Führen im 21. Jahrhundert. Leadership 3.0


Seminararbeit, 2015

32 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einfuhrung in das Thema
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen und Theorien der Fuhrung
2.1 Fuhrungswandel und aktuelle Fuhrungsauffassung
2.2 Fuhrung unter Leadership 3.0
2.3 Anforderungen an das Zukunftsbild der Fuhrung

3 Kritische Reflexion zum Fuhrungsansatz 3.0

4 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Vorwort

Auf der Suche nach neuen Entwicklungen in der Fuhrungstheorie und -praxis ist das Thema Leadership bzw. Fuhrung 3.0 popular geworden. Der Titel suggeriert in Anleh- nung an die Versionsnummern von Web- und Generationsentwicklungen eine innovative und zukunftsgerichtete Fuhrungsform, die den Anspruchen moderner Unternehmen ge- recht wird und in diesem Sinne neue Trends antizipiert. Am digitalen Wandel angeknupft sollen darunter zukunftskonforme Fuhrungskonzepte aufgezeigt werden.

Die derzeitige Fuhrungspraxis erscheint im Hinblick auf den vermehrten Einsatz von kol- laborativen Elementen sowie interaktiven Medien wie das Social Web dem heutigen und sogleich morgigen Zeitstil unzureichend. Damit die Herausforderungen des 21. Jahrhun- derts bewaltigt werden konnen, brauchen Leader umfassende und zeitgerechte Fuhrungs- methoden, wie beispielsweise die Notwendigkeit von virtueller Fuhrung. Daher wird in der vorliegenden Seminararbeit untersucht, inwieweit Fuhrung 3.0 eine moderne Aus- richtung der Managementtatigkeit bietet, um der vorherrschenden Heterogenitat, Diver- sitat und Disruption gerecht zu werden.

Die Zukunft der Fuhrung charakterisieren vielfaltige Perspektiven und der Austausch, das einen stetigen Impuls zur Weiterentwicklung bietet. Leader des 21. Jahrhunderts mussen ihre Rolle als Coaches verstehen und ihre Mitarbeiter durch Ansporn und Bereitschaft zum Teamwork sowie durch genugend Freiraumen zur Entfaltung und Selbstbestimmung motivieren. Das ist immer noch eine seltene und zugleich besondere Form der Partizipa- tion. Denn in der modernen Fuhrungskultur spielen neben Performance und qualitativen Starken zwei Faktoren eine wesentliche Rolle: Kommunikation und Reflexion. Beide sind eng miteinander verknupft, beide sind zentrale Stellschrauben. GemaB diesem Ver- standnis und den Erfordernissen jeglicher Veranderung sind alle notwendigen Fuhrungs- und Kommunikationsfacetten an Diversitat, Inspiration, Sensitivitat und Kooperation er- forderlich.

Frankfurt a. M., Februar 2015

Senay Can

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Vollkommene Fuhrung als Einheit von Management und Leadership

Abb. 2 Entwicklung zum neuen Fuhrungsverhalten - 1890 bis 2020

Abb. 3 Stellhebel der ganzheitlichen Fuhrung

Abb. 4 Das Lebensdreieck Korper-Geist-Seele als gesunde Fuhrungskultur

Abb. 5 Umfassendes Transformationsmodell unter Leadership 3.0

Abb. 6 Selbst- und Fremdsteuerung in der ganzheitlichen Fuhrung

1 Einleitung

1.1 Einfuhrung in das Thema

Angesichts der Entwicklungszeit und der zum Teil unuberschaubaren Fulle an verschie- denen Fuhrungskonzepten, ist das Thema Fuhrung eigentlich kein unbekanntes Terrain mehr.1 Alle Voraussetzungen, EinflussgroBen und Auswirkungen von Fuhrung mussten langst erforscht und bekannt sein - Fuhrungskrafte brauchten sich lediglich eines der als passend empfundenen Theorien anzueignen und umzusetzen. Umso interessanter ist die Tatsache, dass das Thema Fuhrung dauerhaft aktuell ist, sich bestandig neue Trends ent- wickeln und die Fuhrungswelt einer nicht endenden Geschichte gleicht.2 Drei wesentliche Grunde bedingen die Aktualitat der Fuhrungsdiskussion:

- uberholte Fuhrungskulturen und fehlende Initiativen bedingt durch Fuhrungsperso- nen, die nicht up to date sind,
- der gesellschaftliche und wirtschaftliche Paradigmenwechsel,
- die Lern- und Veranderungsresistenz der Menschen, die zum Teil durch Angst vor Veranderungen und dem unbekannten Morgen entstehen.

Folglich ist die Thematik rund um die Fuhrungswelt nahezu Neuland, weil die vielschich- tigen Dimensionen der modernen Fuhrung das Thema immer wieder zu einem Neustart auffordern. Die nachfolgenden Fakten lassen schlussfolgern, dass institutionell, interper- sonell und fachlich beim Fuhrungsverstandnis und -praxis noch Klarungs- und Hand- lungsbedarf besteht.3 Studienergebnissen zufolge funktioniert Fuhrung seitens der Unter- nehmen oder Leitungspersonen offensichtlich eher schlecht als recht. GemaB den Belegen des Gallup-Engagement-Indexes 2013 sind weltweit nur 13 Prozent aller Beschaftigten ihrem Unternehmen gegenuber loyal und emotional verbunden, entsprechend niedrig ist auch das Engagement. In Deutschland betragt die Zahl der Mitarbeiterbindungen bei 33.819 Mio. Erwerbstatigen nur ca. 15 Prozent, wobei 61 Prozent der Arbeitnehmer le- diglich Dienst nach Vorschrift leisten, woran letztlich in der Summe die Arbeitsqualitat darunter leidet. Der betriebs- und volkswirtschaftliche Schaden verlauft sich dabei im Durchschnitt auf ca. 120 Milliarden Euro. Auch wenn in 2013 ein leichter Anstieg ver- zeichnet wurde, nimmt die Hohe des Engagements im Zeitverlauf eher ab. Zudem ist die Zahl der Mitarbeiter, die innerlich gekundigt haben, unter anderem nachweislich auf eine schlechte Fuhrung zuruckzufuhren.4

Auch scheint sich die Selbst- und Fremdeinschatzung heutiger Manager hinsichtlich ihrer Fuhrungsqualitaten eklatant zu unterscheiden, zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Personlichkeit und Produktivitat“ der ComTeam AG in 2014. Insgesamt schatzen sich Manager in ihren Leistungen, wie bspw. in ihren selbsternannten Starken zur Empathie, besser ein als ihre Mitarbeiter ihnen tatsachlich anerkennen. Neben Selbstuberschatzung und mangelnder Selbstkritik kritisieren Arbeitnehmer die Fuhrungspersonen primar wegen ihrem Defizit an Achtsamkeit, Selbstreflexion sowie emotionaler Stabilitat. Das tritt besonders auffallend im Topmanagement wie Unternehmensleitung, Geschaftsfuh- rung oder Vorstand auf. Lediglich 29 Prozent der Mitarbeiter fuhlen sich durch ihre Vor- gesetzten in ihrer Personlichkeitsentwicklung existent unterstutzt.5 Trotz gegensatzlicher Erkenntnisse, dass mitarbeiter- und partizipationsorientierte Fuhrungsansatze nachhaltig profitabler sind, ist der Umgang mit Macht und Hierarchie noch zu stark vertreten. Ebenso wird laut der ComTeam Studie „Erfolgsfaktor Unternehmenskultur“ die Feedbackkultur - quantitativ und qualitativ - allerhochstens gelegentlich umgesetzt.6

