Depressive Störungen zeigen sich nicht ausschließlich mit den Symptomen der gängigen Klassifikationssysteme, sondern darüber hinaus, insbesondere im jungen Erwachsenenalter, zeigen sich auch subtypische Symptome, wie selbstverletzendes Verhalten, Substanzmittelkonsum, oder Suizidalität. Die hier vorliegende Studie soll einen Beitrag zur Sensibilisierung der unterschiedlichen und zum Teil auch subtypischen Symptome depressiver Störungen von jungen Erwachsenen im Vergleich zu älteren Erwachsenen leisten und Unterschiede zwischen den Depressionssymptomen von jungen Erwachsenen und Erwachsenen aufdecken.
In dieser Studie wurden die Depressionssymptome von 296 stationär psychiatrisch aufgenommenen Probanden mit einer Depressionsdiagnose im Alter von 16 bis 59 Jahren ermittelt. Zur Erhebung der Symptome wurde der BDI-II verwendet. Die Probanden wurden in zwei Altersklassen, junge Erwachsene von 16-25 Jahren und Erwachsene von 26 bis 59 Jahren, eingeteilt. Die Gruppen wurden im Anschluss mit Hilfe des t-Tests auf Mittelwertsunterschiede getestet.
Es zeigten sich signifikante Unterschiede in den Bereichen Prävalenz und Schwere suizidaler Gedanken, Selbstverletzendem Verhalten und illegalem Drogenkonsum. In allen Bereichen zeigte sich eine höhere Prävalenz bei den jungen Erwachsenen. Für folgende Studien erscheint es sinnvoll, weitere diagnostische Instrumente zur Erhebung der Symptome zu nutzen, um ein umfassenderes und detailliertes Gesamtbild der Symptome zu erhalten. Darüber hinaus sollte das Augenmerk auf einer geschlechterdifferenzierten Unterscheidung der einzelnen Symptome bzw. Symptombereiche liegen. Zusammenfassend erscheint jedoch nicht das Fehlen typischer Depressionssymptome im jungen Erwachsenenalter problematisch, sondern die Zuschreibung dieser zur Depression.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Zusammenfassung
Abstract
Einleitung
1. Theoretischer Hintergrund Depressionen
1.1 Beschreibung und Definition
1.2 Geschichte der Depression um Kindes- und Jugendalter
1.3 Klassifikation
1.3.1 ICD-10 Depressive Episode
1.3.2 Unterschiede in der Klassifikation ICD-10 und DSM-V
1.4 Prävalenz
2 Unterschiede depressiver Symptome von jungen Erwachsenen und Erwachsenen
2.1 Klinische Symptome von Depressionen im jungen Erwachsenenalter
2.2 Homogenität und depressive Symptome
2.3 Suizidalität und Suizide
2.4 Selbstverletzendes Verhalten
2.5 Substanzmittelmissbrauch
2.2 Weitere Symptome
2.7 Zusammenfassung
3 Fragestellung und Hypothesen
3.1. Herleitung der Fragestellung
3.2 Hypothesen
4 Material und Methode
4.1 Studiendesign
4.2 Fragebogen
4.3 Durchführung
4.4 Auswertung
4.5 Studienteilnehmer und Stichprobengröße
4.6 Datenvorbereitung und verwendete statistische Verfahren
5 Ergebnisse
6 Diskussion der Ergebnisse und Fazit
6.1 Ergebnisse
6.2 Design und Methode
6.3 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Einwilligung Datennutzung zu Forschungszwecken
Fragebogen BDI-II
Tabellen und Grafiken Deskriptive Statistik
Danksagung
Bei dieser Arbeit wurde ich durch zahlreiche Unterstützer begleitet, denen ich an dieser Stelle meinen Dank für die Hilfe bei der Erhebung der Daten, Tipps, motivierenden Worte und vor allem auch Kritik aussprechen möchte.
Zu allererst geht ein herzliches Dankeschön an das Klinikum, in welchem ich die Studie durchführen durfte. Ein besonderer Dank geht an J. K., die Ansprechpartnerin in der Forschungsabteilung des Klinikums als Ideengeber, Motivator, Korrektor und kritischer Diskussionspartner jederzeit ansprechbar war. Ein großer Dank geht auch an meine Kollegin S. R., die mich mit der Datenerhebung auf den unterschiedlichen Stationen tatkräftig unterstützt hat.
Danke auch an das Stationsteam der Klinik, insbesondere L. S. und P. B. für die Hilfe bei der Themenfindung, T. B., C. F. und F. H. für eure warmen Worte, eure kritischen Fragen, eure Motivation und euer Verständnis für meine Situation wenn meine Nächte mal kurz waren und alles nicht wie gewohnt klappte.
