Die Polemik zwischen den epistemologischen Strömungen des Empirismus und Rationalismus ist das bestimmende Merkmal der Philosophie der Aufklärung. Während der Rationalismus die Quelle der Erkenntnis auf Aktionen und präsuppositionierte Eigenschaften des Verstandes zurückführt, beruht der Empirismus auf dem Paradigma von Erkenntnis durch Erfahrung oder
Wahrnehmung.
Der Sensualismus wiederum ist eine empiristische Haltung, welche die Ursache der Erkenntnis, genauso wie der Empirismus, in der sinnlichen Wahrnehmung sieht, und zusätzlich jegliche Form von Erkenntnis aus diesen Wahrnehmungen ableitet.
In seinem 'Versuch über den Ursprung der menschlichen Erkenntnis' (fortan einfach 'Essay') widmet sich auch Etienne Bonnot de Condillac diesem Streit zwischen Empirismus und Rationalismus. Er präsentiert sein eigenes sensualistisches System, welches die Quelle der Erkenntnis in der Verknüpfung von Ideen und Zeichen begründet.
Was dies genau bedeutet werde ich im ersten Teil dieser Arbeit darlegen. Einschlägig hierfür ist besonders der erste Teil des Essays, in welchem Condillac die Grundlagen für seinen Sensualismus niederlegt und die Seelentätigkeiten untersucht.
Ich werde die wesentlichen Aspekte dieses ersten Teiles erörtern. Auch den relativ kurzen Abschnitt über die Ursache unserer Irrtümer im zweiten Teil werde ich betrachten. Weiterhin beschäftigt sich Condillac im Zuge seines Essays mit möglichen
Erwiderungen auf seine Argumentation. Im zweiten Teil der Arbeit werde ich mich mit einigen dieser Erwiderungen und mit meinen eigenen Kritikpunkten beschäftigen.
Um Fußnoten zu reduzieren werde ich Textverweise im Fließtext anbringen. Alle wörtlichen Zitate sind aus der von Angelika Oppenheimer übersetzten und herausgegebenen Version aus dem Jahre 2006 entnommen.
Inhaltsverzeichnis
- 1) Einleitung
- 2) Prämissen und Terminologie
- 2.1) Ideen, Vorstellungen und Begriffe
- 2.2) Über die Sinnesempfindungen
- 3) Die Seelentätigkeiten
- 3.1) Bewusstsein, Aufmerksamkeit und Erinnerung
- 3.2) Gedächtnis, Einbildungskraft und Innere Anschauung
- 3.3) Die Verknüpfung von Ideen
- 3.4) Der Gebrauch der Zeichen
- 3.5) Von der Reflexion
- 4) Kritik an Condillacs Sensualismus
- 4.1) Bewusstsein und Wahrnehmung
- 4.2) Aufmerksamkeit und Bewusstsein
- 4.3) Wille und Subjektivität
- 4.4) Mensch und Tier
- 4.5) Irrtum und Sprache
- 5) Fazit
- 6) Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Etienne Bonnot de Condillacs sensualistisches System, wie es in seinem "Versuch über den Ursprung der menschlichen Erkenntnis" dargelegt wird. Das Hauptziel ist es, die Grundlagen von Condillacs Philosophie zu erläutern und kritisch zu beleuchten. Dabei wird insbesondere der erste Teil des Essays im Fokus stehen, der die Grundlagen des Sensualismus und die Seelentätigkeiten behandelt.
- Condillacs Verständnis von Ideen und deren Entstehung aus Sinneserfahrungen.
- Die Rolle der Sinnesempfindungen als Grundlage aller Erkenntnis.
- Die Analyse der verschiedenen Seelentätigkeiten und ihre Bedeutung für die Erkenntnisbildung.
- Die Unterscheidung zwischen einfachen und komplexen Ideen (Begriffen).
- Condillacs Position im Kontext des Empirismus und Rationalismus.
Zusammenfassung der Kapitel
1) Einleitung: Die Einleitung beschreibt die zentrale Debatte zwischen Empirismus und Rationalismus in der Aufklärungsphilosophie. Sie positioniert Condillacs sensualistisches System innerhalb dieses Diskurses, wobei die Erkenntnisquelle in der Verknüpfung von Ideen und Zeichen gesehen wird. Die Arbeit kündigt die Erörterung der Grundlagen des Sensualismus im ersten Teil des Essays und die kritische Auseinandersetzung mit Condillacs Argumentation im zweiten Teil an. Die methodische Vorgehensweise wird erläutert, insbesondere die Verwendung der Oppenheimer-Übersetzung von 2006.
