Psychische Belastung durch Kommunikationskanäle im beruflichen Alltag. Gründe und mögliche Abhilfe


Hausarbeit, 2020

33 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Methodik
1.3 Struktur der Arbeit

2 Formen psychischer Belastungen durch Kommunikationskanäle
2.1 Entgrenzung der Arbeit
2.2 Prekarisierung durch Solo-Selbstständigkeit und Crowdwork
2.3 Software-Ergonomie
2.4 Arbeitsmenge, Arbeitsdichte und Multitasking
2.5 Widersprüchliche Erwartungen
2.6 Öffentliche Selbstdarstellung

3 Methodik der qualitativen Inhaltsanalyse

4 Durchführung, Auswertung und Ergebnisse der Interviews

5 Handlungsempfehlungen und Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang A: Leitfaden
Anhang B: Kategorisierte Inhalte der Interviews

1 Einleitung

Im Verlauf der vergangenen Jahre hat sich der berufliche Alltag vieler Arbeitnehmer auf­grund der zunehmenden Verbreitung digitaler und mobiler Informations- und Kommuni­kationstechnologien maßgeblich verändert. Zentrale Entwicklungen, welche diese Ver­änderung förderten, bestanden insbesondere in der zunehmenden Durchsetzung von Computern, dem Internet, sowie sozialen Medien. Aber auch mobile Endgeräte, wie bei­spielsweise Laptops, Tablets, Mobiltelefone oder Smartphones finden im beruflichen All­tag zunehmend Verwendung. Der überwiegende Anteil der deutschen Berufstätigen nutzt heute am Arbeitsplatz einen stationären oder mobilen Computer, und bereits etwa ein Drittel der deutschen Arbeitnehmer nutzt beruflich ein Smartphone. Aufgrund dieser Ent­wicklungen verändern sich auch die Arbeitsinhalte. Dabei ist insbesondere das Bearbeiten von E-Mails zu einer alltäglichen beruflichen Aufgabe geworden. Durchschnittlich erhal­ten deutsche Beschäftigte pro Tag 18 E-Mails, bei vielen Arbeitnehmern sind es aber deutlich mehr. Dementsprechend verbringen deutsche Arbeitnehmer einen großen Teil ihrer Zeit am Arbeitsplatz mit dem Bearbeiten ihrer E-Mails. Aufgrund der Vielfalt neuer Kommunikationskanäle sind außerdem neue Tätigkeiten wie beispielsweise Kommuni­kations- und Informationsmanagement entstanden, welche mittlerweile fester Bestandteil des beruflichen Alltags sind.1

1.1 Problemstellung

Neue Informationstechnologien und die damit einhergehende Zunahme der Kommunika­tionskanäle liefern die Grundlage für eine räumliche sowie zeitliche Entgrenzung der Er­werbsarbeit. Das Internet sowie mobile Endgeräte ermöglichen es, dass Arbeit zeit- sowie ortsunabhängig stattfmden kann, womit häufig auch eine permanente Erreichbarkeit der Mitarbeiter einhergeht. Zudem ist mit dem Internet auch ein Informationsraum entstan­den, welcher einem sozialen Handlungsraum entspricht, in dem Menschen ortsunabhän­gig interagieren können. Hierdurch nehmen neue Arbeitsformen wie mobile Arbeit, vir­tuelle Arbeit oder Telearbeit kontinuierlich zu.2 Dabei erwarten insbesondere Mitarbeiter, die mit mobilen Technologien aufwuchsen, dass sie ihre eigenen Geräte nutzen können.3 Diese auch als „Bring your own device“ bekannt gewordene Anforderung verschärft die Problematik der zeitlichen und räumlichen Entgrenzung zusätzlich, wenn die Folge hier­von ist, dass das privat angeschaffte Endgerät auch für berufliche Zwecke genutzt wird, indem beispielsweise nach Feierabend neben der privaten Kommunikation auch berufli­che E-Mails auf demselben Gerät bearbeitet werden.4

