Der Weintourismus im südlichen Weinviertel


Diplomarbeit, 2006

168 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Problemstellung und Zielsetzung

2 Abgrenzung des Untersuchungsgebietes

3 Modell eines Tourismus- und Versorgungsnetzwerkes am Beispiel eines durch Weinbau geprägten Dorfes
3.1 Destination als touristische Wettbewerbseinheit
3.2 Destination als Regionalsystem
3.3 Strukturen von Netzen und
3.4 Formationen und Cluster
3.5 Kooperationen innerhalb der Destination
3.6 Kooperationen einer Tourismusorganisation
3.7 Weintourismus
3.7.1 Agrarwirtschaftliche Aspekte und Versorgungsbeziehungen
3.7.2 Vergleichsuntersuchungen zum Thema Weintourismus
3.8 Versorgungsnetzwerk unter Berücksichtigung der Vernetzung mit Attraktionspunkten der Destination: eigenes Modell

4 Die „Förderkulisse“ für Weinwirtschaft und Tourismus in
4.1 Einführung in das Kapitel
4.2 Sektorale wirtschaftsbezogene Förderungen
4.2.1 Förderungen für den Tourismus durch den Staat
4.2.2 Förderung für die Landwirtschaft durch den Staat
4.2.3 Förderungen für den Tourismus durch das Land
4.2.4 Förderungen für die Landwirtschaft durch das Land
4.3 Regionale und raumbezogene Förderungen
4.3.1 Regionalmanagement und Regionalpolitik
4.4 Überblick über lokale Raumpolitik auf Gemeindeebene
4.4.1 Leitthemen und Projekte der Dorferneuerung, mit Beispielen aus dem Untersuchungsgebiet
4.4.2 Organe und Ablauf der Dorferneuerung

5 Der Untersuchungsraum
5.1 Klimatische & bodenkundliche Rahmenbedingungen
5.2 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
5.2.1 Wirtschaftsstruktur der Beschäftigten im Untersuchungsgebiet
5.3 Agrarwirtschaft in Österreich
5.3.1 Allgemeine Daten
5.3.2 Perspektiven der Weinproduzenten in Österreich
5.4 Entagrarisierung und Betriebsgrößen im Untersuchungsgebiet
5.4.1 Charakteristika des Weinbaus im Untersuchungsgebiet

6 Der Tourismus im Untersuchungsgebiet
6.1 Einleitender Überblick über bestehende Tourismusarten im Untersuchungsgebiet
6.1.1 Reittourismus
6.1.2 Golftourismus
6.1.3 Campingtourismus
6.1.4 Gesundheits- und Wellnesstourismus
6.1.5 Wirtschaftstourismus
6.1.6 Erlebnistourismus
6.2 Weintourismus im Untersuchungsgebiet
6.2.1 Synergien zum Wandertourismus
6.2.2 Synergien zum Radtourismus
6.2.3 Urlaub am Winzerhof
6.3 Übernachtungstourismus im Untersuchungsgebiet

7 Datenerhebung und -aufbereitung
7.1 Fragestellungen
7.2 Befragung von Weinbaubetrieben
7.3 Ermittlung des Stichprobenumfangs
7.4 Durchführung der Erhebung im Untersuchungsraum

8 Strukturen und Perspektiven des Weintourismus
8.1 Allgemeine Informationen
8.1.1 Betriebsformen der Betriebe
8.1.2 Betriebsart der Weinabsatzbetriebe
8.1.3 Mitgliedschaft in Winzergemeinschaft
8.1.4 Umsatz der Betriebe nach Jahreszeit
8.2 Weinproduktion und Weinabsatz
8.2.1 Betriebsgröße der befragten Weinabsatzbetriebe bzw. Weinproduzenten
8.2.2 Gegenwärtige Absatzschienen
8.2.3 Zukünftige Absatzschienen
8.3 Gastronomisches Angebot
8.4 Gästestruktur
8.4.1 Herkunft der Gäste
8.4.2 Anzahl der Übernachtungsmöglichkeiten
8.4.3 Art der Übernachtungsmöglichkeiten
8.4.4 Dauer des Aufenthalts
8.5 Veranstaltungen und Kultur
8.5.1 Arten der weinspezifischen Veranstaltungen
8.5.2 Teilnahme an weinspezifischen Veranstaltungen
8.5.3 Gemeinsame Veranstaltungen mit anderen Gemeinden
8.5.4 Aktivitäten während des Aufenthalts
8.5.5 Bekanntheitsgrad touristischer Einrichtungen
8.6 Synergiefragen und Ausbaupläne
8.6.1 Bekanntheitsgrad der Weinviertel Tourismus GmbH
8.6.2 Kooperation mit Tourismusinitiativen
8.6.3 Bereitschaft Geld in Kooperation zu investieren
8.6.4 Investitionen in den eigenen Betrieb

9 Die Rollenverteilung unter den Tourismusverantwortlichen
9.1 Aktivitäten des Land NÖ und der Weinviertel Tourismus GmbH
9.2 Entwicklung des Weintourismus
9.3 Weinspezifische Veranstaltungen
9.4 Dorferneuerung
9.5 Bedeutung verschiedener Absatzschienen und Winzergemeinschaften

10 Schlussfolgerungen
10.1 Wahl der gegenwärtigen und zukünftigen Absatzschienen
10.2 Absatzförderung durch Veranstaltungen
10.3 Synergieeffekte
10.4 Weinvermarktung und Tourismus- eine gewünschte Kombination?
10.5 Versorgungsnetzwerke im Untersuchungsgebiet

11 Zusammenfassung

12 Literatur- und Quellenverzeichnis
12.1 Literarische Quellen
12.2 Internetquellen
12.3 Statistische und kartografische Quellen
12.4 Mündliche Auskünfte und sonstige Quellen
12.5 Abbildungsverzeichnis (inkl. Kartenverzeichnis)
12.6 Tabellenverzeichnis

