A Einleitung
Erläuterung der Fragestellung
Das Thema dieser Arbeit umfasst neben Einleitung und Schluss drei Teile, die sich vom Allgemeinen zum Speziellen verjüngen und als Grundlagen des Strafrechtssystems selbst wiederum untergliedert sind. Diese Anlage ist evident und benötigt keinerlei Erklärung. Zu erläutern bleibt an dieser Stelle jedoch, welche Zielrichtungen der Zusatz " aus rechtsphilosophischer Sicht" sowie die Zweigliederung in die "Bedeutung und die Problematik" besitzen.
Rechtsphilosophie als Wissenschaft von der "Grundlegung und den Grundlagen des Rechts" beschäftigt sich mit den in "rechtswissenschaftlichen Arbeiten immer stillschweigend und unreflektiert getroffenen Voraussetzungen" . Demgemäss ist sie "philosophischer Antwortversuch auf die Frage, welche Rechtsidee dem positiven (gesetzten) Recht zugrunde liegt bzw. zugrunde zu legen ist, wie sein Gebots- und Verbotscharakter zu begründen ist" und "was der Sinn der Rechtsordnung im Ganzen des menschlichen sozialen Lebens und seines Weltbezugs ist." Mit I. Kant gliedert sich das Recht in positives Recht und die ihm zugrunde liegenden "unwandelbaren Prinzipien" , auch überpositives Recht genannt, die das Betätigungsfeld der Rechtsphilosophie ausmachen.
Daraus ergibt sich für unsere Fragestellung, dass - ungeachtet der verschiedenen Strömungen der Rechtsphilosophie - die Grundbegriffe des Strafrechts im Hinblick auf die ihnen zugrunde liegenden Prämissen untersucht werden sollen.
Dabei lässt sich m.E. auch keine exakte Differenzierung zwischen der Bedeutung und der Problematik treffen, hängen diese doch äußerst eng miteinander zusammen: Während die Bedeutung sich auf die Tragweite und damit auf die doppelte Rolle, die den Begriffen in strafrechtlicher und anschließend rechtsphilosophischer Hinsicht zukommt bezieht, zielt die Darstellung der Problematik in reiner Form auf die immanenten Schwächen in Form unbewiesener Hypothesen ab. Schon hierbei ist ersichtlich, dass sich beide Themengebiete überschneiden. Daher kann auch diese Arbeit nicht strikt zwischen ihnen trennen.
[...]
Inhaltsverzeichnis
A Einleitung
Erläuterung der Fragestellung
B Grundelemente des Straftatsystems
I. Tatbestandsmäßigkeit
1.) Definition
2.) Funktionen des Tatbestandsbegriffes
3.) Anfragen an grundlegende Prämissen
a) Der absolute Geltungsanspruch des Rechts
b) Das nullum-crimen-Prinzip
4.) Ergebnis
II. Rechtswidrigkeit
1.) Definition und Bedeutung
2.) Rechtswidrigkeit und Freiheit
3.) Problematiken der Rechtfertigungsgründe
4.) Grundanfrage an die Rechtswidrigkeit
III. Schuld
1.) Hinführung und Bedeutung
2.) Strafrechtliche Schuldbegriffe
a) Der normative Schuldbegriff
b) Der materielle Schuldbegriff
aa) Schuld als Andershandelnkönnen
bb) Schuld als rechtlich missbilligte Gesinnung
cc) Schuld als Charakterschuld
dd) Schuld als generalpräventive Zuschreibung
ee) Schuld als Handeln trotz normativer Ansprechbarkeit
3.) Grundlegende Anfragen an den Schuldbegriff
4.) Ergebnis und Ausblick
C Tatbestandsmerkmale
I. Handlung
1.) Bedeutung und Aufgabe des Begriffes
2.) Definitionen der Handlung
3.) Willensfreiheit und Handlung
a) Das Andershandelnkönnen
b) Willensfreiheit contra Handlungsfreiheit
c) Willensfreiheit als „staatsnotwendige Fiktion“
4.) Kritik an den Handlungslehren
5.) Handlung und Gesinnung
6.) Zusammenfassung und Ergebnis
II. Kausalität
1.) Der Begriff
2.) Die Lehre vom ursächlichen Zusammenhang
a) Das Induktionsproblem Humes
b) Kant: Die apriorische Gültigkeit
c) Die Intentionalität Welzels
3.) Die Problematik des Erfahrungsgesetzes
III. Vorsatz
1.) Definition und Bedeutung
2.) Die Vorstellungstheorie
3.) Kritik des Wissenselementes
4.) Die Willenstheorie
5.) Kritik an der Willenstheorie
6.) Abschließende Kritik und Ausblick
D Mordmerkmal
Habgier
1.) Umfang und Bedeutung der Fragestellung
2.) Definition und Bedeutung des Begriffes
3.) Prämissen der Habgier als Unrechtselement
E Schluss
Zusammenfassung
A Einleitung
Erläuterung der Fragestellung
Das Thema dieser Arbeit umfasst neben Einleitung und Schluss drei Teile, die sich vom Allgemeinen zum Speziellen verjüngen und als Grundlagen des Strafrechtssystems[1] selbst wiederum untergliedert sind. Diese Anlage ist evident und benötigt keinerlei Erklärung. Zu erläutern bleibt an dieser Stelle jedoch, welche Zielrichtungen der Zusatz „ aus rechtsphilosophischer Sicht“ sowie die Zweigliederung in die „Bedeutung und die Problematik“ besitzen.
