Die Drag Queen als menschliche Marke


Hausarbeit, 1999

29 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Marke
Image
Identität
Kommunikation
Marketing
Markenwert und Markenschutz
Zusammenfassung

II. Celebrity Marketing
Potenzielle Vorteile und mögliche Risiken
Personenschutz
Zusammenfassung

III. Die Drag Queen
Geschichte
Der Erfolg der Drag Queens

IV. Biggy van Blond
Interview
Zukünftige Perspektiven
Bibliographie

Einleitung

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Frage auseinander, ob sich Markenkonzepte auf Menschen übertragen lassen und welche Voraussetzungen Menschen erfüllen sollten, um sich besonders gut für das Konzept einer menschlichen Marken zu eignen. Biggy van Blond soll exemplarisch verdeutlichen, ob die theoretisch entwickelte Hypothese konkret anwendbar ist. Da es sich dabei um eine Thematik handelt, über die verhältnismässig wenig Literatur existiert, lässt es sich kaum vermeiden, dass die entwickelten Thesen zum Teil spekulativ bleiben. Das ist in dieser Hausarbeit jedoch durchaus beabsichtigt – es sollen neue Ideen für ein neues Marketingkonzept ausprobiert und getestet werden, wie flexibel bereits existierende Markenkonzepte sind um sie am konkreten Beispiel zu überprüfen.

I. Marke

Um beurteilen zu können, ob es möglich oder sinnvoll ist, Markenkonzepte auf Menschen zu übertragen, soll zunächst dargestellt werden, wie das heutige Verständnis von „Marke“ ist.

Marke und Markierung haben ihren Ursprung im Zeichenwesen, das auf die Frühgeschichte zurückgeht. Ein solches Zeichen kann ein Buchstabe, ein Wort, ein Symbol oder ein Logo an Objekten sein, das damit eine Information übermittelt, die aus dem Gegenstand selbst nicht hervorgeht. Zunächst ist diese Information eine Herkunftsbezeichnung, die aber schon in der Antike gleichzeitig Qualität und Authentizität des Produkts garantieren sollte (vgl. Adjouri 1992, 4).

Mit der Industrialisierung und der anonymen Massenfertigung vieler Produkte in der Mitte des 19. Jahrhunderts kam der Qualität entscheidende Bedeutung zu, denn es gab teilweise sehr große Unterschiede in Bezug auf die Fertigkeiten der Hersteller eines Produktes. Der Herkunftsnachweis der Ware fungierte somit schon bald als Qualitätssiegel. Ein einprägsamer Name bürgte fortan dafür, dass der Kunde sicher sein konnte, ein „gutes“ Produkt gekauft zu haben.

Der Duden definiert Marke in ähnlicher Weise: „...vom Hersteller durch ein Markenzeichen gekennzeichneter Artikel, für den gleichbleibende Qualität verbürgt wird.“ (Duden, 1989)

Den Aspekt der Herkunftsgarantie beinhalten modernere Markenkonzepte noch immer: Die Herkunftsbezeichnung „made in…“ impliziert aber neben dem objektiv zuzuordnenden Produktionsort unbewußte Assoziationen - „made in Germany“ soll hohe Qualität, Verläßlichkeit und Präzision garantieren, „made in Schweden“ heißt „Solide und robust“, „made in Frankreich“ wird mit „Stil und Eleganz“ assoziiert, und auch eigentlich regionale Herkunftsbezeichnungen wie Parma-Schinken, Champagner oder Cognac rufen bestimmte Assoziationen hervor und sind zum geschützten Markennamen geworden.

Das klassische Markenartikelkonzepts ist bereits Anfang des Jahrhunderts entstanden. Vor allem der Wandel vom Hersteller- zum Käufermarkt hat eine Veränderung der Markenführung und Vermarktung bewirkt.

Betrachtete man früher aus Hersteller sicht vor allem den „Unique Selling Proposition (U S P), kann man heute aus Kunden sicht von der „Unique Customer Proposition“ (U C P) sprechen.

