Im Mai 2005 veröffentlichte die russische Journalistin Anna Politikovskaja, die am 7. Oktober 2007 – dem Geburtstag des russischen Präsidenten Wladimir Putin – in Moskau erschossen wurde, ein Werk mit dem Titel „In Putins Russland“. Hierin beschreibt sie die beängstigende Macht des Geheimdienstes, die Repressionen, unter denen kritische Journalisten zu leiden haben, und das vom Kreml kontrollierte Justizsystem. Russlands Verhalten im Tschetschenien-Krieg sowie die Chodorkowskij-Affäre bekräftigen Politikovskajas Ansicht, dass Sowjetzeiten wieder einziehen und Revanche genommen werde, und dass es unverständlich sei, dass ein demokratisches Land wie Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen die undemokratischen Zustände in Russland ignoriere.
Im selben Monat erschien Christian Wipperfürths Buch „Putins Russland – ein vertrauenswürdiger Partner?“. Der deutsche Politologe beschreibt darin ein sehr unterschiedliches Russlandbild, lobt unter anderem die Justizreform, die den Einfluss übermächtiger Staatsanwälte zugunsten vorher fast machtloser Richter einschränke, sowie das auch von der Weltbank gern gesehene Vorhaben, die Unternehmen der russischen Oligarchen besser zu kontrollieren.
Laut Wipperfürth gibt es zudem eine gute Grundlage für deutsch-russische Beziehungen, da Russland Deutschland sehr positiv gegenüberstehe.
So findet doch insbesondere nach dem 11. September 2001 reger politischer und wirtschaftlicher Austausch zwischen Russland und den EU-Staaten statt und auch die Beziehungen zwischen Russland und der NATO haben sich stark verbessert.
Doch kann man bei all der Kritik am russischen Regime tatsächlich von einem demokratischen Russland unter Putin reden? Dieser Frage soll anhand Wolfgang Merkels Konzept der „embedded democracy“ nachgegangen und das russische System auf seinen Demokratisierungsgrad hin überprüfen werden. Dabei sollen insbesondere das russische Wahlsystem, die politischen Teilhaberechte, die bürgerlichen Freiheitsrechte, die horizontale Gewaltenkontrolle sowie die effektive Regierungsgewalt untersucht werden. Des Weiteren werden die ökonomischen Entwicklungen und die internationale Integration Russlands näher betrachtet, um schließlich anhand der genannten Kriterien ein Urteil über den „Gesundheitszustand“ der Demokratie in Russland unter der Präsidentschaft Wladmir Putins zu fällen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Eine Definition des Begriffes „Demokratie“
- 1.1 Das Konzept der „Embedded Democracy“
- A. Das Wahlregime
- B. Politische Teilhaberechte
- C. Bürgerliche Freiheitsrechte
- D. Horizontale Gewaltenkontrolle
- E. Effektive Regierungsgewalt
- 2. Das russische Wahlsystem
- 3. Politische Teilhaberechte in Russland
- 3.1 Massenmedien in Russland
- 3.2 Assoziationsfreiheit in Russland
- 4. Bürgerliche Freiheitsrechte in Russland
- 4.1 Der Fall Chodorkowskij
- 5. Horizontale Gewaltenkontrolle im russischen System
- 6. Effektive Regierungsgewalt in Russland
- 7. Ökonomische Entwicklung in Russland
- 8. Internationale Integration Russlands
- 9. Russland - eine defekte Demokratie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Frage, ob Russland unter der Regierung von Wladimir Putin als Demokratie bezeichnet werden kann. Sie analysiert die aktuelle politische Situation in Russland anhand des Konzepts der „embedded democracy“ von Wolfgang Merkel und untersucht, inwieweit Russland die Kriterien für eine eingebettete Demokratie erfüllt.
- Das Konzept der „embedded democracy“ und seine Anwendung auf Russland
- Die Rolle von Wahlen und politischen Teilhaberechten im russischen System
- Die Lage der Bürgerlichen Freiheitsrechte und der Pressefreiheit in Russland
- Die Frage der horizontalen Gewaltenkontrolle und der effektiven Regierungsgewalt
- Die wirtschaftliche Entwicklung und die internationale Integration Russlands
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Arbeit dar und beleuchtet die unterschiedlichen Russlandbilder, die in der deutschen Presse diskutiert werden. Sie führt den Leser in die Thematik ein und erläutert die Relevanz der Frage nach dem Demokratiegrad Russlands. Kapitel 1 definiert den Begriff der „Demokratie“ und stellt das Konzept der „embedded democracy“ als Leitfaden für die Analyse des russischen Systems vor.
Kapitel 2 analysiert das russische Wahlsystem und untersucht dessen Übereinstimmung mit den Kriterien für eine eingebettete Demokratie. Kapitel 3 befasst sich mit den politischen Teilhaberechten in Russland, insbesondere mit der Situation der Massenmedien und der Assoziationsfreiheit. Kapitel 4 analysiert die Bürgerlichen Freiheitsrechte in Russland am Beispiel des Falles Chodorkowskij.
Kapitel 5 untersucht die horizontale Gewaltenkontrolle im russischen System. Kapitel 6 analysiert die Effektive Regierungsgewalt in Russland. Kapitel 7 befasst sich mit der ökonomischen Entwicklung Russlands. Kapitel 8 beleuchtet die internationale Integration Russlands. Schließlich diskutiert Kapitel 9 die Frage, ob Russland als eine „defekte Demokratie“ bezeichnet werden kann.
Schlüsselwörter
Embedded democracy, Russland, Putin, Demokratie, Autoritarismus, Wahlregime, politische Teilhaberechte, Bürgerliche Freiheitsrechte, horizontale Gewaltenkontrolle, effektive Regierungsgewalt, Massenmedien, Assoziationsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Chodorkowskij-Affäre, ökonomische Entwicklung, internationale Integration, defekte Demokratie.
- Arbeit zitieren
- Cornelia Laufer (Autor:in), 2005, Russland unter Putin. Demokratie oder Autoritarismus?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53439