Rechtsphilosophie als Wissenschaft von der „Grundlegung und den Grundlagen des Rechts“ beschäftigt sich mit den in „rechtswissenschaftlichen Arbeiten immer stillschweigend und unreflektiert getroffenen Voraussetzungen“[2]. Demgemäss ist sie „philosophischer Antwortversuch auf die Frage, welche Rechtsidee dem positiven (gesetzten) Recht zugrunde liegt bzw. zugrunde zu legen ist, wie sein Gebots- und Verbotscharakter zu begründen ist“ und „was der Sinn der Rechtsordnung im Ganzen des menschlichen sozialen Lebens und seines Weltbezugs ist.“[3] Mit I. Kant gliedert sich das Recht in positives Recht und die ihm zugrunde liegenden „unwandelbaren Prinzipien“[4], auch überpositives Recht genannt, die das Betätigungsfeld der Rechtsphilosophie ausmachen.[5]
Daraus ergibt sich für unsere Fragestellung, dass - ungeachtet der verschiedenen Strömungen der Rechtsphilosophie - die Grundbegriffe des Strafrechts im Hinblick auf die ihnen zugrunde liegenden Prämissen untersucht werden sollen.
Dabei lässt sich m.E. auch keine exakte Differenzierung zwischen der Bedeutung und der Problematik treffen, hängen diese doch äußerst eng miteinander zusammen: Während die Bedeutung sich auf die Tragweite und damit auf die doppelte Rolle, die den Begriffen in strafrechtlicher und anschließend rechtsphilosophischer Hinsicht zukommt bezieht, zielt die Darstellung der Problematik in reiner Form auf die immanenten Schwächen in Form unbewiesener Hypothesen ab. Schon hierbei ist ersichtlich, dass sich beide Themengebiete überschneiden. Daher kann auch diese Arbeit nicht strikt zwischen ihnen trennen.[6]
B Grundelemente des Straftatsystems
I. Tatbestandsmäßigkeit
1.) Definition:
Bevor man zu einer rechtsphilosophischen Betrachtung gelangen kann, muss man sich über den Gegenstand der Betrachtung klar werden. Der Tatbestandsbegriff des Strafrechts unterscheidet sich sowohl von dem der Umgangssprache als auch von dem der Rechtsprechung und wird selbst im strafrechtlichen System nicht homogen verwendet, sondern unterliegt einer weiteren Zergliederung.
Die für diese Arbeit maßgebliche Definition des Tatbestandes[7] als Unrechtstatbestand[8] bzw. Tatbestand im engeren Sinne geht auf E. Beling zurück und kann als „die abstrakte Umschreibung eines strafrechtlich relevanten Sachverhalts in Gestalt einer menschlichen Handlung oder Unterlassung“ charakterisiert werden.[9]
Aufgrund dieser Ausführungen lässt sich Tatbestandsmäßigkeit verstehen als die Übereinstimmung eines menschlichen Verhaltens mit der „deliktstypischen Unrechtsbeschreibung im gesetzlichen Tatbestand“[10].[11]
2.) Funktionen des Tatbestandsbegriffes:
Neben der systematischen Funktion, die regelt, welche Merkmale ein Verbrechen oder ein Vergehen typischerweise umfasst, ergibt sich aus dem Tatbestand eine dogmatische Funktion, die die Merkmale umschreibt, „deren Unkenntnis den Vorsatz ausschließt.“ Die in diesem Zusammenhang jedoch wichtigste Funktion ist kriminalpolitischer Art und liegt in der „durch Art. 103 II GG geforderten ,Garantiefunktion’“[12]. Danach ist eine Handlung nur dann Unrecht (im strafrechtlichen Sinne), wenn das verbotene Verhalten exakt unter einen der Tatbestände subsumiert werden kann.