Das Verständnis des Markenartikels hat sich ständig erweitert. Bis in die Mitte der 60er Jahre musste „Ware“ ein Produkt sein – Dienstleistungen, Investitionsgüter oder gar Menschen passten nicht in das Markenartikelverständnis. Bis dahin herrschte eine ausschließlich produktorientierte Sicht von Marken vor. So formulieren Dichtl/Hörschgen noch 1991 als Kriterien für Marke:

- Markierte Fertigware
- Gleichbleibende Qualität, Menge, Aufmachung
- Größerer Absatzraum
- Starke Verbraucherwerbung
- Hohe Anerkennung im Markt

Becker kritisiert ein solches Markenverständnis als zu statisch, und sieht drei Kriterien als relevant:

- Herkunftsnachweis und Qualitätsgarantie
- Image und Verkehrsgeltung
- Ubiquität

Mit der Einbeziehung des Faktors Image führte er damit zu einem Verständnis von Marke, das in Folge der zunehmenden Sättigung der Märkte bereits in den 70er Jahren bei einigen Autoren zunehmend auch subjektiv Faktoren beinhaltete. So definierte Berekhoven 1978 Markenartikel als „Produkte oder Dienstleistungen, die vom Kunden als solche wahrgenommen werden.“

Je vielschichtiger das Verständnis von Marke, desto eher lässt es sich auch auf Menschen anwenden.

Eine umfassende und brauchbare Definition gibt der Markenartikelverband. Er stellt sieben Merkmale auf, die ein Markenartikel unterscheiden:

- gibt Sicherheit, ist nicht anonym
- Langfristig konzipiert
- Leitfunktion
- geht mit der Zeit, berücksichtigt Verbraucherbedürfnisse und hat dadurch langfristigen Erfolg und hohe Bekanntheit
- Distribuiert über produktadäquaten Vertriebsweg
- Fördert Wettbewerb und Innovation
- Verhindert Produktenttäuschungen
- setzt Maßstäbe für wirtschaftlichen und technischen Fortschritt und prägt durch Innovationskraft und Produktkompetenz der Hersteller moderne Konsumgütermärkte.

Definitionen von Markenartikeln müssen zunehmend unterschiedliche „Produkte“ in sich vereinen. Mit der Einbeziehung von Sozial- und Diensleistungsmarketing müssen einheitliche Kriterien gefunden werden, denn auch hier müssen austauschbare „Produkte“ profiliert werden. Sollen schließlich sogar Menschen von diesem Markenkonzept mit erfasst werden, bedarf es eines flexiblen, schlüssigen Konzepts, das nicht zu sehr das Produkt in den Mittelpunkt stellt, sondern die Komplexität objektiver und subjektiver Faktoren vereint.

Ein solches Konzept findet sich bei Geldmacher. „Ein System, das zu einer ganzheitlichen Beurteilung führen soll, muss so einfach sein, dass es auf die Vielzahl aller Markenzustände anwendbar ist und sich sowohl für die Analyse bestehender Marken als auch zur Synthese neuer Markenvorhaben (wie der menschlichen Marke, Anm. d. Verf.) eignet, damit es der Markenführung dienen kann.“

Geldmacher definiert Marke als „eine durch besondere Produkt-, Angebots-, Preis und Kommunikationsfaszination gekennzeichnete Ganzheit“ (Geldmacher 1989, 6), die Marke sei „das kommunikative Begegnungsobjekt, das unbewusst, bewusst oder signalhaft bewusst wahrgenommen wird“ (Geldmacher 1989,1).

