Die Bedeutung des Storytellings für das Framing der klinischen Psychiatrie. Wie sprechende Medizin das Stigma psychischer Erkrankungen aufheben kann


Fachbuch, 2020

116 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Hinweis auf die geschlechtsneutrale Schreibweise

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung und Erkenntnisinteresse der Arbeit
1.2 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

2 Die Entwicklung und Steuerung von Corporate Messages
2.1 Erläuterung grundlegender Begriffe
2.2 Das Themenmanagement der Unternehmenskommunikation als korporatives Agenda-Setting
2.3 Strategien zur Vermittlung von Corporate Messages

3 Framing
3.1 Begriffliche Annäherung: Frame und Framing
3.2 Multidisziplinäre Ursprünge der Framing-Forschung
3.3 Framing im medialen Kommunikationsprozess: Frame-Arten
3.4 Framing als Technik des Themenmanagements
3.5 Zur Differenzierung von Framing und Agenda-Setting: ein Exkurs
3.6 Zusammenfassung

4 Storytelling
4.1 Begriffliche Annäherung und Abgrenzung: Geschichte, Erzählung, Narration
4.2 Definition: (strategisches) Storytelling
4.3 Wesentliche Bestandteile einer gelungenen Geschichte
4.4 Wirkungsmechanismen von Geschichten
4.5 Storytelling als Persuasionstechnik der Unternehmenskommunikation
4.6 Zusammenfassung

5 Die klinische Psychiatrie als stakeholderorientierte Organisation
5.1 Definition: die (klinische) Psychiatrie
5.2 Zum Begriff des Stakeholders: Ursprünge, Definitionen und Abgrenzung
5.3 Das Stakeholdermanagement der klinischen Psychiatrie

6 Zur Bedeutung des Storytellings für das Framing der klinischen Psychiatrie: ein Zwischenfazit
6.1 Die Entwicklung und Steuerung von Corporate Messages
6.2 Zur Kausalität von Framing und Storytelling
6.3 Die Relevanz des stakeholderorientierten Instrumenteneinsatzes für die klinische Psychiatrie

7 Die klinische Psychiatrie: eine sprechende Medizin
7.1 Über die heilsame Kraft des ärztlichen Wortes
7.2 Begriffliche Annäherung: sprechende Medizin
7.3 Die sprechende Medizin für das Framing der psychiatrischen Behandlung

8 Geschichtswelten der klinischen Psychiatrie
8.1 Rahmende Geschichten in der klinischen Psychiatrie
8.2 Rahmende Geschichten über die klinische Psychiatrie
8.3 Rahmende Geschichten aus der klinischen Psychiatrie

9 Die Umdeutung der klinischen Psychiatrie: ein Fazit
9.1 Die Bestandteile einer Psychiatriegeschichte: der Versuch eines Entwurfs
9.2 Reframing

10 Kritische Reflexion

Literaturverzeichnis

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

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Impressum:

Copyright © Studylab 2020

Ein Imprint der GRIN Publishing GmbH, München

Druck und Bindung: Books on Demand GmbH, Norderstedt, Germany

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Abstract

Die Prävalenz psychischer Störungen und Erkrankungen erlaubt das paradoxe Postulat, dass es „normal“ ist, psychisch krank zu sein. Nichtsdestotrotz werden Betroffene aufgrund ihres Aufenthaltes in einer psychiatrischen Klinik oder Station noch immer als „verrückt“ etikettiert. Mit dem Ziel, als Kommunikationsmanager einen geringfügigen Beitrag zur Entstigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen leisten zu wollen, erörtert diese Arbeit den Stellenwert des Storytellings für das Framing der klinischen Psychiatrie. Die Divergenz der Untersuchungsgegenstände ist Abbild des Forschungsdesiderats, dessen sich anhand einer Literaturstudie angenommen wird. In dieser Abhandlung wird die Wirkung rahmender Geschichten in und über die klinische Psychiatrie aufgezeigt und die Erkenntnis gewonnen, dass das Storytelling starken Einfluss auf die Kooperation der Stakeholder und die Handlungsfähigkeit der klinischen Psychiatrie haben kann. Gleichzeitig wird das Resümee gezogen, dass aus Kliniken kaum rahmende Geschichten erzählt werden. Diese Feststellung führt zur Auseinandersetzung mit der Frage, wie die klinische Psychiatrie das Storytelling für ihr öffentliches Framing gestalten könnte. Ihre Beantwortung dürfte sich insbesondere für Kommunikationsbeauftragte als interessante Aufgabe erweisen.

The prevalence of mental disorders and illnesses permits the paradoxical postulate that it is “normal” to be mentally ill. Nevertheless, people are still labeled as “insane” due to their stays in a psychiatric hospital or ward. With the aim of making a minor contribution to the destigmatization of people with mental illnesses as a communication manager, this paper discusses the importance of storytelling for the framing of clinical psychiatry. The divergence of the objects under investigation is a reflection of the research desideratum which will be addressed on the basis of a literature study. In this treatise, the impact of framing stories in and about clinical psychiatry is shown, and the knowledge is gained that storytelling can have a strong influence on the cooperation of stakeholders and the ability of clinical psychiatry to act. At the same time, the conclusion is drawn that hardly any framing stories are told from clinics themselves. This observation leads to a discussion of the question, of how clinical psychiatry could design the storytelling for its public framing. Its reply should prove an interesting task, particularly for communication officers.

„Worte und Bilder bestimmen unser Denken. Manchmal geben sie Hoffnung. Entscheidend ist, dass sie uns helfen zu lernen. Was wir zu lernen haben, ist so schwer und doch so einfach und klar: Es ist normal, verschieden zu sein.“

(Richard von Weizsäcker)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: First- und Second-Level-Agenda-Setting

Abbildung 2: Geschichte, Narration und Erzählung

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

BApK Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker

bzw. beziehungsweise

DGPPN Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde

dt. deutsch

ebd. ebenda

et al. et alii

f. folgende (Seite)

ff. fortfolgende (Seite)

Hg. Herausgeber (Singular)

Hgg. Herausgeber (Plural)

i. O. im Original

od. oder

o. J. ohne Jahr

PR Public Relations

S. Seite

usw. und so weiter

vgl. vergleiche

zit. n. zitiert nach

Hinweis auf die geschlechtsneutrale Schreibweise

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit die männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Die Angaben beziehen sich jedoch auf alle Geschlechter, sodass die Verwendung der männlichen Sprachform keine Benachteiligung der anderen Geschlechter impliziert und im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen ist.

1 Einleitung

Die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist ein fortwährendes Problem unserer Gesellschaft. Aller Aufklärung zum Trotz werden Erkrankte im Alltag noch immer stark diskriminiert: „Es sind letzten Endes Ängste, oft irrationale Ängste, die die Stigmatisierung aufrechterhalten, und Irrationalität ist durch Aufklärung und Wissensvermehrung nicht aufzuheben“ (Finzen 2000, S. 41). Das Wissenschaftliche Projekt eröffnet den Blick auf einen korporativen Akteur, der als Inbegriff des gesellschaftlichen Übels ebenso geächtet ist wie das Gros der Erkrankten: die klinische Psychiatrie.

In diesem Jahrhundert tragen die Medienvielfalt und die Menge an verfügbaren Informationen zu einem Höchstmaß an Meinungsbildungsprozessen bei, weshalb eine Vielzahl angsteinflößender Schauergeschichten über die klinische Psychiatrie kursiert: Sie ist die „Klapse“, aus der ein Entkommen nicht möglich scheint, in der die „Irren“ entmündigt werden und den bizarren Behandlungsmethoden sadistischer Psychiater zum Opfer fallen. Wenngleich solche Vorstellungen weit vom dem, was wir Realität nennen mögen, entfernt sind, rahmen sie die Außenwahrnehmung psychiatrischer Kliniken und Stationen. Existenzgefährdende Empörungswellen in den Massenmedien befeuern das ihnen anhaftende Stigma und zwingen Kliniken zur glaubhaften Vermittlung sozialer Verantwortung. Selten zuvor war ihr Legitimationsbedürfnis so hoch, das Risiko misslungener Kommunikation so groß (vgl. Eder/Schmidt 2019, S. 9 f.; Mast 2019, S. XIII; Zerfaß/Piwinger 2014, S. V).