Was sich zunächst nicht weiter erstaunlich anhört, ist in rechtsphilosophischer Sicht von höchster Bedeutung und wirft eine Reihe von Fragen auf, denen im folgenden nachgegangen werden soll.
3.) Anfragen an grundlegende Prämissen:
Dem Laien wie dem Juristen erscheint das unglaublich differenzierte und komplexe Normengefüge des Rechtssystems mit seinen für fast alle nur denkbaren Handlungen vorformulierten Tatbeständen[13] als ein unantastbares Gebilde, das zwar interpretationsbedürftig, jedoch nicht grundsätzlich in Frage zu stellen ist. Doch besitzt das Rechtssystem diesen absoluten Geltungsanspruch zu Recht?
a) Der absolute Geltungsanspruch des Rechts:
Ein repressives System wie das Strafrecht kann nach dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes nur von einer Mehrheit der Gesellschaft gebildet und getragen werden – sofern es überhaupt ein staatliches Bestrafungsmonopol[14] geben soll. Doch da das Grundgesetz selbst wie jedes andere Gesetz menschengemacht ist, bleibt nachzufragen, ob es überhaupt überpositiven Rechtsgrundsätzen entspricht, dass eine Mehrheit wesentliche Eingriffe in die Rechtsgüter eines Einzelnen vornehmen darf.
Geht man mit dem Utilitarismus davon aus, dass dem Einzelnen nützt, was der Gesellschaft nützt und andersherum, so ist dies zwar eine durchaus angreifbare These[15], entbehrt aber nicht einer gewissen Realitätsnähe. Doch es wird dadurch das an einem Individuum begangene Unrecht nicht ausreichend gewürdigt, da es bei solcher Betrachtung unzweifelhaft in Konfliktfällen hinter den sich wandelnden Prinzipien des Allgemeinwohls zurückstehen muss – und die Wahrung der Grundrechte und –freiheiten des Einzelnen doch das innerste Anliegen unseres Rechtssystems darstellt.
Diese Überlegung zu den Weg-Ziel-Bestimmungen eines Strafrechtssystems bewegt sich rein auf dem Boden der Empirie und der Nützlichkeitserwägungen, der Pragmatik. Dabei wies schon Kant auf die Problematik jeglichen positiven Gesetzes hin, das „als bloß[e] empirische Rechtslehre“[16] lediglich ein „hölzerne[r] Kopf“[17] ist, dem das Gehirn fehlt – und unser Rechtssystem besteht aus derlei positiven Gesetzen. Doch Kant zeigt uns, dass die überpositiven Rechtsgrundsätze „unwandelbaren Prinzipien“[18] entspringen müssen, die wiederum Ausdruck der „bloßen Vernunft“[19] sind.[20]
b) Das nullum-crimen-Prinzip:
An dieser Stelle schließt sich die bereits oben aufgeworfene Frage nach der Bedeutung des § 1 StGB und des Artikels 103 Abs. 2 GG an. Nach dem nullum-crimen-Prinzip in seiner allgemeinen Ausprägung ist nur das verwerflich, was vor Begehung der Tat verboten (oder bei Unterlassung: geboten) war und nur dafür kann der Täter nach § 1 StGB bestraft werden. Sinn und Zweck dieser grundlegenden Vorschrift besteht darin, dem Einzelnen durch Orientierung an Verbotenem zu ermöglichen, sozialschädliches Verhalten zu vermeiden, obgleich dadurch den Gerichten viel an Flexibilität genommen wird. Doch diese könnte gerade notwendig sein, um präventiv zu wirken, Exempel zu statuieren und auf diese Weise gerade durch individuelle Rechtsfolgen dem Charakter und der Persönlichkeit des Täters besser gerecht zu werden.[21]
Die Orientierungsmöglichkeit bzw. die Kenntnis des Unrechts durch die Bevölkerung wiederum bezweckt den Freiheitsschutz, d.h. die Planbarkeit der Entscheidungen durch den potentiellen Täter selbst. Doch mit dem Freiheitsbegriff stößt man an eine unüberwindliche Grenze rechtsphilosophischer Betrachtung, wie im Kapitel ®C I. gezeigt wird. Denn worauf beruft sich eine derartige freiheitliche Entscheidung? Da Willensfreiheit eine unbewiesene Hypothese zu sein scheint, liegt es nahe, an die individuelle Vernunft bzw. die Moral oder Ethik zu denken. Doch auch diese sind nicht a priori gültig, sondern müssen sich in dem Charakter jedes Individuums neu konkretisieren. Das mag zwar durch Erziehung geschehen, aber wo verbleibt dann das Postulat der Freiheit, wenn es nicht nur eine oktroyierte Freiheit vertreten soll? Der verzweifelte Rückgriff auf die Erziehung verlagert das Problem lediglich auf eine Generation zuvor, so dass das Endglied dieser Kette gleichzeitig das Anfangsglied einer weiteren ins Unendliche zurückreichenden Kette von Bedingungen ist. (vgl. C II.)