13 Anhang: Fragebogen

14 Danksagung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Problemstellung und Zielsetzung

Der Ursprung des Weinbaus im Weinviertel ist bereits im Spätmittelalter zu finden, wo er in der Nähe von größeren Absatzzentren wie Wien oder auch Krems betrieben wurde. Erst später erkannten einige Bauern, dass der Weinbau bessere Erträge ermöglichte als der Ackerbau, wodurch sich der Weinbau auch auf das übrige Weinviertel ausweitete. (vgl. www.aon.at1, Abfrage am 16.07.2005)

Diese Entwicklung führte zu der für das Weinviertel charakteristischen Landschaft mit ihren Weinbergen und Kellergassen, die heute Besucher oder Gäste unter anderem aus dem nahe gelegenen Wien anziehen soll.

Heute hat das Weinviertel besonders mit den Folgen des Strukturwandels zu kämpfen, der bedingt durch den Bedeutungsverlust des Primärsektors maßgeblichen Einfluss auf den Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe hatte. Eine seiner Folgen war die Landflucht, die dazu beigetragen hat, dass die „Jugend“ in die Stadt gegangen ist und die „Alten“ am Land geblieben sind. Dadurch kam es zu zahlreichen Betriebsauflösungen, da es keine potentiellen Nachfolger gegeben hat, die bereit waren diese körperlich doch sehr anstrengende und wenig ertragreiche Arbeit auf sich zu nehmen.

Die Bedeutung des Fremdenverkehrs ist allerdings für die Region als gering einzustufen, zählt doch das Weinviertel hinsichtlich seines kulturellen und landschaftlichen Angebots, nicht zu den klassischen Urlaubsdestinationen. Es fehlt an Sehenswürdigkeiten, Kulturdenkmälern, Bergen und Seen von nationaler Bedeutung bzw. erfolgt deren Vermarktung mangelhaft.

Auch wenn der Weintourismus in manchen Teilen des Weinviertels bereits einigermaßen etabliert erscheint - als Beispiele hierfür seien das Loisium im Bezirk Krems und der Erlebnisweinkeller in Retz genannt - gibt es noch weitere Bevölkerungsteile die diesen Trend erst kürzlich erkannt haben und nun für sich nützen wollen.

Im Rahmen dieser Diplomarbeit erfolgt die Einschränkung des Untersuchungsgebietes auf das südliche Weinviertel. Dieser Raum ist aus zweierlei Hinsicht sehr interessant. Zum Einen durch seine Nähe zu Wien und den damit verbundenen Einfluss der Wiener Bevölkerung auf den Tourismus im Untersuchungsgebiet. Zum Anderen durch die Tatsache, dass der Tourismus, insbesondere der Weintourismus in diesem Gebiet noch als unterentwickelt bezeichnet werden kann.

Die Zielsetzung der Arbeit lässt sich ganz allgemein etwa so formulieren:

Es sollen sowohl die Rahmenbedingungen als auch die konkrete Bereitschaft der betroffenen Unternehmen und weiterer Verantwortlicher zur Entwicklung des Weintourismus im Untersuchungsgebiet untersucht werden. Ziel dieser Arbeit soll es auch sein, erkennen zu können ob der Weintourismus durch den Betrieb der Buschenschenken das Potential hat die Wirtschaft innerhalb des Dorfes zu fördern.

Zur Erreichung dieses Zieles sollen folgende Schritte gesetzt werden:

Zunächst werden die allgemeinen Voraussetzungen für eine professionelle, integrierte Tourismusentwicklung dargestellt. Hierzu werden Konzepte der neueren Tourismusund Regionalentwicklung vorgestellt, wie vor allem Destinationsmanagement, Netzwerkbildung und Kooperationen. Danach werden Studien über die Entwicklung des Weintourismus in anderen Gebieten vorgestellt und Folgerungen für das eigene Untersuchungsgebiet abgeleitet. Ein entwickeltes Modell soll dazu dienen die Bezugsquellen der Heurigen und Buschenschenken zu verdeutlichen, anschließend wird auf die Vermarktungsmöglichkeiten der Winzer eingegangen.

Als eine wesentliche konkrete Rahmenbedingung ist auch auf die „Förderkulisse“ für Weinwirtschaft und Tourismus einzugehen.

Nachdem somit die Grundlagen umfassend dargestellt worden sind, soll diese Arbeit einen Überblick darüber geben, ob die ansässigen Winzer und die Tourismusverantwortlichen das Potential des Weintourismus erkannt haben und seine Umsetzung entsprechend fördern.

Außerdem soll geklärt werden, ob es Synergieeffekte zwischen Weintourismus und anderen Tourismusformen gibt und ob diese auch entsprechend genützt werden. Daneben wird auch noch auf die Frage eingegangen, ob der Ausbau des Weintourismus vom Land Niederösterreich entsprechend forciert wird.

2 Abgrenzung des Untersuchungsgebietes

Wie bereits erwähnt, wurde das südliche Weinviertel als Untersuchungsgebiet gewählt.

Bei der Abgrenzung wurde darauf geachtet, dass nur jene Gebiete aufgenommen werden, in denen Weinbau betrieben wird, so wurden Gebiete wie das Marchfeld ausgegrenzt.

Welche Politischen Bezirke [PB] bzw. Gerichtsbezirke [GB] umfasst werden, stellt die folgende Gliederung dar.

Das Untersuchungsgebiet umfasst:

-den ganzen PB Korneuburg, Stand 2004: 19 Gemeinden;
-aus dem PB Mistelbach, die 9 Gemeinden des ehem. GB Wolkersdorf;
-den Teil des PB Tulln nördlich der Donau, das sind die 7 Gemeinden des ehemaligen GB Kirchberg am Wagram;
-aus dem PB Wien Umgebung, die 1 Gemeinde Gerasdorf;
-aus dem PB Gänserndorf, die 16 Gemeinden des GB Gänserndorf in früherer Abgrenzung (ohne die Marchfeld-Ebene).