Sein Konzept erscheint auch dadurch passend für menschliche Marken, dass es auf „Faszination“ aufbaut, und damit dem reinen Produktnutzen einen relativ geringen Raum einräumt. „Faszination ist sowohl Sachen wie Personen, Körperlichem wie Geistigem eigen – gewissermaßen als Ausstrahlung.“ (Geldmacher ebd.) Viele seiner Markeneigenschaften wirken sehr „menschlich“; er schreibt Marken Eigenschaften zu wie -Ausstrahlung, -Charakter, -Rolle, -Umfeld, Charisma und Anmutung (s.u.), was die Übertragbarkeit auf ein „Mensch-als-Marke“ Konzept erleichtert. Es ist dabei kein Zirkelschluss, ein Marken-Konzept, dass menschliche Eigenschaften auf die Marke überträgt nun wieder umgekehrt auf den Menschen zu übertragen. Vielmehr ist es Ausdruck einer Angleichung des einerseits komplexer werdenden Markenverständnisses, das den Erfordernissen eines von Informations- und Angebotsüberfluß geprägten Marktes entsprechen muss, andererseits die Kehrseite eben dieser Erscheinung, die die Menschen als makroökonomisches Objekt in diesem Markt integrierbar macht.

Die Einbeziehung der Kommunikation als wesentliches Markenkriterium in Geldmachers Konzept ist entscheidend für „Menschliche Marken“. „Es bedarf eines Senders, der eine Faszination ausstrahlt“ – was könnte sich hierfür besser eignen als ein Mensch? – und „eines oder mehrerer Empfänger, die das Signal aufnehmen und reflektieren. Kommunikation heißt also: durch Ausstrahlung (Faszination) das Echo im anderen zu wecken...Faszinationen vollziehen sich...durch alles, was die fünf Sinne des Menschen anspricht.“ (Geldmacher 1989,2)

Als Bezugsgröße wählt er den Konsumenten, den man dann richtig interpretiere, wenn man die einfache Frage „Bin ich ohne zusätzliche Interpretation verständlich?“ bejahen könne - „Einfach denken!“ (ebd.).

Seine Theorie hat er in einer Systematik zusammengefasst, die er GER-Markenführungssystem nennt, wobei GER für Greater Eficiency Rules steht.

Die Beurteilung der Marke erfolgt hier mittels einer Suchfeldanalyse, die folgende Faktoren mit einbezieht:

- die fünf Sinne - sehen, hören, riechen, fühlen, schmecken (sensory perception),
- die gelernten, über Erlebnis und Erfahrung gebildeten, objektiven und subjektiven Einspeicherungen (Engramme),
- die Wiedererkennbarkeit vor allem in der verbalen und visuellen Umsetzung (communicative code).

Die wesentlichen Suchfelder bei der Beurteilung einer Markenganzheit richten sich dabei nach

- Produktfaszination
- Angebotsfaszination
- Preisfaszination
- Kornmunikationsfaszination.

Produktfaszination: „Primär interessiert den Konsumenten der Produktnutzen...-ohne „Verpackung“, ohne Werbung, ohne Preisnennung...Dazu gehören auch so subjektive Faktoren wie Prestige-, Erbaulichkeits-, Ordnungs-, etc. -nutzen und –leistung...bei einer Dienstleistung muss man sich allerdings daran gewöhnen, die Leistung als solche als Produkt zu bezeichnen“ (Geldmacher 1989, 3).

Die Angebotsfaszination ergibt sich durch die Gesamtheit der äußeren Erscheinungsform, durch die sich das Produkt dem Konsumenten präsentiert (Kleidung, Auftreten, etc.) . Sie dient zugleich als Schutz vor Imitationen von erfolgreich eingeführten Herstellermarken durch preiswerte Handelsmarken. Angesichts der hohen Kosten bei der Einführung eines Konsumgut von ca. 150mio DM stellt die Markenimitation eine ernstzunehmende Gefahr dar. Die Angebotsfaszination habe „auf Gebieten, auf denen es nach dem Stand der Technik nicht mehr oder nur schwer möglich ist, ein Produkt faszinativ auszugestalten (me-too Produkte), eine außerordentlich große Bedeutung ...insbesondere für den Konsumgüterbereich.“ (Geldmacher 1989, 3)

Die Preisfaszination umfasst die besondere Ausgestaltung des Preis-Leistungs-Verhältnisses. Dabei gibt es sowohl eine Faszination für niedrige Preise (Discount, Sonderangebot), als auch für hohe Preise (Prestige, Seltenheit, Spitzenqualität). Mit zu berücksichtigen seien auch „psychodynamisch wirksame Faktoren“ wie die „Magie der Zahl, gebrochene Preise, Münzgröße, Preis-Schallmauer, Koppelpreise und Prestigepreise“ (Geldmacher 1989,4).

