Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Über das allgemeine Wesen von Filmgenres
2.2. Entwicklung eines Profils für das Science-Fiction-Filmgenre
3. Methodische Grundlagen: LDA Topic Modelling und Gensim
4. Vorstellung des Untersuchungsgegenstandes Terminator 2: Judgment Day (1991)
4.1. Aufschlüsselung des verwendeten Codes für LDA Topic Modelling mit Gensim
4.2. Gesammelte Beobachtungen
5. Ausblick
6. Abbildungsverzeichnis
7. Filmverzeichnis
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Science-Fiction-Filmgenre ist etwa seit den 1970er Jahren beständig im öffentlichen Bewusstsein der Mainstream-Popkultur etabliert; es macht sich bemerkbar in Form von popkulturellen Referenzen in unterschiedlichen Medienerzeugnissen, wird aufgrund seines Blockbuster-Potenzials in der Filmindustrie zelebriert und wartet selbst mit einem breiten Spektrum an Produktionen auf, die von vergleichsweise simpel bis komplex und vielschichtig reichen – und dennoch ist es um den aktuellen Forschungsstand um ebendieses Genre in den Film- und Geisteswissenschaften z. T. dürftig bestellt: Während zu einzelnen Science-Fiction- Filmen – oftmals zu den sogenannten Klassikern – eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen existiert, lässt sich für das Filmgenre als solches eine vergleichsweise große Forschungslücke feststellen (vgl. Spiegel 2013, S. 245.). Wenngleich sich die Situation zuletzt diesbezüglich leicht gebessert hat, so stellt sich nach wie vor die mitunter drängende – und schwierige – Frage danach, wie sich die narrativen und ästhetischen Aspekte des Science- Fiction-Filmgenres insgesamt gestalten (vgl. ebd., S. 246.).
Von diesem dargelegten Sachverhalt ist die vorliegende Projektarbeit inspiriert in ihrer zentralen Fragestellung danach, ob die Möglichkeit besteht, mithilfe eines digitalen Verfahrens der quantitativen Textanalyse – Topic Modelling – Topics in Filmskripten bzw. -untertiteln zu identifizieren, die mindestens einen aufschlussreichen Hinweis darauf geben können, wie sich Filme aus einem bestimmten Genre insbesondere auf einer narrativen Ebene zusammensetzen. Für diese Projektarbeit ist ein Film ausgesucht worden – Terminator 2: Judgment Day –, an dem die o.g. Fragestellung im Hinblick auf das ihm zugeordnete Filmgenre – Science-Fiction – auf einer basalen Ebene getestet werden soll.
Um dies zu absolvieren, wird sich zunächst einmal mit einer Auswahl von theoretischen Grundlagen auseinandergesetzt werden, die sich in erster Linie auf das Wesen von Filmgenres in Allgemeinen und ein eingehendes Genreprofil für das Science-Fiction-Filmgenre belaufen. Daran knüpft sich eine Explikation der methodischen Grundlagen an: Im Fokus stehen hier in erster Linie das Topic Modelling auf Basis des LDA-Algorithmus und die Wahl des spezifischen Tools, Gensim, welches für das Topic Modelling in Python angewendet werden soll. Die eigentliche Anwendung des Tools wird anschließend Schritt für Schritt aufgeschlüsselt. Etwaige Beobachtungen, die bei der Anwendung des Tools und im Hinblick auf die Ergebnisse, die es zutage fördert, gemacht werden, werden im Anschluss daran erläutert und von einem kurzen Ausblick abgerundet.
2. Theoretische Grundlagen
Diesem Kapitel ist das Ziel übergeordnet, die theoretischen Grundlagen für die vorliegende Projektarbeit zu explizieren. Zu diesen theoretischen Grundlagen gehört zunächst einmal eine knappe Auseinandersetzung mit dem Genrebegriff im Allgemeinen; diese soll wiederum den Weg ebnen zu einem ausgestalteten Genreprofil für das Science-Fiction-Filmgenre, welches für die eigentliche LDA-Topic-Modelling-Analyse m. E. ein ausschlaggebendes Fundament darstellt, da der untersuchte Film – Terminator 2 – primär ebendiesem Filmgenre zugeordnet wird und demnach die Identifikation der einzelnen Topics in demselben mithilfe eines fundierten, theoretischen Hintergrundes entsprechend erleichtern kann.