Das Untersuchungsgebiet bildet zugleich den Großteil der NUTS 3 Region „Wiener Umland/ Nordteil“. Im Untersuchungsgebiet wohnen laut Volkszählung 2001 rund 141.500 Einwohner, wozu noch vor allem im Sommer eine Zweitwohnsitzbevölkerung von rund 25.600 Personen kommt.

Die Abbildung 1 soll einen geographischen Überblick über das untersuchte Gebiet geben.

Zwecks besserer Unterscheidbarkeit wurde das Untersuchungsgebiet mit einem gelben Farbton unterlegt. Jene Gemeinden die zwar einen Teil der untersuchten Bezirke darstellen, aber ausgegrenzt wurden, sind in Form der grau/weiß schraffierten Fläche ausgegeben. Alle anderen Regionen die in dieser Diplomarbeit nicht berücksichtigt werden sind grau markiert.

Die verschieden färbigen Linien sollen für eine bessere Orientierung im Untersuchungsgebiet sorgen, so stellt die violette Linie die Grenze des NUTS-3- Gebietes „Wiener Umland/Nordteil“ dar, während die schwarzen Linien als Abgrenzung der Politischen Bezirke dienen. Die sehr dünnen grauen Linien grenzen die Gemeinden voneinander ab, sie beinhalten auch den 5-stelligen Gemeindecode.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet südliches Weinviertel (Quelle: GIS-Programm RegioGraph 8.0, Basisdatenbestand * Gebietsstand: 2004)

Legende

-Hauptort eines PB, gleichzeitig Sitz eines Bezirksgerichts
-Sitz eines Bezirkgerichts
-Ehemaliger Sitz eines Bezirksgerichts
-Sonstige größere Orte
-Grenzen ehem. GB im UG (Kirchberg am Wagram, Wolkersdorf, -Gänserndorf in früherer Abgrenzung)

Anhand der obigen Abbildung ist die Nähe zu Wien erkennbar, grenzen doch der PB Wien Umgebung, der PB Korneuburg sowie der PB Gänserndorf an Wien. Diese leichte Erreichbarkeit durch die Einwohner des Untersuchungsgebiets hat unter anderem einen direkten Einfluss auf die Landwirtschaft in dieser Region.

3 Modell eines Tourismus- und Versorgungsnetzwerkes am Beispiel eines durch Weinbau geprägten Dorfes

3.1 Destination als touristische Wettbewerbseinheit

Zu Beginn möchte ich den Begriff „Destination“ näher definieren, so konsumiert ein Gast ein Leistungsbündel das sich in einem bestimmten Raum befindet. „Wenn er ein Reiseziel auswählt, so vergleicht er die Räume mit ihren Leistungsbündeln untereinander und wählt aus den im Wettbewerb stehenden Räumen denjenigen aus, der seine Bedürfnisse am besten erfüllt. Das Produkt, das der Gast bucht und konsumiert, sind die Leistungen dieses Raumes.“ (Bieger, 1997, S. 73)

Der beschriebene Raum muss nicht zwingend ein Ort sein, es kann sich auch um einen Ortsteil oder ein großes Ferienressort mit allen notwendigen Einrichtungen für den Aufenthalt bzw. die Freizeitgestaltung handeln. Demnach kann unter dem Begriff Destination auch eine ganze Region, ein Land oder beispielsweise auch eine Ländergruppe verstanden werden. (vgl. Bieger, 1997, S.73)

Die WTO definiert „Destination als einen Ort mit einem Muster von Attraktionen und damit verbundenen Tourismuseinrichtungen und Dienstleistungen, den ein Tourist oder eine Gruppe für einen Besuch auswählt und den die Leistungsersteller vermarkten. Aus dieser Definition geht hervor, dass die Destination als Reiseziel und Tourismusprodukt zu verstehen ist.“ (Bieger, 1997, S. 73)

Wie aus der Abgrenzung des Begriffs „Destination“ deutlich wurde, existieren unterschiedliche Definitionen.

Im Rahmen dieses Modells ist die Destination als geographischer Raum zu verstehen, genauer gesagt handelt es sich hierbei um ein Gebiet, das der jeweilige Gast als Reiseziel wählt. „Sie enthält sämtliche für den Aufenthalt notwendige Einrichtungen für Beherbergung, Verpflegung, Unterhaltung/Beschäftigung. Sie ist damit das eigentliche Produkt und die Wettbewerbseinheit im Tourismus, die als strategische Geschäftseinheit geführt werden muss.“ (Bieger, 1997, S. 74)

Wie bereits erwähnt, konsumiert der Gast ein Leistungsbündel, das sich in einem bestimmten Raum befindet. Geht es nun um die Wahl des nächsten Urlaubs- oder Ausflugsziels, vergleicht er die Teilleistungen der Destinationen und wählt dann jene aus, die ihm insgesamt das attraktivste Leistungsbündel zur Verfügung stellt. (vgl. Ernst, 2004, S. 8) Solche touristischen Teilleistungen sind so genannte Attraktionspunkte, darunter versteht Bieger, „auf einen engen Raum definierte multioptionale Erlebnismöglichkeiten verbunden mit Dienstleistungen wie Shopping und Gastronomie. (vgl. Bieger, 1997, S. 39)

Wenn alle Definitionen zu dem Begriff berücksichtigt werden, kann folgende Sammeldefinition „zusammenfassend abgeleitet werden, dass es sich bei Attraktionspunkten um einzelne geographische Einheiten, Punkte und/oder geographisch klar begrenzte Räume handelt, welche den Touristen motivieren, eine bestimmte Zeitspanne für ihren Besuch zu verwenden.“ (www.idt.unisg.ch, abgefragt am 26.11.2005)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Elemente eines Attraktionspunktes (Quelle: www.idt.unisg.ch, abgefragt am 26.11.2005)