Insbesondere geht ein Dank an meine Familie, die mir bereits mein gesamtes Studium den Rücken freihält und stärkt. Meinen Mann, für seine Motivation, die aufbauenden Worte, die Beschäftigung der Kinder und seinem unabdinglichen Glauben an mein Gelingen, insbesondere dann, wenn mir dieser selbst einmal ausgegangen ist. Ebenfalls geht ein großer Dank an meine Kinder. Trotz ihres noch so jungen Alters haben sie Verständnis dafür gezeigt, dass ich immer wieder vor dem Computer saß und nicht an den familiären Aktivitäten teilnehmen konnte. Sie sind der Grund, warum ich mein Ziel stets vor Augen habe.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Klassifikation depressiver Störungsbilder nach DSM-V und ICD- (Weltgesundheitsorganisation, 2016; Falkai, et al., 2015)
Tabelle 2 Altersverteilung
Tabelle 3 Häufigkeit und Unterscheidung depressiver Diagnosen von jungen Erwachsenen und Erwachsenen nach ICD-10 diagnostiziert
Tabelle 4 Reliabilitätsstatistik Items Verhalten
Tabelle 5 Reliabilitätsstatistik Items Gefühle
Tabelle 6 Gruppenstatistiken Hypothese H
Tabelle 7 Gruppenstatistik H2 und H
Tabelle 8 t-Test Symptomebene Verhalten und Gefühle
Tabelle 9 Anzahl Suizidgedanken
Tabelle 10 t-Test Häufigkeit Suizidgedanken
Tabelle 11 Anzahl selbstverletzendes Verhalten
Tabelle 12 H7 Alkoholkonsum
Tabelle 13 Reizbarkeit
Tabelle 14 Deskriptive Statistik Alter, Gesamt BDI-II Punkte
Tabelle 15 Häufigkeitstabelle Geschlecht
Tabelle 16 Häufigkeitstabelle Alter
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Anzahl der Suizide 2017 nach Altersgruppen (Bundesamt für Statistik, 2019)
Abbildung 2 Häufigkeitsverteilung Geschlecht
Abbildung 3 Häufigkeitsverteilung Alter
Abbildung 4 Balkendiagramm Selbstmordgedanken
Abbildung 5 Schwere suizidaler Gedanken
Abbildung 6 Anzahl Konsum illegaler Drogen
Zusammenfassung
Ziel und Hintergrund: Depressive Störungen zeigen sich nicht ausschließlich mit den Symptomen der gängigen Klassifikationssystemen, sondern darüber hinaus, insbesondere im jungen Erwachsenenalter, zeigen sich auch subtypische Symptome wie selbstverletzendes Verhalten, Substanzmittelkonsum oder Suizidalität. Die hier vorliegende Studie soll einen Beitrag zur Sensibilisierung der unterschiedlichen und zum Teil auch subtypischen Symptome depressiver Störungen von jungen Erwachsenen im Vergleich zu Erwachsenen leisten und Unterschiede zwischen den Depressionssymptomen von jungen Erwachsenen und Erwachsenen aufdecken. Methode: In dieser Studie wurden die Depressionssymptome von 296 stationär psychiatrisch aufgenommenen Probanden mit einer Depressionsdiagnose im Alter von 16 bis 59 Jahren ermittelt. Zur Erhebung der Symptome wurde der BDI-II verwendet. Die Probanden wurden in zwei Altersklassen, junge Erwachsene von 16-25 Jahren und Erwachsene von 26 bis 59 Jahren, eingeteilt. Die Gruppen wurden im Anschluss mit Hilfe des t -Tests auf Mittelwerts unterschiede getestet. Ergebnisse: Es zeigten sich signifikante Unterschiede in den Bereichen Prävalenz und Schwere suizidaler Gedanken, Selbstverletzendem Verhalten und illegalem Drogenkonsum. In allen Bereichen zeigte sich eine höhere Prävalenz bei den jungen Erwachsenen. Fazit: Für folgenden Studien erscheint es sinnvoll, weitere diagnostische Instrumente zur Erhebung der Symptome zu nutzen, um ein umfassenderes und detailliertes Gesamtbild der Symptome zu erhalten. Darüber hinaus sollte das Augenmerkt auf einer geschlechterdifferenzierten Unterscheidung der einzelnen Symptome bzw. Symptombereich liegen. Zusammenfassend erscheint jedoch nicht das Fehlen typischer Depressionssymptome im jungen Erwachsenenalter problematisch, sondern die Zuschreibung dieser zur Depression.