2.1. Über das allgemeine Wesen von Filmgenres
Das Konzept und das Studium von Filmgenres lässt sich weitestgehend auf die Grundprinzipien von und den wissenschaftlichen Umgang mit Literaturgattungen zurückführen: „[…] much that is said about film genre is simply borrowed from a long tradition of literary genre criticism.“ (Altman 1999, S. 13.) Allerdings ist gleichermaßen zu berücksichtigen, dass sich insbesondere seit den späten 1970er Jahren eine eigenständige Disziplin für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Filmgenres herauskristallisiert hat, die sich entsprechend von dem Studium der Literaturgattungen abgrenzt (vgl. ebd.). Diese eigenständige Disziplin ist gemeinhin unter dem Namen der Filmwissenschaften bekannt, die einen gewichtigen Teil der Medienwissenschaften darstellt und sich entsprechend mit dem Medium des Films, filmischen Formen und eben auch mit Filmgenres auseinandersetzt (vgl. Kuhn 2013, S. 3.).
Bevor man sich jedoch den Filmgenres im Speziellen zuzuwenden vermag, gilt es, den Genrebegriff als solchen erst einmal eingehender zu betrachten: Er dient, unabhängig seiner spezifischen Ausprägung, in jedem Falle einer Theoretisierung und Analyse von Phänomenen, die sich spezifisch in den Medienwissenschaften – und somit ebenso in den Filmwissenschaften – beobachten lassen. Zudem etabliert er eine fundamentale Grundlage hinsichtlich der Verständigung zwischen den Produzenten und Rezipienten von medialen Erzeugnissen. Darüber hinaus wird der Genrebegriff in einer Vielzahl von Alltagssituationen gebraucht, weswegen er durch eine gewisse Vielfältigkeit gekennzeichnet ist. Die Frage danach, wie ein (Film-)Genre zu definieren ist, stellt demgemäß eine zentrale Herausforderung dar, die durch ein breites Spektrum von Vorstellungen und Erwartungshaltungen, die Hand in Hand mit ihm gehen, zusätzlich erschwert wird (vgl. ebd., S. 1.). Hierin gründet sich indes ein erstes Charakterisierungsmoment für den Genrebegriff: Er ist wesentlich multidimensional und referiert nicht auf eine obligatorische ontologische Größe, die intrinsisch existiert; er wird stattdessen erst dann zuwege gebracht, wenn ein komplexer Prozess in Gang gesetzt wird, der – im Falle von Filmen – Produktions- und Rezeptionsvoraussetzungen, Filme als solche und Diskurse über Filme und potenziell relevante, kulturelle Kontexte, in denen sie eingebettet werden, beinhaltet (vgl. ebd., S. 2.).
Auf einer basalen Ebene lässt sich zuvorderst festhalten, dass der Genrebegriff für Filme eine Gruppe von ebendiesen bezeichnet, die sich anhand bestimmter sozialer oder geographischer Merkmale, spezifischer Milieus, Figuren- und Konfliktkonstellationen und/oder besonderer Themen und Stoffe charakterisieren lassen. Von einem etablierten Filmgenre lässt sich i. d. R. dann sprechen, wenn ihm erfolgreiche Prototypen zugrunde liegen, deren formale und strukturelle Merkmale von den dem Genre zugehörigen Filmen aufgegriffen und mitunter modifiziert werden (vgl. ebd.). Demzufolge lassen sich Genres allgemein als weitestgehend von Stereotypen geprägte Formen des Erzählens, Darstellens und Gestaltens auffassen, da sie bestimmte und sich wiederholende Handlungsmotive in sich tragen und darüber hinaus auch auf einer audiovisuellen Ebene einen Stil lancieren, der durch Wiedererkennbarkeit geprägt ist. Zu berücksichtigen sind ebenso die historisch, medial und kulturell geprägten Dimensionen von Genres, die sie insgesamt als ein Konzept auszeichnen, welches in einer Vielzahl von unterschiedlichen Wissenschaften Gegenstand der Diskussion ist (vgl. ebd.).