4.) Ergebnis:
Wenn das Strafrecht Tendenzen zu einem „zweckrationalen Strafrechtssystem“ aufweist, das sich nicht mehr auf „ontische Vorgegebenheiten“[22], sondern lediglich auf strafrechtliche „Zwecksetzungen“ beruft, so kann schon auf Tatbestandsebene konstatiert werden, dass das Recht faktisch selbst ein final determiniertes Instrument ist, das mit absolutem Grundsatzanspruch auftritt.
II. Rechtswidrigkeit
1.) Definition und Bedeutung:
„Die durch den Unrechtstatbestand begründete und nicht durch einen Rechtfertigungsgrund ausgeschlossene Rechtswidrigkeit[23] bedeutet, dass das fragliche Tun oder Unterlassen im Widerspruch zum Recht als einer menschlichen Verhaltensordnung steht“[24], so definiert Lenckner unabhängig von dem Meinungsstreit über den zwei- oder dreistufigen Deliktsaufbau.
Die rechtsphilosophische Bedeutung der Rechtswidrigkeit besteht also darin, dass mit Bejahung der Rechtswidrigkeit eine Handlung abschließend und unwiderruflich als Unrecht bezeichnet wird, obwohl der Täter nicht schuldig sein muss. Was diesbezüglich aus juristischer Sicht völlig unproblematisch klingt, wirft aus rechtsphilosophischer Sicht doch einige Fragen auf.
2.) Rechtswidrigkeit und Freiheit:
Der Zusammenhang von Rechtfertigungsgründen und Freiheit[25] ist evident, schränken erstere doch „unter bestimmten Voraussetzungen das im Tatbestand auf das besondere Freiheitsrecht abstrakt bezogene Verbot/Gebot ein“[26], indem sie im konkreten Fall einem Einzelnen erlauben, in die Rechtsgüter eines anderen und damit in dessen freiheitliche Selbstbestimmung einzugreifen. Es klingt nur auf den ersten Blick wie ein Paradoxon, dass die Rechtfertigungsgründe dabei „auf dem Rechtsprinzip konkreter Verwirklichung allgemeiner Freiheit“[27] beruhen, da in ihrer zum Tatbestand komplementären Handlungsstruktur ein „weitergehender Rechtsvernunftschluss“ zum Ausdruck kommt, der „um eines anderen besonderen Freiheitsdaseins (Rechtsguts) willen das abstrakte Verletzungsverbot bzw. das entsprechende Gebot durch eine Eingriffsbefugnis auf einer Stufe konkreterer Allgemeinheit aufhebt“[28]. Das bedeutet, dass sich in gewissen Situationen zwei sogenannte ,Freiheitsdasein’ antagonistisch gegenüber stehen und dabei der Schutz desjenigen den Vorzug erhält, dem von der Allgemeinheit größere Relevanz beigemessen wird. Diese Freiheitseinschränkung äußert sich in einer Duldungspflicht des Ausgangstäters, da es kein Recht auf Notwehr-Notwehr gibt.[29] Daraus ergibt sich, dass Freiheit als subjektiv erfahrbare Wirklichkeit in ihrer ontischen, apriorischen Gegebenheit verleugnet und als Mittel zu gesellschaftlichen Sicherheitszwecken verstanden wird.