2) Prämissen und Terminologie: Dieses Kapitel legt die terminologischen Grundlagen für das Verständnis von Condillacs Philosophie. Es erläutert Condillacs Definition von "Ideen" als Abbilder von Eindrücken, verbunden mit Eigenschaften oder Wissen. Die Unterscheidung zwischen einfachen und komplexen Ideen (Begriffen) wird detailliert dargestellt, wobei einfache Ideen als unteilbare Bausteine komplexerer Begriffe fungieren. Das Kapitel vergleicht Condillacs System mit dem Atommodell, um die Beziehung zwischen einfachen und komplexen Ideen zu verdeutlichen, und betont die menschengemachte Natur von Begriffen. Die Erörterung der einfachen Ideen verdeutlicht ihren untrennbaren Zusammenhang mit der Wahrnehmung komplexerer Sachverhalte und unterstreicht die Rolle menschlicher Zuschreibung in der Bildung von Begriffen.
2.2) Über die Sinnesempfindungen: Dieses Unterkapitel befasst sich mit Condillacs Verständnis von Gedanken als allem, was von der Seele erfahren wird, einschließlich der Wahrnehmung. Es betont den Ursprung der Erkenntnis in den ersten Gedanken eines Menschen, der als tabula rasa betrachtet wird. Condillac argumentiert, dass die Wahrnehmung an sich nicht täuschen kann, Irrtümer hingegen entstehen durch fehlerhafte Urteile, die den Wahrnehmungen etwas Falsches zuschreiben. Dies steht im Kontrast zum Rationalismus, der die Wahrnehmung oft als unzuverlässig ansieht. Das Unterkapitel schafft somit eine Grundlage zum Verständnis von Condillacs sensualistischer Perspektive.
Schlüsselwörter
Sensualismus, Condillac, Empirismus, Rationalismus, Erkenntnis, Sinnesempfindungen, Ideen, Begriffe, Seelentätigkeiten, Wahrnehmung, Irrtum, tabula rasa.
Häufig gestellte Fragen zu Condillacs Sensualismus
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Etienne Bonnot de Condillacs sensualistisches System, wie es in seinem "Versuch über den Ursprung der menschlichen Erkenntnis" dargelegt wird. Der Fokus liegt auf den Grundlagen des Sensualismus und den Seelentätigkeiten, insbesondere auf dem ersten Teil des Essays.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Condillacs Verständnis von Ideen und deren Entstehung aus Sinneserfahrungen, die Rolle der Sinnesempfindungen als Grundlage aller Erkenntnis, die Analyse der verschiedenen Seelentätigkeiten und ihre Bedeutung für die Erkenntnisbildung, die Unterscheidung zwischen einfachen und komplexen Ideen (Begriffen), und Condillacs Position im Kontext des Empirismus und Rationalismus.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zu Einleitung, Prämissen und Terminologie (inkl. Unterkapitel zu Sinnesempfindungen), Seelentätigkeiten, Kritik an Condillacs Sensualismus und Fazit. Ein Literaturverzeichnis ist ebenfalls enthalten.
Was sind die zentralen Aspekte von Condillacs Philosophie, die in der Arbeit erläutert werden?
Die Arbeit erläutert Condillacs Definition von "Ideen" als Abbilder von Eindrücken, die Unterscheidung zwischen einfachen und komplexen Ideen, die Rolle der Sinnesempfindungen als Ursprung der Erkenntnis, die These, dass Irrtümer aus fehlerhaften Urteilen resultieren, und den Gegensatz zu rationalistischen Positionen.
Wie wird Condillacs System im Kontext anderer philosophischer Strömungen eingeordnet?
Die Arbeit verortet Condillacs Sensualismus im Kontext des Empirismus und Rationalismus der Aufklärungsphilosophie und zeigt dessen Besonderheiten und Unterschiede zu diesen Strömungen auf.
Welche Methode wird in der Arbeit angewendet?
Die Arbeit verwendet die Oppenheimer-Übersetzung von Condillacs Essay aus dem Jahr 2006.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral für das Verständnis der Arbeit?
Schlüsselbegriffe sind: Sensualismus, Condillac, Empirismus, Rationalismus, Erkenntnis, Sinnesempfindungen, Ideen, Begriffe, Seelentätigkeiten, Wahrnehmung, Irrtum, tabula rasa.
Welche Kapitelzusammenfassungen werden geboten?
Die Arbeit bietet Zusammenfassungen der Einleitung, der Kapitel zu Prämissen und Terminologie (inkl. Unterkapitel zu Sinnesempfindungen). Diese Zusammenfassungen beschreiben die behandelten Inhalte und die Argumentationslinien der jeweiligen Kapitel.
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- Nico Anders (Author), 2019, Der frühe Sensualismus des Etienne Bonnot de Condillac, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/536568