Die strategische Kommunikation ist für die Handlungsfähigkeit der klinischen Psychiatrie essenziell. Nur ein offener und transparenter Dialog, der an die Befindlichkeiten der Stakeholder anknüpft, kann für diese interessant genug sein, um sich mit der gesellschaftlichen Funktion der klinischen Psychiatrie auseinanderzusetzen und in öffentlichen Diskursen ihren Stellenwert zu erörtern.

Während die sensationsheischende Gesellschaft alles daran setzt, möglichst überzeugend von besorgniserregenden Geschehnissen in „der“ Psychiatrie zu berichten, ist diese in der Öffentlichkeit alles andere als überzeugend. Obgleich viele (psychiatrische) Kliniken Sprache als wichtiges Therapeutikum für den Heilungsprozess Betroffener anerkennen und versuchen, mittels verbaler Kommunikation eine positivere Selbstwahrnehmung der Erkrankten herbeizuführen, kommunizieren sie „nach außen“ überwiegend durch Sprachlosigkeit und schüren damit ihre negative Fremdwahrnehmung.

Es scheint, als sei die sprechende Medizin in der Öffentlichkeit sprachlos. Nicht deutlicher könnte das unheilvolle Sprechen über die sprechende Medizin sie zur öffentlichen Stellungnahme und Erzählung ihrer eigenen Geschichte auffordern.

1.1 Zielsetzung und Erkenntnisinteresse der Arbeit

Diese Abhandlung verfolgt das Ziel, den Stellenwert des strategischen Geschichtenerzählens für die Deutung der klinischen Psychiatrie zu eruieren. Um zu prüfen, ob und, wenn ja, wie die klinische Psychiatrie mit entstigmatisierender Kommunikation an die irrationalen Ängste ihrer Stakeholder anknüpfen kann, gilt es in dieser Arbeit, das Framing durch das Storytelling zu fokussieren. Neben der Erläuterung der subtil wirkenden Kommunikationstechniken im Einzelnen und deren Kausalität ist es ebenfalls erforderlich, sich mit „der“ Psychiatrie als Organisation und sprechenden Medizin auseinanderzusetzen. Vor dem Hintergrund der Annahme, dass Geschichten über die klinische Psychiatrie Geschichten in und aus der klinischen Psychiatrie bedingen, sind diese Geschichtswelten ebenso zu beleuchten. Sollten die Ausführungen von einer hohen Relevanz des Storytellings zeugen, bietet es sich an, einen Blick auf das Storytelling psychiatrischer Kliniken und Stationen zu werfen. Darüber hinaus werden für das Anschlusspotenzial dieser Arbeit Überlegungen anzustellen sein, wie Kommunikationsmanager Geschichten für ein besseres Image „der“ Psychiatrie aufbereiten könnten.

Da der Einsatz strategischer Kommunikationstechniken stets auf Grundlage organisationsspezifischer Gegebenheiten erfolgen sollte, ist die Eins-zu-eins-Übertragung des Storytellings auf die klinische Psychiatrie schließlich der Diskussion würdig.

1.2 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

Entsprechend der deduktiven Vorgehensweise wird in diesem Beitrag vom Allgemeinen auf das Besondere geschlossen: Vorab liefert das zweite Kapitel einen Überblick über grundlegende Begrifflichkeiten von Kommunikation im organisationalen Kontext und ermöglicht die Einordnung nachfolgender Sachverhalte in einen größeren Zusammenhang. Sodann wird der Framing- und Storytelling-Ansatz dargelegt. Das Hauptaugenmerk des Framing-Kapitels (3) liegt auf einer begrifflichen Annäherung, die durch die Darlegung verschiedener akademischer Anwendungsfelder bereichert und durch die Bezugnahme auf die strategische Kommunikation erweitert wird. Auch das allgemeine Storytelling-Kapitel (4) versucht eine Begriffsbestimmung vorzunehmen und diese anhand von Elementen und Wirkungsweisen von Geschichten zu präzisieren. Nach Zusammenstellung eines Kriterienkatalogs für die Definition und Identifikation von Geschichten bezieht sich dieses Kapitel ebenfalls auf die eingangs visierte Unternehmenskommunikation. Um die Bedeutung des strategischen Storytellings für das Framing der klinischen Psychiatrie untersuchen zu können, ist es unabdingbar, prägnante Charakteristika „der“ Psychiatrie herauszuarbeiten, wobei die verkürzte Erläuterung des Psychiatriesystems dem Verständnis der klinischen Psychiatrie verhilft. Nach mehrfacher Betonung der Relevanz der stakeholderorientierten Kommunikation bietet Kapitel 5 ebenfalls Raum für eine Zusammenfassung des Stakeholderansatzes. Im Hinblick auf die nachfolgenden Kapitel werden einige interne und externe Anspruchsgruppen der klinischen Psychiatrie aufgeführt und wird der Stakeholderdialog thematisiert. Nach Bildung eines Grundstocks fasst Kapitel 6 die erarbeiteten Inhalte grobmaschig zusammen. Insbesondere die Schilderung der Kausalität der Kommunikationsinstrumente (Abschnitt 6.2) dürfte sich als hilfreiches Moment für das Verstehen der weiteren Ausführungen erweisen. Die allgemeine Darstellung der klinischen Psychiatrie erlaubt ihre Spezifizierung als sprechende Medizin und die Bezugnahme deren Bedeutungsgehaltes auf das Framing in Kapitel 7. Bevor das Storytelling in Kapitel 9 auf die klinische Psychiatrie bezogen werden kann, sind in Kapitel 8 einige Vorbereitungen zu treffen. Die Geschichten in, über und aus der klinischen Psychiatrie führen unmittelbar zur Auseinandersetzung mit der Frage, wie psychiatrische Kliniken und Stationen das Storytelling für eine wünschenswertere Außenwahrnehmung gestalten könnten. Die Erörterung dessen mündet schließlich in einen kurzen Ausflug in die Psychologie (Abschnitt 9.2). Zu guter Letzt widmet sich Kapitel 10 einer kritischen Reflexion der Ausarbeitung.

2 Die Entwicklung und Steuerung von Corporate Messages

Um die Bedeutung des Storytellings für das Framing der klinischen Psychiatrie ermitteln zu können, gilt es zunächst, sich ein basales Wissen darüber zu verschaffen, was es bedeutet, ein strategisch kommunizierendes Unternehmen zu sein. Dafür wird vorab in aller Kürze dargelegt, was unter den Begriffen „Kommunikation“‚ „Organisation“, „Organisationskommunikation“, „strategische Kommunikation“ und „Unternehmenskommunikation“ zu verstehen ist. Die nachfolgenden Ausführungen stellen die visierten Kommunikationstechniken in einen übergeordneten Kontext und schaffen eine Grundlage für ihre genauere Betrachtung.

2.1 Erläuterung grundlegender Begriffe

Interdisziplinäre Perspektiven auf die Begrifflichkeiten führen sowohl zu einer uneinheitlichen und teilweise widersprüchlichen Verwendung der singulären Termini als auch zu unterschiedlichen Auffassungen über ihre Beziehungen (vgl. Röttger 2014, S. 25).1

Trotz der Tatsache, dass Kommunikation für Menschen überlebenswichtig ist, ist vor allem der Kommunikationsbegriff von einer starken Unbestimmtheit geprägt, sodass eine nahezu unzählige Anzahl an Definitionen und Erklärungsmodellen besteht. Zudem wird der Ausdruck „Kommunikation“ in Wissenschaft und Praxis unterschiedlich gebraucht, sodass bereits die Verwendung des Wortes zu Verständigungsproblemen führt (vgl. Fuhrberg 2016, S. 23). Maletzke definiert „Kommunikation“ sehr allgemein als „Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen“ (Maletzke 1963, S. 18). Bruhn beschreibt den Terminus wie folgt:

„Kommunikation bedeutet die Übermittlung von Informationen und Bedeutungsinhalten zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen bestimmter Adressaten gemäß spezifischer Zielsetzungen“ (Bruhn 2014, S. 3).

„Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Watzlawick et al. 2007, S. 53), lautet das erste Axiom, das Watzlawick anführt, um die Paradoxie menschlicher Kommunikation aufzuzeigen. Im engeren Sinne ist Kommunikation nicht nur eine einzelne Mitteilung, sondern auch die Interaktion, die „aufeinander bezogene Abfolge von Mitteilungen“ (Plate 2015, S. 18). Demnach fällt unter den Kommunikationsbegriff auch das Gesamtverhalten von Personen, sodass „alles Verhalten Kommunikation [ist] und jede Kommunikation […] das Verhalten“ (Watzlawick et al. 2007, S. 23) beeinflusst. Kommunikation kann daher als sozialer Prozess verstanden werden, in dem (un-)beabsichtigt wechselseitig Informationen ausgetauscht werden. Die „zwischenmenschliche Sender-Empfänger-Beziehung auf der Basis der Kommunikation“ (ebd.) beschreiben auch Baller und Schaller in ihrem Werk „Kommunikation im Krankenhaus“:

„Kommunikation ist daher der intentionale und wechselseitige Austausch von Informationen innerhalb dessen ein sogenannter Kommunikator (Sender) eine Botschaft, welche in sprachliche oder nicht-sprachliche Zeichen verschlüsselt wird, über spezifische Kommunikationskanäle an einen Kommunikanten (Empfänger) sendet, der diese Botschaft dann entschlüsselt. Dies kann sowohl schriftlich, mündlich oder aber eben auch non-verbal erfolgen“ (Baller/Schaller 2017, S. 5).

Jede Organisation, wie ein Krankenhaus, basiert auf Kommunikation, sodass die Systeme Organisation und Kommunikation untrennbar miteinander verbunden sind. Die existenzielle Bedeutung von Kommunikation im organisationalen Kontext schildert Luhmann besonders deutlich und konstatiert, die „Kommunikation von Entscheidungen“ (Luhmann 2011, S. 63) stelle die Operationsbasis sämtlicher Organisationen dar.

Organisationen bezeichnet Mast als „beobachtbare Netze von Interaktionen, die geplant, regelmäßig und systematisch zwischen Menschen ablaufen“ (Mast 2019, S. 3). Wenngleich die Kommunikationsbeziehungen sozialer Gebilde auf Dauer angelegt sind, unterliegen sie „einem kontinuierlichen Wandel“ (ebd.). Organisationen verfügen über Strukturen („vorgegebene Handlungsmuster für Situationen“ (ebd.), die das Grundgerüst für Kommunikationsprozesse („Handlungsabläufe, die diesen Strukturen folgen“ (ebd.) bilden, „haben eine Identität, verfolgen Werte und bilden eine Kultur aus“ (ebd.). Darüber hinaus verfolgen Organisationen Ziele, die mittels Kommunikation erreicht werden sollen, haben Mitglieder, „die die Kommunikationsnetze kennen“ (ebd., S. 9) und werden sowohl von Organisationsangehörigen als auch Außenstehenden wahrgenommen. Somit sind sie Gegenstand dauerhafter, „öffentliche[r] Beobachtung und (kritische[r]) Thematisierung“ (Röttger et al. 2014, S. 5) und sagen, um es in Watzlawicks Worten auszudrücken, auch etwas aus, wenn sie nichts sagen.

Hinsichtlich des weitreichenden und übergeordneten Terminus „ Organisationskommunikation “ sollte zumindest darüber Einigkeit bestehen, dass er sämtliche Kommunikationsaktivitäten in und von Organisationen bezeichnet (vgl. ebd., S. 25). Innerhalb von Organisationen fungiert Kommunikation unter anderem als Entscheidungs-, Koordinations-, Anleitungs- und Kontrollinstrument, Kommunikation von Organisationen wirkt „nach außen“ in Meinungsmärkte (vgl. Fuhrberg 2016, S. 33). Strittig hingegen ist, ob Kommunikation über Organisationen im Zuge öffentlicher Meinungsbildungsprozesse ebenfalls Organisationskommunikation darstellt (vgl. ebd.).

Der Begriff „ strategische Kommunikation “ ist innerhalb der Organisationskommunikation zu verorten und lässt sich „als der Versuch von Organisationen beschreiben, mittels zielgerichteter Kommunikation und damit auch Sprache den angestrebten Organisationszweck zu erfüllen“ (Schwägerl et al. 2018, S. 273). Mittels Kommunikationstechniken, die Deutungen nahelegen und Wahrnehmungsmuster prägen, versuchen Organisationen, „die Art und Weise, wie sie öffentlich beobachtet werden“ (Röttger et al. 2014, S. 5) zu steuern und öffentliche Diskurse im Organisationssinn zu beeinflussen.

„Wenn es sich um die spezielle Organisationsform der Unternehmen handelt“ (Mast 2019, S. 3), findet der Begriff „ Unternehmenskommunikation “ Anwendung. Bruhn definiert die Kommunikation eines Unternehmens als die Summe aller Kommunikationsinstrumente und -maßnahmen, die angewendet werden, „um das Unternehmen und seine Leistungen den relevanten internen und externen Zielgruppen der Kommunikation darzustellen und/oder mit den Zielgruppen eines Unternehmens in Interaktion zu treten“ (Bruhn 2015, S. 5).

Zerfaß präzisiert den Ausdruck und schildert, Unternehmenskommunikation umfasse „alle gesteuerten Kommunikationsprozesse, mit denen ein Beitrag zur Aufgabendefinition und -erfüllung in gewinnorientierten Wirtschaftseinheiten geleistet wird“ (Zerfaß 2014, S. 23).2

2.2 Das Themenmanagement der Unternehmenskommunikation als korporatives Agenda-Setting

Die Inhalte der Unternehmenskommunikation sind elementar für ihren Bestand. Aus Unternehmens- und Kommunikationszielen werden systematisch Unternehmensbotschaften, „Corporate Messages“, abgeleitet, entwickelt und gesteuert (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 651 f.). Corporate Messages stellen die inhaltliche Ebene der Unternehmenskommunikation dar und sind „sichtbarer Ausdruck dessen, ‚ was‘ kommuniziert wird“ (ebd., S. 652).

Das Themenmanagement ist der „strategisch geleitet[e] Prozess der Planung und Steuerung von Botschaften der Unternehmenskommunikation“ (ebd., S. 653) und kann in wesentlichen Teilen als korporatives Agenda-Setting verstanden werden (vgl. Theis-Berglmair 2008, S. 44).

Die Agenda-Setting-These postuliert, dass die wahrgenommene Relevanz eines Themas vom Umfang der medialen Berichterstattung über dieses abhängt, und setzt somit die Korrelation zwischen Medien- und Publikumsagenda voraus (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 654).

Auch wenn einige Autoren inzwischen von einer dritten Stufe sprechen, wird in der Agenda-Setting-Forschung im Wesentlichen zwischen zwei Leveln unterschieden: „The first level of agenda setting is the transmission of object salience, and the second level is the transmission of attribute salience“ (McCombs/Ghanem 2001, S. 68). In Bezug auf Unternehmen lassen sich die Wirkungsebenen wie folgt beschreiben: „The first level relates to the salience of an organization, and the second level deals with the attributes or associations related to that organization“ (Cornelissen 2011, S. 146). Demnach sind die öffentliche Sichtbarkeit und Wahrnehmung einer Institution auf der ersten Stufe angesiedelt, Attribute, die die Umwelt dem Unternehmen zuschreiben, auf der zweiten.

Werden organisationale Kommunikationsangebote in die mediale Berichterstattung aufgenommen, wird die Unternehmenskommunikation unmittelbarer Bestandteil des medialen Agenda-Settings, sodass unternehmensrelevante Themen und Botschaften „über die Medienagenda auf die Publikumsagenda“ (Huck-Sandhu 2014, S. 654) gelangen. Im allgemeinen Bezug auf Corporate Messages ist die Agenda-Setting-Theorie noch weiter auf die Unternehmenskommunikation zu übertragen: Hinsichtlich des korporativen Agenda-Settings entwickelt das Themenmanagement eine Themenagenda und definiert, welche Themen aus Unternehmenssicht relevant sind und wie diese aus Institutionsperspektive gedeutet werden. Bezüglich dieser Doppelseitigkeit wird dem Themenmanagement eine „Thematisierungs- und Themengestaltungsfunktion“ (ebd., S. 653) zugeschrieben. Während die Thematisierungsfunktion die Identifikation und Platzierung relevanter Themen verantwortet, dient die Themengestaltungsfunktion der „inhaltlichen Aufbereitung und […] kommunikativen Vermittlung“ (ebd., S. 655) von Corporate Messages.