Die Kommunikationsfaszination beschäftigt sich mit „der Wechselwirkung rationaler und emotionaler Wirksamkeiten (Interfunktion). Damit ist gemeint, dass der Markenname alleine bereits häufig Assoziationen hervorruft - z.B. Asbach Uralt, Porsche“ (Geldmacher ebd.).

Die Ganzheit der Markenfaszination ergibt sich aus dem Zusammenspiel dieser Faktoren. Zu dieser gehören im einzelnen:

- die Markenpersönlichkeit: die unverwechselbare Ganzheit ihres Erscheinungsbildes,
- der Markencharakter: die eigenständige Ausbildung und ihre grundsätzliche Differenzierung zu anderen Marken,
- die Markenrolle: das Verhalten der Marke im Markt in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft,
- der Markenfundus: das über die Marke gelernte Wissen, das im Markt bewusst ist oder bewusst gemacht werden kann,
- der Markenkern: die festgeschriebene - insbesondere für die Weiterentwicklung der Marke wichtige - kondensierte Zusammenfassung der Markenstandards, die sich aus dem Markenschlüssel, dem Markencharakter, der Markenrolle und dem Markenfundus ergeben.

„Mit dem GER-Markenführungssystem entsteht so ein Prozess der Markenbildung, mit dem sich ein generisches, anonymes Produkt personalisieren lässt. Dazu muss es mit einem Namen, mit einer nachvollziehbaren Entstehungsgeschichte und einem Leben im Alltag, das sich jeden Tag neu in den Kategorien Qualität, Preis und Ubiquität beweisen muss, versehen werden. So entsteht eine Markenpersönlichkeit, die, ähnlich wie ein Mensch, eine Rolle spielt in der Markengesellschaft, einen Charakter besitzt, der unverwechselbar dieser Marke zugeordnet wird, und damit ein eigenes Markenschicksal...Interessant ist auch die Erforschung des Markenumfeldes, das sich, ähnlich wie bei einer Familie, bildet. Man spricht auch von Markenfamilie und der Anmutung (Landschaft, Wohnung, Bezirk etc.), in der eine Marke „wohnt.“ Wenn man einen Code bildet, der eine Marke mit einer Person vergleichbar macht, ist es sehr viel einfacher zu verstehen, was man mit einer Marke machen darf, und was man mit einer Marke nicht machen darf.“ (vgl. Geldmacher 1989, 2ff).

Dazu führt Geldmacher den Begriff des „Marken-Charisma“ ein, das „alle Faszinationen, die eine Marke ausstrahlt, die sie zu einer Besonderheit macht, und ihre Alleinstellung im Markt kennzeichnet“ vereine (Geldmacher 1989,4).

Damit kommt er auf einen der zentralen Begriffe moderner Markenführung, das Image, das er als „Marken-Leumund“ bezeichnet. Der Marken-Leumund bewege sich „kommunikativ in den gleichen Kürzeln wie der Markenschlüssel“ und sei „der gute Ruf, den eine Marke über Generationen hinweg erworben hat…Marken sind Kurz-Codes, die eine ganze Empfindungswelt der Zuordnung subsumieren.“ (Geldmacher-Skript 1999)

Mit wachsendem Angebot, sich angleichender Qualität und zunehmender Unüberschaubarkeit der Marktsituation wächst die Bedeutung der Kommunikation für eine Marke. Ein hoher Bekanntheitsgrad ist heute eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Funktionieren eines Markenkonzeptes. Die Marke ist das verbindende Element zwischen Hersteller und Konsumenten. Das Image einer Marke soll innerhalb dieses Kommunikationsprozesses die Anonymität zwischen Hersteller und Verbraucher beseitigen. Die Marke und damit deren Image wird dem Konsumenten jedoch erst durch (werbliche) Kommunikation nähergebracht und ist von Kommunikation abhängig.