Die Entgrenzung der Arbeit aufgrund ständiger Erreichbarkeit über Handy oder E-Mail stellt für viele Mitarbeiter eine psychische Belastung dar.5 Doch die zunehmende Vielfalt der Kommunikationskanäle im beruflichen Alltag kann für die Mitarbeiter selbst dann eine Belastung darstellen, wenn die Kommunikation über diese Kanäle direkt am Arbeits­platz erfolgt. Insbesondere dann, wenn neue Kommunikationskanäle im Unternehmen implementiert werden, wie beispielsweise neue Softwarelösungen, müssen die Mitarbei­ter den Umgang mit diesen erst erlernen, indem sie beispielsweise Fort- oder Weiterbil­dungen absolvieren, was ihre Arbeitsbelastung erhöht. Der Einsatz unterschiedlicher Kommunikationskanäle eröffnet zwar den Kunden ein weites Kontaktfeld, und die damit einhergehende Möglichkeit zu flexibler Erreichbarkeit und Hilfestellung, aber die hieraus resultierende Erfordernis, unterschiedliche Kommunikationskanäle zu bedienen, erhöht die psychische Belastung, der die Mitarbeiter ausgesetzt sind, zusätzlich. Dies ist insbe­sondere bei solchen Mitarbeitern der Fall, die keine sogenannten Digital Natives sind, und für die der Umgang mit modernen Kommunikationstechnologien keine Selbstver­ständlichkeit ist, mit der sie aufgewachsen sind.6

1.2 Zielsetzung und Methodik

Die Zielsetzung des in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Forschungsvorhabens be­steht darin, zu evaluieren, ob und inwieweit die Nutzung unterschiedlicher Kommunika­tionskanäle im beruflichen Alltag in einer psychischen Belastung für Arbeitnehmer resul­tiert. Hierbei wird eine Unterscheidung zwischen psychischen Belastungen aufgrund der Nutzung von Kommunikationskanälen direkt am Arbeitsplatz, sowie zusätzlichen Belas­tungen, welche durch die Entgrenzung der Arbeit entstehen, getroffen. Zudem sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie psychische Belastungen der Mitarbeiter aufgrund der Nutzung unterschiedlicher Kommunikationskanäle reduziert werden können. Zur Er­hebung der Informationen, welche zum Erreichen der Zielsetzung benötigt werden, wer­den qualitative Interviews mit zwei Interviewpartnern geführt. „Qualitative Interviews sind zentraler Bestandteil der empirischen Sozialforschung“.7 Es handelt sich hierbei um eine spezifische Form der Kommunikation zwischen einem Interviewpartner sowie einem Interviewenden, welche von Forscher initiiert wird, und die zum Ziel hat, die zu ermit­telnden Daten mittels kommunikativer Interaktion zu erheben.8

Zur Sicherstellung der inhaltlichen Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurde im Vorfeld der Interviews ein Interviewleitfaden erstellt, welcher im Anhang A zur vorliegenden Ar­beit eingesehen werden kann. Die im Interviewleitfaden enthaltenen Fragen beziehen sich auf zentrale Erkenntnisse aus einer vorab durchgeführten Literaturrecherche. Dieser Leit­faden dient lediglich einer Vorstrukturierung der Interviews. Abhängig vom Gesprächs­verlauf mit den Interviewenden wird auf vereinzelte Punkte vertiefend eingegangen. Die­ses Vorgehen ermöglicht es, die individuellen Sichtweisen der Interviewten nicht nur auf oberflächliche Weise, sondern vielmehr detailliert und vertieft zu erschließen.9

1.3 Struktur der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in einen theoretischen sowie einen empirischen Teil. Nach der in Kapitel eins vorgenommenen Abgrenzung der Problemstellung und der Be­schreibung der Zielsetzung, der hierfür genutzten Methodik, sowie der Struktur der Ar­beit, befasst sich Kapitel zwei mit potenziellen Formen psychischer Belastungen auf­grund der Nutzung von Kommunikationskanälen im beruflichen Alltag. Die in diesem Kapitel enthaltenen Informationen dienten in weiterer Folge auch zur Erstellung des In­terviewleitfadens. Im dritten Kapitel der vorliegenden Arbeit werden daraufhin die the­oretischen Grundlagen zur Durchführung und Auswertung qualitativer Interviews be­schrieben.

