Analyse von Rechtstexten


Hausarbeit, 2003

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung
1 Sprachwissenschaftliche Betrachtung von Fachsprache
1.1 Definition von Fachsprache
1.2 Zuordnung der Rechtssprache in die Fachsprache
1.3 Juristische Auslegung von Gesetzestexten

2 Analyse des § 622 BGB 7
2.1 Textualität und Textkohärenz
2.2 Grammatikalische Besonderheiten und besondere Formulierungen im § 622 BGB

II Schlusswort

III Literaturverzeichnis

I Einleitung

„Wer zum ersten Mal einen Blick in das BGB1 wirft, wird enttäuscht sein. Die Sprache ist antiquiert, die Sätze sind kompliziert und die Begriffe abstrakt. Der Laie hat Schwierigkeiten das Gemeinte zu verstehen. Das BGB erhebt auch gar nicht den Anspruch, anschaulich und volkstümlich zu sein: es spricht nicht zum Bürger, sondern zum Juristen; es ist von Juristen für Juristen gemacht.“ (Bürgerliches Gesetzbuch 2002, S. XI).

Die Sprache in Rechtstexten ist zwar Allgemeinsprache, weist aber Besonderheiten auf, die für den Laien zum erschwerten Verstehen beim Lesen - von beispielsweise Gesetzen - führen.

Diese Hausarbeit soll sich mit der juristischen Sprache auseinandersetzen. Außerdem soll erklärt werden, in wieweit es sich bei der Rechtssprache um Texte der Fachsprache handelt. Es soll weiterhin darauf eingegangen werden, wie der professionelle Umgang mit Gesetzestexten durchgeführt wird und wie die Sprachwissenschaft der Rechtsprache gegenüber steht.

Analysiert wird außerdem der § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

1 Sprachwissenschaftliche Betrachtung von Fachsprache

1.1 Definition von Fachsprache

In der Sprachwissenschaft wird sich intensiv mit der Fachsprachenforschung auseinandergesetzt. Neben erschienener Literatur, wurde die Thematik auf nationalen und internationalen Tagungen, Konferenzen sowie Symposien behandelt (vgl. Fluck 1991, S. 9). Es handelt sich außerdem um einen Gegenstand der Sprachwissenschaft, der in vielfältiger Weise und auch in den Medien öffentlich diskutiert wird (Möhn/Pelka 1984, S. 1).

Sicherlich wird in der Literatur auch behauptet, dass es für die Fachsprache keine anerkannte Definition gibt: „Der Terminus Fachsprache ist, so einfach gebildet und so verständlich er zu sein scheint, bis heute nicht gültig definiert.“ (Fluck 1991, S. 11). Dies wird aufgrund der Tatsache behauptet, das Fachsprache als Gegensatz zur Gemeinsprache gesehen wird und diese selber nicht ausreichend definiert sei (vgl. Fluck 1991, S. 11). Dabei gibt es zahlreiche Varianten für Definitionen, die auch in der Sprachwissenschaft als Grundlage genutzt werden2.

Allerdings wird im Großteil der Literatur die Fachsprache von der Gemeinsprache3 abgegrenzt und durchaus definiert. Die Gemeinsprache wird näher bestimmt: die Gemeinsprache kann in Allgemeinsprache und Alltagssprache unterteilt werden. So wird die Allgemeinsprache „im abstrakten und generellen System der Nationalsprache“ (Engberg 1997, S. 8) angesiedelt. Die Alltagssprache wird als „System von Konventionen“ (Engberg 1997, S. 8) angesehen – beispielsweise bei alltäglichen Situationen wie bei der Begrüßung und beim Einkaufen (vgl. Engberg 1997, S. 8). Die Fachsprache wird als „Subsprache“ der Gemeinsprache deklariert. „Mit der Bezeichnung Fachsprache wird gewöhnlich ein Ausschnitt aus einer Nationalsprache bezeichnet, der in bezug auf ein bestimmtes Fach spezialisiert ist.“ (Engberg 1997, S. 5). Diese Subsprache zeichnet sich durch eine spezifische Auswahl an sprachlichen Mitteln (Wörter, Grammatik) aus der Gemeinsprache aus (vgl. Engberg 1997, S. 5), die allerdings nur in geringer Zahl in Form von spezifischen Wörtern, Wendungen und syntaktischer Strukturen auftreten (vgl. Engberg 1997, S. 6).

