Die Eustachiuslegende und die biblische Hiobsgeschichte im Vergleich


Seminararbeit, 2005

15 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Die Märtyrerlegende
2.1.1 Das Väterbuch
2.1.2 Die Eustachiuslegende
2.2 Die Hiobgeschichte
2.3 Direkte Verweise auf das Hiobbuch in der Eustachiuslegende
2.3 Der Dialog mit Gott

3. Schlusswort

4. Bibliographie.

1. Einleitung

„Du must mit der betrubede slac und in swerer leide an dir anderweide durch my ere und durch min lob dich bewisen alsam Job, der in gedult sich hette ergeben.“[1]

Dies sagt Gott zu Eustachius, um ihn auf seine Prüfung durch den Teufel vorzubereiten. Gott verweist hier auf die Hiobgeschichte, um ein Beispiel mit ähnlichem Verlauf zu nennen.

Die Parallele zwischen der biblischen Hiobgeschichte und der Eustachiuslegende aus dem Väterbuch ist nicht zu übersehen. Der Dichter der Eustachiuslegende macht mit Verweisen auf das Buch Hiob auf diese Ähnlichkeit aufmerksam. Doch worin bestehen die Parallelen und worin die Unterschiede zwischen diesen beiden christlichen Erzählungen? Beschränkt sich die Ähnlichkeit der beiden Erzählungen auf die direkten Verweise des Dichters in der Eustachiuslegende auf das Hiobbuch, oder gibt es darüber hinaus weitere Parallelen?

In einem ersten Teil dieser Untersuchung sollen die typischen Elemente einer Märtyrerlegende, wie sie die Eustachiuslegende ist, besprochen werden. Weiter wird das Väterbuch vorgestellt, um dann den Inhalt der Eustachiuslegende zusammenzufassen. Auch wird der Inhalt des Hiobbuches zusammengefasst, um eine Ausgangslage für den Vergleich zu schaffen. In einem zweiten Teil werden die Stellen in der Eustachiuslegende genauer betrachtet, an denen direkt auf Hiob verwiesen wird, um zu untersuchen, ob die Handlungen an diesen Stellen parallel zum Hiobbuch verlaufen. Dann wird der Dialog zwischen Eustachius in seiner Legende und Hiob in der Bibel mit Gott verglichen, um auf diese Weise weitergehende Parallelen oder Unterschiede zwischen der Eustachiuslegende und dem Hiobbuch festzustellen.

2. Hauptteil

2.1 Die Märtyrerlegende

Die Märtyrerlegende stellt eine grosse Untergattung der Legenden mit spezifischen Elementen dar. Im Gegensatz zu anderen Legenden lassen die Märtyrerlegenden meist einen historischen, lokal bestimmten Handlungsort erkennen.[2] Dem Martyrium geht meist ein Prozess voraus, in dem der Heilige durch Verhör, Verlockung oder Folterung zum Verlassen des christlichen Glaubens bewegt werden soll. Der Märtyrer beweist sich aber gegen seine Richter, oft der Kaiser selbst, wie bei Eustachius, mit Weisheit und Demut durch die Kraft Gottes. Dieser Widerstand lässt die Richter umso mehr seinen Tod fordern. Hier setzt in der Märtyrerlegende oft die Erzählung vom „unzerstörbaren Leben“ ein. Die Tötungsversuche des Machthabers am Märtyrer scheitern immer wieder an dessen wunderbaren Kräften. So sterben zum Beispiel Eustachius und seine Familie nicht, als sie einem Löwen vorgeworfen werden. Erst nachdem die Macht Gottes genug bewiesen worden ist und der Heilige mit seinem Tod einverstanden ist, lässt er sich töten.[3] Der Hinrichtungsprozess ist also nicht nur mit Folter verbunden, sondern auch mit Wundern. Die Zahl der erlittenen Folterungen zeigt noch mehr Glaubenskraft und Opferbereitschaft des Heiligen, während die Zahl der durch Wunder überlebten Tötungsversuche oder die Wunder beim Verhör die Macht Gottes bestätigen.[4]

