Kindeswohlgefährdung erkennen. Handlungsstrategien für pädagogische Fachkräfte


Facharbeit (Schule), 2020

44 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung
1.1. Definition Kindeswohlgefährdung
1.2. Kindeswohl – Bedürfnisse eines Kindes nach Maslow
1.3. Rechtsnormen
1.3.1. Definition des Gesetzgebers
1.3.2. Kinderschutz im internationalen Recht
1.3.3. Kinderschutz im nationalen Recht
1.3.4. Recht auf gewaltfreie Erziehung

2. Formen der Kindeswohlgefährdung

3. Kindesmisshandlung durch physische Gewalt erkennen
3.1. Einordnen von Verletzungen
3.1.1. Verbrühungen
3.1.2. Verletzungen am Rücken
3.1.3. Verletzung des Gesäßes
3.1.4. Bissmarken
3.1.5. Hämatome
3.1.6. Verletzungen an versteckten Körperregionen
3.1.7. Lokalisation
3.2. Typische misshandlungsbedingte Verhaltensweisen
3.2.1. Frozen Watchfulness
3.2.2. Distanzlosigkeit

4. Statistische Erhebungen
4.1. Häufigkeit von Kindeswohlgefährdung

5. Instrumente zur Gefährdungseinschätzung

6. Umfrage

7. Fazit

Einleitung

Sowohl in meiner Tätigkeit als Erzieherin in einer Kindertagesstätte, als auch in meiner derzeitigen Tätigkeit als Erzieherin im Hortbereich an einer Grundschule wurde und werde ich immer wieder mit zahlreichen Fällen von Kindeswohlgefährdung konfrontiert. Hier musste ich erleben, wie hilflos und zum Teil sogar sorglos sowohl pädagogische Fachkräfte, als auch die Leitungsebene und die insofern erfahrene Fachkraft mit dem Verdacht einer Kindeswohlgefährdung umgehen. Diese Hilflosigkeit derer, die ganz klar erkannt haben, dass die betroffenen Kinder dringend Schutz benötigen, führte letztlich dazu, dass die Kinder tagtäglich ihren Peinigern übergeben wurden. In einem Fall führte dies sogar zum Tod eines Kindes.

Daher stellte sich für mich die Frage, weshalb pädagogische Fachkräfte so versagen und was es braucht, um sie so zu sensibilisieren, dass sie ihrem Schutzauftrag nachkommen. Ich möchte untersuchen, ob die vorhandenen Möglichkeiten der Hilfe und Beratung für pädagogische Fachkräfte ausreichen, vor allem aber auch, ob diese ihnen überhaupt bekannt sind. Hierzu werde ich eine entsprechende Umfrage durchführen.

Besonders erschreckend war für mich die Vielzahl der Opfer im Vergleich zu diesen doch kleinen Einrichtungen. Außerdem habe ich auch im Freundeskreis meiner Kinder einige

Opfer von Kindeswohlgefährdung kennengelernt. Gemessen daran, dass dieser Freundeskreis nicht besonders groß war, erschreckte mich auch hier der prozentuale Anteil der Opfer. All dies veranlasste mich dazu, mich in meiner Facharbeit mit dem Thema Kindeswohlgefährdung auseinanderzusetzen.

Mein Ziel ist es, Methoden zu finden, wie Kindeswohlgefährdung erkannt werden kann und Handlungsstrategien zu entwickeln, welche es ermöglichen, das Wissen der pädagogischen Fachkräfte zum Thema Kindeswohlgefährdung zu erweitern.