Attraktionspunkte weisen unterschiedliche Eigenschaften auf, beispielsweise können sie historisch, physisch, sozial oder auch gesellschaftlich sein. Ihre Wirkung erreichen sie aber erst durch die Häufigkeit ihres Auftretens, da sich die Gäste innerhalb einer Destination von Attraktionspunkt zu Attraktionspunkt bewegen. Idealerweise stellt das ursprüngliche Fremdenverkehrsangebot die Basis für die Gestaltung der Attraktionspunkte dar, an die nur noch angeknüpft werden muss. Wie in Abbildung 2 ersichtlich ist, werden diese beispielsweise durch bauliche Maßnahmen attraktiviert und in das Gesamtangebot integriert. (vgl. www.idt.unisg.ch, abgefragt am 26.11.2005)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Teilleistung und touristisches Gesamtprodukt

(Quelle: Staudacher, 2001, Folie 9)

Da es sich beim touristischen Produkt um eine Dienstleistung handelt, ist es gleichzeitig auch „eine nichtmaterielle Leistung, die nur schwer beschrieben werden kann und in der Erbringung mit Unsicherheiten behaftet ist. Sie ist etwas Abstraktes, Zusammengesetztes aus den Komponenten Zeit, Raum, Person.“ (Bieger, 1997, S. 33)

Für den Gast ergibt sich die Problematik, dass er vor Antritt der Reise bzw. des Ausflugs die Qualität und somit die Erfolgsgarantie nicht beurteilen kann. Tourismusorte sind demnach angehalten, ein bestimmtes Vertrauensverhältnis aufzubauen, was beispielsweise über ein Image oder eine Marke erfolgen kann.

Das touristische Produkt ist ebenfalls gekennzeichnet durch umfangreiche externe Effekte. „Externe Effekte sind ‚Auswirkungen’ irgendwelcher Aktivitäten, die den Nutzen von Haushalten oder die Produktion von Unternehmungen beeinflussen, ohne dass die betroffenen Haushalte oder Unternehmungen im Falle eines positiven externen Effektes etwas bezahlen müssten (z. B.: Nachbarschaftseffekt, Wirkungen auf Standortimage etc.) oder im Falle eines negativen Effektes (z. B.: Wirkungen auf das Lohnniveau, Lärmentwicklung, erhöhtes Verkehrsaufkommen usw.) dafür entschädigt würden.“ (Staudacher, 2005, S. 154) Die externen Effekte eines touristischen Produktes haben demnach sowohl positive als auch negative Effekte, die jeder innerhalb der Destination zu tragen hat.

Der Tourismus wirkt auf drei Bereiche, nämlich die Ökologie, Ökonomie, Gesellschaft und Politik. Ökologisch profitiert der Ort aus dem Tourismus insofern, dass er die Landwirtschaft und somit die einzigartige Kulturlandschaft erhalten kann. Andererseits belastet er das ökologische System auch durch die oben erwähnten negativen Effekte wie erhöhte Lärmentwicklung und Verkaufsaufkommen. Aus ökonomischer Sicht fördern die zusätzlichen Tourismuseinnahmen den Wirtschaftskreislauf der Destination. Hinsichtlich der Gesellschaft profitiert der Ort, indem die Abwanderung der Bevölkerung verhindert wird. Im Zuge dessen kommt es aber auch zu einem gesellschaftlichen Wandel, da Arbeitskräfte von außen in die Destination kommen, um sich dort niederzulassen. (vgl. Bieger, 1997, S. 34)

Damit die Destination bestehen kann, benötigt das touristische Produkt auch leistungsfähige Kooperationspartner:

-Land und Gemeinden (Infrastruktur)
-Bevölkerung der Destination (insofern diese dem Tourismus und den Gästen aufgeschlossen gegenüberstehen)
-Lokale Gewerbe (Einkaufsmöglichkeiten, Lokale)
-Landwirtschaft (Kulturlandschaft)

Die touristische Entwicklung einer Destination ist nur dann möglich, wenn die angeführten Partner einbezogen werden. (vgl. Bieger, 1997, S. 34f)

Die folgende Abbildung soll verdeutlichen, welche Bereiche durch den Gast beansprucht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Destinationsinhalte und Dimensionen von Destinationen (Quelle: Staudacher, 2001, Folie 6)

Teil dieser touristischen Angebote ist, dass es Leistungen gibt, die allen Besuchern zur Verfügung gestellt werden müssen, und zwar unabhängig davon, ob diese für diese Leistung bezahlen oder nicht. Die Schwierigkeit die sich daraus ergibt ist, dass kein privater Unternehmer an der Erbringung dieser Leistung Interesse hat. So eine Leistung kann zum Beispiel die Errichtung eines Wanderweges oder Radweges sein. Damit solche Angebote aber ermöglicht werden, ist die Einrichtung einer kooperativen Organisation notwendig, deren Aufgabe in der Bereitstellung dieser öffentlichen Leistungen besteht. (vgl. Bieger, 1997, S. 35)

Das konsumierte Leistungsbündel kann in Form einer Dienstleistungskette dargestellt werden. „Dienstleistungsketten sind analytische Instrumente, die aus der Sicht des Verbrauchers die Gesamtleistung in einzelne Teilelemente und Teilprozesse gliedern.“ (Bieger, 1997, S. 76)

Beim Konsum der verschiedenen Leistungselemente differenziert der Kunde meist nicht nach den verschiedenen Unternehmen, sondern schreibt die Leistung und deren Qualität der Destination als Ganzes zu. Destinationen sind somit gezwungen, über sämtliche Elemente der Dienstleistungskette eine prozessorientierte Perspektive zu entwickeln.