Abstract
Purpose and Background: Depressive disorders do not present themselves exclusively with the symptoms of common classification systems, but in addition, especially in adolescence, also demonstrate subtypical symptoms such as self-injury, substance abuse or suicidal thoughts. The aim of the present study is to contribute to the sensitization of the different and partly also subtypical symptoms of depressive disorders in adolescence compared to in adulthood and to detect differences of the symptoms of depression in adolescence and in adulthood. Methods: In this study, the depressive symptoms of 296 psychiatry-inpatient probands, who were diagnosed with a depression at the age of 16 to 59 years, were detected. To assess the symptoms the BDI-II was used. The subjects were divided into two age groups; adolescents between 16-25 years and adults between 26-59 years. The groups were then tested for mean differences using the t-test. Results: There were significant differences in the prevalence and severity of suicidal thoughts, behavior of self-injury and illegal use of drugs. All these areas showed a higher prevalence among adolescents. Conclusion: For the following studies, it makes sense to use additional diagnostic tools to collect the data of the symptoms to get a more comprehensive picture of the impacts of the disorder. In addition, a gender-differentiated distinction of the individual symptoms or symptom range should be given attention. In summary, however, the lack of typical symptoms of depression in adolescence does not seem to be problematic, but the attribution of these symptoms to depression.
Einleitung
Laut Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation zählen Depression über alle Altersspannen hinweg weltweit zu den schwerwiegendsten Gesundheitsproblemen. Ihre Häufigkeit, auch im jungen Erwachsenenalter, macht sie zu einem zunehmenden Problem in Psychiatrie und Psychotherapie, zumal depressive Störungen vielfach mit komorbiden, Störungen, wie z.B. Abhängigkeitserkrankungen, vergesellschaftet sind (Fegert, Streeck-Fischer, & Freyberger, 2009). Aus gesundheitsökonomischer Sicht ist daher eine frühzeitige Diagnostik der depressiven Störung entscheidend, da eine hohe Gefahr der Persistenz und Chronifizierung besteht. Dies bedeutet für die Betroffenen enormes Leid und ist mit massiven Einschränkungen in der Bewältigung von notwendigen Entwicklungsschritten wie Schulabschluss, Ausbildung, Partnerschaft und Autonomieentwicklung. Mittlerweile ist bekannt und zunehmend auch Gegenstand gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Diskurse, dass Depressionen nicht nur ein Problem der erwachsenen Bevölkerung darstellen, sondern sehr wohl auch Kinder- und Jugendliche Depressionen entwickeln und diese schwerwiegende Folgen haben können. Im Jahr 2006 wurde daher die Verhinderung, die Früherkennung und die nachhaltige Behandlung depressiver Erkrankungen als sechstes nationales Gesundheitsziel in Deutschland benannt (Bundesministerium für Gesundheit, 2006). Ein Absinken des Erkrankungsalters und das gleichzeitig höhere Erkrankungsrisiko von Adoleszenten und Erwachsenen deuten darauf hin, dass depressive Erkrankungen auf dem Vormarsch sind (Fegert, Streeck-Fischer, & Freyberger, 2009). Zu diesem Ergebnis kommt auch die britische Studie von Calloshaw, welche besagt, dass im Jahre 2006 etwa doppelt so viele 16 bis 18-Jährige an Angst- und Depressionszuständen leiden, als noch im Jahre 1986 (Wittchen & Hoyer, 2011).
Insbesondere in der Altersspanne von 16 bis 25 Jahren, die für die jungen Erwachsenen unterschiedliche Entwicklungsaufgaben beinhaltet und somit eine Vulnerabilitätsphase für jegliche psychische Störung beschreibt (Petermann, 2013), können Gefühle von Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit und Antriebslosigkeit vorübergehende Gefühle und Stimmungen des alltäglichen Lebens darstellen. Bei einigen jungen Erwachsenen sind diese Gefühle stärker ausgeprägt und dauern länger an. Hinzu kommen weitere typische Symptome wie sozialer Rückzug oder der Abfall schulischer Leistungen. Einzelsymptome allein, stellen noch keine Depression dar, sie treten auch bei gesunden Menschen auf. Unerlässlich zu betrachten sind die Dauer und die Ausprägung der Symptome und die dadurch erlebten alltäglichen Beeinträchtigungen. Petermann (2013) plädiert dazu, dass eine tatsächliche Unterscheidung der Symptome zwischen einer normalen Verstimmung und einer psychischen Störung ausschließlich durch Fachärzte erfolgen sollte. Darin unterstützt wird er durch Fegert, Streeck-Fischer und Freyberger (2009), die ebenfalls der Meinung sind, dass Depressionen, insbesondere im jungen Erwachsenenalter, häufig nicht diagnostiziert werden. Als mögliche Gründe des nicht diagnostizieren von Depressionen werden die schwer zu beobachtende und wechselhafte Gefühlswelt der jungen Erwachsenen angegeben. Ebenso scheinen Verhaltensauffälligkeiten eher beobachtbar zu sein und somit im Vordergrund zu stehen. Hinzu kommt die Angst der Betroffenen und der Familien vor Stigmatisierung und die oft diffus erscheinenden Symptome einer Depression im Vergleich zu Depressionssymptomen im Erwachsenenalter.