2.3 Strategien zur Vermittlung von Corporate Messages

Die Übertragung von Unternehmensbotschaften eröffnet den Blick auf verschiedene Kommunikationsmodi, mittels derer Journalisten und Kommunikationsmanager ihr Publikum bezugsgruppengerecht ansprechen und durch das kontextuelle Einbetten von Themen „Zugänge zur Wirklichkeit“ (Mast 2016, S. 240 f.) legen können. Die Kommunikationsformate sind Abbild dessen, wie Content kommuniziert wird (vgl. Mast 2016, S. 233; Krüger 2015, S. 77).3

Der Großteil der Inhalte der Unternehmenskommunikation und journalistischen Berichterstattung, wie Ereignisse, Fakten und daraus resultierende Konsequenzen, wird durch den Informationsmodus transportiert (vgl. Lünenborg 2005, S. 90). Eine Einordnung dieser Sachverhalte ermöglicht der erklärende oder argumentative Kommunikationsmodus, da er Hintergründe oder Rahmenbedingungen und somit eine Logik der Ereignisse aufzeigt. Im bewertenden Kommunikationsmodus bringen Journalisten und Kommunikationsmanager Urteile, Meinungen, Einschätzungen, Interpretationen oder Empfehlungen zum Ausdruck (vgl. Mast 2019, S. 263). Mittels des Narrationsmodus stellen sie ein Ereignis im Zeitverlauf dar. Der Modus in dramaturgischer Form weicht von den drei zuvor genannten Strategien ab, da sein Fokus auf der Vermittlungsform, nicht auf der Informationsart liegt. Demnach kann der narrative Modus beispielsweise Fakten, Zusammenhänge, Hintergründe und Bewertungen implizieren (vgl. Lünenborg 2005, S. 90; Huck-Sandhu 2014, S. 655). Dem Attraktionsmodus oder performativen Modus zufolge ist die Inszenierung eines Ereignisses ausschlaggebend für den Erfolg der medialen Berichterstattung. Folgt man Lünenborgs Vorstellung, dass es sich bei dem Publikum um „neugierig[e], […] sensationslüstern[e] ZirkusbesucherInnen“ (Lünenborg 2005, S. 90, Hervorhebung i. O.) handelt, muss eine Bühne „geschaffen werden, auf der das Abweichende, Befremdliche [und] Außergewöhnliche präsentiert werden kann“ (ebd.). Die auf Argumentation und Aushandlung ausgerichtete Inszenierung von Content erfolgt im diskursiven Kommunikationsmodus. Während Journalisten dieses Format für die Darstellung von Interaktionen verwenden, nutzen Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen es für den Dialog oder argumentativen Austausch mit ihren Anspruchsgruppen (vgl. Mast 2019, S. 263; Huck-Sandhu 2014, S. 655).

Mit den Kommunikationsmodi verfolgen Kommunikatoren verschiedene „Strategien der Publikumsansprache“ (Mast 2019, S. 263). Abhängig von den Informationsbedarfen der Stakeholder und den Zielen der Unternehmenskommunikation können Corporate Messages „unterschiedlich formatiert“ (Krüger 2015, S. 77) und beispielsweise „vollständig, teilweise oder überhaupt nicht narrativ sein“ (ebd.). Die Vermittlungswege schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern werden, um ein möglichst schlüssiges Gesamtbild für die Stakeholder zu zeichnen, oftmals in Kombination verwendet (vgl. Mast 2019, S. 263).

3 Framing

Nachdem festgelegt wurde, welche Themen im Organisationsumfeld platziert werden sollen (Thematisierungsfunktion), gilt es diese Themen im Unternehmenssinn zu interpretieren (Themengestaltungsfunktion), um den Anspruchsgruppen mittels eines Deutungsrahmens Orientierung zu verschaffen. Für die Aufbereitung von Unternehmensbotschaften verwenden Kommunikationsmanager neben den Modi verschiedene Kommunikationsinstrumente, die Bruhn definiert als „das Ergebnis einer gedanklichen Bündelung von Kommunikationsmaßnahmen nach ihrer Ähnlichkeit“ (Bruhn 2015, S. 6). Wie erläutert, widmet sich diese Abhandlung zwei komplementären Techniken für die Steuerung von Content und der Rezeption seiner Empfänger, dem Framing und dem Storytelling. Begonnen wird mit der Erläuterung des Framing-Ansatzes.

3.1 Begriffliche Annäherung: Frame und Framing

Die kommenden Ausführungen folgen dem Versuch, ein Verständnis der Begrifflichkeiten „Frame“ und „Framing“ zu vermitteln.4

Obwohl insbesondere im englischsprachigen Raum von der Framing-Theorie die Rede ist, besteht in der Literatur kein kohärentes Netz theoretischer Aussagen (vgl. Matthes 2014, S. 10 f.). Die Grundidee des Framings ist innerhalb verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen beheimatet und findet in unterschiedlichsten Kontexten Anwendung, sodass die Publizistik sehr heterogene Bedeutungen für die Begrifflichkeiten zur Verfügung stellt. Bereits 1999 stellte Hallahan in einer umfassenden Literaturrecherche über 1.000 Framing-Quellen in der wissenschaftlichen Literatur fest (vgl. Hallahan 1999, S. 209). Eine Reihe wissenschaftlicher Arbeiten verwendet den Begriff des „Frames“ zwar, leitet ihre Aussagen jedoch nicht aus einer Framing-Theorie ab, sodass das Konzept nur schwer fassbar und schlüssig darzulegen ist (vgl. Matthes 2014, S. 10). Die Vielzahl an Forschungsarbeiten zeugt zunächst von der hohen Aktualität und Relevanz des Ansatzes, zeigt aber auch, dass „weder ein theoretischer Konsens in der Framing-Forschung existiert, noch überhaupt der Stellenwert des Ansatzes innerhalb der Kommunikationswissenschaft geklärt ist“ (Matthes 2007, S. 19). Robert Entman schildert die Heterogenität des Begriffs bereits 1993 wie folgt:

„Despite its omnipresence across the social sciences and humanities, nowhere is there a general statement of framing theory that shows exactly how frames become embedded within and make themselves manifest in a text, or how framing influences thinking“ (Entman 1993, S. 51).

Er fordert daher die Konstruktion einer kohärenten Theorie, eines Schlüsselkonzeptes (vgl. ebd.). Die Uneinheitlichkeit der Begriffe spiegelt sich auch in der häufigen Verwendung des Ausdrucks „Framing- Ansatz “ wider, wobei dem Terminus ebenso häufig der Status einer Theorie (Dahinden 2006), eines Paradigmas (Entman 1993) oder eines Forschungsprogramms (D’Angelo 2002) zugesprochen wird.5 Die geschilderte Vielseitigkeit erschwert zwar das Vorhaben dieser Arbeit, Paul D’Angelo sieht in dieser vermeintlichen Schwäche jedoch eine Stärke und gibt zu bedenken, dass die konzeptionelle Vielfalt und die verschiedenen Traditionen des Framings den Ansatz weiterbringen als ein einheitliches Begriffsverständnis (vgl. D’Angelo 2002, S. 870).

Die weiteren Ausführungen werden zeigen, dass die Frame- und Framing-Definitionen von der jeweiligen Fachdisziplin, in der sie Anwendung finden, abhängen. Zunächst wird sich auf einige medien- und kommunikationswissenschaftliche Grundannahmen beschränkt.