Kapitel vier, welches den empirischen Teil der vorliegenden Arbeit einleitet, beschreibt die Durchführung, die Auswertung, sowie die zentralen Ergebnisse der Interviews. Hie­rauf werden im Zuge einer Schlussbetrachtung in Kapitel fünf Handlungsempfehlungen für die betriebliche Praxis formuliert, bevor die vorliegende Arbeit mit einem kurzen Fa­zit abschließt.

2 Formen psychischer Belastungen durch Kommunikationskanäle

Carstensen gibt einen Überblick über psychische Belastungen aufgrund der Nutzung von Kommunikationskanälen im beruflichen Alltag, welche je nach Art der beruflichen Tä­tigkeit eines Individuums mit größerer oder minder großer Wahrscheinlichkeit auftreten können.10

2.1 Entgrenzung der Arbeit

Die erste von Carstensen genannte potenzielle Belastung ist der zunehmenden Entgren­zung der Arbeit geschuldet, die häufig mit zeit- und ortsunabhängigem Arbeiten sowie dem Anspruch nach permanenter Erreichbarkeit einhergeht. Durch das Bearbeiten beruf­licher E-Mails zu Hause, im Bus, in der Bahn, in Cafés, in Hotelzimmern, auf Dienstrei­sen, an Wochenenden und Feiertagen sowie im Urlaub hat sich Arbeit als immer und überall existenter Normalzustand etabliert. Hierbei geht es nicht, wie es beispielsweise bei Telearbeit der Fall wäre, um eine bewusste Entscheidung seitens der Arbeitnehmer, lieber von zu Hause aus statt im Büro zu arbeiten, sondern es handelt sich hierbei um eine schleichende Entwicklung, welche dadurch begünstigt wird, dass Arbeiten durch die zu­nehmende Verwendung des Internets und mobiler Endgeräte praktisch immer und überall möglich ist.11

Die hiermit einhergehende zeitliche und örtliche Flexibilität kann sich belastend für die Mitarbeiter auswirken. Hierdurch besteht nämlich die Gefahr, dass das Privatleben der Arbeit untergeordnet wird, und dass es auch zu einer schleichenden insgesamten Verlän­gerung der Arbeitszeit kommt. Mit der grundsätzlichen Möglichkeit, permanent erreich­bar zu sein, sind zudem auch die Anforderungen an die Mitarbeiter gestiegen, ständig für Arbeitsbelange verfügbar zu sein.12 Und darüber, dass permanente Erreichbarkeit zu ar­beitsbedingter psychischer Belastung beiträgt, besteht weitgehender Konsens.13 Für die Erholung wichtige Ruhezeiten, welche grundsätzlich im Arbeitszeitgesetz vorgeschrie­ben wären, können auf diese Weise nicht eingehalten werden. Zusätzlich problematisch ist hinsichtlich der räumlichen Entgrenzung der Arbeit, dass Arbeit, die außerhalb des Arbeitsplatzes erfolgt, häufig nicht unter sicherheits- oder gesundheitsfördernden Bedin­gungen stattfmdet. So sind die Arbeitsumgebungen beispielsweise häufig ergonomisch unzulänglich, was zu weiteren Belastungen der Arbeitnehmer führen kann. Gerade dann, wenn die technologische Weiterentwicklung der Kommunikationskanäle die Arbeit weg vom Arbeitsplatz hin zum Zuhause der Arbeitnehmer verlagert, sind die Arbeitsmittel, die ursprünglich für eine private Nutzung angeschafft wurden, nur selten für eine gesund­heitsverträgliche Dauemutzung geeignet, da sich deren Design eher an Portabilität oder an einem eleganten Erscheinungsbild orientiert.14 Gesundheitliche Probleme wie Nacken­beschwerden, Rückenleiden oder Kopfschmerzen können die Folge einer mangelnden er­gonomischen Gestaltung des Arbeitsplatzes sein.15 Auf diese Weise kann die zuneh­mende Vielfalt der Kommunikationskanäle also zu gesundheitlichen Problemen bei den Mitarbeitern führen, und somit auch indirekt zu einer psychischen Belastung werden.