Abschließend lässt sich noch eine Unterscheidung des Genrebegriffs im Film anführen, die einerseits auf ebendiesen Begriff als einen Verständigungsbegriff referiert, und andererseits den Genrebegriff als ein theoretisches bzw. analytisches Konzept auffasst. Die erstere Perspektive lässt sich insbesondere in der online abrufbaren Filmdatenbank IMDb, in diversen Fernsehprogrammzeitschriften, im Rahmen von Filmkritiken etc. vorfinden: Hier ist nicht der Genrebegriff als solcher von Belang; vielmehr liegt das Augenmerk auf den diskursiven Kontexten, in denen er verwendet werden kann (vgl. ebd., S. 3f.). Gelenkt wird diese Perspektive von der Frage, wie der Genrebegriff im Einzelnen verwendet wird, und welche Filme mit ihm in Verbindung gebracht werden können. Die letztere Perspektive ist indessen diejenige, die sich i. d. R. innerhalb filmwissenschaftlicher Genretheorien wiederfinden lässt. Sie wird bestimmt von der Notwendigkeit, einen intersubjektiv gültigen Genrebegriff zu entwickeln, der sich auf Basis von konkreten methodischen und theoretischen Prämissen gründet (vgl. ebd., S. 4.).
Unabhängig davon, welche Definition man letztlich zum Filmgenre allgemein und/oder zu einem spezifischen Filmgenre entwickeln bzw. verwenden mag – es ist stets zu beachten, dass eine ausnahmslos gültige Definition kaum oder sogar nicht existiert bzw. existieren kann. Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass eine Art der Beliebigkeit bei der Auseinandersetzung mit Filmgenres zu präferieren ist, die ggf. in einer rein intuitiven Begriffsdefinition und -verwendung resultiert, die wiederum ihrerseits problematisch sein kann (vgl. ebd., S. 5.). Insofern ist für das nachfolgende Kapitel anzumerken, dass das Genreprofil für Science-Fiction auf einer Auswahl von Literaturgrundlagen erstellt wird, die zumindest im Rahmen dieser Projektarbeit eine zweckdienliche Definition zuwege bringen, auf Basis derer sich der praktisch geprägte Teil der vorliegenden Projektarbeit gründet. Das Genreprofil ist somit – dies sei an dieser Stelle schon einmal erwähnt – keineswegs als allgemeingültig oder einwandfrei einzuordnen; es lässt sich jedoch in dem vorliegenden Kontext der Projektarbeit allemal als eine theoretisch fundierte Basis verwenden.
2.2. Entwicklung eines Profils für das Science-Fiction-Filmgenre
Science-Fiction als ein Filmgenre1 fokussiert sich i. d. R. auf die Thematisierung von öffentlichen Situationen und damit in Verbindung stehenden sozialen Krisen: Das heißt, dass sich der grundlegende Plot auf Basis von unerwarteten und weitreichenden Konsequenzen gründet, die auf einer kulturellen Ebene durch technologischen Fortschritt hervorgerufen werden. Eine soziale Krise ergibt sich insofern, als eine Gesellschaft und ihre Institutionen auf ihre Fähigkeit hin getestet werden, oftmals radikalen und technisch bedingten Veränderungen standzuhalten oder diese gar zu zelebrieren. Dabei kann sich der narrative Handlungsspielraum über unterschiedliche Zeit- und Ortsphasen bzw. -angaben erstrecken, wodurch sich hinsichtlich dieses Aspektes eine für das Filmgenre charakteristische Dynamik und relative Ungebundenheit ergibt (vgl. Sobchack 1988, S. 229.).