Kommunikation und Image sind also Faktoren, die zunehmende Bedeutung für moderne Markenartikelkonzepte erlangen. Dabei lassen sich die kommunikativen Funktionen der Marke von denen des Image ableiten. Das führt zu einem identitätsorientierten Markenverständnis, bei dem die Marke, aus sozialpsychologischer Sicht betrachtet, als „Informationsspeicher“ verstanden wird. Für Markenführung bedeutet das eine Erweiterung der absatzmarktbezogenen Perspektive um eine innengerichtete, im Mittelpunkt stehen Image und Identität. „In der spezifischen Mischung von Einstellungen, Meinungen, Werthaltungen und Assoziationen, die sich in einem Image verbindet, sieht man heute allgemein ein konstitutives Merkmal eines Markenartikels“ (Dichtl 1992, 19).

Image:

Eine der Folgen der Liberalisierung ab den 60er Jahren, die sich in der Ablehnung der bekannten Normen äußerte, wird heute häufig mit dem Begriff „Werteverfall“ beschrieben. Der damit zwangsläufig einhergehenden Gefahr der Orientierungslosigkeit wird häufig mit Rückgriff auf Traditionen begegnet. Weitere Begriffe, die diese Periode kennzeichnen sind „Erlebnis- und Genussorientierung, Gesundheits- und Umweltbewusstsein, Betonung der Freizeit, hoher Stellenwert gesellschaftsbezogener Werte (Umwelt, Arbeitsplätze, Ausländerintegration, soziale Sicherheit), zunehmende Bedeutung materialistischer Werte, Aufwertung von Kreativität, Spontaneität, Selbstverwirklichung, Eigenständigkeit, Genuss, Freizeit, Abenteuer, Spannung, Ausleben emotionaler Bedürfnisse, Emanzipation von Autoritäten, Individualität verbunden mit der Abwertung von Disziplin, Gehorsam, Selbstbeherrschung, Unterordnung, Bedeutungsgewinn von "High-Touch-Werten" (Information und Kommunikation, Sicherheit, soziale Bindungen), Trend zur aktiven und kritischen Gesellschaft, zunehmende Pluralisierung individueller und gesellschaftlicher Wertesysteme, pluralistische Lebensstile.“ (Raffee/Wiedmann 1994, 423-444; vgl. Herbst 1998). Um als Marke (und als Mensch) in diesem komplexen Umfeld bestehen zu können, ist ein „Image“ als Orientierungsfunktion wichtig. Der Faktor Image ist dabei zugleich Verbindung zwischen „klassischer“ und menschlicher Marke.

Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen „imago“ (Bildnis, Abbild) ab. Dass „Image“ heute ein allgegenwärtiger Begriff in der Werbepsychologie ist, ist nicht gleichbedeutend mit einem eindeutigen Begriffsverständnis. Das liegt auch daran, dass eine deutsche Übersetzung des englischen Begriffs nicht die gleiche Bedeutung hat.

Das Fremdwörterlexikon beschreibt Image als: „(e.) angestrebtes Wirkungsbild; alle Vorstellungen, die von einem Gegenstand ausgehen“ (Lingen Fremdwörterlexikon o.a.J., 183). Herbst beschreibt Images als „die Gesamtheit aller Vorstellungen, die ein Mensch bzw. eine Gruppe mit einem Meinungsgegenstand verbindet.“ Das Image wird dabei von einer Vielzahl sozialer, politischer, subjektiver und kultureller Variablen beeinflußt. Es entsteht allmählich durch wie auch immer hervorgerufene Auseinandersetzung mit dem Objekt (persönliches Interesse, Marketing, etc.) und beinhaltet kognitive, affektive und intentionale Aspekte. Das heißt, Images sind nicht objektiv, sondern enthalten Wertungen. In marktspychologischem Zusammenhang wird der Begriff zuerst Mitte der 50er Jahre von Gardener und Levy verwendet.