Die hier vorliegende Arbeit befasst sich mit den Symptomen von jungen Erwachsenen und Erwachsenen Menschen mit einer depressiven Störung. Zunächst wird im theoretischen Hintergrund die Depression definiert, gefolgt von der Geschichte der Depression und Kindes-und Jugendalter. Im Anschluss wird die Depression nach den beiden Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-V klassifiziert und die Unterschiede der Symptome von jungen Erwachsenen und Erwachsenen werden herausgestellt. Im darauffolgenden Abschnitt wird die Findung der Fragestellung beschrieben und die zu untersuchenden Hypothesen aufgestellt. Der Methodenteil beschreibt das Studiendesign, die Studiendurchführung, die Datenauswertung, die Stichrobe und schildert die Vorbereitung der Daten für die wissenschaftliche Testung. Im Anschluss werden die Ergebnisse dargestellt, gefolgt von einer wissenschaftlichen Diskussion und dem Fazit.
1. Theoretischer Hintergrund Depressionen
Die folgende Arbeit untersucht die Unterschiede der Depressionssymptome von jungen Erwachsenen und Erwachsenen und versucht signifikante Unterschiede aufzudecken. Hierfür ist es unabdingbar, zunächst die Beschreibung und Definition zu klären, die Geschichte der Depression im jungen Erwachsenenalter zu betrachten und diese nach ICD-10 und DSM-V zu klassifizieren, um im Anschluss kurz auf die Prävalenz einzugehen um abschließend die Unterschiede im Gegensatz zu den depressiven Symptomen im Erwachsenenalter einzugehen.
1.1 Beschreibung und Definition
Der Begriff Depression stellt eine Bezeichnung mit oftmals heterogener Bedeutung und Verwendung dar. Grundsätzlich lassen sich Depressionen den internalisierenden oder überkontrollierten Störungen zuordnen (Weltgesundheitsorganisation, 2016; Falkai, et al., 2015). Die klassische Symptomtrias bei depressiven Störungen besteht aus Stimmungsproblemen wie Traurigkeit, Antriebsverminderung und Denkstörungen (Dilling, H. & Freyberger, H., 2016). Demgegenüber stehen externalisierende, unkontrollierte Störungen wie Aggressionen, Hyperaktivität, die eher durch ein Verhalten nach außen gekennzeichnet sind (Kovacs, et al., 1984).
Der Begriff Depression wird im allgemeinen Sprachgebrauch mit teils unterschiedlichen Bedeutungen verwendet (Petermann, F. & Resch, F., Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie, 2008). Sinngemäß von einem alltäglichen Traurigkeitsgefühl bis hin zu einer schwerwiegenden und umfassenden psychischen Störung, die in diverse Lebensbereiche eingreift. Im Rahmen der klinischen Diagnostik werden die diagnostische Beschreibungsebene der Symptome und Syndrome und die Diagnose einer Störung unterschieden (Döpfner, M. & Petermann, F. , 2008). Die kleinste Beschreibungseinheit einer Depression ist auf der Symptomebene und definiert sich über ein Gefühl von Traurigkeit, Unlust und Niedergeschlagenheit. Kommen zu diesen Symptomen weitere dazu, wie unter anderen ein vermindertes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle oder Suizidgedanken, wird von einem Syndrom gesprochen. Darüber hinaus können auch Veränderungen des Appetits und der Schlafgewohnheiten oder Veränderungen auf Verhaltensebene wie eine verlangsamte Psychomotorik dazu kommen (Petermann, F. & Resch, F., Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie, 2008).
Heute ist sich die Wissenschaft einig, dass Kinder und junge Erwachsene, von depressiven Symptomen betroffen sein können. Jedoch bleibt die Diskussion darüber, wie die Symptomatik dieser Altersgruppen sich von Symptomen im Erwachsenenalter abgrenzt und ob es qualitative Unterschiede zwischen diagnostizierbaren depressiven Störungen, subklinischen Fällen und normalen Stimmungszuständen gibt oder ob es sich eher um ein dimensionales Konstrukt mit fließenden Übergängen handelt (Achenbach, T.M., 1995).
1.2 Geschichte der Depression um Kindes- und Jugendalter
Noch vor etwa 37 Jahren wurden depressive Störungen bei Kindern- und Jugendlichen in der klinischen Praxis und der Wissenschaft kaum diskutiert. Lange galt die Meinung, dass Depressionen vor allem bis zur Pubertät und auch im jungen Erwachsenenalter kein ernstzunehmendes psychisches Problem seien. Zu Beginn der 80er Jahre setzte zu zunehmend die Sichtweise durch, dass depressive Symptome auch in der Adoleszenz auftreten und eine nicht zu unterschätzende Problematik aufweisen (Kovacs, et al., 1984). Ab da an wächst das wissenschaftliche Interesse. Gegenwärtig liegen diverse internationale Studien vor, die sich mit dem Phänomen depressiver Störungen im Kindes- und Jugenalter befassen. Hieraus resultieren erste Präventions- und Therapieansätze aber auch die Auffassung, dass depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter kein klar abzugrenzendes Störungsbild darstellen, sondern ein sehr heterogenes Phänomen mit fließenden, dimensionalen Abweichungen und Ausprägungen eines Spektrums darstellen, die häufig im Zusammenhang mit anderen Auffälligkeiten und psychischen Problemen in der Adoleszenz auftreten (Groen & Petermann, 2011).