Mit dem Science-Fiction-Filmgenre werden oftmals bestimmte Elemente wie die des Raumschiffes, Roboters, Außerirdischen und der damit zusammenhängende Einsatz von Special und/oder Visual Effects assoziiert. Allerdings gilt es im Hinblick auf diese Elemente zu beachten, dass sie nicht zwangsläufig als obligatorisch für dieses Filmgenre anzusehen sind: Sind sie vorhanden, dann ist die Art und Weise der Darstellung und deren narrative Gewichtigkeit oftmals durch Variation geprägt (vgl. ebd., S. 229f.). Aufgrund dessen ergibt sich auf der Ebene der Ikonographie eine gewisse Inkonsistenz (vgl. ebd., S. 229f.; vgl. Langford 2005, S. 185.); es lässt sich somit lediglich das Folgende für die Ikonographie dieses Filmgenres festhalten: „The genre’s primary visual project is to produce wondrous and unfamiliar imagery […]“ (Sobchack 1988, S. 230.). Eine konkrete, narrative Gestalt und visuelle Form verleiht das Science-Fiction-Filmgenre somit in erster Linie jenen Aspekten, die man als die sich verändernde, historische Vorstellung von sozialem – und technologischem – Fortschritt und damit in Zusammenhang stehenden Krisen bezeichnen kann; hinzu kommt erschwerend die potenzielle Problematik, Mensch zu sein in einer Welt, in der sich stetig weiterentwickelnde Technologien den Sinngehalt persönlicher und sozialer Existenz in einen von Ambiguität geprägten Bedeutungsraum verschieben (vgl. ebd., S. 231.).
Eine maßgebliche Rolle für das Science-Fiction-Filmgenre nimmt weiterhin der historische Kontext ein, in dem es entstanden ist und sich über die letzten Jahrzehnte hinweg entwickelt hat. Es lässt sich als ein postklassisches Hollywood-Genre bezeichnen (vgl. Langford 2005, S. 184.), das insbesondere ab den 1950er Jahren in den USA als ein signifikantes Filmgenre hervortrat (vgl. Sobchack 1988, S. 231; vgl. Langford 2005, S. 187.), wenngleich die eigentliche Genrebezeichnung sich bis zu den 1920er Jahren zurückverfolgen lässt (vgl. Spiegel 2013, S. 250.). Der Aufschwung des Science-Fiction-Filmgenres in den 1950er Jahren ist auf die wesentlichen technologischen Meilensteine zurückzuführen, die das alltägliche Leben von einer Vielzahl von Menschen deutlich und langfristig zu ebendieser Zeit veränderten und daher den Sinngehalt von unterschiedlichen Zeit- und Weltall-Konzepten rekontextualisierten (vgl. Sobchack 1988, S. 231.). Zu nennen sind an dieser Stelle insbesondere zwei Science- Fiction-Filme, die als eine symbolische Antwort auf ebendiese technologischen Meilensteine gewertet werden können: Destination Moon (1950) und The Thing (1951) (vgl. ebd., S. 231f.). Das Narrativ der Alien-Invasion, welches insgesamt primär in den Science-Fiction-Filmen der 1950er Jahre präsent gewesen ist, lässt sich darüber hinaus bspw. auf den Umstand des Kalten Krieges zurückführen (vgl. Langford 2005, S. 189.) – generell galt für die Science-Fiction-Filme aus diesem Jahrzehnt, dass das Motiv des Weltalls einen hohen Stellenwert einnahm. Einen Wandel durchlief das Science-Fiction-Filmgenre erstmals signifikant in den 1960er Jahren, der insbesondere durch 2001: A Space Odyssey (1968) vorangetrieben wurde – bei 2001 handelt es sich um einen Science-Fiction-Film mit Kultcharakter, da er es vermochte, das Filmgenre in ein anspruchsvolleres und aufwändigeres zu transformieren (vgl. Spiegel 2013, S. 251.), wenngleich es summa summarum einen deutlichen Einbruch in Popularität erlitt (vgl. Sobchack 1988, S. 235f.).