2.2 Prekarisierung durch Solo-Selbstständigkeit und Crowdwork

Die neuen organisatorischen und technologischen Gegebenheiten, welche mit der tech­nologischen Entwicklung der Kommunikationskanäle einhergehen, erleichtern es den Unternehmen, die Produktion flexibler zu gestalten. Abgegrenzte Arbeitspakete werden zunehmend stückweise verkauft, und statt an Mitarbeiter mit Festanstellung an Selbst­ständige oder Freiberufler vergeben. Diese sind im Vergleich zu fest angestellten Mitar­beitern häufig noch stärker mit gesundheitsgefährdenden und belastenden Arbeitsbedin­gungen konfrontiert, da sie aus betrieblichen Regelungen herausfallen. Die Einkommen von Selbstständigen oder Freiberuflern weisen zudem im Vergleich zu fest angestellten Mitarbeitern eine erheblich stärkere Streuung auf, und sind zudem insgesamt häufig ge­ringer.16

In einem solchen Fall verfügen Selbstständige und Freiberufler nicht über ein Einkom­men, welches zur Existenzsicherung ausreichen würde. Insbesondere reichen deren Einkünfte häufig nicht dazu aus, Vorsorge für erwerbslose Phasen, wie beispielsweise aufgrund einer Krankheit, zu treffen. Diese Entwicklung der organisatorischen und tech­nologischen Gegebenheiten verschärft somit Prekarisierungs-Tendenzen. Ein Kommuni­kationskanal, welcher solchen Tendenzen in besonders zugespitzter Form fördert, sind Internetplattformen, über die kleinteilige und meist nur gering bezahlte Aufträge von Un­ternehmen an Crowdworker vergeben werden. Diese arbeiten hochgradig vereinzelt, und sehen sich zudem teils mit der Situation konfrontiert, dass sie für ihre Arbeit aus willkür­lichen Gründen keine Entlohnung erhalten. Verlagern Unternehmen Arbeitsaufgaben, welche vormals intern erledigt wurden, an solche Crowdworker, so erhöht dies außerdem aufgrund einer Erhöhung der Transparenz und Vergleichbarkeit den Druck auf die fest angestellten Mitarbeiter.17

In der Regel stehen Selbstständige in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zur Markt­lage, und zu potenziellen Auftraggebern, und sind hinsichtlich des Erhalts neuer Aufträge stets mit Unsicherheit konfrontiert. Der berufliche Alltag solcher Erwerbstätiger ist dem­entsprechend häufig dadurch gekennzeichnet, dass die Planbarkeit der Existenzsicherung deutlich eingeschränkt ist. Diese Unsicherheit geht mit einer andauernden psychischen Belastung einher.18

2.3 Software-Ergonomie

Ein weiterer Stressfaktor kann im Design der Kommunikationskanäle an sich bedingt sein. Dies gilt insbesondere für Kommunikation, die über das Internet stattfindet. Eine von Carstensen auf Grundlage softwaregestützter Aufzeichnungen durchgeführte Unter­suchung über Umgangsweisen mit dem Internet weist deutlich daraufhin, dass der Um­gang mit diesem Medium erhebliche Störungen und Irritationen hervorrufen kann. Dies beginnt bei ungewollten Ablenkungen durch Pop-Ups, setzt sich in unerwarteten Reakti­onen dieses Mediums fort, und ist zusätzlich noch dadurch bedingt, dass das Internet kon­tinuierlich Handlungsaufforderungen und massive Ablenkungen anbietet.19 Damit macht der Umgang mit dem Internet eine Reihe improvisierender, ausgleichender oder problem­lösender Handlungen erforderlich, was eine zusätzliche Belastung der Mitarbeiter zur Folge hat. Noch offensichtlicher wird diese Belastung bei Technikversagen, welches in einem hohen Level an Technikstress resultieren kann.20 Neben dem Umgang mit dem Internet kann sich auch der Umgang mit unternehmensinterner Kommunikationssoftware belastend für die Mitarbeiter auswirken, da Aspekte wie Benutzerfreundlichkeit und Er­gonomie bei der Ausgestaltung solcher Anwendungen nur selten berücksichtigt werden, sondern vielmehr eine Orientierung an den Geschäftsprozessen im Vordergrund steht.21