Bereits im 2. Jahrhundert vor Christi konstatierte der griechische Arzt Rufus von Ephesus, dass es melancholische Zustände bei Jugendlichen gebe, nicht jedoch bei Kindern und Säuglingen (Jackson, 1986). Während im 19. Jahrhundert das Depressions- und Melancholiekonzept für Erwachsene zunehmend an Bedeutung gewann, fanden jüngere Altersgruppen in der Literatur kaum Berücksichtigung, allenfalls wurde von einer speziell für Mädchen auftretenden hysterisch geprägten Erscheinungsform berichtet, die durch Apathie und Verhaltensstörungen gekennzeichnet gewesen sei (Mehler-Wex, 2008). Bereits im Jahre 1895 beschrieb Maudsley eine entwicklungs- und altersabhängige Symptomatik der frühen Melancholie mit frühen Verhaltenssignalen bereits beim Säugling (Maudsley, 1895). In Deutschland erschien 1887 erstmals ein Lehrbuch mit einem eigenen Kapitel für psychische Störungen im Kindes- und insbesondere Jugendalter. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts fanden Depressionen in Kinder- und Jugendpsychiatrischen Lehrbüchern kaum Erwähnung. Im Gegensatz zu der damals vorherrschenden Annahme, dass Kinder und junge Erwachsene nicht an depressiven Störungen erkranken können, steht die sehr hohe Suizidrate zwischen 1485 und 1714 in England bei 16 Prozent für unter 15- Jährige und bei 27 Prozent für 15 bis 24- Jährige (Mehler-Wex, 2008). Es erfolgte zwar keine direkte Verknüpfung von depressiven Störungen und der Suizidrate, jedoch erscheinen die enorm hohen Suizidzahlen mehr als nur aus einer schlechten Emotion heraus begründet zu sein. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschwand die Diagnose depressive Störung nahezu vollständig aus den wissenschaftlichen Publikationen, da die Annahme herrschte, dass depressive Zustände bei jungen Erwachsenen häufig als Entwicklungsschwierigkeiten verstanden wurden. Ein weiterer Grund für das Fehlen depressiver Symptomatik in der Altersspanne war, dass bis dahin vorherrschende psychoanalytische Modell depressiver Störungen, wonach depressive Störungen auf einem anspruchsvollen Über-Ich gründeten und dessen Existenz man Kindern und Jugendlichen, auf Grund ihrer noch in der Reifung befindlichen Persönlichkeit, absprach. Im Gegensatz dazu, wies Homburger darauf hin, dass Faulheit, Passivität und Leistungsversagen sowie Gleichgültigkeit bei jungen Erwachsenen definitiv Ausdruck einer depressiven Störung sein können (Homburger, 1926). Auch in der Literatur ließ sich das Thema nun wiederfinden. Erste bekannte literarische Beispiele von depressiven Symptomen bei jungen Minderjährigen waren unter anderen die Figur Hanno in Thomas Manns Buddenbrooks im Jahre 1901 (Mann, 2012) oder die Figur Hans Giebenrath in Hermann Hesse´s Unterm Rad 1906 (Hesse, 1972). Als Reaktion auf die vorhandenen Symptome und der Schwierigkeit der Diagnostik dieser mir vorhandenen Instrumenten, wurde in den 1960er Jahren das Konzept der lavierten oder auch maskierten Depression vorgeschlagen. Es wird davon ausgegangen, dass Kinder und junge Erwachsene sehr wohl an depressiven Verstimmungen leiden, diese sich jedoch nicht in Form der für Erwachsenen typischen Depressionssymptomen äußert, sondern in Form von unterschiedlichen körperlichen Beschwerden wie Schulangst, Lernschwierigkeiten oder sonstigen Verhaltensauffälligkeiten (Glaser, 1967). In der Fachliteratur tauchten Depressionen im Kindes- und Jugendalter ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder vereinzelt auf. Ab den 1960er Jahren zeigte sich ein allgemein stark zunehmendes Interesse an der differenzierten Beschreibung und Klassifikation von psychischen Störungen. Dabei wurde auch versucht, typische Depressionssymptome bei Kindern und jungen Erwachsenen zu identifizieren, so