Die zentrale Forschungsfrage der Arbeit ist, inwieweit das Phänomen coniuratio oder zumindest Teile dieser nun doch das Mittelalter überlebt haben, von neuzeitlichen Prozessen aufgenommen worden sind und sich somit letztlich einen Weg bis in die Gegenwart ermöglicht haben.
Um auf diese Frage eingehen zu können, ist es unumgänglich, die Wirkung der im Mittelalter aufkommenden coniuratio in ihrer Epoche selbst einzuordnen. Als eine Art untergeordnete Leitfrage ergibt sich daher, inwieweit der Aufstieg der coniuratio die Entwicklung der Rechtsgeschichte und die der Gesellschaftsordnung im Mittelalter geprägt hat. Nach einer allgemeinen Einführung und Klärung der wichtigsten Begrifflichkeiten werden hierzu der Ulmer Schwörbrief von 1397 und der Schweizer
Bundesbrief von 1291 verglichen.
Die Goldene Bulle aus dem Jahr 1356 und Verordnungen mittelalterlicher Universitäten werden als Quellen die Auswirkungen der coniuratio in anderen Bereichen beleuchten. Für die Frage nach einer Etablierung der coniuratio in der Neuzeit lohnt sich dann ein Blick auf die Zeit der Reformation, sowie auf den Gesellschaftsvertrag von Rousseau. Als Ausgangspunkt wird zunächst der aktuelle Forschungsstand thematisiert, dem aufgrund einer kontroversen Forschungsgeschichte ein separates Kapitel zukommt.
Bis heute muss der deutsche Bundespräsident vor dem Bundestag und Bundesrat pflichtgemäß seinen Amtseid ablegen. Wie bei allen Amtseiden handelt es sich auch hierbei um eine Form des promissorischen Eides. Schon im Mittelalter galt diese Form des Eides als ein konstitutiver und pflichtenbegründeter Akt, welcher den Schwörenden sowohl band als auch dessen Handeln für die Zukunft bestimmte.
Es war genau jener promissorische Eid, der die wohl universellste Form der rechtlichen und sozialen Bindung im europäischen Mittelalter darstellte. Gleichzeitig beruht auf ihm die coniuratio, eine personale Genossenschaft als eine auf freiem Willen gegründete Verbandsbildung. Mit anderen Worten hat das Mittelalter die coniuratio als Form der politischen Vergesellschaftung erfunden, wobei es sich dabei um eine Erfindung von langer Dauer und hoher Prägekraft handeln sollte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsgeschichte und aktueller Forschungsstand
- Charakteristika der mittelalterlichen Schwureinung
- Das Paradesbeispiel der Ulmer Stadtverfassung
- Der Bundesbrief von 1291 und ein Vergleich zur Entwicklung der „coniuratio“ außerhalb der Reichsstädte
- Die Weiterentwicklung der „coniuratio“ innerhalb und außerhalb der Kommunen und Städte
- Neuzeitliche Belege für die „coniuratio“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung und Bedeutung der „coniuratio“, einer Form der geschworenen Einung, im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Sie analysiert, inwieweit dieses Phänomen die Rechtsgeschichte und die Gesellschaftsordnung im Mittelalter geprägt hat und ob Teile davon bis in die Gegenwart überlebt haben.
- Die Entwicklung der „coniuratio“ als eine Form der politischen Vergesellschaftung im Mittelalter.
- Die Auswirkungen der „coniuratio“ auf die Rechtsgeschichte und die Gesellschaftsordnung im Mittelalter.
- Die Rolle der „coniuratio“ in der Bildung von Stadtkommunen und Verbandsbildungen.
- Der Einfluss der „coniuratio“ auf die Neuzeit und die Gegenwart.
- Der Vergleich der „coniuratio“ mit anderen Formen der Verbandsbildung, wie dem Bundesbrief von 1291 und dem Ulmer Schwörbrief von 1397.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage der Arbeit vor und gibt einen Überblick über die Bedeutung der „coniuratio“ im Mittelalter und deren mögliche Auswirkungen auf die Gegenwart.
- Forschungsgeschichte und aktueller Forschungsstand: Dieses Kapitel beleuchtet die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen der „coniuratio“ seit den 1960er Jahren. Insbesondere werden die Thesen von Otto Gerhard Oexle und Peter Blickle diskutiert, die sich mit der Entstehung und der Wirkung der „coniuratio“ auseinandersetzen.
- Charakteristika der mittelalterlichen Schwureinung: Dieses Kapitel beleuchtet die charakteristischen Merkmale der „coniuratio“ im Mittelalter, wie beispielsweise ihre Bedeutung als konstitutiver und pflichtenbegründeter Akt.
- Das Paradesbeispiel der Ulmer Stadtverfassung: Anhand des Beispiels der Ulmer Stadtverfassung wird die Bedeutung der „coniuratio“ für die Entwicklung von Stadtkommunen und die Gestaltung des städtischen Lebens im Mittelalter dargestellt.
- Der Bundesbrief von 1291 und ein Vergleich zur Entwicklung der „coniuratio“ außerhalb der Reichsstädte: Dieses Kapitel vergleicht die Entwicklung der „coniuratio“ innerhalb der Reichsstädte mit ihrer Entwicklung außerhalb, am Beispiel des Bundesbriefs von 1291.
- Die Weiterentwicklung der „coniuratio“ innerhalb und außerhalb der Kommunen und Städte: Dieses Kapitel beleuchtet die Weiterentwicklung der „coniuratio“ im Mittelalter, sowohl innerhalb als auch außerhalb von Kommunen und Städten.
- Neuzeitliche Belege für die „coniuratio“: Dieses Kapitel untersucht, ob und in welcher Form die „coniuratio“ in der Neuzeit fortbesteht und auf welche Art und Weise sie sich möglicherweise bis in die Gegenwart hinein fortentwickelt hat.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen „coniuratio“, „Schwureinung“, „Verbandsbildung“, „Gesellschaftsordnung“, „Rechtsgeschichte“, „Mittelalter“, „frühe Neuzeit“, „Stadtverfassung“, „Bundesbrief“, „Ulmer Schwörbrief“ und „Amtseid“. Sie analysiert die Entwicklung und Bedeutung dieser Begriffe im Kontext der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte und erforscht deren mögliche Auswirkungen auf die heutige Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Felipe Bayer Reyes (Autor:in), 2019, Die Entwicklung und Bedeutung der Schwureinungen im Mittelalter und der frühen Neuzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/541339