2.4 Arbeitsmenge, Arbeitsdichte und Multitasking

Die zunehmende Anzahl der Kommunikationskanäle resultiert nicht selten in medialer Überforderung. Beruflich genutzte Chatfunktionen tragen nicht nur dazu bei, dass Mitar­beiter außerhalb der Arbeit erreichbar sind, sondern sorgen auch für permanente Erreich­barkeit am Arbeitsplatz. Dies hat zur Folge, dass eigentlich zu erledigende Arbeiten un­terbrochen werden müssen, und stellt höhere Anforderungen an das Multitasking. Als besonders massiv empfinden viele Angestellte die Überforderung aufgrund der Menge an E-Mails, die bearbeitet werden muss. Diese Überforderung geht soweit, dass es für einige Mitarbeiter heute schon gängige Praxis ist, E-Mails teils ungelesen zu löschen, da die Flut an Nachrichten andernfalls nicht mehr bewältigt werden könnte.22 Sind Mitarbeiter me­dial überfordert, so empfinden sie hierdurch Stress, und Stress resultiert wiederum in ei­nem Fluchtinstinkt. Allerdings können Mitarbeiter, die sich an ihren Arbeitsplätzen be­finden, diesem Instinkt im Normalfall nicht folgen, und verbleiben somit in einer unna­türlichen, belastenden Situation. Der anhaltende Stress ruft in Folge Reaktionen wie einen Anstieg der Atemfrequenz und des Blutdrucks, eine Verspannung der Muskeln oder eine Erhöhung der Körpertemperatur hervor, was ernsthafte gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann.23

2.5 Widersprüchliche Erwartungen

Insbesondere in großen Unternehmen, die multilokal agieren, kommen heute vermehrt unternehmensinteme Web 2.0 Anwendungen zum Einsatz. Diese Anwendungen sollen einer unternehmensweiten Verbesserung der Kommunikation, der Zusammenarbeit, sowie des Projektmanagements dienen. Meist enthalten diese Anwendungen ein persön­liches Profil, und ermöglichen es den Mitarbeitern, Beiträge zu publizieren, Gruppen zu bestimmten Themen zu gründen, oder die Beiträge anderer Mitarbeiter zu liken oder zu kommentieren. Seitens der Unternehmensleitung werden die Mitarbeiter unternehmens­übergreifend dazu aufgefordert, sich in solchen sogenannten „Enterprise 2.0“ Anwendun­gen zu engagieren. Dieser Aufforderung können auf Ebene einzelner Abteilungen aber Kulturen gegenüberstehen, welche ein Engagement in solchen sozialen Netzwerken ab­lehnen, da sie dies als Zeitverschwendung betrachten, welche überdies mit den Kemauf- gaben der Abteilung kollidiert. Mitarbeiter, die in solchen Abteilungen beschäftigt sind, werden also mit widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert.24 Jeder in einer Organisa­tion beschäftigte Mitarbeiter bekleidet zumindest eine organisatorische Rolle. Diese Rolle bezieht sich auf die Funktion und die Aufgaben des Mitarbeiters. Werden im Hinblick auf diese Aufgaben widersprüchliche Erwartungen durch mindestens zwei Entitäten ge­äußert, so liegt ein sogenannter Rollenkonflikt vor, welcher wiederum eine Quelle für negativen Stress ist.25

