In Lateinamerika hat es seit den 90er Jahren eine verstärkte Einführung direktdemokratischer Elemente gegeben. In dieser Seminararbeit wird untersucht, inwiefern direktdemokratische Institutionen in Lateinamerika genutzt wurden und ob sie die Bürgerbeteiligung am demokratischen Entscheidungsprozess erhöht haben. Im zweiten Kapitel werden Grundbegriffe wie direkte Demokratie und Institutionen direkter Demokratie (Referenden, Volksbegehren und Recall Votes) erklärt.
Das dritte Kapitel geht auf direktdemokratische Institutionen in Lateinamerika ein. Im Unterkapitel 3.1 werden die Einführung der Volksbeteiligung und ihre Gründe beschrieben. Kapitel 3.2 gibt einen Überblick über bisher angewandte direktdemokratische Institutionen, wobei der Schwerpunkt auf jene gelegt wird, die innerhalb demokratischer Regierungen abgehalten wurden. Abschließend wird in Kapitel vier ein Fazit gezogen. Zusätzlich werden Möglichkeiten aufgezeigt, durch die die Nutzung direktdemokratischer Institutionen in dieser Region erhöht werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Verzeichnis der Anhänge
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Erklärung der Begriffe
2.1 Direkte Demokratie
2.2 Institutionen direkter Demokratie
2.2.1 Referendum
2.2.2 Volksbegehren
2.2.3 Recall Vote
3 Institutionen direkter Demokratie in Lateinamerika
3.1 Einführung und Einführungsgründe
3.2 Anwendung in der Vergangenheit
4 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Demokratisierungswellen in Lateinamerika
2 Anwendung direktdemokratische Institutionen
in Lateinamerika
Verzeichnis der Anhänge
A Auflistung direktdemokratische Institutionen in
demokratischen lateinamerikanischen Ländern
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Men love power … give all power to the many, they will oppress the few. Give all power to the few, they will oppress the many. Both therefore ought to have power, that each may defend itself against the other.
Alexander Hamilton, 1787
Alexander Hamilton, 1787
1 Einleitung
„Jedes Gesetz, das das Volk nicht selbst beschlossen hat, ist nichtig; es ist überhaupt kein Gesetz.“[1] Dieses Zitat stammt aus "Du contract Social; ou Principes du Droit Politique", veröffentlicht 1762 von Jean-Jacques Rousseau. Er legte mit diesem Gesellschaftsvertrag die Grundsteine der direkten Demokratie. Jeremy Bentham beschrieb 1776 in einer Veröffentlichung erstmalig die repräsentative Demokratie. Auch John Locke und Charles de Montesquieu steuerten mit der Gewaltenteilung in Legislative, Judikative und Exekutive einen entscheidenden Beitrag zur Demokratie bei. Das Neue an ihrem Denken war, dass die staatliche Machtlegitimation nicht mehr von Gott, sondern vom Volk ausging und dass die Ausübung der Staatsgewalt nicht mehr in den Händen einer kleinen Anzahl Priveligierter lag, sondern vom Volk abgeleitet wird.[2]
Heute ist weltweit ein Demokratisierungsprozess zu erkennen, der nicht zuletzt von der US-Regierung intensiv vorangetrieben wird. Von 269 Staaten in der Welt, sind 126 Demokratien, wobei viele Länder unter defekter Demokratie einzuordnen sind.[3] Direkte Demokratie, die dem Volk selbst mehr Beteiligungsmöglichkeiten an Entscheidungen zuspricht, gibt es in den nordamerikanischen Einzelstaaten bereits 227 Jahre, in der Schweiz seit 175 Jahren. Auch in Deutschland wurde 1919 die erste Volksabstimmung durchgeführt. In Lateinamerika hat es seit den 90er Jahren eine verstärkte Einführung direktdemokratischer Elemente gegeben. In dieser Seminararbeit wird untersucht, inwiefern direktdemokratische Institutionen in Lateinamerika genutzt wurden und ob sie die Bürgerbeteiligung am demokratischen Entscheidungsprozess erhöht haben.
Im zweiten Kapitel Grundbegriffe wie direkte Demokratie und Institutionen direkter Demokratie (Referenden, Volksbegehren und Recall Votes) erklärt.