GemaB der Global Leadership Forecast Studie 2014 „Ready-Now Leaders: 25 Findings to Meet Tomorrow's Business Challenged der Development Dimensions International bezeichnen weltweit gerade einmal 40 Prozent der Leitungspersonen die Qualitat der Lea­dership-Pipeline in ihrem Unternehmen als hoch. Gravierender ist, dass diese Zahl sich seit funf Jahren kaum verandert. 63 Prozent der Leader beschreiben die innerbetrieblichen Entwicklungsprogramme fur Fuhrungskrafte als wirkungslos und nur 15 Prozent sehen sich infolgedessen ausreichend fit fur Zukunftsanforderungen.7 Diese Zahlen bestatigen, dass Unternehmen ihrer Verantwortung nicht fachgemaB nachkommen, obwohl rund die Halfte internationaler und deutscher Organisationen den Ausbau und die Entwicklung von Fuhrungsqualitaten als wichtigstes HR-Thema ansehen - und das umso wichtiger, je komplexer die Umwelt wird.8 Die Anforderungen an Fuhrungspersonen entsprechen dabei einem notwendigen Allroundtalent, wobei ihrerseits die Vorbereitung auf den Wan- del und das Managen von Veranderungsprozessen als groBte Herausforderung empfun- den wird.9 Mitarbeiterorientierung, Change Management und der Umgang mit der stei- genden Komplexitat sind bereits heute wesentliche Herausforderungen der modernen Fuhrungskultur, der viele Leitungspersonen anscheinend nicht gewachsen sind. Dabei bekummern Leader vorrangig die mangelnde Zeit fur Fuhrung und die Angst vor Macht- und Kontrollverlust. Demzufolge mussen das Topmanagement und Personalverantwort- liche gemeinsam die Rolle der Fuhrung neu definieren.10

Vor erst circa funf Jahren wurde Deutschland in den Nachrichten als technikfeindlichstes Industrieland11 und „digitales Entwicklungsland“12 bezeichnet. Sicherlich ist die Zahl der digitalen Mediennutzung privat wie auch beruflich seitdem angestiegen, aber Fakt ist, dass Deutschland gegenuber neuen Technologien auch im internationalen Vergleich nicht das experimentierfreudigste Land ist.13 Der Wandel wirkt sich nicht nur auf die veranderte mediale Nutzung aus, er bewirkt auch, dass Leitungsorgane mit einem immer starker wer- denden Generations-Mix in Unternehmen konfrontiert sind, die unterschiedliche Erwar- tungen, Wunsche als auch generationsbedingte Personlichkeiten haben. Gerade die heu- tige Jugend, oft als Gen Z oder Digital Natives bezeichnet, die in wenigen Jahren selbstbewusst sowie gut ausgebildet das Spielfeld des Berufsalltags betreten wird, ist ty- pologisch bisher noch unbekannt. Sie scheinen sich von ihren Vorgangern grundlegend zu unterscheiden und bringen mit neuen Einstellungen und Werten eine Veranderung fur die Unternehmens- sowie Fuhrungskultur. Damit stellen sie eine erneute Pramisse dar.14 „SchlieBlich ist das Thema Fuhrung komplexer und damit hermeneutisch aufgeladen wor­den. Es hat sich von der Psychologie und Organisationslehre weiterbewegt, etwa in

Richtung Kommunikationswissenschaften und Philosophie, in Richtung Kunst und Poli- tik. Heute mussen Fuhrungsverstandnis und -praxis Antworten geben auf das Social Web, volkswirtschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Herausforderungen, neurowis- senschaftliche Fragestellungen oder interkulturelle Problemstellungen.“15 In diesem Kon- text stellt die Fuhrung eine ernstzunehmende und weiterhin aktuelle Herausforderung dar. Bedingt durch Megatrends mussen die hier nur zum Teil genannten Entwicklungen und gegenwartigen Schwierigkeiten aufgegriffen und durch ein darauf abgestimmtes Fuh- rungskonzept bewaltigt werden. Unter diesem Gesichtspunkt wird eine vollkommene Fuhrung, sofern vorhanden und realistisch, zum zentralen Erfolgsfaktor.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Die Intention dieser wissenschaftlichen Facharbeit ist, vor dem Hintergrund der stetig veranderten Rahmenbedingungen fur Fuhrungspersonen sowie innerhalb des Themen- komplexes „Neue Tendenzen in der Fuhrungstheorie und Fuhrungspraxis“, das Fuhrungs- konzept Leadership 3.0 als umfassenden und neuen Fuhrungsansatz im 21. Jahrhundert vorzustellen und zu untersuchen. Folgende Fragestellungen bilden bei der Erstellung der Arbeit die Grundlage:

- Was verbirgt sich hinter diesem Fuhrungsansatz und was ist neu daran?
- Welchen Eindruck erweckt der Name und wird es dem gerecht?
- Erfullt „Leadership 3.0“ die gegenwartigen und zukunftigen Anforderungen?

Nach den einleitenden Worten im ersten Kapitel werden vor der Analyse und Bewertung von zentralen Erkenntnisinteressen in Kapitel zunachst zwei handlungsbezogene Grund- lagen zum Kontext der Arbeit wiedergegeben. Nach Darstellung des Wandels in der Fuh- rungslandschaft, wird die Fuhrungstheorie zu Leadership 3.0 naher erlautert. Anschlie- Bend werden die daraus abgeleiteten Anforderungen an kunftige Fuhrungskrafte erortert.

Im dritten Kapitel werden die vorhergehenden Erkenntnisse hinsichtlich der anfangs definierten Fragestellungen untersucht und kritisch reflektiert. Das letzte Kapitel schlieBt mit einer Zusammenfassung und einem personlichen Fazit der Autorin ab.

2 Grundlagen und Theorien der Fuhrung

2.1 Fuhrungswandel und aktuelle Fuhrungsauffassung

Die literarische Vielfalt von Fuhrungsdefinitionen zeigt auf, dass bisher versucht wurde, eine moglichst groBe Bandbreite an unterschiedlichen Ansatzen als evolutionare Folge der Globalisierung und Technisierung und somit auch die veranderten Anspruche an Fuh- rungspersonen darzustellen. Im Rahmen der verschiedenen Auslegungen und anhand ih- rer Gemeinsamkeiten kann Fuhrung komprimiert als zielbezogene Beeinflussung anderer Personen prazisiert werden, wenn auch die Schwerpunkte in der Konkretisierung der un- ternehmerischen Ziele und eingesetzten Mittel teilweise different sind.16

Spatestens seit John P. Kotter 1990 in seinem Buch „A Force For Change: How Lea­dership Differs From Management“17 die Debatte uber Fuhrungsdefinition und -befahi- gung um die Begriffe Management und Leadership erweitert hat, ist diese Unterscheidung in der gegensatzlichen Fuhrungsauffassung schon klassisch.18 Sie kennzeichnet zwei Ide- altypen der Fuhrung, die zwar beide die gleichen unternehmerischen Ziele verfolgen, sich aber aufgrund ihres unterschiedlichen Naturells und Handelns in Kontrast stehen.19

„The manager asks how and when; the leader asks what and why.”20

Der Manager ist als reaktiver Macher fur die perfekte Organisation, Planung und Kon- trolle unter Anwendung entsprechender Methoden und Instrumente zustandig. Hingegen ist der Leader eine inspirierende Vorbildfunktion, die proaktiv richtungs- und zukunfts- weisend agiert und die Gefuhrten, die in der Auffassung der Leader eher nachgeordnete Kollegen sind, motiviert. Er aktiviert Potenziale, bewirkt Sinngebung und schafft eine nachhaltige Bewegung im Unternehmen.21 So unterschiedlich beide Auffassungen in ihrer Psyche und Herangehensweise als Fuhrungsperson sind, wie in Abb. 1 dargestellt, liegt der Schlussel zum Erfolg anscheinend in der Kombination beider Eigenarten, weil unter- nehmerisch die Kompetenzen beider Typen essentiell sind. Das Management ist Gegen- stand des taglichen Geschafts, wohingegen visionare Fahigkeiten speziell in Umbruch- phasen gefragt sind.22

Abb. 1 Vollkommene Fuhrung als Einheit von Management und Leadership

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Hinterhuber/Krauthammer, 2015, S. 13.