2.6 Öffentliche Selbstdarstellung

Zusammen mit der Weiterentwicklung von Web 2.0 Technologien sind auch die Anfor­derungen an die betriebsinterne sowie die betriebsöffentliche Selbstpräsentation der Mit­arbeiter gestiegen. Im unternehmensintemen Netzwerk erfordert die Beteiligung an Dis­kussionen oder das Ausfüllen von Persönlichkeitsprofilen, sich zu äußern, sich zu positi­onieren, und sich somit gleichzeitig selbst darzustellen. Diesbezüglich haben Mitarbeiter häufig Hemmschwellen, deren Überwindung Mut erfordert. Zusätzlich sorgen sich viele Mitarbeiter auch aufgrund von Überwachungs- oder Datenschutzbedenken.26

Auch der Kontakt mit den Kunden wird durch die sozialen Medien öffentlicher, wenn beispielsweise auf Facebook Kritik am Unternehmen geübt wird, und ein Mitarbeiter hie­rauf reagieren muss. Durch die Beteiligung an internen sowie externen Netzwerken wer­den die Tätigkeiten der Mitarbeiter insgesamt transparenter, was zu Sorgen im Hinblick auf mögliche Verhaltensbewertungen führt. Sorgen um den Schutz der eigenen Daten sowie Überwachungsgefühle aufgrund der Nutzung von Kommunikationskanälen des Web 2.0 stellen weitere Stressfaktoren dar.27

3 Methodik der qualitativen Inhaltsanalyse

Den Kemjeder qualitativen Inhaltsanalyse stellt die Bildung von Kategorien dar. Mittels der Bildung von Kategorien wird festgelegt, auf welche Merkmale der vorhandenen In­formationen sich die Inhaltsanalyse beziehen soll, und welche Inhalte aus den Interviews unter einemjeweils übergeordneten Gesichtspunkt subsummiert werden. Sämtliche Text­einheiten aus den Interviews, welche einer solchen Kategorie zugeordnet werden können, können in weiterer Folge für die Beantwortung der interessierenden Fragestellung heran­gezogen werden. Das Kategoriensystem ermöglicht es, das Vorgehen intersubjektiv nach­vollziehbar zu machen, die Ergebnisse vergleichen zu können, und die Reliabilität der Daten abzuschätzen.28

[...]


1 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 187.

2 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 187.

3 Andenmatten, M., COBIT® 5 Grundlagen, 2015, S. 429.

4 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 187-188.

5 Vgl. Finckler, P., Transformationale Führung, 2017, S. 4.

6 Matusiewicz, D., Köllen, T., AchtsamkeitundResilienz, 2019, S. 114.

7 Misoch, S., Qualitative Interviews, 2015, S. 265.

8 Vgl. Misoch, S., Qualitative Interviews, 2015, S. 265.

9 Vgl. Steffen,A., Doppler, S., Qualitative Marktforschung, 2019, S. 30-31.

10 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 189-192.

11 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 189.

12 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 189.

13 Vgl. Spreiter, M., Bumoutprävention, 2014, S. 287.

14 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 189-190.

15 Vgl. Graßl, W., Burger, M., Ergonomie als „best practice“, 2020, S. 140-141.

16 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 190.

17 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 190.

18 Vgl. Pelizzari,A., DynamikenderPrekarisierung, 2018, S. 33-34.

19 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 190.

20 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 190-191.

21 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 190.

22 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 191.

23 Vgl. Otto, D., Digital Detox, 2016, S. 59-61.

24 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 191.

25 Vgl. Scherrmann, U., Stress undBumout, 2015, S. 110.

26 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 191-192.

27 Vgl. Carstensen, Neue AnforderungenundBelastungen, 2015, S. 192.

28 Vgl. Eckert, C., Wissenstransfer, 2009, S. 159-160.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Psychische Belastung durch Kommunikationskanäle im beruflichen Alltag. Gründe und mögliche Abhilfe
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, München früher Fachhochschule
Note
1,0
Jahr
2020
Seiten
33
Katalognummer
V537397
ISBN (eBook)
9783346148186
ISBN (Buch)
9783346148193
Sprache
Deutsch
Schlagworte
psychische, belastung, kommunikationskanäle, alltag, gründe, abhilfe
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Psychische Belastung durch Kommunikationskanäle im beruflichen Alltag. Gründe und mögliche Abhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537397

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