Vorab sollte die Frage der Sprachauswahl geklärt werden, in deren Zuge bereits eine definitorische Annäherung erfolgt. In der Fachliteratur wird sowohl der deutsche Ausdruck des „(Deutungs-)Rahmens“ als auch der englische Begriff des „Frames“ verwendet. Laut Dahinden handelt es sich in beiden Fällen um eine Metapher, sodass man zunächst annehmen könnte, die Differenzierung der Termini relativiere sich (vgl. Dahinden 2006, S. 27 f.).

Du Marsais beschrieb eine „Metapher“ in seinem „Traité des tropes“ (II,10) in Anlehnung an Aristoteles als „eine Figur, durch welche sozusagen die eigentliche Bedeutung eines Wortes auf eine andere Bedeutung übertragen wird, die ihr nur durch die Kraft eines Vergleiches im Geiste zukommt“ (Du Marsais, zit. n. Nöth 2000, S. 342).

Besonders in der Wissenschaft ist der Gebrauch von Metaphern nicht gern gesehen, was in Anbetracht der Ubiquität von Methapern im Widerspruch zu ihrer häufigen Anwendung in der Empirie steht (vgl. Dahinden 2006, S. 79; Nöth 2000, S. 348). Da Metaphern auf der „höchsten Abstraktionsebene der theoretischen Konzepte“ (Dahinden 2006, S. 79) angesiedelt sind, dienen sie in der Framing-Forschung vor allem der Beschreibung spezifischer Frames im Sinne wissenschaftlicher Beobachtungsdimensionen (vgl. ebd., S. 80). Wenngleich Frames von etlichen Forschern als Metaphern bezeichnet werden und die sprachlichen Konzepte Gemeinsamkeiten aufweisen, sind sie nicht deckungsgleich. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass von der Existenz von Frames nicht auf das Vorhandensein von Metaphern geschlossen werden kann und andersherum (vgl. ebd.).

Auch im Hinblick auf die Begrifflichkeiten „Rahmen“ und „Frame“ ist eine gewisse empirische Überschneidung festzustellen, jedoch geht auch hier keines der Konzepte im jeweils anderen vollständig auf. Obwohl bei der Übersetzung des englischen Wortes Übereinstimmung „im Sinne einer äußeren Begrenzung“ (ebd., S. 28 f.) physischer Objekte besteht, mangelt es dem Begriff „Rahmen“ am Einbezug einer „inneren Struktur, die das jeweilige Objekt stützt und zusammenhält“ (ebd., S. 28). Darüber hinaus sollte bedacht werden, dass die Verwendung des deutschen Terminus allzu leicht annehmen lässt, es handele sich um einen Alltagsbegriff, auch wenn Friedrichs zu verstehen gibt, dass „die Übernahme von Ausdrücken aus der angelsächsischen Literatur kein Definitionsersatz“ (Friedrichs 1990, S. 80) ist (vgl. Dahinden 2006, S. 28).

Auch aufgrund der Tatsache, dass in der Fachliteratur überwiegend der englische Begriff gebraucht wird und in den deutschen Medien- und Kommunikationswissenschaften eine Vielzahl englischsprachiger Termini existiert, bedienen sich die nachfolgenden Ausführungen überwiegend des Begriffs des „Frames“.

Dahinden definiert „Framing“ als „diejenigen Prozesse […], bei denen Deutungsmuster in der Informationsverarbeitung aktiviert werden“ (Dahinden 2006, S. 28), Deutungsmuster wiederum stellen nach Meuser und Sackmann „eine eigene Dimension sozialer Wirklichkeit“ (Meuser/Sackmann 1992, S. 19) dar. Pan und Kosicki beschreiben das Verb „Framing“ und seine Konsequenzen wie folgt: „framing is viewed as placing information in a unique context so that certain elements of the issue get a greater allocation of an individual’s cognitive resources“ (Pan/Kosicki 1993, S. 57). Matthes schlägt vor, „Framing“ als „den aktiven Prozess des selektiven Hervorhebens von Informationen und Positionen“ (Matthes 2014, S. 10 f.) und „Frames“ als die Ergebnisse dieses Vorgangs zu definieren.

Angelehnt an die Kernprozesse des Framings definiert Gitlin „Frames“ als „principles of selection, emphasis and presentation composed of little tacit theories about what exists, what happens, and what matters“ (Gitlin 2003, S. 6). Gamson und Modigliani betonen in ihrer viel zitierten Definition die Zuschreibung von Bedeutung durch Frames: „a central organizing idea or story line that provides meaning to an unfold strip of events, weaving a connection among them“ (Gamson/Modigliani 1994, S. 376). Während Bonfadelli und Friemel „Frames“ als „Tiefenstrukturen, die Texten unterliegen, bzw. […] Modelle, die zur Analyse von (Medien-)Texten formuliert werden“ (Bonfadelli/Friemel 2017, S. 190) begreifen, verstehen andere Autoren „Frames“ als „mentale Deutungsmuster“ (Huck-Sandhu 2014, S. 657), „kognitive Referenzrahmen“ (ebd., S. 656), „Blickwinkel auf ein Thema“ (Matthes 2014, S. 9), „Sinnhorizonte“ (ebd., S. 10), „mental maps“ (mentale Landkarten) (Dunwoody/Griffin 1994, S. 24) oder „coping strategies“ (Bewältigungsstrategien) (Dunwoody/Peters 1992, S. 212). Hinsichtlich der Funktion von Frames besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass sie bestimmte Informationen hervorheben, neues Wissen strukturieren und anschlussfähig machen, Informationen in einen größeren Zusammenhang stellen, Komplexität reduzieren, Erlebnissen Sinn verleihen und sich maßgeblich auf die Wahrnehmung neuer Reize auswirken (vgl. Benford/Snow 2000, S. 614; Huck-Sandhu 2014, S. 657; Dahinden 2006, S. 193 f.; Entman 1993, S. 53).

Die meist zitierte Definition des Frame-Begriffs stammt von Robert Entman, dessen Forschungsschwerpunkt auf der Macht von Frames bzw. der verzerrten Berichterstattung lag. In seiner Definition führt Entman die Bestandteile eines Frames und die Kernprozesse des Framings an, auf die sich, wie gezeigt, etliche Forscher bis heute beziehen:

„To frame is to select some aspects of a perceived reality and make them more salient in a communicating text, in such a way as to promote a particular problem definition, causal interpretation, moral evaluation, and/or treatment recommendation for the item described“ (Entman 1993, S. 52).

„Salience“ wiederum beschreibt er als „making a piece of information more noticeable, meaningful, or memorable to audiences“ (ebd., S. 53). Entman zufolge thematisiert ein Frame eine bestimmte Angelegenheit oder ein Problem, schreibt Verantwortung zu, gibt eine moralische Bewertung ab und legt eine Handlungsempfehlung nahe.

Unter anderem Matthes vertritt die Auffassung, dass sich Frames sowohl in den transportierten Medieninhalten als auch in den „kognitiven Apparat[en] de[r] Menschen“ (Matthes 2014, S. 10) ausmachen lassen, weshalb es einen Begriff benötige, „um die Frames in unseren Köpfen“ (ebd., S. 27) zu benennen. Um dies zu tun, wird häufig der Terminus „Schema verwendet:

Der Veranschaulichung des Schema-Konzeptes dient das Bild eines Schubladensystems. Dieser Vorstellung zufolge verfügen Menschen über eine unendliche Anzahl von Schubladen im Gehirn, die mit Wissen über sämtliche Objekte gefüllt sind. Wird eine Information verstanden, öffnet sich die entsprechende Schublade. Wird ein Reiz nicht erkannt, bleibt sie verschlossen und es bildet sich eine neue Schublade heraus, in der die gewonnene Information abgelegt wird (vgl. ebd.). Graber definiert den Begriff „Schema“ wie folgt:

„In a nutshell, a schema is a cognitive structure consisting of organized knowledge about situations and individuals that has been abstracted from prior experiences. It is used for processing new information and retrieving stored information“ (Graber 1984, S. 23).