Besonders wichtig ist mir auch herauszufinden, wie viele Kinder in Deutschland Opfer von Kindeswohlgefährdung werden. Denn ich bin überzeugt davon, dass diese Zahl zeigen wird, wie wichtig es ist, sich im pädagogischen Alltag darüber bewusst zu werden, dass die pädagogischen Fachkräfte sich als Anwälte der Kinder sehen sollten und anhand der Vielzahl der Fälle aufzuzeigen, wie wichtig es ist, sich mit diesem Thema vertraut zu machen. Eben weil Kindeswohlgefährdung kein bedauerlicher Einzelfall ist, sondern erschreckender Alltag in Deutschlands Familien. Hierfür werde ich die Statistik des Statistischen Bundesamtes verwenden und unter Berücksichtigung des demografischen Wandels auswerten.

In meinem Fazit möchte ich die Frage erläutern, ob die aktuell zur Verfügung stehenden Hilfsund Beratungsmöglichkeiten ausreichen. Sollte dies nicht so sein, möchte ich Wege aufzeigen, wie diese erweitert werden können.

1. Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung

1.1.Definitio n Kindeswohlgefährdung

Wer nach einer klaren Definition des Begriffs Kindeswohlgefährdung sucht, tut dies vergebens. Es wird schnell klar, dass diese alle Handlungen und Umstände umfasst, die dem Kindeswohl entgegenstehen. Aber auch das Kindeswohl ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und ebenso nicht klar definiert (vgl. Juraforum, Lexikon, Erklärung zum Begriff Kindeswohl). Ein unbestimm-ter Rechtsbegriff gerade deshalb, weil der Gesetzgeber auch hier keine präzisen Angaben macht und es so nicht sofort möglich ist, diesen Begriff klar und deutlich zu definieren. Dieser Umstand birgt jedoch die Gefahr, dass beide Begriffe von dem zu Beurteilenden nach eigenen Wertvorstellungen und Ansichten interpretiert werden können.

Es darf davon ausgegangen werden, dass das Kindeswohl all das umfasst, was das körperliche und geistige Wohlbefinden eines Kindes garantiert. Ebenso eine Erziehung, die dem Kind oder Jugendlichen Anregungen für seine geistige Entwicklung gibt und ihm die Chance bietet, ent-sprechend seinen Bedürfnissen zu lernen. Die es ihm aber auch ermöglicht und Anregungen schafft, die Welt zu entdecken.

Das Kinderschutzzentrum Berlin definiert Kindeswohlgefährdung so:

Zitat:

"…..ist ein das Wohl und die Rechte eines Kindes (nach Maßgabe gesellschaftlich geltender Normen und begründeter professioneller Einschätzung) beeinträchtigendes Verhalten oder Handeln bzw. ein Unterlassen einer angemessenen Sorge durch Eltern oder andere Personen in Familien oder Institutionen (wie z. B. Heimen, Kindertagesstätten, Schulen, Kliniken oder in bestimmten Therapien) das zu nicht-zufälligen Verletzungen, zu körperlichen und seelischen Schädigungen und / oder Entwicklungsbeeinträchtigungen

eines Kindes führen kann,.". 1

Wenn es darum geht, Kindeswohlgefährdung nach sozialwissenschaftlichen Aspekten zu beurteilen, wird dies anhand des sog. Trias beurteilt:

Vernachlässigung
Misshandlung (physisch und psychisch)
sexueller Missbrauch2

Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass die Begriffe Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung untrennbar und im Zusammenhang zu beurteilen sind

Es geht also um ein ausgewogenes Verhältnis der Bedürfnisse eines Kindes und seinen Lebensbedingungen (vgl. Caritas Deutschland, Glossar, Kinder und Jugendliche, Kindeswohl). Und somit ist unter Kindeswohlgefährdung all das zu verstehen, was diesem entgegensteht.

