Die zahlreichen Reformvorhaben der öffentlichen Verwaltung in Deutschland zeigen, dass sich der bürokratische Verwaltungsapparat in der Krise befindet. Der klassischen öffentlichen Verwaltung wird vorgeworfen teuer, starr und langsam zu sein und so nicht effizient und effektiv arbeiten zu können. Besonders prägnant ist das Argument der Finanzkrise, auf welches differenzierter eingegangen wird. Nach Vorbild der holländischen Stadt Tilburg initiierte die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt), Anfang der 90iger Jahre, eine grundlegende Reform der öffentlichen Verwaltung. Große Erwartungen wurden in das Neue Steuerungsmodell gesetzt. Dieses Konzept beinhaltet den Aufbau einer dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur. So sollen Hierarchien abgeflacht und die Eigenverantwortung der verschiedenen Akteure gesteigert werden. Das Neue Steuerungsmodell basiert auf betriebswirtschaftlichen Strukturen. Gerade bei der Übertragung auf Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit zeigt sich dieses auf Marktwirtschaft ausgelegtes Modell als problematisch. Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, ob sich das Modell der Neuen Steuerung mit der Spezifika der Kinder- und Jugendhilfe vereinbaren lässt? Hierzu wird die etwas polemisch wirkende These aufgestellt, dass durch die Verwaltungsreform hin zur Neuen Steuerung, die Gefahr besteht, dass individuelle Belange der AdressatInnen, sowie der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, aufgrund einer zu einseitigen Ökonomisierung und Marktorientierung, nicht ausreichend, im Sinne der fachlichen Ansprüche, wahrgenommen werden können. Um dies zu analysieren werden Erfahrungen von Jugendämtern aufgegriffen, die sich bereits mit der Implementierung des Neuen Steuerungsmodells befasst haben. Dazu wird der aktuelle Stand des Implementierungsprozesses in der Kinder- und Jugendhilfe kurz skizziert. Da es sich bei der Kinder- und Jugendhilfe um eine soziale personenbezogene Leistung handelt, wird im weiteren Verlauf insbesondere die Perspektive der AdressatInnen fokussiert. Es soll analysiert werden, inwieweit sich die Implementierung des Neuen Steuerungsmodells auf die individuelle Arbeit mit den AdressatInnen und auf deren Position in der Kinder- und Jugendhilfe auswirken kann. Da dies nicht einseitig geschehen soll, werden sowohl Bedenken und Gefahren, als auch Chancen der Einführung des Neuen Steuerungsmodells betrachtet. Abschließend werden die Ergebnisse noch einmal zusammenfassend kurz dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Wie stellt sich die Spezifika der Kinder- und Jugendhilfe dar?
- a) Die Adressaten
- b) Die organisatorische Ebene
- c) Die fachliche Ebene
- 3. Gründe für die Verwaltungsmodernisierung
- 3.1 Die Finanzkrise
- 3.2 Weitere Gründe
- 4. Die Einführung der Neuen Steuerung in die Kinder- und Jugendhilfe
- 4.1 Outputorientierte Steuerung
- 4.2 Budgetierung
- 4.3 Dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung
- 4.4 Kontraktmanagement
- 5. Im Hinblick auf die Spezifika der Jugendhilfe
- 5.1 Problem der Messbarkeit von Leistungen
- 5.2 Problem der Kundenorientierung
- 5.3 Strukturelle Probleme
- a) Die Neue Steuerung im Kontext der Jugendhilfeplanung
- b) Das Verhältnis: öffentliche Träger- freie Träger → Entpolitisierung der Kinder- und Jugendhilfe?
- 5.4 Der aktuelle Stand der Implementierung
- 6. Exkurs: Ehrenamtliche MitarbeiterInnen
- 7. Welche Auswirkungen könnte die Implementierung des Neuen Steuerungsmodells auf die Position des Adressaten haben?
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Vereinbarkeit des Neuen Steuerungsmodells mit der Spezifika der Kinder- und Jugendhilfe. Sie analysiert, ob die Verwaltungsreform hin zur Neuen Steuerung die Gefahr birgt, dass individuelle Belange der Adressaten und ehrenamtlichen Mitarbeiter aufgrund einer einseitigen Ökonomisierung und Marktorientierung nicht ausreichend berücksichtigt werden.
- Die Spezifika der Kinder- und Jugendhilfe hinsichtlich ihrer Adressaten, Organisation und fachlichen Ansprüche.
- Die Gründe für die Verwaltungsmodernisierung, insbesondere die Finanzkrise.
- Die Elemente des Neuen Steuerungsmodells, wie Outputsteuerung, Budgetierung und dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung.
- Die Auswirkungen des Neuen Steuerungsmodells auf die Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere hinsichtlich der Messbarkeit von Leistungen, Kundenorientierung und strukturellen Problemen.
- Die Perspektive der Adressaten und die möglichen Auswirkungen der Implementierung des Neuen Steuerungsmodells auf ihre individuelle Arbeit und Position.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung skizziert die Problematik des Neuen Steuerungsmodells im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe. Sie stellt die These auf, dass eine einseitige Ökonomisierung und Marktorientierung die Bedürfnisse der Adressaten und ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht ausreichend berücksichtigen kann.
Kapitel 2 beschreibt die Spezifika der Kinder- und Jugendhilfe hinsichtlich ihrer Adressaten, Organisation und fachlichen Ansprüche. Hier wird die Heterogenität der Adressaten und die föderale Struktur der Kinder- und Jugendhilfe hervorgehoben.
Kapitel 3 beleuchtet die Gründe für die Verwaltungsmodernisierung, insbesondere die Finanzkrise, und weitere Aspekte, die zu einer Reform der öffentlichen Verwaltung führten.
Kapitel 4 erläutert die wesentlichen Elemente des Neuen Steuerungsmodells, wie Outputsteuerung, Budgetierung, dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung und Kontraktmanagement.
Kapitel 5 setzt sich mit den Auswirkungen des Neuen Steuerungsmodells auf die Kinder- und Jugendhilfe auseinander. Es werden die Probleme der Messbarkeit von Leistungen, Kundenorientierung und die strukturellen Herausforderungen im Kontext der Jugendhilfeplanung und des Verhältnisses zwischen öffentlichen und freien Trägern beleuchtet. Der aktuelle Stand der Implementierung des Modells wird ebenfalls kurz dargestellt.
Kapitel 6 befasst sich mit der Rolle ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe.
Kapitel 7 analysiert die möglichen Auswirkungen der Implementierung des Neuen Steuerungsmodells auf die Position der Adressaten in der Kinder- und Jugendhilfe.
Schlüsselwörter
Kinder- und Jugendhilfe, Neue Steuerung, Verwaltungsmodernisierung, Ökonomisierung, Marktorientierung, Adressaten, Kundenorientierung, Messbarkeit von Leistungen, Jugendhilfeplanung, öffentliche Träger, freie Träger, ehrenamtliche Mitarbeiterinnen.
- Arbeit zitieren
- Michael Roos (Autor:in), 2004, Lässt sich das Neue Steuerungsmodell mit der Spezifika der Kinder- und Jugendhilfe vereinbaren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53789