Matthes und Scheufele stimmen darin überein, dass Schemata als „vorstrukturierte, relativ stabile Wissenspakete“ (Matthes 2014, S. 27) und Frames als „Bündel an Schemata“ (Scheufele 2003, S. 214) verstanden werden können. Wenngleich Grabers Schema-Verständnis starke Parallelen zu einigen Frame-Definitionen aufweist, gibt Dahinden zu bedenken, dass der Framing-Ansatz in seiner Gesamtheit interdisziplinär und die Schemata-Theorie in der Kognitionspsychologie beheimatet ist. Ein weiterer Unterschied der Konzepte bestehe unter anderem darin, dass das Schema-Konzept der Klärung intrapsychischer Informationsverarbeitungsprozesse dient und das Framing-Konzept soziologische und sozialpsychologische Aspekte von Wahrnehmungsmustern fokussiere (vgl. Dahinden 2006, S. 93).

3.2 Multidisziplinäre Ursprünge der Framing-Forschung

Wie erläutert, reichen die Wurzeln des Framing-Ansatzes in verschiedene akademische Disziplinen. Da die Ausrichtungen der Wissenschaften für ihre jeweiligen Frame- und Framing-Definitionen grundlegend sind, werden in diesem Kapitel psychologische, ökonomische, soziologische und kommunikationswissenschaftliche Framing-Ursprünge samt ihren bedeutendsten Vertretern vorgestellt und die bereits aufgeführten Definitionen um weitere ergänzt.

3.2.1 Die psychologische und ökonomische Tradition

Der Anthropologe und Psychiater Gregory Bateson verwendete den Frame-Begriff als Erster in einem wissenschaftlichen Kontext, als er sich 1952 während eines Zoobesuches in San Francisco fragte, wie die tobenden Affen ihr Verhalten gegenseitig als Spiel interpretieren können (vgl. Bateson 1972, S. 179). Seiner Einschätzung zufolge enthalten Handlungen neben ihrem eigentlichen Inhalt eine metakommunikative Nachricht, durch die der Kommunikationspartner die intendierte Handlung des anderen richtig interpretieren kann: einen Frame. Batesons besonderes Erkenntnisinteresse besteht in der Erschließung des Frame-Begriffs für die Psychotherapie, sodass er psychologischen Frames durch den Ein- und Ausschluss von Nachrichten inklusive und exklusive Funktionen zuschreibt (vgl. ebd., S. 187). Diese Frame-Funktionen können analog auf das deutsche Wort des Rahmens bezogen werden, der dem Betrachter eines Bildes zu verstehen gibt, nur Dingen innerhalb des Bilderrahmens Beachtung zu schenken (vgl. ebd.). Der Psychiater verweist auf die hierarchische Struktur von Frames und schildert, dass ein vordergründiges Element erst vor seinem Hintergrund erkennbar wird, der wiederum durch einen äußeren Rahmen begrenzt ist.

Batesons Frame-Verständnis in Bezug auf die Psychotherapie führt dazu, dass er Schizophrenie definiert als „the patients failure to recognize the metaphoric nature of his fantasies […] [and] the loss of the ability to set metacommunicative frames” (ebd., S. 190).

Bateson zufolge besteht erfolgreiche Psychotherapie demnach in der Anpassung der Muster, nach denen ein Patient Nachrichten aufnimmt, wofür Metakommunikation, sprich Kommunikation über die Aufnahme von Kommunikationsinhalten, notwendig sei (vgl. ebd., S. 191).

Bei Betrachtung der interdisziplinären Framing-Ursprünge in der gängigen Publizistik fällt auf, dass einige Autoren, wie Matthes, nicht die Ideen Batesons als Quell des psychologischen Framing-Ansatzes betrachten, sondern die entscheidungspsychologischen Arbeiten von Tversky und Kahneman (vgl. Matthes 2014, S. 26). Dahinden hingegen kategorisiert dessen Forschung als „eindeutig […] ökonomische Untersuchung“ (Dahinden 2006, S. 54) und räumt gleichzeitig ein, die Arbeiten seien an der Grenze zwischen Ökonomie und Psychologie anzusiedeln (vgl. ebd.). Die Studie der Autoren ist zwar älteren Datums, ihre Erkenntnisse sollen an dieser Stelle jedoch zumindest kurz erläutert werden, da sie in zahlreichen Untersuchungen repliziert wurden, exemplarisch zentrale Entscheidungsprozesse aufseiten der Rezipienten verdeutlichen und Kahneman für seine Arbeiten 2002 schließlich den Nobelpreis für Ökonomie erhalten hat (vgl. ebd.).

Tversky und Kahneman definieren Frames nicht explizit, sondern implizit durch ihr methodisches Vorgehen und beschreiben sie als sprachlich unterschiedliche Formulierungen von identischen Entscheidungsobjekten (vgl. Kahneman/Tversky 1981, S. 453; Dahinden 2006, S. 54). Um es präziser zu fassen, kommen sie zu dem Ergebnis, dass das menschliche Entscheidungsverhalten von einer vermittelten Gewinn- oder Verlustperspektive abhängig ist.

Iyengar konstatiert:

„The concept of framing refers to the effects of presentation on judgment and choice. In the psychological literature, it is well known that individuals’ choices vary dramatically depending upon whether the options are presented as potential gains or losses“ (Iyengar 1996, S. 61).

Diese Erkenntnis gewannen Tversky und Kahneman durch ein Experiment, in dem sich Probanden zwischen zwei Strategien zur Bekämpfung einer asiatischen Krankheit entscheiden sollten. Bei Anwendung der ersten Strategie, so prophezeite man ihnen, würden 200 von 600 Personen überleben, die zweite Strategie prognostizierte den Tod zweier Drittel von 600 Personen. Obwohl gewiss beide Maßnahmen dasselbe Resultat ankündigten, gaben 72 % an, die erste Maßnahme, die einen positiven Frame (Überleben) vermittelte, zu bevorzugen, nur 28 % der Probanden würden die zweite Maßnahme, die einen negativen Blickwinkel (Sterben) transportierte, ergreifen wollen (vgl. Kahneman/Tversky 1981, S. 453).

3.2.2 Die soziologische Tradition

Kurze Zeit später übernahm Erving Goffman den Frame-Begriff Batesons und veröffentlichte 1974 das wegweisende Werk „Frame Analysis“, die deutsche Ausgabe erschien 1980 unter dem Titel „Rahmenanalyse“. Die Überlegungen Goffmans gelten als Meilenstein der Framing-Forschung und als meist beachteter Framing-Ansatz in der Soziologie. Pan und Kosicki fassen Goffmans Grundannahme wie folgt zusammen: „Erving Goffman’s (1974) Frame Analysis maintains that we all actively classify, organize, and interpret our life experiences to make sense of them“ (Pan/Kosicki 1993, S. 56). Goffman selbst beschreibt seinen Denkansatz wie folgt: „This book is about the organization of experience – something that an individual actor can take into his mind – and not the organization of society“ (Goffman 1986, S. 13). Goffman orientiert sich an der Definition Batesons und versteht Frames als Organisationsprinzipien v on Erfahrungen und Situationsdefinitionen, die die Wahrnehmung der sozialen „Realität“ im Alltag organisieren (vgl. ebd., S. 10), um es in Willems Worten zu sagen „mehr oder weniger komplexen generellen (Meta-) Verstehensanweisung[en]“ (Willems 1997, S. 35, Hervorhebung i. O.). Goffman zufolge können Situationen erst durch die sinnvolle Strukturierung von Alltagserlebnissen erkannt werden, sodass Rahmen Situationen Sinn verleihen. Im Alltag stellten Menschen immer wieder die Frage „What is it that’s going on here?“ (Goffman 1986, S. 8), die Antwort erfolge stets in Abhängigkeit von dem angewandten Frame. Das Erkenntnisinteresse des Soziologen führte schließlich dazu, dass sein Konzept in medien- und kommunikationswissenschaftlichen Abhandlungen vergleichsweise wenig thematisiert wird und oftmals lediglich der Hinweis erfolgt, dass Goffman der „Schöpfer“ des Frame-Begriffs sei (vgl. Dahinden 2006, S. 38; Scheufele 2003, S. 43). Auch aufgrund des unspezifischen Niveaus, auf dem Goffmans Frame-Begriff verbleibt, bemängelt unter anderem Matthes, könnten Aussagen „vom Vater der Framing-Forschung […] [kaum] fruchtbar übernommen und umgesetzt werden“ (Matthes 2014, S. 25).