Die folgende Abbildung stellt eine Dienstleistungskette und ihre einzelnen Elemente graphisch dar.

Die Dienstleistung beginnt bei der Information und endet bei der Stammkundenpflege. Wird die

Dienstleistungskette durchlaufen, sind viele Unternehmen beteiligt. Destinationen haben primär die Aufgabe, ihre Leistungen an die Bedürfnisse der Gäste auszurichten. Nur wenn ihnen das gelingt, kann genügend Wertschöpfung erzielt werden, um die am Prozess Beteiligten angemessen zu belohnen und allenfalls jene, die von den negativen externen Effekten des touristischen Angebots betroffen sind, zu entschädigen. Sobald dies einer Destination gelingt, kann sie als wettbewerbsfähig bezeichnet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Dienstleistungskette (Quelle: Bieger, 1997, S. 77)

3.2 Destination als Regionalsystem

„Regionale Systeme sind nicht nur überaus vielgliedrig und bestehen aus zahllosen Elementen und Subsystemen, sie sind auch durch Rück- und Vorwärtskopplungen weitaus komplizierter als alle technischen und natürlichen Systeme. Überall sind nämlich denkende und planende Menschen einbezogen, welche die Abläufe der systeminternen Prozesse bewirken, steuern und nach ihren Vorstellungen ändern, sie sind selbststeuernd und selbstorganisierend sowie selbstreflektierend und selbstreferenziell.“ (Staudacher, 2005, S. 47)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Grundstruktur eines Wirtschaftlichen Regionalsystems (Quelle: Staudacher, 2005, S.48)

Die Abbildung 6 zeigt die Grundstruktur eines wirtschaftlichen Regionalsystems. Grundsätzlich wird zwischen der internen Struktur und der externen Systemstruktur unterschieden. Die interne Struktur zeigt mehrere Standorte die in der Abbildung nummeriert dargestellt werden. Sie werden dem Kommunikationszentrum (Standort Nr. 1) nicht nur zugeordnet, sondern auch durch dieses und die Verflechtungen, die zwischen ihnen bestehen, gesteuert. Zusätzlich wirkt in der internen Struktur eine interne Umwelt, die nicht steuerbar ist aber die Verflechtungen beeinflusst. Als externe Systemstruktur wird jener Teil der externen Umwelt aufgefasst, zu dem intensivere Beziehungen bestehen können als zu anderen Elementen dieser Umwelt. Die erwähnten Elemente unterliegen aber anderen Steuerungseinflüssen, da sie anderen Regionalsystemen zuzuordnen sind.

„Die externe Umwelt des Regionalsystems besteht aus einer Vielzahl von Elementen und Systemen, die nicht einbezogen sind, die aber das übergeordnete System darstellen, in das unser Regionalsystem eingebettet ist.“ (Staudacher, 2005, S. 49)

3.3 Strukturen von Netzen und Netzwerken

Damit ein Regionalsystem, wie es in der Abbildung 6 dargestellt ist, überhaupt funktionieren kann, sind Verflechtungen notwendig.

Der Begriff „Netzwerk“ ist auch im täglichen Leben bereits weit verbreitet. „In der Wissenschaft werden Netzwerke als mehr oder minder stabile Beziehungssysteme zwischen einer Anzahl von Grundelementen (=Knoten der Netze) - etwa Individuen, Organisationen, technische Artefakte oder Ereignisse - definiert. Im Rahmen der Netzwerke kommt es zum Austausch von verschiedenartigen „Medien“ wie Texte, Bilder, Güter und Sachen, Personen, Geld etc. - und zwar über Verbindungen (Kanten der Netze), die oft materieller Art sind (alle Arten von „Leitungen“), manchmal aber auch immateriellen Charakter haben können.“ (Steinbach, 2003, S.65) Nach Steinbach existieren hinsichtlich touristischer Netzwerke drei verschiedene Arten: primäre, sekundäre und organisatorische Netzwerke.

Zu den primären Netzwerken zählen die der Verkehrsinfrastruktur bzw. der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, auf denen folglich die sekundären Netze aufbauen.

Den sekundären Netzen sind die touristischen Netzwerke als die räumlichen und zeitlichen Verhaltensmuster der Touristen in den Aktionsräumen der Orte mit Beherbergungsbetrieben und entlang der touristischen Routen zuzuordnen.

Über die organisatorischen Netzwerke werden letztlich diese Leistungsbausteine für die Gäste zur Nutzung bereitgestellt. Das zählt zu den organisatorischen Netzen „erster Ordnung“. Die organisatorischen Netzwerke „erster Ordnung“ sind die so genannten monozentralen Versorgungsnetzwerke. Sie erfüllen eine bestimmte touristische Grundleistung, die die kleinste konsumierbare Einheit darstellt. Zusätzlich haben sie auch die Gewährleistung eines Leistungsbausteines zur Aufgabe, diese können als kleinstes marktfähiges Angebot, das sich aus mehreren Grundleistungen zusammensetzt, verstanden werden. Diese Grundleistungen werden auch nur auf einem Standort angeboten. Solche Versorgungsnetzwerke können nun beispielsweise Hotelbetriebe sein. (vgl. Steinbach, 2003, S. 163)

Die Netzwerke „zweiter Ordnung“ werden zu Angebotsbündeln zusammengefasst und zum Verkauf angeboten. Im Rahmen der Netzwerke „dritter Ordnung“ erfolgt die Planung und Werbung durch Institutionen wie Gebietskörperschaften oder Tourismusorganisationen. (vgl. Steinbach, 2003, S. 233)

3.4 Formationen und Cluster

In wirtschaftlichen Regionalsystemen kommen auch Formationen und Cluster vor.

