Der Grosse Nordische Krieg 1700 - 1721 - Der Kampf um die Ostseeherrschaft


Seminararbeit, 2005

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung - Die Kriegsgegner

Der Beginn des Krieges und erste Erfolge Karl XII

Der polnische Thron und der Friede von Altranstädt

Die Schlacht von Poltawa und das Ende des Krieges

Fazit

Quellenverzeichnis

Einleitung - Die Kriegsgegner

Die erstrebte Dominanz im Ostseeraum verursachte schon vor Beginn des Großen Nordischen Krieges mehrere Konflikte zwischen den Ländern an der Ostsee. Schweden behauptete seit nunmehr fast einem Jahrhundert seine Macht und Herrschaft über den Ostseeraum. Dies zog den Argwohn der restlichen an die Ostsee grenzenden Länder auf sich. Zu Beginn Krieges sah sich Schweden drei großen Gegnern gegenüber, die sich zusammenschlossen, um die Ostseeherrschaft an sich zu reißen.

Die zentralen Gegner waren Karl „Der Große“ XII., König von Schweden, Peter „Der Große“ I., Zar von Russland und Herr aller Reußen, und August „Der Starke“ II., König von Polen und Kurfürst von Sachsen. Auch Friedrich IV., König von Dänemark, spielte zu Beginn des Krieges eine wichtige Rolle. Mit ihm schmiedeten Peter I. und August II. ein Bündnis gegen Schweden, um ihm die Herrschaft über die Ostsee zu entreißen.

Dänemark war seit seiner einstigen Herrschaft zu einem kleinen, unwichtigen Land verkümmert, das in Europa kaum noch eine wichtige Stellung einnahm. Robert Bohn bezeichnet Dänemark vor dem Großen Nordischen Krieg als ein „rückständiges Reich an der Peripherie Europas“[1]. Die Kontrolle über seine verbliebenen Ostseezugänge sahen die Dänen mit gemischten Gefühlen. Obwohl die Zölle der ausländischen Schiffe die wichtigste Einnahmequelle des Königreichs darstellten, war doch die Gefahr einer Einmischung von außen stets präsent. Vor allem holländische und englische Schiffe passierten die dänischen Ostseestrassen. Doch die Einmischung befürchtete man besonders von schwedischer Seite.[2] Zusätzlich stand im 17. Jahrhundert die „holsteinische Frage“ zwischen den beiden Nachbarländern. Das Herzogtum Holstein-Gottorp sah man in Dänemark nach wie vor als dänisches Territorium an, aber der Herzog Friedrich IV. erstrebte die Unabhängigkeit von Dänemark. Friedrich IV. war ein Schwager von Karl XII. und diese Beziehung zu Schweden machte es Holstein-Gottorp möglich, ein Bündnis mit den Schweden zu schließen und auf Unterstützung in Form von schwedischen Soldaten zu zählen. Dies wurde in Dänemark mit Argwohn betrachtet, da man sich nun von Schweden mehr oder weniger eingekreist fühlte.[3] Der dänische König sah in dem Bündnis, das er mit dem Zaren und dem polnischen König einging, seine Chance, Holstein-Gottorp endgültig in seinen Besitz zu bekommen. Auch die südschwedische Provinz Schonen war einst dänisch und er wollte die verlorenen Besitztümer mit Hilfe seiner Verbündeten wieder an Dänemark zurückzuführen.

Die wohl schillerndste Figur in diesem Krieg war der schwedische König Karl XII. Über ihn wurden zahlreiche Werke und Biographien verfasst. Francois-Marie Voltaire nennt ihn sogar den „wohl außerordentlichsten Menschen, der je auf Erden gelebt hat“[4]. Der Vater des jungen Königs, Karl XI., hatte in seiner Regierungszeit äußerst „absolutistische Tendenzen entwickelt“[5]. Er hatte die Gesetzgebungsmacht und die Finanzgewalt inne und schränkte die Macht der Reichsräte immer mehr ein. Er entmachtete den Senat und erkläre ihn zum Senat des Königs. Um den Mangel an Soldaten, Proviant, Waffen und hauptsächlich an Geld wieder auszugleichen, führte er die Reduktion ein. Er schaffte es, mehr als die Hälfte der adligen Güter und Besitztümer wieder an das Königshaus zurück zu führen und nahm dem Adel und den Ständen die Autorität, an Entscheidungen der Regierung mitzuwirken.[6] In seinem Testament legte er fest, dass auch sein Nachfolger die Verwaltung und Gesetzgebung des Landes weiterhin innehalten sollte.[7] Nach seinem Tod 1697 wurde sein achtzehnjähriger Sohn Karl XII. mit zum König gekrönt. Er verfolgte die Absichten seines Vaters weiter und reformierte die schwedische Armee. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts standen ihm mehr als 85.000 Soldaten zur Verfügung. Georg Piltz beschreibt, wie sehr sich die zukünftigen Kriegsgegner in den jungen Karl XII. getäuscht haben. Sie sahen ihn als Flegel und Rüpel, der sich in seiner Heimatstadt Stockholm benahm wie ein verstandloser Bengel. Piltz nennt es verblüffend, wie unwissend die zukünftigen Kriegsgegner Karl XII. doch in Wahrheit waren und wie sehr sie den schwedischen König und seine Armee unterschätzten.[8]

