Agrarlandgewinnung durch Flussregulierung in Österreich


Seminararbeit, 2019

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zur Bedeutung von Flussregulierungen im Alpenraum
2.1 Die Entstehung der Gewässer und Täler im Alpenraum
2.2 Geschichte der Flussregulierungen im Alpenraum
2.3 Methodik der Flussregulierung

3 Beispiele für Flussregulierungen in Österreich
3.1 Flussregulierungen am Beispiel der Donau
3.2 Flussregulierungen am Beispiel der Enns
3.3 Flussregulierungen am Beispiel der Traun

4 Auswirkungen und Maßnahmen
4.1 Auswirkungen durch Flussregulierungen
4.2 Von der Flussregulierung zur Flussrenaturierung

5 Fazit

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

[Hinweis der Redaktion: die Abbildungen 7, 9, 10, 12 und 14 mussten aus urheberrechtlichen Gründen entfernt werden]

1 Einleitung

Österreich ist einerseits als Alpenland bekannt, da 62,8 % der gesamten Staatsfläche von den Alpen eingenommen werden. Gleichzeitig wird Österreich in der zweiten Verszeile der Bundeshymne als „Land am Strome“ gerühmt, weshalb es offenbar auch für seine weitläufigen Flusssysteme und Süßwasserreservoire bekannt ist. Das gesamte Fließgewässernetz weist eine Länge von über 100.000 Kilometern auf. Allein die Donau nimmt davon etwa 350 Kilometern in Österreich ein, an zweiter Stelle liegt die Mur mit 343 Kilometern. (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus 2018: 23f; Winckler 2012).

Wenn man also bedenkt, dass beinahe zwei Drittel der österreichischen Staatsfläche gebirgig, 47,6% der Staatsfläche bewaldet (Bundesforschungszentrum für Wald 2012: 8) sind und das Land von einem 100.000 Kilometer langen Flusssystem durchzogen wird, so stellt sich die Frage, wo sich überhaupt noch Platz für Industrie-, Wohn-, Verkehrs- oder Agrarflächen findet. Vor allem die Flüsse, zum Teil schnell fließend und mäandrierend, stellten in der Geschichte der Landwirtschaft immer wieder Probleme dar, was die Bevölkerung veranlasste, Flussregulierungen durchzuführen und Flächen somit urbar zu machen.

Die folgende Seminararbeit beschäftigt sich mit der Agrarlandgewinnung durch Flussregulierungen in Österreich. Dazu wird zu anfangs kurz auf die Entstehung der heutigen Alpentäler sowie auf die Ursprünge der Flussregulierungen im Alpenraum eingegangen sowie etablierte Techniken der Flussregulierung während des späten 18. und 19. Jahrhunderts beschrieben. Anschließend soll anhand von drei österreichischen Flüssen – nämlich der Donau, der Enns und der Traun – gezeigt werden, wie Flüsse in den letzten zwei Jahrhunderten reguliert wurden und welche Auswirkungen diese Eingriffe in den natürlichen Verlauf der Flüsse mit sich brachten.

2 Zur Bedeutung von Flussregulierungen im Alpenraum

2.1 Die Entstehung der Gewässer und Täler im Alpenraum

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Lage der Meere vor ca. 24 Millionen Jahren (Jungwirth et al. 2014: 46)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Herausbildung eines zu heute ähnlichen Flusssystems vor ca. 3 Millionen Jahren (Jungwirth et al. 2014: 48)

Maßgeblich für die Entstehung des Alpenraumes war die Auffaltung der Alpen vor etwa 135 Millionen Jahren, infolgedessen es vor etwa 30 Millionen Jahren zur Hebung des Gebirgszuges kam. Dadurch wurde das Urmeer Tethys zweigeteilt und der nördliche Teil, der sich über das heutige Alpen- und Karpatenvorland erstreckte, nun als Paratethys bezeichnet (siehe Abbildung 1). Dies ist auch der Grund, warum in manchen Regionen des Alpenvorlandes (z.B. Sandgrube in Prambachkirchen oder Plesching bei Linz) zahlreiche Ablagerungen des Meeres (z.B. versteinerte Fossilien wie Haizähne) gefunden werden können. Die Ablagerungen, auch bekannt als Molasse, brachten der Paratethys den Beinamen Molassemeer (Jungwirth et al. 2014: 44).

Fließgewässer des Alpenraumes wie die Donau entstanden vor etwa 17 Millionen Jahren als sich die Meere aus dem heutigen Mitteleuropa allmählich Richtung Osten zurückzogen. Das heute existierende Flusssystem, in dem die meisten Flüsse über die Donau entwässern, entstand jedoch erst vor etwa 3 Millionen Jahren, was in Abbildung 2 dargestellt ist. Ein zur heutigen Donau ähnlicher Verlauf mit einigen Quellflüssen ist darin bereits ersichtlich.

Vor 2,5 Jahren begann das Eiszeitalter mit der Günz-Eiszeit, woraufhin es zu einer rhythmischen (40.000-100.000 Jahre) Abfolge von Warm- und Kaltzeiten kam. Der Naturraum der Alpen wurde maßgeblich durch die letzte Eiszeit geformt, die vor etwa 12.000 Jahren endete. Zu dieser Zeit reichten die großen Gletscher bis ins Alpenvorland und formten die heutigen Alpentäler. In diesen Alpentälern entstanden durch Ausschürfung riesige Gletscherseen, weshalb sich der Bodensee etwa bis zur ostschweizerischen Stadt Chur erstreckte. Diese riesigen Wasserflächen wurden später zum Teil durch Schotter aufgefüllt, dennoch blieben die Seen in verkleinertem Ausmaß bis heute bestehen (Bätzing 2015: 96f; Jungwirth et al. 2014: 55ff). Nach dem Abschmelzen der Gletscher wurden die zuvor entstandenen Flüsse wieder frei und suchten sich neue Wege, wobei allgemein zwischen geschiebeführenden und geschiebearmen Fließgewässern unterschieden wird. Erstere sind die typischen Alpenflüsse mit ihren breiten Flussbetten bzw. verzweigten Nebenarmen, bei denen somit kein eindeutiges Ufer erkennbar ist. Geschiebearme Flüsse sind eher im Mittelgebirge und in Hügellandschaften zu finden und zeichnen sich durch ein geschlossenes Flussbett sowie einen mäandrierenden Verlauf aus (Scheurmann 1981: 29). Da die Flüsse zum Teil ein geringes Gefälle aufweisen – bedingt durch die glazialen Trogtäler – kam es zu ständigen fluvialen Erosionen und Akkumulationen, die ebenso zur Formung der heutigen Alpentäler beitrugen. Durch glaziale Ablagerung von Schuttmaterial im nördlichen Alpenvorland und der anschließenden Klimaerwärmung fanden sich optimale Bedingungen für den Baumwuchs, was zur Bildung von Flussauenlandschaften führte (Bätzing 2015: 96f; Jungwirth et al. 2014: 121).

2.2 Geschichte der Flussregulierungen im Alpenraum

Die entstandenen Seengebiete und verzweigten Fließwassersysteme erschwerten die landwirtschaftliche Nutzung des Alpenraumes noch mehr als die zahlreichen Berghänge, die zumindest dem Holzschlag und der Almwirtschaft dienten. Aus diesem Grund begann die Geschichte der Flussregulierung schon sehr früh vor mehr als 2000 Jahren. Gründe für die Regulierung waren anfangs hauptsächlich die Schiffbarkeit und Nutzung der Wasserkraft, jedoch nicht die Agrarlandgewinnung. Älteste Aufzeichnungen stammen aus der Römerzeit, in welcher wasserregulierende Maßnahmen für den Straßen- und Brückenbau ergriffen worden waren. Etwa zur selben Zeit begann auch die Nutzung der Wasserkraft für die sogenannten Schiffsmühlen. Dabei handelt es sich um Schaufelräder, die zwischen zwei Schiffen festgemacht waren und durch die Strömung geschiebearmer Flüsse Energie für die Eisenverarbeitung lieferten. Im Mittelalter wurden darüber hinaus bereits von Mönchen Pläne für die Aufstauung von Flüssen und Seen entwickelt, was u.a. am Brienzer See durchgeführt wurde. Wirksame Techniken zur Regulierung der gewaltigen Wassermassen – beispielsweise um Land zu gewinnen oder das Hochwasserrisiko zu verringern – gab es allerdings lange Zeit keine. Dies änderte sich erst mit der Industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts und dem steigenden Flächenbedarf der größer werdenden Bevölkerung wurden zahlreiche Flussregulierungen vorgenommen, was den Beginn des Wasser- bzw. Flussbaus einleitete (Bätzing 2015: 96f; Scheurmann 1981: 29f, 1992: 19).

Zuvor wurden die durch Akkumulation entstandenen Schwemmkegel aufgrund des fruchtbaren Bodens trotz der Hochwassergefahr als Anbau- und Siedlungsflächen oder für die extensive Viehwirtschaft genutzt, nun kam es zu Tieferlegungen und Begradigungen aller größeren Alpenflüsse, was die intensive Nutzung der Täler vorantrieb. Verbunden mit diesen Strukturveränderungen waren des Weiteren die Trockenlegung kleiner Seen, flussbegleitender Flachmoore und Feuchtgebiete sowie die Beseitigung von Nebenarmen, deren Flächen durch Wiesen und Weiden urbar gemacht wurden. Wenngleich für viele Flussregulierungen keine genauen Datierungen zu finden sind, wurde das 19. Jahrhundert dennoch als „Jahrhundert der großen Wasserbauten“ bekannt, was letztendlich entscheidend zur Gewinnung von Kulturland, zur intensivierenden agrarischen Nutzung sowie zur Verkehrserschließung des Alpenraumes beitrug (Bätzing 2015: 98; Hupke 2015: 217f; Winckler 2012: 28).

Wenngleich Flussregulierungen vor allem im 19. Jahrhundert boomten, wurden diese auch im 20. Jahrhundert fortgesetzt, was nun hauptsächlich der Energiegewinnung diente. Flüsse wurden zu dieser Zeit erneut begradigt und Nebenarme zu einem Hauptstrom zusammengeführt. Bereits zu Beginn der 1950er-Jahre wurde an der Donau mit dem Kraftwerksbau begonnen, das Kraftwerk Jochenstein wurde 1956 in Betrieb genommen. Weitere zehn Kraftwerke folgten ab 1964, das bisher jüngste Kraftwerk Nußdorf kam 2005 in Betrieb (Verbund Hydro Power AG 2013: 7). Der Wasserkraftwerksbau etablierte sich ausgehend von der Donau seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in ganz Österreich und ist auch bis heute bei weitem noch nicht abgeschlossen, was in Abbildung 3 ersichtlich ist.

2.3Methodik der Flussregulierung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Bestehende und geplante Wasserkraftwerke Österreichs (WWF Österreich 2011: 11)

Der natürliche Verlauf von Flüssen oder Bächen kann stark variieren, was hauptsächlich auf das Gefälle, die verschieden starke Strömungsgeschwindigkeit sowie das Relief (z.B. alpine Regionen, Hügelland, Flachland) zurückzuführen ist. Vor allem letzteres ist am entscheidendsten für Linienführung, da sich ein Fluss stets den einfachsten Weg bahnt. Nach Eberstaller-Fleischanderl & Eberstaller (2014: 34ff) können folgende Typen – kategorisiert nach der Linienführung – differenziert werden:

- Gestreckte Flüsse weisen über kürzere bzw. längere Abschnitte nur eine geringe Flussentwicklung auf und sind zumeist lediglich schmale Gerinne, was auf geologische Einengungen zurückzuführen ist. Mit Ausnahme von beispielsweise Schluchten oder Klammen kommt dieser Typ in der Natur allgemein eher selten vor und ist folglich ein Resultat von menschlichen Regulierungsmaßnahmen.
- Furkierende Flüsse sind die häufigste Form und verfügen über ein verzweigtes System an Nebenarmen, die durch mittleres bis starkes Gefälle sowie kräftiges Geschiebe entstehen und haben folglich kein eindeutiges Flussufer.
- Mäandrierende Flüsse haben einen stark bogenförmigen Verlauf sind auf ein niedriges Gefälle zurückzuführen, weshalb sie einen Großteil des Talbodens einnehmen.

Als eine Übergangsform zwischen mäandrierenden und furkierenden Flüssen werden manchmal pendelnde bzw. gewundene angeführt, die leichte Bögen und Verzweigungen aufweisen, aufgrund des zu starken Gefälles allerdings noch keine eindeutigen Mäander bilden (Eberstaller-Fleischanderl & Eberstaller 2014: 35f)

Aufgrund der unterschiedlich starken Strömungsgeschwindigkeit entstehen auch verschiedene Lebensräume und Lebensbedingungen wie „Flach- und Tiefwasserzonen, höhere und geringere Fließgeschwindigkeiten, unterschiedliche Dichte der Ufer- und Unterwasservegetation [… sowie eine] unterschiedliche Struktur des Bodensubstrats“ (Hupke 2015: 217). Die inhomogenen Verläufe wurden durch die Flussregulierungen entscheidend verändert. Flussregulierungen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits eine etablierte Form der Schiffbarkeit. So schreibt Lueger (1906: 119) Folgendes:

Flußregulierung […] umfasst sämtliche Korrektionsarbeiten im Gebiete des Fluß- und Strombaues, die unter Anwendung verschiedener Korrektionssysteme mittels Einbauten in den Fluß sowie Schutzbauten auf dem Ufer die Hebung oder Verhütung von Uebelständen an den Flüssen und Strömen durch eine nutzbringende Regelung der Verhältnisse zwischen Richtungslinie des Flußlaufes und Gefälle sowie Abflußmenge und Wasserquerschnitt (Durchflußprofil) zu erzielen suchen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Agrarlandgewinnung durch Flussregulierung in Österreich
Hochschule
Universität Salzburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
26
Katalognummer
V539799
ISBN (eBook)
9783346160218
ISBN (Buch)
9783346160225
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Flussregulierungen, Traun, Donau, Enns, Begradigung, Agrarlandgewinnung, Trockenlegung, Auwald
Arbeit zitieren
Sandro Scharerweger (Autor:in), 2019, Agrarlandgewinnung durch Flussregulierung in Österreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/539799

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