Unter Formationen können „organisatorische und räumlich kohärente Aggregate verstanden werden, die als Bündel von aufeinander bezogenen Leistungen und aufeinander folgenden bzw. parallelen Verflechtungen von Formationsbildnern (Kernunternehmen), von vor- und nachgelagerten Aktivitäten und Hilfs- und Nebenfunktionen bestehen, bei denen die Konkurrenz durch synergetische Effekte gemildert wird.“ (Staudacher, 2005, S. 235) Diese räumlich kohärenten Aggregate bilden in einem Formationsgebiet ein typisches Standortgebilde aus, da sie damit die Nähe- und Agglomerationsvorteile nutzen können und diese Raumordnung zu ihrem regionalen Standortvorteil machen.

Werden Formationen in Bezug auf den Tourismus untersucht, ergibt sich etwa die in Abbildung 7 dargestellte Tourismusformation.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Modell einer Tourismusformation (Quelle: Staudacher 2001, Folie 16)

Die räumliche Strukturierung von Tourismusdestinationen ist neben den Formationen auch durch Cluster bestimmt. Dieser Begriff ist aus dem englischsprachigen Raum zu uns gekommen, und bezeichnend für die neuen Erscheinungsformen der Organisation von Branchen und Wirtschaftsregionen. Porter versteht unter Cluster „Unternehmensnetzwerke bzw. branchenübergreifende Industriekomplexe, die innerhalb einer Volkswirtschaft durch zahlreiche Liefer- und Kompetenzverflechtungen sowie Kooperationen zwischen international reüssierenden Unternehmen ausgebildet werden.“ (Staudacher, 2005, S. 238) Durch diese Definition wird auch der Unterschied zu den Formationen deutlich, die sich nämlich auf regionale Strukturen beziehen und nicht nur auf Unternehmensnetzwerke wie Cluster.

3.5 Kooperationen innerhalb der Destination

Innerhalb einer Destination gibt es eine Vielzahl an Kooperationen, wie in der folgenden Abbildung beispielhaft verdeutlicht wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Kooperationsmöglichkeiten in Destinationen (Quelle: Ernst, 2004, S. 21)

Anhand der obigen Grafik lassen sich drei verschiedene Kooperationsarten unterscheiden, nämlich die horizontalen, vertikalen, lateralen Kooperationen, sowie auch die Bedeutung der räumlichen Konzentration erkennen.

1. Horizontale Kooperationen: Diese beziehen sich auf Unternehmen gleicher Art wie beispielsweise verschiedene Beherbergungsunternehmen, zur Erzielung von Effizienzvorteilen durch Größeneffekte, die ‚economies of scale’.
2. Vertikale Kooperationen: Sie beziehen sich auf Kooperationen zwischen verschiedenartigen Unternehmen entlang einer Dienstleistungs- bzw. einer Wertschöpfungskette. Beispielsweise fällt hierunter die Zusammenarbeit von Hotellerie und Heurigenbetrieben, zur Sicherstellung von integrierten Erlebnisprodukten mit gleichzeitiger Zeit-/Kosten- und Qualitätsoptimierung mittels Breiten- und Kompetenzeffekte, der ‚economies of scope’.
3. Laterale Kooperationen: Sie erfolgen über Branchengrenzen hinweg, wie beispielsweise Hotellerie und Handwerk, unter der Prämisse, strategische Ressourcen wie Kompetenzen, Marktzugang, Know-how etc. auszutauschen.
4. „Durch die räumliche Konzentration von verschiedenen Aktivitäten können vielschichtige Agglomerationseffekte genutzt werden.“ (Ernst, 2004, S. 21) Dadurch entstehen die Attraktionspunkte innerhalb einer Destination, da diese durch die Kombination von Dienstleistungen und Erlebnismöglichkeiten auf Basis einer klaren Positionierung eine große Anziehungskraft aufweist. Grund dafür ist unter anderem die Multioptionalität und eine dem Besucher vermittelte ‚Convenience’ der Nähe. (vgl. Ernst, 2004, S. 21)

3.6 Kooperationen einer Tourismusorganisation

Die Tourismusorganisation übernimmt kooperative Aufgaben innerhalb einer Organisation. Freyer definiert die folgenden als typisch für Tourismusorganisationen:

Das Erscheinungsbild des Ortes soll durch ihre Arbeit gefördert werden, als Maßnahmen sind beispielsweise solche zur Verbesserung der örtlichen Infrastruktur zu verstehen.

Um eine möglichst optimale Entwicklung des Fremdenverkehrs zu bewirken, ist die Beratung ortsansässiger Betriebe und der Bevölkerung zwingend notwendig.

Durchführung der Gästebetreuung vor Ort, wie zum Beispiel: Auskünfte, Touristenberatung, Zimmernachweis etc.

Die Erstellung von geeignetem Marketing, das von Marktforschung über ein einheitliches Erscheinungsbild des Ortes nach außen bis zur Zusammenarbeit mit Reisebüros und Veranstaltern mit dem Ziel der Gewinnung von Gästen reicht. (vgl. Freyer, 1993, S. 201)

Die Anspruchsgruppen einer Tourismusorganisation sind demnach sehr vielfältig, wie in der folgenden Abbildung1 noch deutlicher wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Anspruchsgruppen bei einer Tourismusorganisation (Quelle: Bieger, 1997, S. 110)

Die Schwierigkeit besteht für Tourismusorganisationen in der Zufriedenstellung der Interessen aller Anspruchsgruppen, da diese teilweise doch unterschiedliche Ziele verfolgen. So wird ein Hotelier daran interessiert sein, dass der Tagestourismus nicht gefördert wird sondern die Gäste bereit sind länger in der Destination zu verweilen, während der Betreiber eines typischen Ausflugsbetriebes sich mehr von einer Förderung des Ausflugstourismus verspricht. Die Arbeit der Tourismusorganisation besteht schließlich darin, einen Interessenausgleich zu erwirken. Dieser fällt umso leichter, je klarer, ausdiskutierter und transparenter die Werte, Normen und Prioritäten sind, nach denen schlussendlich gehandelt wird. Ebenfalls sollten die Leitlinien und Zielvorstellungen für die Weiterentwicklung der Destination breit abgestützt sein. (vgl. Bieger 1997, 110)

Gerade deshalb kommt dem normativen Management von Tourismusorganisationen auch eine sehr große Bedeutung zu.