Ein Merkmal für die Fachsprache ist, dass sie „primär an Fachleute gebunden“ (Möhn/Pelka 1984, S. 26) ist, jedoch können auch fachlich Interessierte mit der jeweiligen Fachsprache umgehen (vgl. Möhn/Pelka, S. 26). Ein weiteres Merkmal wären die generelle Öffentlichkeit beziehungsweise die Möglichkeit des Zuganges für die Öffentlichkeit. Außerdem zeichnen sich Fachsprachen durch Überregionalität aus4. Fachsprachen zeichnen sich auch besonders durch Normhaftigkeit aus – speziell im lexikalischen und textstrukturellen Bereich (vgl. Möhn/Pelka 1984, S. 27).

1.2 Zuordnung der Rechtssprache in die Fachsprache

Um zu erklären, ob die Rechtssprache eine Fachssprache ist, werden die Merkmale im vorgenannten Abschnitt überprüft. So ist die Rechtssprache insofern an Fachleute gebunden, dass zum Nutzen der Gesetze(sinhalte) ein sogenannter Rechtsbeistand in Form eines Anwaltes hinzugezogen wird. Nichtsdestotrotz kann der Laie zur groben Orientierung und bei gewissem Kenntnisstand sich selber über Rechte, Pflichten und Verbote informieren. Auch ist die Rechts- sowie Verwaltungssprache im Allgemeinen überregional, dass heißt die Gesetze des BGBs gelten für jedes Bundesland in Deutschland (vgl. Möhn/Pelka 1984, S. 26).

Auf die Normhaftigkeit im lexikalischen und textstrukturellen Bereich wird besonders bei der Analyse eines Gesetzestextes eingegangen. Die Anerkennung als Fachsprache erfolgt für das Recht und die dazugehörigen Institutionen recht spät ab dem 18. Jahrhundert, wie auch die Tabelle 1 (Anhang) verdeutlicht.

Aber auch die anderen Kriterien für Fachsprache gelten für die Rechtssprache. So wird bei den Kommunikationsbereichen zwischen wissenschaftlichen und praktischen Sachstil unterscheiden. Die „Rechtswissenschaft“ ist dabei dem wissenschaftlichen Sachstil zugeordnet (vgl. Hoffmann 1987, S. 32).

Ebenso gibt es in der Literatur ein Modell für die Systematisierung der Fachsprachen, die sogenannte „Dezimalklassifikation“ (Möhn/Pelka 1984, S. 35). In diesem Modell sind die Wissensbereiche nach „wissenschafts-fachlichen Kriterien“ (Möhn/Pelka 1984, S. 35) geordnet, basierend auf einem Ordnungsprinzip, welches rationell die Dokumentation sowie Zugänglichkeit von Wissen ermöglichen soll. Bei den zehn Hauptklassen sind Recht und Verwaltung (neben der Sozialwissenschaft) der Zahl „3“ zugeordnet. Dann erfolgt eine weitere Untergliederung in die einzelnen Erscheinungsformen (wie zum Beispiel die verschiedenen Rechtsgebiete), die mit einer weiteren Zahl versehen werden (zum Beispiel „31“ Strafrecht), (vgl. Möhn/Pelka 1984, S. 36).

Aber auch sehr kritisch wird die linguistische Zuordnung von Rechtstexten zu der Fachsprache gesehen, so ist eine Voraussetzung von Gesetzen, dass „die Gesetzessprache dem staatsrechtlichen Anspruch nach nicht Fachsprache sein darf, weswegen man sich immer wieder bemüht, sie [...] einfach zum „allgemeinen Sprachgebrauch“ zu erklären.“ (Busse 1991, S. 161). Problematisch ist die Zuordnung von Gesetzen zur Fachsprache deshalb, weil der Sprachgebrauch der Gemeinsprache entnommen wird (vgl. Busse 1991, S. 161). Da sich die Fachsprache aber von der Allgemeinsprache abgrenzt, kann also die Rechtsprache (mit dem entnommenen Sprachgebrauch aus der Gemeinsprache) nicht der Fachsprache zugerechnet werden.

Deshalb werden in der Literatur auch zwei Teilbereiche unterschieden: „der Bereich der fachwissenschaftlichen Binnenkommunikation“ [...] und der bei weitem größere Bereich der Gesetzessprache.“ (Busse 1991, S. 161). Wobei im erst genannten Bereich sogenannte „Fachausdrücke“ benutzt werden (vgl. Busse, S. 161) beziehungsweise auch Wortformen vorkommen, die im gemeinsprachlichen Sprachgebrauch unbekannt sind. Der zweit genannte Bereich ist durch „fachliche Überformung von Wortformen gekennzeichnet, die zugleich Teil der Gemeinsprache sind und dieser häufig erst entnommen wurden.“ (Busse 1991, S. 161).