Unter den vielen Images, die vom Produkt-Image über das Transfer-Image bis zum Globalimage reichen, seien hier nur die für die weitere Arbeit relevanten erwähnt:

Das Marken-Image wird aufgebaut zur Profilierung, Abgrenzung und „Charakterbildung“. Damit wird ein spezifisches Image aufgebaut, das es ermöglicht, dass der Kunde sich mit „seiner“ Marke identifizieren kann. Der Konsument erwartet von seinem Kauf mehr als den reinen Produktnutzen: der Symbolwert des Produkts kann dabei sogar größer werden als der eigentliche Gebrauchswert.

Als Fremd-Image wird das Image bezeichnet, das andere vom Produkt oder der Firma haben. Es ist zum einen vom Marken- und Produktimage beeinflusst, zum anderen aber auch vom Auftreten des Unternehmens in der Öffentlichkeit (corporate identity: Mitarbeiterverhalten,…).

Beim Transfer-Image versucht man, ein bereits vorhandenen Image auf ein Produkt oder einen Menschen zu übertragen. Solche Imageübertragungen sind beispielsweise auch für das merchandising denkbar: Das Image eines Stars soll auf Fan-Artikel übertragen werden. Die bereits erfolgreiche Marke minimiert das Floprisiko für neue Produkte, die unter dem gleichen Namen vertrieben werden. Hier besteht jedoch die Gefahr des Aufweichens des Markenkerns. Unpassende Neuartikel können das Image und die Identität der Marke gefährden. Um diese Gefahr so gering wie möglich zu halten, sollten Transferprodukte eine ähnliche Zielgruppe ansprechen.

Die Möglichkeiten der identitätsorientierten Markenführung für den Produzenten sind im klassischen Verständnis absatzwirtschaftlich orientiert. Sie liegen in der Individualisierung von Marken, Produkten und Unternehmen, die Anonymität beseitigen, der Marke eine Persönlichkeit geben und Kontinuität suggerieren soll (z.B. Marlboro, Persil). Die Bedeutung für den Konsumenten beinhaltet vorwiegend subjektive Komponenten: über das Image wird das gekaufte Produkt Mittel zur emotionalen Bedürfnisbefriedigung.

Nur gesamtwirtschaftlich betrachtet handelt der Mensch als homo economicus – das Individuum handelt eher emotional als kognitiv, das Image dient zur Rechtfertigung einer rational nicht zu begründenden eigenen (Kauf-) Handlung. Bei vielen „In“-Produkten dient der Besitz der Marke zur Profilierung: der Käufer versucht, das Image der Marke auf sich zu übertragen oder ein „Informationsvorsprung“ wertet den Käufer auf – vor allem bei Jugendlichen ist dies weit verbreitet.

Images spielen in gesättigten Märkten eine übergeordnete Rolle, weil sie sich planen und damit verändern lassen. Die Imageforschung hat Kriterien entwickelt, mit den Images messbar und planbar werden. Dazu müssen zunächst die Vorstellungen der Zielgruppe erforscht werden. Herbst beschreibt die Aufgaben folgendermaßen: „Die Imageforschung soll Aufschluss geben über Images von Meinungsgegenständen, ihre Stärken und Schwächen, absolut und in Relation zu Konkurrenzimages, vor und nach der Exposition eines Stimulus“.

Verglichen werden muss also das Ist- mit dem Soll-Image, wobei relevante Image-Dimension aufgeschlüsselt werden müssen. Dass auch die Analyse der Konkurrenz dazu gehört liegt in der Notwendigkeit, eine Zielsetzung für das eigene Unternehmensimage zu formulieren, die sich von denen der anderen unterscheidet.