1.2. Kindeswohl Bedürfnisse eines Kindes nach Maslow

Die Bedürfnisse eines Kindes bzw. eines Menschen hat der US-amerikanische Psychologe 1943 in der von ihm entwickelten Bedürfnispyramide folgendermaßen dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13

Maslow unterteilt die Bedürfnisse in fünf Kategorien ein, die aufeinander aufbauen und in welche er einzelne Bedürfnisse einordnete. Vier dieser Kategorien bezeichnet er als Defizitbedürfnisse. Bleiben diese ganz oder teilweise unbefriedigt, so Maslow, führe dies zu physischen oder psychischen Krankheiten sowie zu einem Gefühl der Entbehrung. In diesem Falle wird immer versucht, die Entbehrung zu beenden, weshalb das Kind sich genau darauf konzentriert und somit gehindert ist, die nächste Stufe zu erreichen. Bei optimaler Befriedigung dieser Bedürfnisse wird das Kind in der Lage sein, das Wachstumsbedürfnis und somit die Fähigkeit zur Selbstverwirklichung zu erreichen.

Zu den physiologischen Bedürfnissen gehören Grundbedürfnisse, wie Essen, Trinken, Schlaf und Atmung sowie das allgemeine Wohlbefinden. Sind diese weitestgehend erfüllt, kann die nächsthöhere Kategorie erlangt werden; die Sicherheitsbedürfnisse. Dazu zählen Schutz, Behaglichkeit und Ordnung. Darauf folgen die sozialen Bedürfnisse, wie soziale Kontakte/Zugehörigkeit, Liebe und Zuneigung. Die Erfüllung der einzelnen Kategorien/Stufen erweitert die Handlungsfähigkeit des Kindes und ermöglicht es ihm, die nächste Stufe zu erreichen. Denn wenn ein Kind ausreichend Schlaf und Nahrung hat, wird es hiervon nicht noch mehr fordern, sondern kann sich der nächsten Stufe widmen. Als vorletzte Stufe der menschlichen Entwicklung und letztes Defizitbedürfnis benennt Maslow die Individualbedürfnisse. Dazu zählen der Wunsch nach Anerkennung, Geltung sowie nach Leistung und Kompetenz. Verläuft die Entwicklung des Kindes optimal unter Befriedigung all dieser Bedürfnisse, kann ein Kind sich selbst verwirklichen und sich den eigenen individuellen Wünschen und Träumen widmen.

In der Praxis erlebe ich täglich Kinder, welche in sozial schwachen Verhältnissen leben. Gerade am Monatsende mangelt es an ausreichender bzw. ausgewogener Ernährung. Aufgrund mangelnder Fürsorge durch die Eltern aber auch an Schlaf, da niemand kontrolliert, wie lange sie fernsehen bzw. am Smartphone spielen. Gleichwohl lieben sie ihre Eltern und auch diese lieben ihre Kinder. Trotz der Elternliebe fehlt es jedoch an der gebotenen Fürsorge, an Ordnung und Regeln. Zum Monatsanfang erscheinen diese Kinder mit neuer Kleidung und ausreichendem Frühstück, teilweise sogar im Überfluss. Eine Ambivalenz, mit der die Kinder gelernt haben umzugehen und welcher sie sich auch anpassen, auch wenn die elementarsten Bedürfnisse nicht, bzw. nicht dauerhaft erfüllt werden. Sie erleben somit einen ständigen Wechsel zwischen Fürsorge und Vernachlässigung. In Ihrem Erleben ist dies Normalität, emotional sind sie jedoch verunsichert. Dies führt dazu, dass sie kaum mehr als die dritte Stufe der Bedürfnispyramide erreichen dürften und somit dauerhaft in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind.