Der narrative Fokus des Science-Fiction-Filmgenres verschob sich in de darauffolgenden Jahrzehnt, den 1970er Jahren, abermals: Themen der Staatsüberwachung, Gedankenkontrolle, Manipulation durch die Medien und der Kampf um eine einzigartige Identität wurden in Filmen wie THX 1138 (1971), Soylent Green (1973) und Logan’s Run (1976) aufgegriffen (vgl. Langford 2005, S. 189; vgl. Spiegel 2013, S. 251). Derartige Themenverschiebungen in dem Filmgenre wurden bspw. durch den Watergate-Skandal konstituiert (vgl. Langford 2005, S. 189.). Insgesamt lässt sich für die Science-Fiction-Filme aus den frühen 1970er Jahren konstatieren, dass sie eine i. d. R. dystopische Zukunft abbilden, welche durch ein entsprechend düsteres Narrativ zum Ausdruck gebracht wird (vgl. Langford 2005, S. 188; vgl. Spiegel 2013, S. 251.). Eine Zäsur in der Geschichte des Science-Fiction- Filmgenres erfolgte indes in den späten 1970er Jahren: Das Erscheinen von Star Wars (1977) und Close Encounters of the Third Kind (1977) überführte das Filmgenre nicht nur in eine Art Renaissance, sondern verhalf ihm langfristig in den Mainstream (vgl. Sobchack 1988, S. 236; vgl. Spiegel 2013, S. 251f.): Sowohl Star Wars als auch Close Encounters of the Third Kind unterscheiden sich in ihrem narrativen Fokus und Stil deutlich von den oftmals pessimistisch gestalteten Zukunftsentwürfen, die in vorherigen Science-Fiction-Filmen häufig das Narrativ entscheidend lenkten: „Both films seemed unprecedently hopeful about human existence and cultural transformation, and both joyfully embraced what used to be the threateningly different and repulsive Other.“ (Sobchack 1988, S. 236.)
Eine weitere zentrale Entwicklungsstufe für das Science-Fiction-Filmgenre – und die letzte, die im Zuge des historischen Kontextes für das Filmgenre an dieser Stelle dargelegt werden soll – lässt sich in den 1980er und frühen 1990er Jahren verorten: Im Rahmen dieser Entwicklungsphase zeugte der technologisierte Körper – z.B. in Form eines Roboters, Cyborgs oder Androiden – als narrativer Fokus von wesentlicher Relevanz, und wurde bspw. in Terminator (1984), Terminator 2: Judgment Day (1991) und Blade Runner (1982) zum Dreh- und Angelpunkt des übergreifenden Handlungsverlaufes. Barry Langford (2005, S. 195.) beschreibt dies als eine „[…] negotiation of the extreme anxieties induced by human-created technologies that increasingly threaten not only to exceed human understanding or control, but somehow to dilute or even supersede human identity itself“. Auch die diversen Fortschritte im Hinblick auf maschinelle bzw. künstliche Intelligenz und das Konzept virtueller/computergenerierter Realitäten stellten insbesondere ab Mitte der 1980er Jahre ein zentrales Themengebiet im Science-Fiction-Filmgenre dar (vgl. Langford 2005, S. 195.).
Insgesamt lässt sich – wenn man die unterschiedlichen narrativen Fokussierungen des Science-Fiction-Filmgenres über die letzten Jahrzehnte überblickt – festhalten, dass die Beziehung zwischen Technologie und Mensch, die von Faszination, aber auch Besorgnis geprägt ist, den semantischen Kern dieses vielgestaltigen Filmgenres wesentlich definiert (vgl. ebd., S. 197.). Hinzu kommt als ein weiteres wesentliches Merkmal dasjenige, was Simon Spiegel (2013, S. 247.) als das Novum bezeichnet: „Was die Science Fiction auszeichnet […] ist das Novum. Damit ist die charakteristische Neuerung, das unmögliche Ding […] gemeint, das in unserer empirischen Realität (noch) als unmöglich gilt, die Handlungswelt der jeweiligen Science-Fiction-Geschichte aber entscheidend prägt.