Wenn ein Schriftsteller ein Buch über kreatives Schreiben verfasst, stellt sich zunächst einmal die Frage nach dem Warum. Will der Autor oder die Autorin Wissen weitergeben, um angehenden jungen Autoren zu helfen, oder geht es ihm oder ihr darum einen Einblick in die eigene Arbeit zu gewähren? Der Nutzen, den der Leser aus einem solchen Buch ziehen kann ist also höchst unterschiedlich. Im ersten Fall kann ein angehender Schriftsteller von der Vorgehensweise eines erfahrenen Kollegen lernen und daraus vielleicht seine eigene Arbeitsmethode entwickeln. Das heißt nicht, dass er sich bis ins Detail an einem etablierten Schriftsteller orientieren muss, aber er kann sich inspirieren lassen. Im zweiten Fall ist der Leser wohl eher ein Liebhaber des Werkes eines Schriftstellers und will erfahren, wie dessen Arbeiten entstanden sind.
Ein Autor, der einen solchen Ratgeber verfasst muss sich aber auch im klaren darüber sein, dass er „sich in die Karten schauen lässt“. Die von ihm gegebenen Ratschläge bilden eine Art Raster, dass auf alle seine vorliegenden und sämtliche zukünftigen Werke gelegt werden kann. Ein solches Buch kann das Maß sein, an dem ein Schriftsteller von diesem Zeitpunkt an gemessen wird. Patricia Highsmith verfasste 1965 Plotting and Writing Suspense Fiction, in dem sie in elf Kapiteln ihre Arbeitsweise erklärt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits zehn Romane unter ihrem eigenen Namen und ein Buch unter dem Pseudonym Claire Morgan ( Carol oder The Price of Salt, 1952 /1990) veröffentlicht, die sich in den USA leidlich in Europa aber sehr gut verkauft hatten, darunter Zwei Fremde im Zug (1950), Der Stümper (1954), Der talentierte Mr. Ripley (1955) und Der Süße Wahn (1960). Ihr Verlag hielt sie also für fähig ein solches Buch zu schreiben und nach einigem Zögern nahm sie den Auftrag gegen den Rat ihrer Agentin an.1 Den Anstoß dazu gab ein Artikel zum Thema „Suspense“, den Highsmith für den Verlag The Writer, Inc. schrieb, der eine Reihe von Ratgebern für junge Autoren herausgab. 2 Der Erfolg des Buches zeigt sich daran, dass die Schriftstellerin es selbst 1983 und 1990 überarbeitet hat und das hier verwendete Exemplar bereits die zehnte Auflage ist.
Inhaltsverzeichnis
Kapitel
Forschungsbericht
1. Der Nutzen für den Leser
1.1 Für den angehenden Autor
1.2 Für den generell Highsmith Interessierten
2. Selbstdarstellung und Realität
3. Hat sich Patricia Highsmith an ihre eigenen Vorgaben gehalten?
Fazit
Forschungsbericht:
Wenn ein Schriftsteller ein Buch über kreatives Schreiben verfasst, stellt sich zunächst einmal die Frage nach dem Warum. Will der Autor oder die Autorin Wissen weitergeben, um angehenden jungen Autoren zu helfen, oder geht es ihm oder ihr darum einen Einblick in die eigene Arbeit zu gewähren? Der Nutzen, den der Leser aus einem solchen Buch ziehen kann ist also höchst unterschiedlich. Im ersten Fall kann ein angehender Schriftsteller von der Vorgehensweise eines erfahrenen Kollegen lernen und daraus vielleicht seine eigene Arbeitsmethode entwickeln. Das heißt nicht, dass er sich bis ins Detail an einem etablierten Schriftsteller orientieren muss, aber er kann sich inspirieren lassen. Im zweiten Fall ist der Leser wohl eher ein Liebhaber des Werkes eines Schriftstellers und will erfahren, wie dessen Arbeiten entstanden sind.
Ein Autor, der einen solchen Ratgeber verfasst muss sich aber auch im klaren darüber sein, dass er „sich in die Karten schauen lässt“. Die von ihm gegebenen Ratschläge bilden eine Art Raster, dass auf alle seine vorliegenden und sämtliche zukünftigen Werke gelegt werden kann. Ein solches Buch kann das Maß sein, an dem ein Schriftsteller von diesem Zeitpunkt an gemessen wird.
Patricia Highsmith verfasste 1965 Plotting and Writing Suspense Fiction, in dem sie in elf Kapiteln ihre Arbeitsweise erklärt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits zehn Romane unter ihrem eigenen Namen und ein Buch unter dem Pseudonym Claire Morgan (Carol oder The Price of Salt, 1952 /1990) veröffentlicht, die sich in den USA leidlich in Europa aber sehr gut verkauft hatten, darunter Zwei Fremde im Zug (1950), Der Stümper (1954), Der talentierte Mr. Ripley (1955) und Der Süße Wahn (1960). Ihr Verlag hielt sie also für fähig ein solches Buch zu schreiben und nach einigem Zögern nahm sie den Auftrag gegen den Rat ihrer Agentin an.[1] Den Anstoß dazu gab ein Artikel zum Thema „Suspense“, den Highsmith für den Verlag The Writer, Inc. schrieb, der eine Reihe von Ratgebern für junge Autoren herausgab.[2] Der Erfolg des Buches zeigt sich daran, dass die Schriftstellerin es selbst 1983 und 1990 überarbeitet hat und das hier verwendete Exemplar bereits die zehnte Auflage ist.
Schon im ersten Satz des Buches betont die Autorin, dass es absolut kein „how-to-do-it“ Handbuch sein soll, da es unmöglich sei zu erklären, wie man ein erfolgreiches, das heißt ein lesbares Werk schreibt. Sie adressiert diese Publikation an junge und am Anfang stehende Autoren und will sie vor Fehlern bewahren, die ihr selbst unterlaufen sind.[3]
Das Buch ist lediglich 145 Seiten stark, was sehr wenig aussieht, dafür, dass die Autorin selbst über 25 Romane und an die 200 Kurzgeschichten verfasst hat. Es scheint, als wolle oder könne sie über ihre eigene Arbeit nicht sehr viel sagen,. Unter Zuhilfenahme der Biografie Schöner Schatten von Andrew Wilson wird die Art und Weise, wie sie sich und ihre Arbeit darstellt, mit der Realität verglichen, denn in diesem Bereich lassen sich einige Diskrepanzen feststellen. Außerdem sollen ihre Ratschläge anhand einiger Texte überprüft werden, um so ihre Anwendbarkeit zu überprüfen und zu sehen, ob sich die Schriftstellerin auch an ihre Vorgaben gehalten hat. Hierzu werden einige der Bücher, die sie auch in Plotting and Writing Suspense Fiction anführt, aber auch einige ihrer Kurzgeschichten hinzugezogen.
1. Der Nutzen für den Leser
1.1 Für den angehenden Autor
In der Einleitung zu Plotting and Writing Suspense Fiction macht Patricia Highsmith deutlich, aus welchem Grund sie dieses Buch geschrieben hat:
„Many beginning writers think that established writers must have a formula for success. Above all, this book dispels that idea. There is no secret of success in writing expect individuality, or call it personality. And since every person is different, it is only for the individual to express his difference from the next fellow. […] Plotting and Writing will not make anybody work harder. But it will, I hope, make people who want to write realize what is already within them.”[4]
Sie will also Klarheit in das “Mysterium” des Schreibens bringen und sagt, dass auch etablierte Schriftsteller kein Erfolgsrezept haben, weil es kein Erfolgsgeheimnis gäbe. Sie geht davon aus, dass die Fähigkeit des literarischen Schreibens in jedem steckt.
Da sie Suspense Schriftstellerin ist, beschränkt sie sich im Großen und Ganzen auch auf dieses Genre. Viele ihrer Ratschläge, z.B. die äußerlichen Umstände des Schreibens betreffend können aber auch auf andere Literarische Bereiche angewendet werden. Bei ihren Ausführungen geht Highsmith verhältnismäßig chronologisch vor und beginnt mit der ersten Stufe, der Ideenfindung. Hier verwendet sie den für sie schon berühmten Satz :
„ Ideas come to me like birds that I see in the corner of my eye“.[5]
Auf diese Weise erhält sie also ihre Ideen, sie betont allerdings, dass es für viele Schriftsteller auch viele Wege gibt sich eine neue Idee zu erschließen, wichtig sei es nur, diese auch zu erkennen, weil einige sehr unscheinbar sein können.[6] Zur Entwicklung der unsichtbaren Antennen, wie Highsmith sie nennt, empfiehlt sie das Führen von verschiedenen Notizbüchern.[7] Ihre eigene Manie in dieser Hinsicht wird noch näher betrachtet werden. Außer diesem einen Ratschlag berichtet sie allerdings Seitenweise darüber, wie die Ideen zu einigen ihrer Romane und Kurzgeschichten entstanden sind.
Die weiteren Kapitel handeln davon, wie man seinen eigenen Erfahrungsschatz für das Schreiben ausschöpft, mit der eigentlichen Geschichte beginnt und echte Emotionen einbringt. Bevor sie die eigentliche Entwicklung eines Plots beginnt, schiebt sie im dritten Kapitel noch einen Vergleich von Roman und Short Story ein.[8]
Ab dem vierten Kapitel enthalten ihre Erklärungen wirklich Substanz. Die ausschweifenden Berichte über ihre eigenen Werke weichen wirklichen Ausführungen zur Arbeitsweise generell. In diesem und den folgenden Kapiteln erklärt sie, wie man den Plot verdichten kann, („Thikening the Plot“[9] ), wie dieser funktioniert, wie man das Tempo arrangiert. Highsmith sagt auch, dass es nie bei dem ersten Entwurf bleiben solle. Sie verfasste zum Teil bis zu vier Versionen ihrer Romane.[10] Dazu ist zu sagen, dass dieses Buch noch zur Zeit der Schreibmaschine entstand. Mit einem Computer bleibt einem das wiederholte Abtippen des Manuskriptes natürlich erspart. Doch die Anweisungen zur Überarbeitung des eigenen Textes sind sehr aufschlussreich, da sie für die Suspense-Literatur sehr wichtig erscheint, vor allem um die Logik des Textes zu gewährleisten.[11]
Für einen angehenden Autor ist Plotting and Writing Suspense Fiction ein recht aufschlussreiches Buch. Man erhält eine Einführung in die Arbeit der Schriftstellerin und Anregungen, um das Problem des „weißen Blattes“ zu überwinden. Das Führen eines Notizbuches kann hier eine wirklich nützliche Sache sein. Diese Hinweise unterschieden sich allerdings nicht sehr von denen anderer Autoren sogenannter Creative Writing Literatur unterscheiden. Beim Lesen des Buches eines etablierten Schriftstellers erwartet man eigentlich etwas mehr. Der einzige Unterschied zu einem Buch, das von jemandem geschrieben wurde, der nur Kreatives Schreiben unterrichtet, aber nie ein Buch veröffentlicht hat, ist der Einblick, den Patricia Highsmith dem Leser in die Entstehungsgeschichten ihrer Texte gewährt. Den ökonomischen Aspekt des Schriftstellerdaseins erwähnt sie allerdings nur insofern, als sie auch von ihren schlechten Zeiten erzählt, in denen sie nicht so erfolgreich war und die verschiedenen Schwierigkeiten aufzeigt, die sie zu überwinden hatte. Ihre häufigen Verlagswechsel lässt sie allerdings aus. Außerdem erwähnt sie noch, dass das Verfassen von Suspense Kurzgeschichten eine ertragreiche Einkommensquelle sein kann[12]. Dieser „Blick über die Schulter“ ist wohl eher für die zweite Lesergruppe interessant.
1.2 Für den generell Highsmith Interessierten
Außer den angehenden Autoren, an die Highsmith Plotting and Writing Suspense Fiction gerichtet hat, gibt es eine weitere Gruppe von Lesern, die einen Nutzen aus diesem Werk ziehen kann. Diese Leser haben aber wohl eher weniger vor selbst den Stift zur Hand zu nehmen, um sich als Autor zu betätigen. Gemeint sind die Liebhaber der Patricia Highsmith Literatur. Diese können nach der Lektüre ihrer Romane Hintergrundinformationen erhalten. Diese Leser erfahren mit Sicherheit eine größere Befriedigung ihrer Neugier als die erste Gruppe, denn Highsmith gibt einen recht klaren Überblick darüber, wie ihr die Ideen zu einigen ihrer Geschichten gekommen sind und was dann aus diesen wurde.
Sie stellt in einem ganzen Kapitel die Fallgeschichte ihres Romans The Glass Cell ( dt. Die Gläserne Zelle) dar[13], aber natürlich finden sich auch Ausschnitte und Geschichten zu den Ripley Romanen und ihrem ersten großen Erfolg Zwei Fremde im Zug. Anhand einiger Passagen aus den Ripley Romanen erklärt sie eines der Hauptmerkmale ihres Schaffens, durch dass sie sich stark von der Kriminalliteratur ihrer Zeit absetze: den liebenswerten Kriminellen ( „likeable criminal“). Da dies eines der zentralen Themen ist, das in vielen ihrer Werke auftaucht, ist es für den Leser interessant ihre Stellungnahme dazu lesen zu können. Außerdem gibt es viele autobiografische Momente. Highsmith erzählt unter welchen Umständen welche Bücher entstanden. So taucht hier, wie auch in ihrer Biografie der Moment auf, als sie in einem Haus mit Feuerleiter vor dem Fenster gewohnt hat, über die einige Jungs einstiegen und ihre Wohnung verwüsteten. Dieses Ereignis hat die eher menschenfeindlich eingestellte Schriftstellerin nicht nur zu tiefst erschreckt, sondern brachte ihr auch gleich die Inspiration für eine Geschichte, in der ein Mann einen der Jungen mit einem Stein erschlägt.[14] ie berichtet auch von einigen Orten, an denen sie gelebt hat. Einen wirklichen Einblick in ihr Inneres gewährt sie ihrem Publikum allerdings nicht, denn ein von ihr selbst verfasstes Buch über ihre Arbeit gibt ihr natürlich auch die Möglichkeit, sich und die Teile ihres Lebens, die sie preisgibt, so darzustellen, wie sie selbst es möchte.
[...]
[1] vgl. Wilson, Andrew : Schöner Schatten. Das Leben von Patricia Highsmith. Aus dem Englischen von Anette Grube und Susanne Röckel. Berlin: Berlin Verlag, 2003. S. 364.
[2] ebenda.
[3] vgl.: Highsmith, Patricia: Plotting and Writing Suspense Fiction. New York: St. Martins Press, 1990. S. ix.
[4] Highsmith: Plo tting and Writing Suspense Fiction. S. x.
[5] Highsmith: S. xii. „Ideen kommen zu mir wie Vögel, die ich am Rande meines Gesichtsfeldes wahrnehme.“
[6] vgl. Highsmith: S. 8.
[7] vgl. Highsmith : S. 13.
[8] Highsmith, Patricia: Plotting and Writing Suspense Fiction. S. 33.
[9] Highsmith: Plotting and Writing. S. 38ff.
[10] vgl. Highsmith: Plotting and Writing. S. 127.
[11] vgl. Highsmith: S. 103ff.
[12] vgl. Highsmith: Plotting and Writing. S. 27.
[13] vgl. Highsmith: Kapitel 10. S. 108-132.
[14] Diese Geschichte heißt „The Barbarians“ und wurde in die Sammlung The Snailwatcher (dt. Der Schneckenforscher) aufgenommen. Diese Episode findet sich in Plotting and Writing auf S. 20 und in Schöner Schatten S. 290.
- Arbeit zitieren
- Melina Guske (Autor:in), 2005, "Plotting and Writing Suspense Fiction" von Patricia Highsmith - eine kritische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53994
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