1.3. Rechtsnormen

1.3.1. Definition des Gesetzgebers

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 23.11.2016, XII ZB 149/16 den Begriff der Kindeswohlgefährdung folgendermaßen definiert:

Zitat:

"1. Eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 I BGB liegt vor, wenn eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr festgestellt wird, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerer der drohende Schaden wiegt" 4

1.3.2. Kinderschutz im internationalen Recht

Auch Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention befasst sich mit dem Wohl des Kindes. Dieser geht davon aus, dass das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen ist. Er fordert darüber hinaus, dass alle Personen, welche gesetzlich für das Kind verantwortlich sind, dem Kind den Schutz und die Fürsorge angedeihen lassen, die für das Wohlergehen des Kindes notwendig sind. (vgl. Unicef, Konvention über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989).5

Selbst wenn dies in diesem Artikel nicht explizit formuliert ist, kann davon ausgegangen werden, dass sich aus diesem der Schutzauftrag für Erzieher ergibt. Denn auch sie sind während der entsprechenden Betreuungszeit gesetzlich für das Kind verantwortlich.

1.3.3. Kinderschutz im nationalen Recht

§ 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), befasst sich mit den gerichtlichen Maßnahmen bei der Gefährdung des Kindeswohls. Dieser ermöglicht es dem Familiengericht einzugreifen, wenn Eltern nicht in der Lage oder gewillt sind, das Wohl des Kindes zu sichern bzw. wenn deren Eingreifen notwendig ist, um eine Gefahr von diesem abzuwenden. Dieser Paragraph setzt das in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) benannte Wächteramt des Staates um und ermöglicht die Ausübung dessen.6

Im bereits erwähnten Artikel 6 des Grundgesetzes heißt es:

Zitat:

„(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) 1 Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. 2 Ü ber ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft...“ 7

Zum Zeitpunkt seiner Entstehung war dieser Artikel sicher richtig und wichtig. Der Leitgedanke damals war, dass es nie wieder passieren darf, dass ein Diktator den Eltern ihre Kinder entzieht, wenn diese sie nicht linientreu erziehen würden. Unter diesem Gesichtspunkt entstand die Formulierung in Abs. 2. In der heutigen Zeit verhilft gerade dieser Absatz Eltern dazu, einem drohenden Kindesentzug entgegenzuwirken und erschwert in einigen Fällen dem Jugendamt den Zugriff auf gefährdete Kinder. Absatz 4 fordert vom staatlichen Wächteramt, in erster Linie die Kinder interfamiliär durch Gewährleistung niederschwelliger Hilfen (Familienhelfer, Familientherapeuten etc.) zu betreuen. Für misshandelte Kinder kann dies unter Umständen zum Todesurteil werden.

In meiner Tätigkeit in einer Kita fiel ein zweijähriges Mädchen, zum Schutz der Persönlichkeitsrechte nenne ich sie im Folgenden Marie, immer wieder durch verschiedenste Verletzungen auf. Die Bezugserzieherin dokumentierte diese regelmäßig, thematisierte dies in Teamsitzungen und meldete ihren Verdacht regelmäßig der Leitung. Diese sah jedoch keinen Handlungsbedarf, da die Familie bereits durch das Jugendamt betreut wurde. Der Stiefvater von Marie arbeitete im nebenan liegenden Nachbarschaftshaus des Trägers im Rahmen des Projektes Arbeit statt Strafe, eine Geldstrafe ab. Die Bezugserzieherin konnte diese Situation irgendwann nicht mehr ertragen. Insbesondere nicht, Marie täglich beim Abholen ihren Peinigern zu übergeben. Sie besprach ihre Befürchtungen – unter Zuhilfenahme aller Dokumentationen – mit der insofern erfahrenen Fachkraft des Trägers. Diese war ebenfalls im anliegenden Nachbarschaftshaus als Bereichsleitung und somit Vorgesetze der Kitaleitung, tätig. Obwohl auch sie bereits durch die Kitaleitung informiert wurde hoffte die Bezugserzieherin, nun endlich zu erreichen, dass Marie geholfen wird. Leider war dies nicht der Fall. Dort wurde ihr erklärt, dass das Jugendamt sich bereits um die Familie kümmere und dass ein Familienhelfer regelmäßig mit der Familie arbeitet. Die Bezugserzieherin wurde darüber hinaus aufgefordert, sich selbst zu reflektieren, warum sie auf eine angebliche Misshandlung bestehen würde. Sie solle darüber nachdenken, was in ihrer eigenen Familie schiefgelaufen sei, weshalb sie so beharrlich auf eine angeblich vorliegende Misshandlung bestünde. Eines Tages kam Marie nicht mehr in die Kita. Sie war aufgrund schwerster Verletzungen, resultierend auf einer Kindesmisshandlung, verstorben. Der Stiefvater wurde an seinem Arbeitsplatz verhaftet. Ihm wurde die Misshandlung seiner Stieftochter vorgeworfen. Später wurde er aufgrund dessen verurteilt.