3.7 Weintourismus

Nach dieser Einführung in touristische Vernetzungen werde ich nun die Möglichkeiten des Weintourismus vorstellen. Zu Beginn werden die Vermarktungsmöglichkeiten der Winzer definiert, und anschließend drei Studien bzgl. Weintourismus präsentiert, wobei am Ende erläutert wird in welchen Bereichen es Parallelen zum Weinviertel gibt und wo nicht.

Zunächst möchte ich aber den Begriff „Tourismus“ genauer abgrenzen. Eine die in der deutschsprachigen Literatur zu finden ist, ist jene von Steinecke: „Fremdenverkehr (Tourismus) umfasst die Reisen und den Aufenthalt von Personen, die am Aufenthaltsort nicht dauernd wohnen und arbeiten.“ (Steinecke, 1993, S. 53)

In der jüngeren Literatur findet man auch häufig die Definition der Welttourismusorganisation:

„Tourism comprises the activities of persons travelling to and staying in places outside their usual environment for not more than one consecutive year for leisure, business and other purposes not related to the exercise of an activity remunerated from within the place visited.” (www.world-tourism.org, abgefragt am 25.07.2005) Diese Definition betont also, dass ein Besucher seine gewohnte Umgebung für die Dauer von höchstens einem Jahr verlässt und am Zielort keine von dort remunerierte Tätigkeit ausübt.

Anhand dieser Definitionen wird bereits ersichtlich, dass es sich bei „Tourismus“ um einen sehr weit gefassten Begriff handelt, der weiter spezifiziert werden muss. So existieren je nach Reisemotiv unterschiedliche Tourismusformen wie beispielsweise der Wirtschaftstourismus, Radtourismus, Golftourismus und natürlich den Weintourismus.

Hall und Macionis umschreiben Weintourismus als „Visitation to vineyards, wineries and wine shows for which grape wine tasting and/or experiencing the attributes of a grape wine region are the prime motivation factor for visitors.“ (Hall, 2000, S. 3) Diese Definition stellt Weintourismus aus der Kundensicht dar und bestimmt letztlich das weintouristische Produkt.

Getz stellt eine globalere Begriffsabgrenzung vor und berücksichtigt nicht nur die Perspektive des Konsumenten, wie die Definition von Hall und Macionis, sondern auch jene von Tourismusdestinationen und Weinproduzenten. „Wine tourism is travel related to the appeal of wineries and wine country, a form of niche marketing and destination development, and an opportunity for direct sales and marketing on the part of the wine industry“ (Getz, 2000, S. 4)

3.7.1 Agrarwirtschaftliche Aspekte und Versorgungsbeziehungen

In diesem Unterkapitel werde ich zu Beginn die Versorgungsbeziehungen behandeln und danach näher auf die Vermarktungsmöglichkeiten der Winzer eingehen.

Die Grundlage für das „Zentrale Orte Konzept“, das heute in der Raumplanung zur Anwendung kommt , ist die „Theorie der zentralen Orte“, die von Christaller 1933 entwickelt wurde.

„Unter ‚zentral‘ sollte verstanden werden, dass die Gemeinde gegenüber ihrer Umgebung einen ‚Bedeutungsüberschuss‘ hat, der nicht von Fläche oder Einwohnerzahl abhängig ist, sondern Ergebnis des wirtschaftlichen Zusammenwirkens der Bewohner ist. Damit war der zentrale Ort unabhängig von der Siedlungs-, der politischen der wirtschaftlichen Einheit zu verstehen und konnte nach folgenden drei Prinzipien gegliedert werden:“ (www.isl.uni-karlsruhe.de, abgefragt am 21.04.2006)

-Versorgungsprinzip
-Verkehrsprinzip
-Verwaltungsprinzip

Das Versorgungsprinzip bezieht sich auf die Funktionsvielfalt die von der Stadtgröße abhängig ist. Es stützt sich auf den unterschiedlichen transporttechnischen- marktwirtschaftlich begründeten Reichweiten von Gütern. (vgl. www.isl.uni- karlsruhe.de, abgefragt am 21.04.2006)

„Die Theorie der zentralen Orte geht davon aus, dass die Zentralität eines Ortes proportional mit der Anzahl zentralörtlicher Dienste steigt, wobei jedoch für die Einstufung zwischen zentralörtlichen Diensten mit hoher, mittlerer, niedriger und sehr niedriger Zentralität zu unterscheiden ist.“ (www.salzburg.gv.at, abgefragt am 21.04.2006) Am zentralsten können jene Dienste bezeichnet werden, die im gesamte Untersuchungsraum nur einmal vorkommen, dabei handelt es sich beispielsweise um eine Finanzlandesdirektion. Die geringste Zentralität weisen aber jene Dienste auf, die am häufigsten vorkommen. In Österreich können aufgrund der empirischen Erhebung die von Bobek & Fesl durchgeführt wurde, 10 Rangstufen der zentralen Orte unterschieden werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Die Hierarchie zentraler Orte in Österreich - Neuerhebung 1973 (Quelle: www.salzburg.gv.at, abgefragt am 21.04.2006)