“ Das heißt, dass auch die fiktiven Welten, die in unterschiedlichen Science-Fiction-Filmen dargestellt werden, und die sich durch eine von einem Novum geprägte Ontologie auszeichnen, das Filmgenre als solches maßgeblich grundsätzlich in der empirischen Realität des Menschen potenziell existieren könnte, verleiht dem Science-Fiction-Filmgenre sein spezifisches Wesen: Das Referieren auf ebendiese empirische Realität des Menschen wird ermöglicht, indem bspw. auf einer visuellen Ebene an oftmals zeitgemäße Vorstellungen von Technik und Wissenschaft angeknüpft wird, wodurch das vermeintlich Fremde im Science-Fiction-Film naturalisiert wird (vgl. Spiegel 2013, S. 248 und S. 254.). Gleichermaßen stellt jedoch ebenso der Prozess der Verfremdung einen wesentlichen Bestandteil dar und bildet, neben dem Prozess der Naturalisierung, einen weiteren essentiellen Aspekt des Filmgenres ab: Sehgewohnheiten, die sich über die Zeit hinweg etabliert haben, werden bewusst aufgebrochen, und alltägliche Dinge – oder Dinge, von denen man sich vorstellen könnte, ihnen im Alltag zu begegnen – werden in einem neuen Umfeld eingebettet und somit rekontextualisiert (vgl. ebd., S. 252f.). Die Verfremdung findet somit nicht auf einer visuellen Ebene statt, sondern auf einer Ebene der Diegese: Das heißt summa summarum, dass im Science-Fiction-Filmgenre i. d. R. auf einer visuellen Ebene der Prozess der Naturalisierung angewendet wird, während auf der narrativen Ebene die optisch naturalisierten Gegenstände – ob diese nun bestimmte Maschinen, Raumschiffe, Roboter o.ä. sein mögen – bspw. durch die aufgestellten Regeln innerhalb der fiktionalen Welt verfremdet werden (vgl. ebd., S. 254f.).
Wenngleich die exakte Definition des Science-Fiction-Filmgenres eine umstrittene sein mag – was nicht zuletzt auch daran liegt, dass es generell eine Schwierigkeit darstellt, für Genres im Allgemeinen Definitionen festzulegen, die sich auf abstrakten und a priori aufgestellten Kriterien und Eigenschaften gründen (vgl. ebd., S. 247.) –, so hat sich dennoch im Laufe dieses Abschnitts zumindest auf einer grundlegenden Ebene manifestieren können, was das Science-Fiction-Filmgenre kennzeichnet. Hinsichtlich dessen sollte nicht die Relevanz des historischen Kontextes des Filmgenres unterminiert werden, da dieser nicht nur die narrativen Schwerpunkte – zumindest bis zu einem gewissen Grad – festlegt, wie in dem Kapitel aufgezeigt worden ist, sondern darüber hinaus ebenso bei der Interpretation der Ergebnisse des LDA Topic Modellings ggf. eine mitunter fundamentale Hilfestellung einnehmen kann, und es dementsprechend wichtig ist, mit ebendiesem historischen Kontext wenigstens im Querschnitt vertraut zu sein.
Den hier dargelegten theoretischen Grundlagen für die vorliegende Projektarbeit schließt sich nun eine Erläuterung der methodischen Grundlagen an, die insbesondere das LDA Topic Modelling umfassen. Zudem wird ebenso kurz das verwendete Topic-Modelling- Tool – Gensim – vorgestellt.
3. Methodische Grundlagen: LDA Topic Modelling und Gensim
Topic Modelling kann als eine Methode der quantitativen Textanalyse gewertet werden, die große Mengen von nicht-gekennzeichnetem Text maschinell zu analysieren vermag (Krahmer): „It specifies a statistical sampling technique to describe how words in documents are generated based on (a small set of) hidden topics.“ (Al-Sumait 2010, S. 183.) Mithilfe von entsprechenden Topic-Model-Algorithmen werden demnach innerhalb von Dokumenten Topics lokalisiert und zusammengestellt. Die Topics selbst kann man als clusterartige
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1 Es sollte hier erwähnt werden, dass es durchaus möglich ist, das Science-Fiction-Filmgenre in weitere Subgenres aufzuteilen, die bspw. die Space Opera, den Invasionsfilm, den Superheldenfilm und die Dystopie beinhalten können (vgl. Spiegel 2013, S. 249.). Der Einfachheit halber wird jedoch im Rahmen dieser Projektarbeit der übergeordnete Begriff des Science-Fiction-Filmgenres verwendet und nicht zwischen den individuellen Subgenres unterschieden.