All dies konnte geschehen, obwohl § 8a des Sozialgesetzbuches (SGB) VIII ganz klar von den Trägern der Einrichtungen ein entsprechendes Handeln fordert. Der Träger hat hier versagt, indem er es versäumte, regelmäßig eine Gefährdungseinschätzung vorzunehmen und diese dem Jugendamt vorzulegen. Auf die entsprechenden Instrumente zur Gefährdungseinschätzung werde ich später noch näher eingehen. Denn § 8a SGB VIII besagt ganz klar:

Zitat:

" ...

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

1.

deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,

2.

bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie..“ 8

1.3.4. Recht auf gewaltfreie Erziehung

§ 1631 Abs. 2 BGB wurde mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Ächtung in der Erziehung vom 02.11.2000 neu gefasst und sichert den Kindern das unabdingbare Recht auf eine gewaltfreie Erziehung zu.

Zitat:

"........

(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." 9

Die Bundeszentrale für politische Bildung führt in ihrem Artikel zum Thema Züchtigungsrecht folgendes aus:

Zitat:

"Das BGB gestattete ursprünglich in § 1631 Abs. 2 dem Vater die Anwendung angemessener Zuchtmittel gegen das Kind. Diese Ermächtigung wurde 1957 durch das Gleichberechtigungsgesetz gestrichen, blieb jedoch als Gewohnheitsrecht gültig. Soweit das Züchtigungsrecht anerkannt wurde, wurde es nur Eltern und Personen mit elternähnlicher Funktion (Vormund, Pfleger usw.) zuerkannt." 10

Erschrocken hat mich hier, dass die Änderung des § 1631 Abs. 2 BGB erst im Jahre 2000 erfolgt ist und bis dahin das Recht auf körperliche Züchtigung als sogenanntes Gewohnheitsrecht fort galt.

Mit Gründung der DDR 1949 wurde die Prügelstrafe in den dortigen Schulen abgeschafft. Der Bundesrepublik Deutschland war dies offenbar erst 1973 wichtig und möglich. Dem Freistaat Bayern gelang dies erst 1980.11

Finnland hingegen verbot die körperliche Züchtigung bereits 1914.

All dies zeigt, dass das Thema Kinderschutz heute zwar in aller Munde ist, jedoch noch immer in den Kinderschuhen steckt.

Positiv zu betrachten ist hier die Formulierung des Verbotes "entwürdigender Maßnahmen", zu welchen u.a. auch Anschreien, und der so oft benannte "Klaps" gehören. Schade finde ich, dass in diesem Paragrafen keinerlei Sanktionen benannt werden. Natürlich könnte hier auf das Strafgesetzbuch (StGB) verwiesen werden, welches durchaus Sanktionen benennt. Hier wäre z. Bsp. § 225 StGB zu benennen, welcher das Strafmaß bei Misshandlung Schutzbefohlener regelt. Dies würde jedoch eher bei Körperverletzungen greifen, als bei Maßnahmen, welche die Würde und die Seele eines Kindes verletzen. Derartige "entwürdigende Maßnahmen" würden strafrechtlich wohl nur als Beleidigung nach § 185 StGB zu behandeln und somit schwer sanktionierbar sein. Und das, obwohl eine psychische Kindesmisshandlung genauso schwerwiegende Folgen für ein Kind hat, wie eine physische.