Hervorgerufen werden neue Ansatze in der Fuhrungswelt durch die etablierten Bedingun­gen der gesellschaftlichen Evolution, die sich unabdingbar auch auf die Fuhrungspraxis auswirken, um sich schlieBlich einem verantwortungsbewussten Fuhrungsverhalten anzunahern. Prinzipiell verlauft diese Entwicklung von einer einseitig autoritativen uber einen kooperativen hin zu einer beitragsorientierten Fuhrung, oftmals auch in der Unter- scheidung zwischen transaktionaler und transformativer Fuhrung verdeutlicht.23

Zu Beginn der Fuhrungsforschung sind vornehmlich methodische Theorien und Prakti- ken wie z. B. „Zuckerbrot und Peitsche“ als adaquate Art der Einflussnahme und zentrale Annahme in der autokratischen Fuhrung vorzufinden, das eigennutzige Austausch- und Anreizprozesse auf Basis von Mitarbeitersanktion und -belohnung bei entsprechend schlechter oder guter Arbeitsleistung vorsieht.24 Im Verlauf der Zeit zeichnen sich zuneh- mend didaktische und heute vorzugsweise kontemplative Ansatze ab, wie bspw. Headcount vs. Heartcount als gegensatzliches Fuhrungsverstandnis, das vielmehr ver- deutlicht wie Fuhrung im Unternehmen gelebt werden soll. Demnach zeichnen charisma- tische Fuhrer eine naturliche Widerstandsfahigkeit aus, weil sie dazu tendieren, authenti- scher und selbstbewusster zu sein. Sie schaffen ihren Mitarbeitern einen Kreis des Vertrauens, der Unterstutzung und Sicherheit, weil sie nicht nach dem Kopfprinzip, d. h. der Anzahl von Kopfen im Unternehmen gehen, sondern nach der Anzahl an Herzen, die gerne dort sind.25 Eine derartige Fuhrungskultur kann Anhanger bzw. Follower leichter zielkonform mobilisieren, weil sie sich nach der Wahrnehmung der Anderen richtet und sich daraus eine emotionale Verbundenheit entwickelt.26

Den Wandel in ein neues Fuhrungsverhalten in der Fuhrungskultur kennzeichnen ein- schneidende Meilensteine. Der Gefuhrte durchlebt dabei einen ganzheitlichen Transfor- mationsprozess, vorstellbar als physische Bewegung vom gehorsamen Untergebenen zum selbstbewussten Individuum (Abbildung 2), wahrend beim Fuhrenden eine kognitive Veranderung stattfindet. Das 19. Jahrhundert und die Epoche bis ca. 1970, das im Kontext des Managements steht, kann unter Fuhrung 1.0 zusammengefasst werden. Diese datiert eine Fuhrungszeit mit strikten Macht- und Bereichsgrenzen sowie einer obligaten Kon- trollausubung (autokratische Fuhrung). Im Fokus der Fuhrungsstile lag, basierend auf den Erfahrungen der Kriegszeiten und industriellen Revolution, die Klarung von objektiven bzw. apersonalen Zustanden. Fur Fuhrungskrafte wurden im Prinzip nur Fachkenntnisse zur Erfullung sachbezogener Ziele als essentiell angesehen.27 Mit Beginn der 70er Jahre kann erstmalig von einer Revolution in der Fuhrungstheorie gesprochen werden. Mit der zunehmenden globalen Verflechtung steigt auch in der Arbeitswelt die Relevanz von Fle- xibilitat, Interaktivitat sowie Kompetenzen und eroffnet neue Ansatze in den Fuhrungs- konzepten, die dem Wertewandel ebenfalls gerecht werden mussen. Die inadaquaten und starren Strukturen unter Fuhrung 1.0 losten sich zunehmend zu Gunsten der kooperativen Arbeitsteilung und Fuhrung auf.28