Das dritte Kapitel geht auf direktdemokratische Institutionen in Lateinamerika ein. Im Unterkapitel 3.1 wird die Einführung und ihre Gründe dieser Volksbeteiligung beschrieben. Kapitel 3.2 gibt einen Überblick über bisher angewandte direktdemokratische Institutionen, wobei der Schwerpunkt auf jene gelegt wird, die innerhalb demokratischer Regierungen abgehalten wurden.
Abschließend wird in Kapitel vier ein Fazit gezogen. Zusätzlich werden Möglichkeiten aufgezeigt, durch die die Nutzung direktdemokratischer Institutionen in dieser Region erhöht werden kann.
2 Erklärung der Begriffe
2.1 Direkte Demokratie
Der Begriff Demokratie selbst kommt aus der griechischen Sprache („dêmokratia“) und bedeutet „Herrschaft des Volkes".[4] Bei einer reinen direkten Demokratie bestimmt das Volk durch Volksversammlungen alles selbst.[5] In Realität tritt direkte Demokratie in folgender Form auf: Das Volk wählt zum Einen Volksvertreter, die regieren. Zum Anderen nimmt es durch Volksabstimmungen direkten Einfluss auf die Politik.[6] Diese Kombination aus repräsentativen und direktdemokratischen Einrichtungen nennt man auch halbdirekte Demokratie.[7] Den Bürgern wird auf diese Weise gesetzliche Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt, die eine direkte und unmittelbare Teilnahme an der Willensbildung und dem Entscheidungsprozess ermöglicht.
Die direkte Demokratie wird der in vielen anderen Staaten der Welt üblichen Parlamentarischen Demokratie, oder auch repräsentativen/ mittelbaren/ plebiszitären Demokratie, gegenübergestellt. Die staatliche Gewalt wird bei dieser Staatsform zwar vom Volk abgeleitet, indem das Volk periodisch seine Vertreter wählt, aber sie wird durch einen Volksvertreter ausgeübt.[8] Viele politikwissenschaftliche Studien belegen in den letzten Jahren, dass die direkte Demokratie kein Gegenprinzip, sondern eher eine Ergänzung zum Parlamentarischen System darstellt.[9]
2.2 Institutionen direkter Demokratie
Eine einheitliche Terminologie von Institutionen direkter Demokratie gibt es nicht. Wahrscheinlich ist dies auf Grund unterschiedlicher Formen der Bürgerbeteili-gungen an Entscheidungsprozessen in verschiedenen Staaten nicht möglich.[10] In dieser Arbeit wird deshalb eine Terminologie und Einteilung gewählt, die die plebiszitären Verfahren in Lateinamerika möglichst vollständig erfasst.
Institutionen, oder auch Elemente oder Formen, direkter Demokratie sind Beteiligungsformen, bei denen das Volk Sach- oder Personalentscheidungen selbst trifft oder an ihnen unmittelbar beteiligt ist.[11] Die Bürger nehmen damit direkt an der politischen Entscheidungsfindung teil.[12] Institutionen direkter Demokratie werden auch unmittelbar-, direktdemokratische oder plebiszitäre Mitwirkungsformen genannt.[13] Generell lassen sich Volksbeteiligungen in Sachentscheidungen, in Form von Volksbegehren oder Referenden, und Personalentscheidungen, in Form von Recall Votes, unterscheiden. Institutionen direkter Demokratien können auf Staats- oder Regionalebene abgehalten werden.
2.2.1 Referendum
In einem Referendum, auch Volksentscheid, -befragung, -abstimmung oder Plebiszit[14] genannt, äußert sich das Volk oder entscheidet durch Zustimmung oder Ablehnung über eine Gesetzesvorlage, eine Sachfrage oder eine Verfassungsänderung.[15] Referenden beziehen sich immer auf bereits in den Raum gestellte Entscheidungen durch Vertretungsorgane.[16] Neben der Mehrheit der abgegebenen Stimmen sind häufig Mindestbeteiligungen oder Mindestzustimmungen vorausgesetzt. Bei einer Mindestbeteiligung (Beteiligungsquorum) muss ein prozentualer Anteil der stimmberechtigten Bevölkerung an dem Referendum teilnehmen, damit es gültig ist. Bei Mindestzustimmungen (Zustimmungsquorum) muss ein prozentualer Anteil der Bevölkerung nicht nur teilnehmen, sondern auch zustimmen.[17] In manchen Referenden werden alle nicht abgegebenen Stimmen automatisch als Ablehnung gewertet. Referenden müssen häufig in vorgegebenen Fristen abgehalten werden.[18] Das Referendum ist eine dauerhafte, verfassungsmäßige Institution und wird vom Volk (von unten) oder einem Staatsorgan (von oben) nach genau festgelegten Regeln ausgelöst.[19]
[...]