3.) Problematiken der Rechtfertigungsgründe:
Darüber hinaus müssen die einzelnen Rechtfertigungsgründe Anfragen an ihre individuelle Existenzberechtigung standhalten:
1.) So wird die Einwilligung auf die „Rechtfertigung durch Autonomie des besonderen Willens“[30] dessen zurückgeführt, der die natürliche Einsichtsfähigkeit in die Bedeutung und Tragweite eines Eingriffs in sein Rechtsgut besitzt. Doch über die oft unlösbare Beweisproblematik hinaus unterliegt dieser „besondere Wille“ der Problematik der Willensfreiheit ®C I. 3.): Wenn keine Willensfreiheit existiert und die Handlungsfreiheit erheblich eingeschränkt ist, bestehen erhebliche Zweifel an der Erkenntnisfähigkeit des Subjekts.
2.) Die Notwehr, der defensive Notstand und ähnliche private Selbsthilferechte werden auf die durch „personale Freiheit“ begründete „zwangspflichtige Unrechtsverantwortung“ zurückgeführt, die die „Restitution der Unverletztheit des anderen und damit des Rechts zu dulden“[31] hat. Die hierbei auftretenden Freiheitsprobleme wurden oben bereits dargelegt.
[...]
[1] Rechtsphilosophische Grundbetrachtungen gelten nicht nur für das Strafrecht, sondern auch für das Recht allgemein, allerdings wird in dieser Arbeit speziell Bezug auf das Strafrecht mit seinem Deliktsaufbau zu nehmen sein.
[2] Metzler, Philosophie Lexikon, Stichwort „Rechtsphilosophie“
[3] Halder, Philosophisches Wörterbuch, S. 265
[4] Kant, Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, S. 229
[5] An dieser Stelle sei zum Konflikt zwischen gesetzlichem Unrecht und übergesetzlichem Recht als Haupttätigkeitsgebiet der Rechtsphilosophie auch auf die Radbruchsche Formel hingewiesen. (G. Radbruch, Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht, SJZ 1946, 105ff. (107))
[6] Da diese Arbeit von Definitionen ausgeht und diese selbst zu hinterfragen sind, halte ich es für unerlässlich, einen kurzen Vorspann über Definitionen im allgemeinen vorauszuschicken:
Seit Aristoteles unterscheidet man zwischen Real- und Nominaldefinitionen, wobei sich erstere auf das Wesen einer Sache, letztere praktisch ausschließlich auf den Gebrauch eines Namens beziehen. Nun nimmt die Strafrechtsdogmatik mit überwiegender Mehrheit an, strafrechtliche Definitionen seien der Gruppe der Realdefinitionen zugehörig. Dabei folgt sie der wahrscheinlich populärsten Definitionsweise: der „Subsumtion“ eines Ausdrucks „unter zwei andere Ausdrücke - genus proximum (= nächsthöherer Gattungsbegriff) und differentia specifica (= artbildender Unterschied)“. Wie noch bei den Einzelaspekten zu zeigen sein wird, stellt sich der Rückgriff auf den nächsthöheren Gattungsbegriff jedoch oftmals wieder als definitionsbedürftig und hinterfragbar dar, so dass sich eine schier unendliche Reihung von Definitionen anschließen müsste.
So bleibt mir an dieser Stelle zunächst nur festzuhalten, dass jede scheinbar noch so eindeutige Definition, wie sie im folgenden jeweils zunächst immer gegeben werden soll, schon per se auf einer recht unsicheren Grundlage beruht. (Vgl. Koriath, Zurechnung, S. 254 ff.)