dass die Diagnose auch in dieser Altersspanne anerkannt wurde (Mehler-Wex, 2008). Wissenschaftlern wie Poznanski und Zrull gelang es mit altersgerechten Bewertungsskalen die wesentlichen von depressiven Erwachsenen gezeigten Symptome auch bei Kindern zu identifizieren (Poznanski, E.O. & Zrull, J., 1970). In den folgenden Jahren gelang es auch mit standardisierten Instrumenten, die die Erwachsenen typischen Anzeichen einer Depression aufweisen, depressive Verstimmungen und weitere depressionsbedingte Symptome auch bei Kindern und Jugendlichen zu identifizieren und systematisch zu erfassen (Carlson, G.A. & Cantwell, D.P., Unmasking masked depression in children and adolescents, 1980). So festigte sich in den folgenden Jahren die Auffassung, dass depressive Störungen bei Kinder, jungen Erwachsenen und Erwachsenen in nahezu identischer Form äußern (Carlson, G.A. & Kashani, J.H., Phenomenology of major depression from childhood through adulthood.Analysis of three studies, 1988) und entwicklungsbedingte Einflüsse auf die Depression eher als gering erachtet wurden (Ryan, N.D., et al., 1992). Ab da an wurden für Erwachsene konzipierte Störungskriterien auch für junge Erwachsene und Kinder eingesetzt. In jüngster Zeit werden auf Grund des zunehmenden Einflusses der Entwicklungspsychopathologe bei der Betrachtung psychischer Auffälligkeiten insbesondere in der Altersspanne von 16 bis 25 Jahren wieder stärker diskutiert (Petermann, F. & Resch, F., Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie, 2008). Depressive Störungen werden dabei als ein heterogenes Störungsbild bezeichnet, das weniger klar, sondern eher als fließende und dimensionale Abweichungen zusätzlich mit anderen Auffälligkeiten und psychischen Problemen auftreten.
Heute gibt es keinen Zweifel mehr daran, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an depressiven Störungen erkranken können, obwohl alters- und entwicklungsspezifisch differenzierte Symptomkriterien in den internationalen Klassifikationsschemata noch fehlen (Falkai, et al., 2015; Weltgesundheitsorganisation, 2016). Depressive Zustände im Übergang von Jungend ins Erwachsenenalter sind heute ein ernstzunehmendes Gesundheitsproblem, das in vielen Fällen mit schwersten Beeinträchtigungen und Entwicklungsrisiken verbunden ist.
1.3 Klassifikation
Unter einer Depressionsdiagnose werden eine Reihe von näher bezeichneten Störungsbildern zusammengefasst, sie sich hinsichtlich einiger Aspekte wie Schweregrad und Dauer unterscheiden, jedoch im Wesentlichen grundlegende Symptome gemeinsam haben. Die Hauptsymptome einer Depression sind emotionale Niedergeschlagenheit oder Traurigkeit, reduzierte Fähigkeit Freude und Interesse zu empfinden sowie einen verminderten Antrieb und eine schnellere Ermüdbarkeit (Weltgesundheitsorganisation, 2016). Die Abgrenzung zu alltäglichen Gefühlen von Traurigkeit und Unlust werden diese Symptome erst dann zu einer depressiven Störung, wenn
- mehrere Symptome gleichzeitig vorliegen
- die Symptome eine bestimmte Intensität aufweisen
- sie über eine bestimmte Zeitspanne andauern
- der Betroffene Leidensdruck verspürt und die Symptome ihn im alltäglichen Leben beeinträchtigen (Groen & Petermann, 2011).
Die Klassifikation unipolarer depressiver Störungen bei jungen Erwachsenen und Erwachsenen erfolgt auf der Grundlage des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen der American Psychiatric Association (Saß, H., Wittchen, H.-U., Zaudig, M., & Houen, I., 2003) und der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation (Weltgesundheitsorganisation, 2016). In beiden Klassifikationssystemen erfolgt die Diagnosestellung eines depressiven Störungsbildes in ähnlicher Art und Weise.