[1] Rousseau, 1762, S. 15.
[2] Vgl. Möckli, 1995, S. 33.
[3] Vgl. CIA, 2005.
[4] Vgl. Zogg, 2000, S. 7.
[5] Vgl. Nohlen, 2003, S. 67.
[6] Vgl. Hernekamp, 1979, S. 10 ff; Rourke et al., 1992, S. 11; Zogg, 2000, S. 7.
[7] Vgl. Zogg, 2000, S. 10 f. Daneben gibt es eine weitere Mischform, die halbrepräsentative Demokratie (vgl. Zogg,2000, S 10 f; Karr, 2002, S. 29 f), die hier nicht weiter betrachtet wird.
[8] Vgl. Dalton et al., 2001, S. 142; Hernekamp, 1979, S. 10 ff; Rourke et al., 1992, S. 11; Zogg, 2000, S. 9.
[9] Vgl. Heußner und Jung, 1999, S. 23; Jung, 2001, S. 16 f.
[10] Vgl. Bugiel, 1991, S. 71 ff; Herbel, 2003, S. 21 f; Heußner, 1994, S. 11 ff; Jürgens, 1993, S. 36 ff; Zovatto, 2004, S. 13 ff.
[11] Oft fasst man unter Institutionen direkter Demokratie nur das Referendum und die Volksinitiative, also reine Sachentscheidungen, zusammen (vgl. Zogg, 2000, S. 13 ff; Karr, 2002, S. 28 ff, Zovatto, 2004, S. 12). Recalls, damit sind Personalentscheidungen gemeint, betrachtet man separat. Um die Volksbeteiligungen in Lateinamerika zu kategorisieren ist es allerdings sinnvoll, Recalls ebenfalls unter Institutionen direkter Demokratie einzureihen.
[12] Vgl. Herbel, 2003, S. 21 f; Zogg, 2000, S. 13; Zovatto, 2004, S. 12.
[13] Vgl. Herbel, 2003, S. 23; Karr, 2002, S.29 f.
[14] Der Begriff Plebiszit wird unterschiedlich verwendet. Manche nutzen „Plebiszit“ als Oberbegriff für alle direkten Beteiligungen des Volkes (vgl. Jürgens, 1993, S. 44; Preuß, 1993; Hendler, 1996, S. 105). Andere verwenden „Plebiszit“ als Synonym für Abstimmungen, die von den repräsentativen Entscheidungsträgern initiiert wurden (vgl. Gebhardt, 2000, S. 15; Möckli, 1995, S. 89 f). Im Folgenden soll Plebiszit entsprechend seiner etymologischen Herleitung aus dem Lateinischen (von „plebiscitum“ = Beschluss/ Abstimmung des Volkes) verwendet werden. Somit entscheidet das Volk bei einem Plebiszit direkt durch Wahlen über eine wichtige Politikentscheidung und hat damit die gleiche Bedeutung wie Referendum (vgl. Payne et al., 2002, S.250; Herbel, 2003, S.23 f).
[15] Vgl. Cronin, 1989, S. 2; Herbel, 2003, S. 24 f; Kirchgässner et al., 1999, S. 53; Nohlen, 2003, S. 67; Payne et al., 2002, S. 250; Zogg, 2000, S. 13.
[16] Vgl. Barcak, 2001, S. 37, 43; Herbel, 2003, S. 24.
[17] Vgl. Heußner und Jung, 1999, S. 334 f.
[18] Vgl. Cronin, 1989, S. 2.
[19] Vgl. Möckli, 1995, S. 90; Zovatto, 2004, S. 16.
- Quote paper
- Silke Fischer (geb. Neuhaus) (Author), 2006, Die direkte Demokratie und ihre Institutionen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53670
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