Zu den neuen Anspruchen haben die Digitalisierung und Web-Technologie, insbesondere mit dem Aufleben der Informations- und Kommunikationstechnologien, beigetragen. Das hat nicht nur Einfluss auf die Management- und Organisationsgestaltung, sondern ist auch verantwortlich fur den Namenszusatz 1.0 und fortfolgende. Die steigende Versionsnum- mer verdeutlicht eine Weiterentwicklung, die sich der veranderten Gesellschaftskultur anpasst. Vor allem die Bezeichnung 2.0 hat sich langst zu einer Wortmarke etabliert und wird in Kombination mit verschiedenen Anwendungen und Diensten als Sammelbegriff verwendet. Neben der Kennzeichnung der Netztechnologie steht der Begriff 2.0 als Synonym fur eine Ara mit gleichberechtigten Nutzern und Produzenten, mit dem Ziel, durch die wechselseitige Einflussnahme einen bidirektionalen Mehrwert zu generieren.29 Unter Fuhrung 2.0 werden modale Prozessablaufe und -verbindungen, die Art und Weise wie Prozesse funktionieren, interessanter, weil Leitungsorgane zunehmend verstehen, dass zielorientierte Fuhrung mehrdimensional ist und andere Komponenten wie Human- kapital, interpersonelle Wechselbeziehungen, Technologie und Partizipation berucksich- tigt werden mussen.30 Doch obwohl diese Version der Fuhrung ausgereifter ist, reicht es bereits fur die ersten Dekaden des 21. Jahrhunderts nicht aus. Ausgehend von einem eher progressiven Fuhrungsverstandnis werden unter Fuhrung 3.0 bisherige Erkenntnisse nicht abgelegt, sondern erganzt. Leader interessiert fort an modale, instrumentale und kausale Strukturen sowie Hintergrunde. Das zeigt, dass im Management ein Bewusstseinswechsel hinsichtlich zeitgemaBer Fuhrungskulturen eingetreten ist.31 Die Aufmerksamkeit wird auf die inspirierende Gestaltung von Aufgaben und Arbeitsbedingungen, die Freisetzung von individuellen Starken und vor allem auf die Sinnvermittlung gerichtet, das auch als personlichkeits- sowie leistungsorientiertes Fuhrungskonzept zu verstehen ist. Im Kern ist damit die nachste Evolutionsstufe gemeint, weil Fuhrende und Gefuhrte hier zum ers- ten Mal auf Augenhohe stehen. Der Fuhrungsdiskurs fuhrt zu einem Wechsel der Sicht- weise: von „Fuhrung von oben“ als Leistung wird „Fuhrung auf Augenhohe“ als Zusam- menspiel. Neben einer aktiven Mitmach-Kultur und der Rolle als Coach, mussen Mitarbeiter sozial und beruflich befahigt werden, Selbstorganisation und -verantwortung (Empowerment) zu entwickeln. Diese auch sogenannte visionare Fuhrung muss hierfur entsprechende Rahmenbedingungen im System herstellen und Reflexivitat vorleben.32

Abb. 2 Entwicklung zum neuen Fuhrungsverhalten - 1890 bis 2020

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Schust, 2011, S. 44; ifsm, o. J., Abruf: 01.11.2014.

[...]


1 Vgl. Schust 2011, S. 9 f.

2 Vgl. Pinnow 2011a, S. 7; Enste/Eyerund/Knelsen 2013, S. 4 f.

3 Vgl. Kinter/Zowislo-Grunewald/Schulz 2013, S. 7; Pinnow 2011a, S. 7.

4 Vgl. Gallup, 2013a, S. 7, 11, 91, 96, Abruf: 23.11.2014; Gallup, 2013b, S. 10 f., 33 f., Abruf: 23.11.2014.

5 Vgl. ComTeam AG, 2014, S. 4 ff., 16., Abruf: 12.12.2014 (Befragung von 550 Mitarbeitern, Fach- und Fuhrungskraften).

6 Vgl. ComTeam AG, 2013, S. 6 f., 14, 17 f., Abruf: 12.12.2014 (Befragung von 548 Fach- und Fuh- rungskraften, ca. ein Drittel der Studienteilnehmer sind Fuhrungspersonen aus dem Mittelmanagement zwischen Vorstand und Geschaftsfuhrung, 14 % sind aus dem Topmanagement und 42 % sind Mitar- beiter und junge Fuhrungskrafte).