Im Gegensatz zu Schweden, welches die Vorherrschaft der Ostsee behauptete, war Russland im 17. Jahrhundert mehr oder weniger vom Meer abgeschnitten. Eingeschlossen durch die Schweden im Norden, Polen im Westen und der Türkei im Süden, wurde Peter I. in ein Land geboren, dass trotz seiner Größe miserable Grenzverhältnisse hatte. Die Flüsse Newa und Narwa waren in schwedischem Besitz. Schweden herrschte mit Brandenburg über die Ostseezugänge. Das schwarze Meer wurde von den Türken befahren. Lediglich über seine Häfen in Astrachan und Archangelsk, die jedoch den Großteil des Jahres über vereist waren, konnte Russland auf dem Seeweg nach Europa gelangen.[9] Vallotten beschreibt den Zaren als absoluten Gebieter, dessen Wille Gesetz ist. Er ist Herrscher über alle Höfe und Ländereien. Das Volk folgt ihm ohne Einwände und setzt ihn mit Gott gleich.[10]

Russland war im 17. Jahrhundert gegenüber Europa eher rückständig. Obwohl es über Bodenschätze, Pelze und Rohstoffe verfügte, war es ihm durch die versperrten Zugänge zur Ostsee nicht möglich, einen Gewinn bringenden Handel mit dem Westen zu führen. Selbst der Adel verfügte zum großen Teil über keinerlei Bildung, da es in Russland weder Universitäten noch Hochschulen gab.[11] Seit dem Dreißigjährigen Krieg war die Armee des Landes am Boden. Doch es wurden zahlreiche Versuche unternommen, sich dem zivilisierten Europa anzunähern. Die Zaren vor Peter I. haben Künstler, Handwerker und Literaten ausgebildet. Technik und Wissenschaft wurden gefördert und russisches Theater und Musik aufgeführt. Daher ist Vollatten gegen die Ansicht von Voltaire, die Russen seien bei der Krönung Peter I. ein Volk aus „Chaos und Barbarei“[12]. Voltaire bescheinigt Peter I. einen „kraftvollen Geist, in barbarischer Unwissenheit gefangen“[13]. Der Zar verließ nach nur zweijähriger Herrschaft sein Land, um durch Europa zu reisen, die westlichen Länder kennen zu lernen und deren Herrscher zu treffen. Er wollte sein Zarenreich aus der Abgeschiedenheit befreien und es zum Handels- und Verkehrszentrum zwischen Europa und Asien aufsteigen lassen.[14] Besonders der Zugang zur baltischen See lag ihm am Herzen. Die einstigen russischen Besitztümer Ingermanland, Estland und Livland gehörten jedoch zu Schweden. So beschloss er, mit dem polnischen König und sächsischen Kurfürsten August II. ein Bündnis gegen die nordische Macht einzugehen, um diese Besitztümer wieder Russland anzueignen.[15]

Friedrich August bestieg nach dem Tod seines Bruders Johann Georg, dem Kurfürsten von Sachsen, 1694 den Thron. Zu Zeiten Johann Georgs herrschte in Sachsen kein Absolutismus. Die Stände hatten einen großen Einfluss auf die Entscheidungen im Herrschaftsgebiet. Friedrich August wollte die Machtverhältnisse in seinem Kurfürstentum zu seinen Gunsten verschieben und „wollte Ruhm erwerben, vor allem den Ruhm eines großen, alle Feinde zerschmetternden Feldherrn“[16]. Als am 17. Juni 1696 der polnische König Jan II. Sobieski starb, sah Friedrich August seine Chance, diesen Ruhm zu erreichen.[17] Die polnische Adelsrepublik, die Rzeczpospolita, ernannte drei Kandindaten für die neue Königswahl:

den französischen Prinzen Francois Louis de Conti, den Feldherrn Ludwig von Baden und den Sohn des verstorbenen Königs, Jakub Sobieski.[18]

Mit List, Entschlossenheit und Intrigen setzte sich der sächsische Kurfürst gegen sie durch.