3.2.3 Die kommunikationswissenschaftliche Tradition

In der empirischen Medien- und Kommunikationswissenschaft ist die Framing-Theorie vergleichsweise spät rezipiert worden, konnte sich jedoch rasch großer Popularität erfreuen (vgl. Bonfadelli/Friemel 2017, S. 189). Der 1993 erschienene, viel zitierte Aufsatz „Framing: Towards a Clarification of a Fractured Paradigm“ von Robert Entman hat die Framing-Forschung innerhalb der Kommunikationswissenschaften maßgeblich geprägt und nach Veröffentlichung zu einem regelrechten Forschungsboom geführt. In der medien- und kommunikationswissenschaftlichen Framing-Forschung geht es, um es auf den Goffman’schen Punkt zu bringen, darum, in welchem Maße die mediale Berichterstattung die Konstruktion von Situationsdefinitionen beeinflusst (vgl. Sielschott 2012, S. 43). Pan und Kosicki präzisieren dies und erläutern, der kommunikationswissenschaftliche Ansatz frage danach, wie es strategischen Kommunikatoren gelinge, Frames in den Medien zu platzieren, wie Journalisten Themen strukturieren, welche Frames sich in den Medieninhalten identifizieren lassen und welche Blickwinkel die Rezipienten aufgrund der Medienberichterstattung einnehmen (vgl. Pan/Kosicki 1993, S. 55, S. 57 ff.; Sielschott 2012, S. 43).

Die Ausführungen von Pan und Kosicki verdeutlichen, dass Frames auf allen Ebenen des massenmedialen Kommunikationsprozesses (Public Relations, Journalismus, Medieninhalte, Publikum) zu identifizieren sind und die Framing-Theorie verschiedene Teildisziplinen der Kommunikations- und Medienwissenschaften integriert: „Who [ Kommunikatorforschung ] – Says What [ Medieninhaltsforschung ] – In Which Channel [ Medienforschung ] – To Whom [ Rezipientenforschung ] – With What Effect? [ Wirkungsforschung ]“ (Lasswell 1964, S. 37; vgl. Dahinden 2006, S. 16). Hinsichtlich dieser unterstellten Linearität sollte bedacht werden, dass Feedbackschleifen zwischen Publikum und Medien, Medien und Kommunikatoren sowie Rezipienten und Kommunikatoren bestehen, sodass mitnichten von einem linearen Kommunikationsprozess gesprochen werden kann (vgl. Matthes 2007, S. 21). Darüber hinaus steht das Framing als „integrativer Theorieansatz“ (Dahinden 2006, S. 16) im Widerspruch zur Spezialisierung der Gesamtdisziplin und führt zu einer Paradoxie der Ausdifferenzierung durch Integration. Die Differenzierung der einzelnen Teilbereiche ist ein zweischneidiges Schwert (vgl. ebd.): Obgleich einzelne Forschungsbereiche präziser und tiefgreifender untersucht werden können, beklagt Langenbucher den herrschenden „Ansatzismus“ (Langenbucher 2005, S. 183) und während Saxer die Kommunikationswissenschaft als ein „Nebeneinander von bloß punktuell koordinierten Teildisziplinen“ (Saxer 1997, S. 18) kritisiert, bemängeln Kuncik und Zipfel den ungenügenden Einbezug von Einzelbefunden (vgl. Kuncik/Zipfel 2001, S. 61).

Die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten des Framing-Ansatzes haben zu einer erstaunlich hohen Forschungsproduktivität geführt, weshalb die Anzahl empirischer Untersuchungen und theoretischer Ansätze kaum noch überschaubar ist.

Auch diesen Umstand beschrieb Entman bereits 1993: „Indeed, the concept of framing is important enough in the many fields of inquiry that use it to a merit a book-length essay“ (Entman 1993, S. 57). Damit ist auch die zentrale Schwäche der Framing-Forschung genannt (vgl. Dahinden 2016, S. 13).

3.3 Framing im medialen Kommunikationsprozess: Frame-Arten

Wiedergegeben wurde bereits Matthes’ Auffassung, dass Frames sowohl in den Köpfen eines Publikums als auch in den Inhalten der Medienberichterstattung auffindbar sind. Ergänzend dazu wurde erläutert, dass sich Frames auf allen Stufen des medialen Kommunikationsprozesses erkennen lassen. Auch Entman nimmt in seiner Arbeit eine Verortung von Frames vor, die etliche Framing-Aufsätze bis heute prägt: „Frames have at least four locations in the communication process: the communicator, the text, the receiver, and the culture“ (Entman 1993, S. 52).

Kommunikatoren sind beispielsweise Pressesprecher, die organisationsrelevante Themen definieren (Thematisierungsfunktion) und mit Deutungsmustern in der Anspruchsgruppe platzieren (Themengestaltungsfunktion), oder Journalisten, die Informationen aus einer Vielzahl unterbreiteter Angebote auswählen und in die Berichterstattung aufnehmen (vgl. ebd.). Die Frames von Kommunikationsverantwortlichen benennen viele Autoren als „Kommunikator-Frames“ (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 657; Matthes 2007, S. 20).

Die zweite Frame-Art nach Entman ist unmittelbar in Texten identifizierbar. Frames in den Inhalten der Unternehmenskommunikation, sogenannte Botschaft-Frames, können beispielsweise durch Inhaltsanalysen aufgedeckt und explizit für die Gestaltung von Corporate Messages genutzt werden (vgl. Entman 1993, S. 52; Huck-Sandhu 2014, S. 658). In der journalistischen Berichterstattung ist ebenfalls von „Medien-Frames“ die Rede. Eine besonders häufig zitierte Definition eines (Medien-)- Frames stammt von James Tankard, auf die an dieser Stelle nicht verzichtet werden soll:

„A frame is a central organizing idea for news content that supplies a context and suggests what the issue is through the use of selection, emphasis, exclusion, and elaboration“ (Tankard 2001, S. 100 f.).

Die Frames der Anspruchsgruppen einer Organisation oder des Medienpublikums werden häufig als „ Rezipienten-Frames “ bezeichnet (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 657; Entman 1993, S. 52). Dieser Frame-Art kommt hinsichtlich des Themen­managements eine besonders hohe Bedeutung zu, da Corporate Messages so aufbereitet werden sollten, dass sie an die Frames der Rezipienten anschließen.

Verschiedene Anspruchsgruppen teilen bestimmte Deutungsmuster. Kulturelle Frames sind demnach die Gesamtheit aller Frames, die eine soziale Gruppe gemein hat (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 658; Entman 1993, S. 53). Auch zwischen Kommunikator- und kulturellen Frames lässt sich eine Querverbindung erkennen, da Kommunikationsangebote stets vor dem Hintergrund kollektiver Deutungsmuster entwickelt, kommuniziert und wahrgenommen werden (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 658).

3.4 Framing als Technik des Themenmanagements

Nachdem die Begriffe „Frame“ und „Framing“ bisher relativ allgemein auf hohem Abstraktionsniveau erläutert wurden, gilt es nun die Konzepte genauer auf die Unternehmenskommunikation zu beziehen.

Häufig wird Framing in der gängigen Publizistik als „Gestaltungsansatz der Unternehmenskommunikation“ (ebd., S. 659) beschrieben, selten jedoch präziser ausgeführt. Eine Zusammenfassung empirischer und theoretischer Ergebnisse lässt Huck-Sandhu zwei Framing-Ansatzpunkte erkennen: Zum einen fungiert Framing als Technik und Instrument, als „framing device“, für die Gestaltung von PR-Inhalten, zum anderen dient Framing als Strategie für die Platzierung unternehmensrelevanter Themen im öffentlichen Diskurs (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 659; Gamson/Modigliani 1989, S. 3; Pan/Kosicki 1993, S. 59). Entwickeln und vermitteln Kommunikatoren Frames medial, um sich im Wettbewerb zu anderen Akteuren durchzusetzen, ist mit diesem Vorgang das strategische Framing beschrieben (vgl. Völker 2015, S. 113). John Noakes und Hank Johnston verstehen den Terminus wie folgt:

„strategic framing is not so much about the creation of new ideas or the presentation of the greatest truth, but the splicing together of old and existing ideas and the strategic punctuation of certain issues, events or beliefs“ (Noakes/Johnston 2005, S. 8).

Raupp und Völker thematisieren einen weiteren, äußerst bedeutsamen Aspekt des (strategischen) Framings, dem bisher nur beiläufig Beachtung geschenkt wurde. Sie sehen die „Entwicklung einer Framing-Strategie als eine kontingente mentale Konstruktion von Wirklichkeit mit dem Ziel, spezifische organisationale Deutungen in öffentlichen Diskurswettkämpfen durchzusetzen“ (Raupp/Völker 2014, S. 129 f.).

Die hier geschilderte „Konstruktion von Wirklichkeit“ (ebd.) ist ein elementarer Wirkmechanismus des Framings. Während Frames auf Mikro- und Mesoebene darüber entscheiden, wie Personen und Organisationen wahrnehmen und wahrgenommen werden, prägen sie auf Makroebene die Weltanschauung einer Gesellschaft. Als individuelle und kollektive Wirklichkeitsauffassungen erzeugen Frames Realitäten, die nicht natürlich gegeben, sondern konstruiert sind: „to frame is to se­lect some aspects of a perceived reality“ (Entman 1993, S. 52).

Der Wettbewerb um die Durchsetzung des eigenen Blickwinkels im öffentlichen Diskurs wird auch als „Kampf um die Deutungshoheit“ (Matthes 2014, S. 9) bezeichnet. Mittels „belief systems“ (Gerhards/Rucht 1992, S. 575) versuchen Akteure, diese „Deutungshoheit zu erringen und Anhänger [zu] mobilisieren“ (vgl. Scheufele 2003, S. 41 f.) In diesem Kontext kann Framing als sozialer Prozess definiert werden, der zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt: „citizen discussion gives rise to public opinion, ‚which, when organized, is democray’“ (Cooley, zit. n. Price et al. 2005, S. 180).

Durch die öffentliche Platzierung von Frames sind Kommunikationsverantwortliche imstande, gesellschaftliche Diskussionsprozesse zu initiieren (vgl. Völker 2015, S. 54). Medien fungieren in diesem Kontext als Resonanzraum für verschiedene Frames und sind einerseits die Arena, in die sich die Akteure begeben, andererseits sind sie die Produzenten des Mediendiskurses, den Gamson und Modigliani definieren als „set of interpretive packages that give meaning to an issue“ (Gamson/Modigliani 1989, S. 3). Darüber hinaus sind Medien selbst Akteure und weisen aus „institutionenökonomischer Sicht die Charakteristik von Institutionen“ (Kiefer 2010, S. 77) auf. Da strategische Frames im Spannungsfeld zwischen den Zielen einer Organisation und den an sie herangetragenen Erwartungen der Anspruchsgruppen entstehen, sind Framing-Strategien äußerst umweltsensibel und Akteure gezwungen, auf Grundlage ihres institutionellen Kontextes unter sich wandelnden Umweltbedingungen zu agieren (vgl. Völker 2015, S. 114).

Ziel des strategischen Framings ist, wie bereits angedeutet, a) eigene Themen und Positionen im öffentlichen Diskurs durchzusetzen („Kampf um die Deutungshoheit“), b) Handlungen oder Handlungsvorschläge zu legitimieren („License to operate“) und c) Anhänger zu mobilisieren und Unterstützung aus der Bevölkerung zu erlangen (vgl. ebd., S. 115). Anhand des Beispiels sozialer Bewegungen wird deutlich, wie zu eigen gemachte Themen und Positionen in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erzielen, Unterstützung erhalten, Legitimation erfahren und schließlich durchgesetzt werden können (vgl. Benford/Snow 1992, S. 135). Soziale Bewegungen definieren „starke Themen-Frames“ (Huck-Sandhu 2014, S. 659), die mittels konsequenter Kommunikation „normative Geltungskraft“ (Scheufele 2003, S. 44) erreichen. Etliche Studien haben gezeigt, dass solche „Master-Frames“ oft unmittelbaren Eingang in die Medienberichterstattung finden und sich infolgedessen auf die Einstellung der Öffentlichkeit auswirken (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 659; Benford/Snow 1992, S. 134; Benford 2013). Je klarer der Themenfokus eines Master-Frames und je enger seine Bündelung, desto höher ist die Chance auf Übernahme in den Medien (vgl. Huck-Sandhu 2014, S. 659). Huck-Sandhu resümiert, dass die „strategische Ausrichtung des Framings“ (ebd., S. 660) die Basis für den Einsatz des Framings als Technik bildet, weshalb sich Corporate Messages „als Master-Frames im Sinne der Kernthemen einer Organisation“ (ebd.) beschreiben lassen.

3.5 Zur Differenzierung von Framing und Agenda-Setting: ein Exkurs

Eingangs wurde das Themenmanagement als korporatives Agenda-Setting bezeichnet und in Analogie zur Thematisierungs- und Themengestaltungsfunktion das First- und Second-Level-Agenda-Setting beschrieben. Ausgangspunkt dieser Differenzierung war die Unterscheidung zwischen Objekten und Attributen, die diesen Objekten zugeschrieben werden (vgl. McCombs/Ghanem 2001, S. 68). Wenn der „Wichtigkeitstransfer eines Objektes“ (Matthes 2014, S. 70 f.) stattfindet, ist mit diesem Vorgang das First-Level-Agenda-Setting beschrieben, mit dem „Wichtigkeitstransfer von Attributen“ (ebd.) Second-Level-Agenda-Setting. Die zugeschriebenen Attribute können sich wiederum auf die Relevanz eines Themas auswirken:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: First- und Second-Level-Agenda-Setting

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Maurer 2010, S. 70

[...]


1 Es ist weder Anspruch noch Ziel dieser Arbeit, die Termini auch nur annährend erschöpfend darzustellen, lediglich wird an dieser Stelle der Versuch unternommen, eine möglichst stringente Begriffsarchitektur zu schaffen.

2 Nach der sehr grobmaschigen und stark vereinfachten Darstellung grundlegender Begrifflichkeiten bedienen sich die folgenden Ausführungen überwiegend des Begriffs der Unternehmenskommunikation.

3 Die Kommunikationsmodi werden in der gängigen Literatur unterschiedlich stark zusammengefasst oder ausdifferenziert (vgl. Krüger 2015, S. 77). Die Systematisierung dieser Abhandlung bezieht sich auf Mast und Lünenborg, sodass sich insgesamt sechs Wege für die Vermittlung von Kommunikationsinhalten feststellen lassen.

4 In diesem Zusammenhang sollte betont werden, dass die Termini in dieser Arbeit sowohl aus Kapazitätsgründen als auch aufgrund der Vielzahl vorhandener Definitionen mitnichten hinreichend erläutert werden können. Die ausführlichen kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten von Scheufele, Dahinden und Matthes haben die methodische und theoretische Beschäftigung mit dem Framing-Ansatz in Deutschland wesentlich vorangetrieben, sodass ihre Aufsätze in diesem Kapitel besondere Berücksichtigung finden (vgl. Völker 2015, S. 53; Matthes 2014, S. 10).

5 Eine nähere Betrachtung der Status würde weder der Komplexität noch dem Ziel dieses Kapitels zugutekommen, sodass eine Differenzierung der Begrifflichkeiten in dieser Abhandlung nicht vorgesehen ist und die Bezeichnungen synonym verwendet werden.

Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung des Storytellings für das Framing der klinischen Psychiatrie. Wie sprechende Medizin das Stigma psychischer Erkrankungen aufheben kann
Jahr
2020
Seiten
116
Katalognummer
V539556
ISBN (eBook)
9783960958901
ISBN (Buch)
9783960958918
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Framing, Storytelling, Strategische Kommunikation, Stakeholdermanagement, Corporate Story, Persuasion, Stigmatisierung, Fremdwahrnehmung
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Die Bedeutung des Storytellings für das Framing der klinischen Psychiatrie. Wie sprechende Medizin das Stigma psychischer Erkrankungen aufheben kann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/539556

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