Tabelle 1 Klassifikation depressiver St ö rungsbilder nach DSM-V und ICD-10 (Weltgesundheitsorganisation, 2016; Falkai, et al., 2015)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Unter affektiven Störungen im DSM-V werden die depressiven Störungen Major Depression und dysthyme Störung voneinander abgegrenzt. Ebenso existiert die Klassifikation der rezidivierenden Major Depression. Hinsichtlich der Symptome der Depression ergeben sich keine relevanten Unterschiede. Jedoch benennt das DSM-V rezidivierende Gedanken an den Tod als ein Kriterium für die Major Depressive Disorder (Falkai, et al., 2015). Nach DSM-V sollen neben der Chronizität auch die Schwere der Symptome beschrieben werden. Im ICD-10 lassen sich durch das Auftreten einer bestimmten Anzahl an Symptomen verschiedene Schweregrade der depressiven Störung klassifizieren (Weltgesundheitsorganisation, 2016).Im DSM-V wird deutlich gemacht, dass verschiedene Symptome in Abhängigkeit von Alter und Entwicklungsstand verändert sein und unterschiedlich deutlich hervortreten können (Falkai, P., et al., 2015). Ebenso ist die Mindestdauer einer dysthymen Störung gegenüber zwei Jahren bei Erwachsenen auf ein Jahr hinabgesetzt. Das ICD-10 beschreibt im Abschnitt der Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend unter F92 kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen. Dort werden Zustandsbilder berücksichtigt, bei denen aggressives, dissoziales und trotziges Verhalten mit deutlichen emotionalen Symptomen wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit oder Angst und/oder weiteren Auffälligkeiten wie Schulverweigerung, selbstverletzendem Verhalten und Beziehungsschwierigkeiten zusammengeführt sind (Falkai, P., et al., 2015). Für eine kombinierte Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung müssen neben den Kriterien der Störung des Sozialverhaltens auch allgemeine Bestandteile einer depressiven Störung vorliegen. Die Diagnose Angst und depressive Störung gemischt, F41.2, beschreibt ein beschreibt ein gemischtes Störungsbild, indem die Symptome der Angst und depressiver Störung in leichter oder mittlerer Ausprägung gleichzeitig und ohne Vorherrschen des einen oder anderen vorliegen (Weltgesundheitsorganisation, 2016). Die Kriterien für eine einzelne Diagnose dürfen nicht gegeben sein. Liegen bei Kindern und Jugendlichen gemischte emotionale Probleme vor, die nur leicht aufgeprägt sind und ausschließlich depressiver Verstimmung sind oder eingebettet sind in anhaltende belastende Lebensumstände oder eine Übergangsphase, die die Pubertät oder die Ablösung vom Elternhaus, kann auch die unspezifische Diagnose einer sonstigen emotionalen Störung, F93.8, vergeben werden (Weltgesundheitsorganisation, 2016).
In den weiteren Ausführungen wird genauer auf die diagnostischen Kriterien der typischen depressiven Störungsbilder der Major Depression bzw. der depressiven Episode inklusive dessen Rezidiven jeweils nach DSM-V und ICD-10 eingegangen. Die dysthyme Störung wird nicht näher beschrieben, da die Probanden der Studie ausschließlich an einer unipolaren depressiven Episode leiden.
1.3.1 ICD-10 Depressive Episode
Im ICD-10 werden depressive Störungen im Kapitel F3 unter affektiven Störungen geführt. Unter der Kodierung F32 wird die Diagnose einer depressiven Episode beschrieben, die mit dem Störungsbild einer Major Depression aus dem DSM-V vergleichbar ist (Weltgesundheitsorganisation, 2016; Falkai, et al., 2015). Auch hier sollte eine depressive Symptomatik mindestens zwei Wochen andauern und nicht auf die Wirkung psychotroper Substanzen oder auf organische Störungen zurückzuführen sein. Betroffene, die an einer depressiven Episode leiden unter gedrückter Stimmung und einem verminderten Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit Freude zu empfinden ist ebenso beeinträchtigt wie die Konzentrationsfähigkeit. Eine ausgeprägte Erschöpfung kann nach jeder noch so kleinen Anstrengung auftreten und der Schlaf ist meist ebenso gestört. Appetitlosigkeit, bis hin zu Gewichtsverlust tritt auf. Das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen können vermindert sein, es kann zum Gefühl von Wertlosigkeit kommen. Bereits bei leichten Formen kommen Schuldgefühle auf. Die gedrückte Stimmung ändert sich über die Tage wenig und reagiert nicht auf Lebensumstände (Weltgesundheitsorganisation, 2016).
Für die Diagnose einer Episode einer Major Depression laut ICD-10 (Weltgesundheitsorganisation, 2016), müssen mindestens fünf der folgenden Symptome über mindestens zwei Wochen auftreten und mindestens eines ist depressive Verstimmung oder Verlust an Freude oder Interesse:
1. Depressive Verstimmung an fast allen Tagen, für die meiste Zeit des Tages,
2. Deutlich vermindertes Interesse oder Freude an (fast) allen Aktivitäten, an fast allen Tagen,
3. Deutlicher Gewichts-/Appetitverlust oder Gewichtszunahme/Appetitsteigerung,
4. Schlaflosigkeit/vermehrter Schlaf an fast allen Tagen,
5. Psychomotorische Unruhe/Verlangsamung an fast allen Tagen
6. Müdigkeit/Energieverlust an fast allen Tagen,
7. Gefühle von Wertlosigkeit/Schuld an fast allen Tagen,
8. Konzentrations- und Entscheidungsprobleme an fast allen Tagen,
9. Wiederkehrende Gedanken an den Tod, wiederkehrende Suizidvorstellungen ohne genauen Plan, tatsächlicher Suizidversuch oder genaue Planung des Suizids.