Selbstverständlich muss auch hier die Forschung den wissenschaftlichen Kriterien entsprechend objektiv, valide und zuverlässig sein. Da die Motivation zur Wahl einer Marke nicht ohne weiteres feststellbar ist, wurden Instrumente entwickelt, die diesen Anforderungen gerecht werden, z.B. qualitative und quantitative Befragungen, Interviews, Gruppendiskussionen, Assoziationstest, Blickaufzeichnung u.a.

Bei großer Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbild einer Marke spricht man von (Marken-) Identität.

Identität

Das Fremdwörterlexikon beschreibt Identität als „völlige Gleichheit eines Dinges (Wesens) mit sich selbst“ (Mackensen o.A.J., 180), der Duden hat eine etwas andere Perspektive: Identität <lat.> die: das Existieren von jemandem, etwas, als ein Bestimmtes, Individuelles, Unverwechselbares; [...]“ (Duden 1997, 344)

Soziologisch läßt sich Identität in zwei Dimensionen differenzieren: dem Gegenstand auf der einen und der Perspektive auf der anderen Seite: Der Gegenstand kann eine oder mehrere Personen oder ein Objekt sein. Betrachtet man die Gegenstände von innen, spricht man hier von „Selbstbild“, betrachtet man sie von außen, von „Fremdbild“.

Das Fremdbild der Markenidentität entspricht in der Praxis dem Markenimage, das Meffert als die Summe „aller subjektiven Vorstellungen einer Person von der Marke hinsichtlich der wahrgenommenen Eigenschaften und der Eignung dieser Marke zur Befriedigung der rationalen und emotionalen Bedürfnisse des Individuums“ bezeichnet. (Meffert/Burmann 1996, 34) . Dieses Image entsteht vor allem durch Assoziationen beim Konsumenten mit der Marke.

Für das formulierte Selbstbild der Marke wird eine Markenphilosophie entwickelt, die sich in der Unternehmensphilosophie niederschlägt. Das realisierte Selbstbild drückt sich in der Kommunikation, dem Erscheinungsbild und dem Verhalten aus. Damit wird ein Markenleitbild kreiert, das die Vision und die Leitsätze umfasst. Alle Komponenten der Markenidentität beziehen sich auf dieses Markenleitbild, um ein in sich schlüssiges, widerspruchsfreies Bild aufzubauen. „Eine gute Marke weckt beim Verbraucher wie in der Öffentlichkeit Vertrauen, bewirkt Loyalität, da sie das Risiko von Fehlentscheidungen und Erwartungsenttäuschungen minimiert. Die Marke übernimmt eine Orientierungsfunktion für den Entscheidungsprozess. Sie gibt ein Wertversprechen und reduziert die materiellen (Wert, Qualität) und psychologischen (Image, soziale Akzeptanz) Risiken, die mit dem Kauf verbunden sind. Markenpersönlichkeit und Markenanspruch müssen übereinstimmen.“ (Keller, 1990)

An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass Gerken ein Konzept einer „fraktalen Markenführung“ vorgestellt hat, bei der die Marken „mitwandernde Markenoberflächen [erhalten]..., die kurzfristig neue Trends wiedergeben und sich im Fluss des Zeitgeistes selbst organisieren“ und sich durch „homogene Inhomogenität“ auszeichneten, wobei der Markenkern zerstört und durch den „Mythos“ ersetzt werden solle. Da es sich in der Praxis jedoch als wenig brauchbar erwiesen hat, soll darauf nicht weiter eingegangen werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die Drag Queen als menschliche Marke
Hochschule
Universität der Künste Berlin  (Institut für Theorie und Praxis der Kommunikation)
Veranstaltung
Der Mensch als Marke
Note
1,3
Autor
Jahr
1999
Seiten
29
Katalognummer
V5287
ISBN (eBook)
9783638132237
Dateigröße
1207 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marke, Geldmacher, Drag Queen, Homosexualität, Marketing
Arbeit zitieren
Thorsten Kadel (Autor:in), 1999, Die Drag Queen als menschliche Marke, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5287

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