentumsstruktur
- Wandel der Eigentumsverhältnisse in Rondônia und Mato Grosso im Vergleich
- Überblick über aktuelle Trends der Eigentumsstruktur in Amazonien
- Betriebsgröße
- Globalisierung versus Entwicklung?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht den Prozess der Erschließung des brasilianischen Amazonasgebiets und die Entstehung der heutigen Agrarstruktur. Sie beleuchtet die aktuelle Landnutzung, die Möglichkeiten und Konsequenzen für Landwirte bei der Produkt- und Produktionswahl sowie die Faktoren, die diese Entscheidungen beeinflussen. Darüber hinaus wird die Frage geklärt, wer, wann und wieso den Raum besiedelte, um aus den daraus resultierenden Informationen die verschiedenen sozialen und ökonomischen Strukturen zu erklären. Schließlich werden die Eigentumsverhältnisse und Betriebsgrößen analysiert und aktuelle Trends herausgearbeitet.
- Die Herausforderungen der Landnutzung in Amazonien
- Die Rolle der Agrarkolonisation und Migration
- Die Auswirkungen des Agrarstrukturwandels auf die Bevölkerung
- Die Bedeutung von Eigentumsverhältnissen und Betriebsgrößen
- Die Spannung zwischen Globalisierung und Entwicklung in Amazonien
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Diese Einleitung führt den Leser in die Thematik des brasilianischen Amazonasgebiets ein, welches in den letzten Jahrzehnten einen bedeutenden Entwicklungsboom erlebt hat. Sie beschreibt die Folgen dieses Booms, wie Landkonflikte, Verdrängung der indigenen Bevölkerung und Umweltzerstörung, und erläutert den Fokus der Arbeit, die Erschließung und Entstehung der heutigen Agrarstruktur zu untersuchen.
Landnutzung in Amazonien: Dieses Kapitel untersucht die beiden wichtigsten Landschaftszonen in Amazonien, die terra-firme und die várzea, und beschreibt die jeweiligen Nutzungsformen. Es werden die Herausforderungen der Besiedelung und Landnutzung in beiden Zonen sowie die Möglichkeiten und Konsequenzen verschiedener Produktionsformen beleuchtet.
Agrarkolonisation und Migration: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der Agrarkolonisation und Migration in Amazonien, beginnend mit dem Kautschukboom und der darauf folgenden wirtschaftlichen Stagnation. Es analysiert die verschiedenen Phasen der Besiedelung und Migration, die Rolle des Staates und die Expansion der Rinderweidewirtschaft.
Strukturelle Analyse der Betriebe: Dieses Kapitel befasst sich mit der Betriebsgröße und Eigentumsstruktur in der Landwirtschaft Amazoniens. Es analysiert den Wandel der Betriebsgrößenstruktur am Beispiel Ouro Preto (Rondônia) und untersucht die Auswirkungen der ungleichen Landverteilung auf die ökonomischen, sozialen und ökologischen Verhältnisse.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen der Landnutzung, Agrarstrukturwandel, Migration, Eigentumsverhältnissen und Globalisierung im Kontext des brasilianischen Amazonasgebiets. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Folgen der Besiedelung und die Entwicklung verschiedener Produktionsformen sowie deren Auswirkungen auf die soziale und ökologische Situation in der Region.
- Citation du texte
- Magister Artium Henning Grobe (Auteur), 2004, Agrarstrukturwandel und Migration in Amazonien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52678