Die Vorgeschichte des Märtyrers bis zu seiner Hinrichtung variiert in verschiedenen Legenden. Gewisse Legenden beschränken sich darauf, nach den Angaben zu Herkunft und Stand des Heiligen bloss vom unmittelbaren Verhaftungsgrund vor dem Verhör zu berichten. Die Verhaftungsgründe sind jedoch ähnlich: Auffällige christliche Lebensführung, Profiliertheit durch ein kirchliches Amt, der Wunsch sich für schwächere Christen einzusetzen, die Verweigerung, einem heidnischen Gott zu opfern, wie es bei Eustachius der Fall ist, oder einfach der Befehl Gottes, sich dem Martyrium auszusetzen. Die Vorgeschichte verbindet sich in einigen Legenden auch mit einer Rückblende bis zur Kindheit, damit die Exemplarität des Heiligen besser dargestellt werden kann. In der Vorgeschichte werden zum Teil auch Themen eingebunden, die nicht unbedingt der christlichen Tradition angehören. So liegt in der Eustachiuslegende das Schwergewicht der Geschichte vor dem Martyrium eher in der Tradition des hellenistischen Familienromans mit der typischen Trennungs- und Wiederfindungsszene der Familie.[5] Die Nachgeschichte der Hinrichtung besteht meistens in der Bestattung des heiligen Leichnams, wie bei Eustachius, und im Tod des Richters als Strafe Gottes. Die Nachgeschichte lässt im Allgemeinen weniger Freiraum offen als die Vorgeschichte.[6] Ingesamt betrachtet ist das Schema der Märtyrerlegende substantiell und strukturell ziemlich konventionalisiert und auf ein eng begrenztes Repertoire stereotyper Elemente festgelegt, vor allem wenn der Freiraum der Vorgeschichte nicht benutzt wird.[7]

Die Märtyrerlegenden waren während des gesamten Mittelalters sehr beliebt. Die Geschichten der Märtyrerlegenden mit dem typischen Erzählzusammenhang liess sich gut überblicken und memorisieren, dabei konnten spektakuläre Besonderheiten vorkommen wie zum Beispiel ein spezifischer Foltergräuel oder eine ungewöhnliche Vorgeschichte. Bei der Eustachiuslegende wären diese Besonderheiten wohl die Begegnung mit dem Hirschen und die Trennungs- und Wiederfindungsgeschichte seiner Familie. Märtyrerlegenden boten zudem die Möglichkeit, Glaubensüberzeugung und Opferbereitschaft zu demonstrieren und stellten einen didaktischen Anknüpfungspunkt dar, indem dem Heiligen beim Verhör vor den Ungläubigen die theoretischen und praktischen Glaubensgrundlagen in den Mund gelegt wurden.[8] Schliesslich hatten Märtyrerlegenden auch die Funktion, politische Macht zu deklarieren, indem zum Beispiel ein Widerstand gegen einen ungläubigen Herrscher legitimiert werden konnte.[9]

2.1.1 Das Väterbuch

Das Väterbuch, das am Ende des 13.Jh. entstanden war und dem Verfasser des „Passionals“ zugeschrieben wird, umfasst eine umfangreiche Sammlung von mittelhochdeutschen Legenden. Der Dichter beschreibt in ihnen das Leben der Altväter. Die Altväter waren die ersten Mönche, die sich in die Wüste und in die Einsamkeit zurückzogen, um ein Vorbild für die Gemeinschaft darzustellen. Aber im Laufe der Arbeit erweiterte sich die Aufgabe des Dichters und er schilderte zur Erreichung seines Zweckes auch andere Persönlichkeiten, die ein weltabgewandtes, gottseliges Leben führten und als Muster dienen konnten. Den Abschluss findet das ganze Werk in einer Schilderung des jüngsten Gerichts. Der Hinweis auf das letzte Gericht ist ein wirksames Mittel, um herbeizuführen, wieso das Leben, wie es die Altväter geführt hatten, zu befolgen ist.[10] Über den Dichter des Passionals und des Väterbuchs ist wenig bekannt. Man nimmt an, dass er, wegen seiner ausgebreiteten theologischen Bildung, ein Geistlicher war.[11] Das Väterbuch war sehr beliebt. Davon zeugen die alten Bibliothekskataloge und die vielen überlieferten Handschriftenbruchstücke.[12]

[...]


[1] Reissenberger, Das Väterbuch, S.535.

[2] Woesler, Die Legende, S.236.

[3] Woesler, Die Legende, S.240.

[4] Feistner, Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters, S.28.

[5] Feistner, Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters, S.29-31.

[6] Feistner, Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters, S.28.

[7] Feistner, Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters, S.31.

[8] Feistner, Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters , S.90-91.

[9] Woesler, Die Legende, S.240.

[10] Reissenberger, Das Väterbuch, V.

[11] Reissenberger, Das Väterbuch, VII.

[12] Reissenberger, Das Väterbuch, XI.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Eustachiuslegende und die biblische Hiobsgeschichte im Vergleich
Hochschule
Universität Zürich
Note
gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V52797
ISBN (eBook)
9783638484107
ISBN (Buch)
9783638765275
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eustachiuslegende, Hiobsgeschichte, Vergleich
Arbeit zitieren
Michiko Yamanaka (Autor:in), 2005, Die Eustachiuslegende und die biblische Hiobsgeschichte im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52797

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Eustachiuslegende und die biblische Hiobsgeschichte im Vergleich



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden