Familie und Armut in Deutschland


Hausarbeit, 2004

16 Seiten


Leseprobe


Verzeichnis

I. Historischer Abriss über Armut in Deutschland
1. Armut in der (alten) Bundesrepublik Deutschland
2. Einkommensarmut in der DDR
3. Einkommensarmut im vereinigten Deutschland

II. Familienphasen und Armutsrisiken

III. Armut – ein Definitionsversuch
1. Die vier Arten der Armut
2. Verhalten in Familien
3. Folgen für betroffene Kinder
4. Verhalten der Kinder
5. Weitere Ressourcen

IV. Literaturverzeichnis

I. Historischer Abriss über Armut in Deutschland

I.1 Armut in der (alten) Bundesrepublik Deutschland

Die Entwicklung der Armut in der Bundesrepublik Deutschland kann seit 1950 in fünf Abschnitte unterteilt werden.

Der verlorene 2. Weltkrieg rief im Nachkriegsdeutschland der späten 40er und frühen 50er Jahre Armut, Not und Elend hervor. Vor allem „Witwen, Waisen, Kriegsversehrte unter den Kriegsopfern, Vertriebene, Flüchtlinge und Ausgebombte“[1] waren von Hunger und Kälte betroffen und litten unter den Kriegszerstörungen und dem wirtschaftlichen Zusammenbruch. In Berlin hatte jede fünfte Familie nur einen Raum zum Wohnen zur Verfügung, drei bis vier Familien teilten sich oftmals nur eine Wohnung und 7 Millionen Menschen waren obdachlos.[2]

Allgemein fehlte es an täglichen Bedarfsgegenständen wie Kleidung, Essen und Heizmittel. Jedoch wurde sowohl die Armut als auch die enorme Arbeitslosigkeit weder von der Gesellschaft noch von der Politik als nachteilig gesehen, da im Grunde genommen fast jeder von dieser Situation betroffen war, niemand etwas besaß und man sich mit aller Kraft bemühte das zerstörte Deutschland wieder aufzubauen.

In den 50er Jahren zeichnete sich bereits eine „Wende von der Armut des Volkes zur Armut des Einzelnen“[3] ab. Ausgelöst wurde diese Wende durch das Soforthilfegesetz von 1949, das durch das Lastenausgleichsgesetz im Jahre 1952 abgelöst wurde.

Schon 1953 wurde bei der Sozialhilfedebatte hauptsächlich über die unzureichende Versorgung von Sozialhilfeempfängern diskutiert und weniger über die von Armut bedrohten Arbeitslosen, kinderreichen Familien und älteren Menschen.[4] „Als Beginn der dritten Phase kann die aus dem Jahr 1961 stammende Reform des seit 1924 geltenden Fürsorgerechtes bezeichnet werden. Das ab 1962 geltende Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bewirkte die ‘Individualisierung’ der staatlichen Fürsorge in Form persönlicher Hilfen in Ausnahmesituationen, beispielsweise bei Krankheiten oder Behinderungen als Armutssache.“[5] Dabei geht es um die Gewährleistung einer Mindestsicherung eines menschenwürdigen Daseins. Durch diese Reform wurde die armutspolitische Epoche beendet und durch das Wirtschaftswunder und den Erfolg der sozialen Marktwirtschaft trat das Phänomen der kollektiven Armut des Volkes in den Hintergrund.[6] Die materielle Armut wird nur noch als Notlage von sozialen Randgruppen gesehen.

Jedoch kam es in der zweiten Hälfte der 70er Jahre zu Anzeichen einer Krise des Sozialstaates, ausgelöst durch die ‘neue soziale Frage’, die vom damaligen CDU-Generalsekretär Heiner Geißler als „parteipolitische Kritik an der sozialliberalen Regierungskoalition und den regierungsnahen Gewerkschaften und Verbänden in die öffentliche Diskussion“[7] gebracht wurde. Diese neue soziale Frage wirft die Problematik auf, dass ältere Menschen, kinderreiche Familien, Frauen, Kinder, Obdachlose und andere Randgruppen als benachteiligt angesehen wurden und nicht im vollen Umfang am allgemeinen Wohlstand in der BRD teilnehmen könnten. Jedoch waren die Zahlen, auf die sich Geißlers Aussagen stützten, als Beleg für das Ausmaß der Armut wegen falschen Berechnungen fragwürdig und die Kritik daher überzogen.

Die ‘neue Armut’ ausgegrenzter Arbeitsloser rückte in den 80er Jahren in den Vordergrund aufgrund zunehmender Arbeitslosigkeit und Einschnitten im Arbeitsförderungsgesetzes. Die Veränderung des Arbeitsmarktes führte zu einer Änderung der Armutsursachen und des Sozialhilfeklientels. Auch waren nun nicht nur vereinzelte Arbeitslose, denen die Arbeitslosenunterstützung gestrichen wurde sondern auch verstärkt Familien davon betroffen. Gleichzeitig wuchs auch der Anteil Alleinerziehender und Kinder in der Armutspopulation an. An dieser Situation hat sich bis heute kaum etwas geändert, denn „ hinzu gekommen sind noch die strukturellen Probleme der deutschen Einheit, die sozialpolitischen Kürzungen der konservativ-liberalen Regierungskoalition in den 80er und 90er Jahren sowie die zunehmende und lang anhaltende Massenarbeitslosigkeit in beiden Teilen Deutschlands.“[8]

In der Gegenwart ist die Koexistenz von Wohlstand, der in der deutschen Geschichte einmalig ist, und von verschärfender sozialer Ungleichheit besonders auffällig und äußert sich in zunehmenden Wohlstandsabständen zwischen den Gesellschaftsschichten. In den Armutsstatistiken sind vor allem Familien mit minderjährigen Kindern überrepräsentiert. Dies lässt sich dadurch erklären, dass“ bei einer abnehmenden Zahl geschlossener Ehen und sinkenden Kinderzahlen ein zunehmendes Risiko kinderreicher Familien...arm zu werden und auf sozialstaatliche Fürsorge angewiesen zu sein“[9] vorherrscht.

I.2 Einkommensarmut in der DDR

Armut existierte in der Deutschen Demokratischen Republik offiziell nicht, jedoch gab es die mit der deutschen Sozialhilfe vergleichbare Sozialfürsorge.

Im Gegensatz zur BRD wurden in der DDR die Sozialfürsorgegesetze neu definiert. Im Jahre 1961 galt es noch sozial Gefährdete zu unterstützen. In den 70er Jahren wurden diese bereits als „kriminell Gefährdete...oder als arbeitsscheues Gesindel diskriminiert.“[10] Nach Paragraph 248 des Strafgesetzbuches der DDR war eine asoziale Lebensweise strafbar und wer nicht arbeitete konnte sehr schnell in Schwierigkeiten mit dem Staat und natürlich auch mit dem Gesetz kommen. Dies ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass die Zahl der Unterstützungsempfänger im Zeitraum zwischen 1961 und 1984 von 157.000 auf 12.500 sank.[11]

Die im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland niedrigen Zahlen lassen sich jedoch nicht nur auf die Kriminalisierung von Armut zurückführen, sondern auch darauf, dass in der DDR die Sozialleistungen weniger vom Staat und mehr von den Betrieben selbst geleistet wurden.(164) Die absolute Armut wurde seit den 50er Jahren in der DDR weitgehend beseitigt und auch eine Thematisierung unterblieb aus politischen Gründen. Jedoch gab es trotz garantiertem Mindestbruttolohn und sozialpolitischer Subventionierungen einkommensbedingte Armut, von der vor allem Rentner, Personen mit geringem Ererbseinkommen und kinderreiche Familien betroffen waren. Nicht selten mussten Betroffene zusätzlichen Beschäftigungen nachgehen um sich über Wasser halten zu können.

In den 80er Jahren jedoch war Familienarmut weitgehend nicht mehr existent und vorwiegend waren nur noch Rentner wegen geringer Rente betroffen.

I.3 Einkommensarmut im vereinigten Deutschland

„Vor allem in den östlichen Bundesländern scheint es eine synchrone Entwicklung von Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit und Einkommensarmut zu geben.“[12]

Bis Ende der 80er Jahre lässt sich ein leichter Rückgang der von Armut betroffenen kinderreichen Familien verzeichnen und verharrten in den 90er Jahren auf einem Niveau vom 22 und 23%. Ende der 90er Jahre war bereits jede vierte Familie arm und fast jeder dritte Alleinerziehende Haushalt in Einkommensarmut.[13] Laut einem Vergleich zwischen beiden Teilen Deutschlands wird auch offensichtlich, dass die Armutsrisiken von Familien in Westdeutschland deutlich höher sind als im Osten. Das Armutsrisiko ostdeutscher Familien bewegt sich auf einem Niveau von kinderlosen Ehepaaren in Westdeutschland. Nur kinderreiche Familien im Osten haben ein ähnlich hohes Armutsrisiko wie Familien mit mehr als zwei minderjährigen Kindern. Außerdem werden Alleinerziehende im Osten weit weniger arm als westdeutsche Alleinerziehende, was unter anderem auf die ausgeprägte Erwerbsorientierung und Erwerbsbeteiligung der Mütter im Osten zurückzuführen ist.[14]

[...]


[1] Becker, Rolf/ Lauterbach, Wolfgang (2002), S.160

[2] vgl. Becker, Rolf/ Lauterbach, Wolfgang (2002), S.160f

[3] Becker, Rolf/ Lauterbach, Wolfgang (2002), S.161

[4] vgl. Becker, Rolf/ Lauterbach, Wolfgang (2002), S.161

[5] Becker, Rolf/ Lauterbach, Wolfgang (2002) S.161

[6] vgl. Becker, Rolf/ Lauterbach, Wolfgang (2002), S.161

[7] Becker, R. u.a.: Familie und Armut in Deutschland, S.162

[8] Becker, R. u.a.: Familie und Armut in Deutschland, S.162

[9] Becker, R. u.a.: Familie und Armut in Deutschland, S.162

[10] Becker, R. u.a.: Familie und Armut in Deutschland, S.163

[11] Becker, R. u.a.: Familie und Armut in Deutschland, S.163

[12] Becker, R. u.a.: Familie und Armut in Deutschland, S.165

[13] Becker, R. u.a.: Familie und Armut in Deutschland, S.165

[14] Becker, R. u.a.: Familie und Armut in Deutschland, S.166

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Familie und Armut in Deutschland
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Erziehungswissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Seminar: Familiensoziologie
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V54046
ISBN (eBook)
9783638493321
ISBN (Buch)
9783656814733
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit wurde zum Scheinerwerb in Familiensoziologie angefertigt
Schlagworte
Familie, Armut, Deutschland, Seminar, Familiensoziologie
Arbeit zitieren
Kathrin Horner (Autor:in), 2004, Familie und Armut in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54046

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