7 Vgl. DDI, 2014/15, S. 12 f., Abruf: 24.01.2015.

8 Vgl. Hays, 2014/15, S. 6 f., Abruf: 18.01.2015; Manpower, 2014, Abruf: 24.01.2015.

9 Vgl. Hays, 2014/15, S. 10 ff., Abruf: 24.01.2015.

10 Vgl. a. a. O., S. 30.

11 Vgl. Newsweek, 2009, Abruf: 16.12.2014.

12 FAZ, 2010, Abruf: 16.12.2014.

13 Vgl. ARD/ZDF-Onlinestudien, 2014; Van Eimeren/Frees, 2014; Statista, 2015; Bitkom, 2013, Abruf: 09.01.2015; Heyer, o. J., zitiert nach Deloitte-Studie "Certainty of Change", Abruf: 25.01.2015.

14 Vgl. Kelly Services, 2013, Abruf: 12.12.2014; Baierl/Hlinka, 2013, Abruf: 12.12.2014.

15 Kinter/Zowislo-Grunewald/Schulz, 2013, S. 7.

16 Vgl. Bonsen, 2003, S. 27; Neuberger, 2002, S. 12 ff.; Baumgarten, 1977, S. 9; Comelli/Rosenstiel/Ner- dinger, 2014, S. 83; Lang/Rybnikova, 2014, S. 16.

17 Siehe hierzu Kotter, J. P., 1990: Force For Change: How Leadership Differs from Management. New York: Free Press.

18 Vgl. Pinnow, 2012, S. 17; Hinterhuber/Krauthammer, 2015, S. 13.

19 Vgl. Pinnow, 2012, S. 196; Hinterhuber/Krauthammer, 2015, S. 12, S. 15.

20 Bennis/Goldsmith, 2010, S. 33.

21 Vgl. Hinterhuber/Krauthammer, 2015, S. 10 ff.; Zaleznik, 2004, Abruf: 26.01.2015.

22 Vgl. Zaleznik, 2004, Abruf: 26.01.2015.

23 Vgl. Enste/Eyerund/Knelsen, 2013, S. 6, 14 ff.; 27 ff.; Baldegger/Furtner, 2013, S. 136 f.

24 Vgl. Dorr, 2007, S. 23.

25 Vgl. Lang/Rybnikova, 2014, S. 93 ff.

26 Vgl. Kaehler, 2014, S. 45 f.

27 Vgl. ifsm, o. J., aufgerufen am 01.11.2014; Vgl. Geoffrey, 1997, S. 18 ff.

28 Vgl. Lang/Rybnikova, 2014, S. 16 ff.; Pink, 2011, S. 53 f.

29 Vgl. Back/Gronau/Tochtermann, 2012, S. 3 ff.; Lang/Rybnikova, 2014, S. 358 f.; Pink, 2011, S. 52 f.

30 Vgl. ifsm, o. J., Abruf:01.11.2014.

31 Vgl. Ebd.; Kinter/Zowislo-Grunewald/Schulz, 2013, S. 83.

32 Vgl. Hohn, 2013, S. 6 ff.; Kinter/Zowislo-Grunewald/Schulz, 2013, S. 80.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Führen im 21. Jahrhundert. Leadership 3.0
Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
32
Katalognummer
V539353
ISBN (eBook)
9783346169532
ISBN (Buch)
9783346169549
Sprache
Deutsch
Schlagworte
führen, jahrhundert, leadership
Arbeit zitieren
Senay Can (Autor:in), 2015, Führen im 21. Jahrhundert. Leadership 3.0, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/539353

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