Die Partei von Sobieski war so zerstritten, dass eine Wahl des Sohnes zum König wenig Sinn gehabt hätte. Ludwig von Baden hatte nicht genügend Einfluss auf die Adelsrepublik und der Prinz Conti wäre eine gewagte Wahl gewesen, da der spanische Erbefolgekrieg schon abzusehen war. Ein Franzose auf dem Thron Polens hätte die Gegner Frankreichs äußerst missmutig gestimmt.[19] Als bei der Probewahl am 26. Juni 1697 in Warschau Prinz Conti die Mehrheit der Stimmen erhielt, sah Friedrich August nur noch eine Möglichkeit – er musste sich seinen Platz auf dem Thron erkaufen. Er beauftragte seine Verbündeten, jedem einen Taler zu versprechen, der sich bei der Hauptwahl für ihn aussprach. Am nächsten Tag wurde er zum König Polens gewählt. Bei seiner Krönung am 15. September 1697 gab er sich den Namen August II.[20] Piltz beschreibt die anfängliche Politik August II. als „bedenkenlos, sprunghaft, ohne gründliche Überlegung, allein nach raschen und aufsehenerregenden Erfolgen strebend“[21]. Der König selbst sah sich als „Politiker von Format“[22], doch hatte August II. nicht das nötige Feingefühl, um gewisse Situationen richtig einzuschätzen.[23]

Alles in allem hätten die Kriegsparteien unterschiedlicher nicht sein können:

König Friedrich IV. von Dänemark, der nur auf Rache aus war und sich von seinem schwedischen Nachbarn unterdrückt fühlte; Zar Peter I. von Russland, der auf eine größenwahnsinnige Art und Weise sein Zarenreich zum Mittelpunkt der Geschehnisse machen wollte; August II., dem nach Ruhm dürstete, der ihn in die Geschichte eingehen lassen sollte und Karl XII., der in seiner Jugend von allen unterschätzt wurde.

[...]


[1] Bohn, Dänische Geschichte, 2001, S. 59

[2] Bohn, Dänische Geschichte, 2001, S. 63

[3] Findeisen, Schweden, 1997, S. 155 f.

[4] Voltaire, Karl XII., 1978, S. 10

[5] Findeisen, Schweden, 1997, S. 152

[6] Findeisen, Schweden, 1997, S. 153

[7] Bracher, Geschichte Skandinaviens, 1968, S. 67

[8] Piltz, August der Starke, 1986, S. 82 f.

[9] Vallotten, Peter der Grosse, 1996, S. 15

[10] Vallotten, Peter der Grosse, 1996, S. 22

[11] Vallotten, Peter der Grosse, 1996, S. 58

[12] Vallotten, Peter der Grosse, 1996, S. 58

[13] Voltaire, Karl XII., 1978, S. 20

[14] Voltaire, Karl XII., 1978, S. 22

[15] Voltaire, Karl XII., 1978, S. 23 f.

[16] Piltz, August der Starke, 1986, S. 40

[17] Piltz, August der Starke, 1986, S. 45

[18] Piltz, August der Starke, 1986, S. 52

[19] Piltz, August der Starke, 1986, S. 53 f.

[20] Piltz, August der Starke, 1986, S. 60 f.

[21] Piltz, August der Starke, 1986, S. 70

[22] Piltz, August der Starke, 1986, S. 70

[23] Piltz, August der Starke, 1986, S. 70

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Der Grosse Nordische Krieg 1700 - 1721 - Der Kampf um die Ostseeherrschaft
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Schweden und Dänemark und das Heilige Römische Reich im 16. und 17. Jahrhundert
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V53590
ISBN (eBook)
9783638489997
ISBN (Buch)
9783638938426
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grosse, Nordische, Krieg, Kampf, Ostseeherrschaft, Schweden, Dänemark, Heilige, Römische, Reich, Jahrhundert
Arbeit zitieren
Franziska Drax (Autor:in), 2005, Der Grosse Nordische Krieg 1700 - 1721 - Der Kampf um die Ostseeherrschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53590

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