Die vorgenannten Rechtsnormen sind lediglich eine Auslese der zahlreich existierenden gesetzlichen Vorgaben. Die hier benannten rechtlichen Vorschriften bilden die Grundlage des Kinderschutzes in der pädagogischen Arbeit.

2. Formen der Kindeswohlgefährdung

Der Begriff Kindeswohlgefährdung ist eine pauschale Zusammenfassung verschiedenster Arten von Misshandlungen. Diese sind in vier Kategorien zu unterscheiden.

Körperliche Misshandlung

Zur körperlichen Misshandlung zählen alle vorzunehmenden Handlungen, welche weder versehentlich, noch zufällig geschehen und in ihrem Ergebnis zu Schmerzen, Verletzungen oder zum Tode führen.

Körperliche Misshandlung hinterlässt Spuren, welche der aufmerksame Betrachter unschwer erkennen und dokumentieren kann. Daher ist eine körperliche Misshandlung leicht nachzuweisen. Diese wirkt sich natürlich auch auf die Psyche eines Kindes aus und geht somit immer auch mit einer psychischen/emotionalen Misshandlung einher.

Sexueller Missbrauch

Unter sexuellem Missbrauch ist die Vornahme jeglicher sexueller Handlungen zu verstehen, welche unter Ausnutzung der Machtasymmetrie und eines Schutzoder Abhängigkeitsverhältnisses zum kindlichen Opfer vorgenommen werden.

[...]


1 www.kinderschutz-zentrum-berlin.de/download/Kindeswohlgefaehrdung_Aufl11b.pdf 30.11.2019, 20.02 Uhr

2 www.juraforum.de/lexikon/kindeswohl-gefaehrdung, 25.01.2020, 21.07 Uhr

3 www.scribbr.de/modelle-konzepte/beduerfnispyramide-maslow 01.01.2020, 23.56 Uhr

4 www.famrz.de/entscheidungen/kindeswohlgefaehrdung-im-sinne-des-1666-i-bgb.html, 16.09.2019, 19.31 Uhr

5 www.unicef.de/informieren/ueber-uns/fuer-kinderrechte/un-kinderrechtskonvention, 16.09.2019, 19.58 Uhr

6 dejure.org/gesetze/BGB/1666.html, 16.09.2019, 19.43 Uhr

7 dejure.org/gesetze/GG/6.html, 04.01.2020, 19.58 Uhr

8 www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/ 8a.html, 16.09.2019, 20.15 Uhr

9 www.gesetze-im-internet.de/bgb/ 1631.html, 01.01.2020, 17.51 Uhr

10 www.bpb.de/nachschlagen/lexika/recht-a-z/23282/zuechtigungsrecht, 01.01.2020, 18.03 Uhr

11 www.spiegel.de/geschichte/pruegelstrafe-in-der-schule-a-949811.html, 01.01.2020, 19.58 Uhr

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Kindeswohlgefährdung erkennen. Handlungsstrategien für pädagogische Fachkräfte
Veranstaltung
Fachschule für Sozialpädagogik
Note
1
Autor
Jahr
2020
Seiten
44
Katalognummer
V537744
ISBN (eBook)
9783346133076
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anmerkung der Betreuung: "fundiertes Fachwissen, formulierte Zielsetzung wird durch exzellente Fachkompetenz erreicht, Handlungsstrategien und Methoden für pädagogische Fachkräfte werden aufgezeigt, besonders hervorzuheben ist durchgeführte Umfrage und Auswertung, Arbeit in sich schlüssig und vollständig"
Schlagworte
Kindeswohlgefährdung, Kindeswohl, Handlungsstrategien, Facharbeit
Arbeit zitieren
Kerstin Krajewski (Autor:in), 2020, Kindeswohlgefährdung erkennen. Handlungsstrategien für pädagogische Fachkräfte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537744

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