[7] Tatbestand im weiteren Sinne (= Garantietatbestand) ist der „Inbegriff aller Voraussetzungen der Strafbarkeit“ und umschließt damit auch Rechtswidrigkeit, Schuld und die objektiven Bedingungen der Strafbarkeit. Der von einer Mindermeinung entwickelte, auf der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen beruhende Gesamt-Unrechtstatbestand umfasst „alle unrechtsbegründenden und unrechtsausschließenden Merkmale“ also auch Rechtfertigungsgründe. (Vgl. Wessels, Strafrecht AT, Rn. 123)
[8] Innerhalb des Unrechtstatbestandes wird des weiteren zwischen deskriptiven und normativen sowie objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen unterschieden, wobei es hier gesondert auf die normativen, d.h. wertausfüllungsbedürftigen Merkmale ankommt. Diese können nicht durch einfache Beschreibung erfasst, sondern nur durch Hinzudenken der logischen Voraussetzung einer Norm gedacht und in Verbindung mit dem ergänzenden Werturteil eines Richters festgestellt werden. (Vgl. Wessels, Strafrecht AT, Rn. 115)
[9] Schönke/Schröder/ Lenckner, Kommentar, Vorbem §§ 13ff., Rn. 43
[10] Wessels, Strafrecht AT, Rn. 115
[11] Des weiteren teilt sich der Tatbestand in einen objektiven und einen subjektiven Teil auf. Dass dies im Laufe der Entwicklung nicht immer so gesehen wurde, zeigt die lebhafte Entstehungsgeschichte und ob das in Zukunft so bleiben oder einem kontinuierlichen Wandel unterliegen wird, sei dahingestellt. (Für eine vollständige Übersicht über die Formen des Tatbestandes: Vgl. Schönke/Schröder/Lenckner, Kommentar, Vorbem §§ 13ff., Rn. 43)
[12] Roxin, Strafrecht AT, S. 225
[13] Diese Abstraktheit wirft neben den vielen unbestreitbaren Vorteilen Probleme auf, die letzten Endes alle darauf zurückführbar sind, dass sie zum einen auf die bei ihrer Formulierung bekannten Konstellationen zugeschnitten sind, jedoch auch für zukünftig auftretende Änderungen oder neue Problematiken Gültigkeit verlangen (bis vielleicht in einem komplizierten und langwierigen Prozess Anpassungen des Gesetzes durchgeführt werden), zum anderen durch ihre Abstraktheit mit den konkreten Lebenssachverhalten nicht immer kongruent sind, d.h. es besteht die Gefahr, dass sie dem Bestimmtheitsprinzip zuwider laufen. (Vgl. hierzu die Diskussion um die sog. Offenen Tatbestände, z.B. Roxin, Strafrecht AT, S. 245 f.)
[14] Vgl. Plack, Abschaffung des Strafrechts, S. 17 ff.. Denkbar wäre zumindest auch weiterhin die private Rechtsetzungs- und Sanktionsbefugnis, die den Vorteil hätte, zu oft unkonventionellen, beide Seiten fördernden Ergebnissen zu gelangen.
[15] Vgl. hierzu die berechtigte Kritik in Zippelius, Rechtsphilosophie, S. 102 ff.
[16] Kant, MdS, RL, § B
[17] Vgl. Kant, MdS, RL, § B
[18] Kant, MdS, RL, § A
[19] Kant, MdS, RL, § B
[20] Vgl. Kapitel C II. 2.) b)
[21] Darüber hinaus existieren ernstzunehmende Abhandlungen über das „Strafrecht als Verbrechensursache“, das auch als „gesinnungsethische Überdetermination sozialfeindlicher Neigungen“ bezeichnet wird, da es gerade durch Pönalisierung nicht sozialschädlichen, sondern allenfalls ärgerlichen Verhaltens den „Einstieg in eine kriminelle Lebensführung“ erleichtert und somit der Hemmungs- und Orientierungsfunktion der Tatbestände diametral entgegenwirkt. (Vgl. Plack, Abschaffung des Strafrechts, S. 88)
[22] Roxin, Strafrecht AT, S. 155
[23] Hervorhebung stammt vom Urheber des Zitates selbst.
[24] Schönke/Schröder/Lenckner, Kommentar, Vorbem §§ 13 ff., Rn. 48
[25] Zur menschlichen Freiheitsproblematik allgemein vergleiche Kapitel C II. 3.)
[26] Köhler, Strafrecht AT, S. 235
[27] Köhler, a.a.O., S. 235
[28] Köhler, a.a.O., S. 236
[29] Hierbei sei auf den Absolutheitsanspruch der tatbestandlichen Gesetzessystematik verwiesen, der also durch gesetzesimmanente Regelungen selbst teilweise außer Kraft gesetzt wird.
[30] Köhler, a.a.O., S. 238
[31] Köhler, a.a.O., S. 238
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