So ist die Terminologie5 ein Kennzeichen für Fachsprache. Wie schon zuvor geschrieben, trifft dies nicht auf den größten Teil der Rechtssprache zu. Da in der Rechtssprache der Aspekt der Allgemeinverständlichkeit die größte Beachtung erhält, ist dies nicht mit terminologischen Besonderheiten vereinbar. Bei Fachwörtern erfolgt eine eindeutige Zuweisung, Gesetzesbegriffe hingegen haben die Funktion semantische Spielräume zu eröffnen. So erfolgt bei der Bearbeitung von Gesetzen eine „Auslegung“ – dies beweist, dass keine eindeutige Zuordnung zu Begriffen in Paragraphen erfolgt, sondern gedeutet wird (vgl. Busse 1999, S. 1383).

Ein weiteres Indiz dafür, die Rechtssprache nicht der Fachsprache zuzuordnen, wäre die Eindeutschung von lateinischen Fachtermini im Bürgerlichen Gesetzbuch als auch im Strafgesetzbuch, um allgemeinverständlich zu wirken (vgl. Busse 1991, S. 162). Da in der Rechtssprache also keine eigenständigen Termini existieren beziehungsweise diese zur allgemeinen Verständlichkeit geändert wurden, ist eine Zuordnung zu den Fachsprachen nicht möglich.

Andererseits argumentiert die Literatur für eine Zuordnung der Juristischen Sprache zur Fachsprache – mit der Einschränkung eines Sonderstatusses: „die juristische Fachsprache ist etwas im Grunde Paradoxes“ (Ickler 1997, S. 324). Basierend darauf, dass die Gesetze eigentlich auch für den Laien verständlich sein sollen (ein Argument, warum die juristische Sprache nicht zu den Fachsprache gezählt werden soll), andererseits die Gesetzbücher nur für Richter und andere Personen, die Jura studiert beziehungsweise sich mit den Gesetzen auseinander gesetzt haben, verständlich sind (was ein Hinweis auf die Zuordnung zur Fachsprache wäre). Dies zeigt noch mal deutlich das Dilemma der Zuordnung der juristischen Sprache zu den Fachsprachen.

1.3 Juristische Auslegung von Gesetzestexten

In der Literatur wird davon ausgegangen, dass die juristische Auslegungslehre von Gesetzen nach vier Methoden erfolgt. Die vier Auslegungsaspekte bilden die Grundlage für die juristische Arbeit: „Rechtliche Tätigkeit ist zunächst einmal zu großen Teil Auslegung von Gesetzestexten und ihre Anwendung auf zu entscheidende Fälle.“ (Busse 1992, S. 15).

[...]


1 Bürgerliches Gesetzbuch

2 „Fachsprache, die: Sprache (mit einem speziellen Wortschatz und speziellen Verwendungsweisen), die für ein bestimmtes Fachgebiet gilt und [auf Grund der terminologischen Festlegungen] eine genaue Verständigung u. exakte Bezeichnungen innerhalb dieses Fachgebietes ermöglicht“ (DUDEN 1977).

3 Für den Begriff „Gemeinsprache“ könnten auch die Namen Mutter-, Umgangs-, National-, Landes- und Allgemeinsprache stehen (vgl. Hoffmann 1987, S. 48). Es handelt sich um „jenes Instrumentarium an sprachlichen Mitteln, über das alle Angehörigen einer Sprachgemeinschaft verfügen und das deshalb die sprachliche Verständigung zwischen ihnen möglich macht.“ (Hoffmann 1987, S. 48).

4 Doch „kann aufgrund von nur regional existierenden Fächern ihr Verwendungsbereich regional eingeschränkt sein.“ (Möhn/Pelka 1984, S. 26).

5 Terminologie bezeichnet den Sprachwortschatz der jeweiligen Fachsprache, der sich vom allgemeinen Sprachgebrauch abhebt. Dies wären zum Beispiel die Fachbegriffe im Maschinenwesen oder die Jäger- und Fischersprache (vgl. Hoffmann 1987, S. 21).

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Analyse von Rechtstexten
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Germanistik)
Veranstaltung
Linguistische Aspekte der Fachsprachen
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
12
Katalognummer
V54100
ISBN (eBook)
9783638493727
ISBN (Buch)
9783638802512
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Analyse, Linguistische, Aspekte, Fachsprachen, Rechtstexte, Linguistik
Arbeit zitieren
Annika Fischer (Autor:in), 2003, Analyse von Rechtstexten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54100

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