Darüber hinaus müssen weitere Symptome vorliegen wie:
1. Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls
2. Unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle
3. Wiederkehrende Gedanken an den Tod oder an Suizid, suizidales Verhalten
4. Klagen oder der Nachweis eines verminderten Denk- und Konzentrationsvermögens, Unentschlossenheit
5. Psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung
6. Schlafstörungen
7. Appetitverlust oder gesteigerte Appetit und deren damit verbundenen Gewichtsveränderungen (Dilling, H. & Freyberger, H., 2016).
Für die Diagnose einer einzelnen depressiven Episode, nach ICD-10 kodiert als F32, darf diese nicht durch eine schizoaffektive Störung erklärt werden und überlagert nicht eine Schizophrenie, schizophrene Störung oder psychotische Störung. Ebenso darf niemals eine manische Episode, eine gemischte Episode oder eine hypomane Episode aufgetreten sein und die Episode muss die erste ihrer Art sein (Dilling, H. & Freyberger, H., 2016).
Für die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, ebenfalls kodiert nach ICD-10 als F33, muss neben der aktuellen Episode mindestens eine zusätzliche depressive Episode in der Vorgeschichte beschrieben sein, die ebenso mindestens zwei Wochen andauerte und durch ein mindestens zweimonatiges, weitgehend symptomfreies Intervall abgegrenzt werden kann (Dilling, H. & Freyberger, H., 2016). Als Ausschlusskriterium zählt eine vorbeschriebene manische oder hypomanische Episode. Depressive Episoden bzw. rezidivierenden depressive Störungen werden in ihrem Schweregrad, der Anzahl von beschriebenen Symptomen und dem Ausmaß der psychosozialen Beeinträchtigung in leichte, mittelgradig und schwer ohne oder mit psychotischen Symptomen unterteilt. Bei einer leichten depressiven Episode, im ICD-10 kodiert als F32.1 bzw. bei einer rezidivierenden Episode als F33.1, sollten insgesamt vier oder fünf der oben genannten Symptome erfüllt sein und eine leichte soziale Beeinträchtigung vorliegen. Betroffene Kinder und Jugendliche können ihren schulischen und sozialen Aktivitäten noch zum größten Teil uneingeschränkt nachgehen. Bei einer mittelgradigen depressiven Störung, kodiert nach ICD-10 mit F33.2 bzw. bei einer rezidivierenden Episode als F33.2, sollten sechs oder sieben Symptome vorliegen und es herrscht eine erhebliche Beeinträchtigung der üblichen Beschäftigung. Bei einer schweren depressiven Episode, kodiert nach ICD-10 als F32.3 bzw. bei Vorliegen einer rezidivierenden Episode als F33.3, sollten alle drei Kernsymptome und insgesamt mindestens acht Symptome geschildert werden (Weltgesundheitsorganisation, 2016). Darüber hinaus liegt meist auch ein erheblicher Verlust des Selbstwertes und ein Gefühl von Wertlosigkeit oder Schuld vor. Suizidale Gedanken und Handlungen sowie somatische Symptome sind ebenfalls häufig zu beobachten (Petermann, Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie, 2008). Eine rezidivierende depressive Episode kann auch al gegenwärtig remittiert kodiert werden, wen die Kriterien für F32.0 bis F32.3 erfüllt sind, aber in den letzten Monaten gegenwärtig keine depressiven Symptome vorliegen (Weltgesundheitsorganisation, 2016).
Leichte und mittelgradige depressive Störungen und rezidivierende depressive Störungen können weiter auf der fünften Stelle spezifiziert werden, ob ein somatisches Syndrom vorliegt, kodiert nach ICD-10 mit F32.01/F32.11 bzw. F33.02/F33.11, oder nicht, kodiert als F32.00/F32.10 bzw. F33.00/F33.10. Bei schweren depressiven Episoden wird im klinischen Bereich davon ausgegangen, dass ein somatisches Syndrom vorliegt.
Von einem somatischen Syndrom sollte nur nach ICD-10 (Weltgesundheitsorganisation, 2016)ausgegangen werden, wenn vier der folgenden Symptome vorhanden sind:
1. deutlicher Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten
2. mangelnde Fähigkeit, auf Ereignisse oder Aktivitäten emotional zu reagieren, die normalerweise eine Reaktion hervorrufen
3. Früherwachen, zwei Stunden oder mehr vor der gewohnten Zeit
4. Morgentief
5. objektiver Befund einer ausgeprägten psychomotorischen Hemmung oder Agitiertheit (von anderen bemerkt oder berichtet)
6. deutlicher Appetitverlust
7. Gewichtsverlust (5% oder mehr des Körpergewichts im vergangenen Monat)
8. deutlicher Libidoverlust
Treten im Rahmen einer depressiven Episode zusätzlich psychotische Symptome auf, können diese nach IDC-10 auf der fünften Stelle spezifiziert werden.
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