Das bereits erwähnte „Zentrale Orte Konzept“ wurde Grundlage für die Mittelverteilung und zunächst zur Entwicklung der ländlichen Unterzentren verwendet. Damit sollte in Deutschland das gesetzlich verankerte Ziel der „Schaffung gleicher Lebensbedingungen für alle“, durch den weiteren Ausbau der Infrastruktur, Industrie, Kultur und Verwaltung erreicht werden, wodurch die Abwanderung im ländlichen Raum verhindert werden sollte. (vgl. www.isl.uni-karlsruhe.de, abgefragt am 21.04.2006)

Dieses Konzept sieht Versorgungskerne vor, die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Einrichtungen besitzen. Sie sind die so genannten Zentralen Orte die aufgrund einer hierarchischen Gliederung der Siedlungsräume entstehen. Sie übernehmen nämlich die Versorgungsaufgaben für ihren Verflechtungsbereich. (vgl. www.regionalberatung.at, abgefragt am 21.04.2006)

Eine weitere Rahmenbedingung ist auch, dass der zentrale Ort nicht einer Gemeinde gleichgesetzt werden darf, dies führt insbesondere im Verflechtungsbereich zu höherrangigen zentralen Orten immer wieder zu Problemen.

Neben den zentralen Orten die eben ausfühlich behandelt wurden, möchte ich nun kurz auf die Nahversorgung eingehen, die für die Versorgungsbeziehungen ebenfalls von Bedeutung sind.

Einzelne rechtsverbindliche Raumordnungsdokumente (unter anderem regionale Raumordnungsprogramme) beinhalten eine Auflistung von öffentlichen und privaten Diensten (z. B. Kindergärten, Bäcker, Postämter), die ein Nahversorgungszentrum (einen Ort bestimmter Zentralität mit spezifischen Nahversorgungsaufgaben) beschreiben. Die Bestimmungen beziehen sich allerdings nicht auf die Sicherstellung von Waren sondern nur von Dienstleistungen und treffen darüber hinaus auch nur Aussagen darüber wie viele Dienste beispielsweise in einem lokalen Zentrum angeboten werden müssen, allerdings ohne eine Prioritätenreihung vorzunehmen. (vgl. Sammer, 2000, S. 5)

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf eine umfassendere Begriffsabgrenzung der „Nahversorgung“, so wird ebenfalls die Erzeugung und der Verkauf von Lebensmitteln berücksichtigt. (vgl. Sammer, 2000, S.5)

Die Facetten der Versorgung kleinerer Ortschaften sind vielfältig, so beinhaltet sie beispielsweise folgende:

-Backwaren
-Fleisch- und Wurstwaren Haushaltswaren
-Bank/Sparkasse Apotheke
-Ärzte
-Verwaltungsstellen
-Kindergarten und Schulen
-Gaststätten (vgl. GMA, 2001, S. 4)

Gastronomische Einrichtungen nehmen in einem Dorf, als Ort der Begegnung eine der zentralen Rollen des sozialen Lebens ein, sie stellen ein bevorzugtes Forum für informelle Kontakte, Gespräche und Verabredungen dar.

Allgemein kann man sagen, dass die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs speziell in den vergangenen Jahrzehnten einem tief greifenden Wandel unterlag. Trotz der vielfältigen Erscheinungsbilder die mit diesen Veränderungen einhergingen, ist aus räumlicher Sicht ein eindeutiger Trend erkennbar, der Hand in Hand mit der wirtschaftlichen Entwicklung von Regionen geht: der Konzentration von Versorgungsstrukturen in dynamischen Räumen einerseits und der Ausdünnung von Versorgungsstrukturen in so genannten Peripheren entwicklungsschwachen Räumen andererseits. (vgl. Schmid, 2003, S. 16) In diesem Unterkapitel wird darauf Bezug genommen welche unterschiedlichen Absatzwege den Winzern zur Verfügung stehen und welche geeignet erscheinen mit Tourismus kombiniert zu werden.

Die Abbildung 11 zeigt alle Vermarktungsmöglichkeiten einer durchschnittlichen österreichischen Weinernte. Aus dieser wird auch ersichtlich, dass im Österreichdurchschnitt 71 % der Weinernte in Form vom Fasswein, Buschenschank/Heuriger oder Flaschenwein vertrieben werden. Hierbei ist anzumerken, dass die Absatzform Buschenschank/Heuriger die wichtigste touristische Nutzung vorweisen kann, der Flaschenweinverkauf kann im Fall des Ab-Hof Verkaufs allerdings auch Ausflügler anziehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Vermarktungsmöglichkeiten einer durchschnittlichen österreichischen Weinernte (Quelle: eigene Darstellung auf Basis der Daten der Strukturerhebung 1990, S. 39)

Zum besseren Verständnis möchte ich aber eine Begriffsabgrenzung zwischen Buschenschank, Heuriger und in Folge, Ab-Hof Verkauf und Zustellung durchführen.

Für ganz Österreich gilt folgende gesetzliche Bestimmung:

„Unter Buschenschank ist der buschenschankmäßige Ausschank von Wein und Obstwein, von Trauben- und Obstmost und von Trauben und Obstsaft durch Besitzer von Wein- und Obstgärten, soweit es sich um deren Erzeugnisse handelt, zu verstehen; im Rahmen der Buschenschank ist auch die Verabreichung von kalten Speisen und der Ausschank von Mineralwasser und kohlensäurehaltigen Getränken zulässig, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass diese Tätigkeiten dem Herkommen im betreffenden Bundesland in Buschenschanken entsprechen. Die Verabreichung von warmen Speisen auf Grund dieser Ausnahmebestimmung ist nicht zulässig.“ (§ 2 Abs. 7 Gewerbeordnung)

Die Buschenschank ist eine besondere Vertriebsform landwirtschaftlicher Erzeugnisse, der nicht als Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft geführt wird, sondern ebenso wie der Verkauf anderer selbsterzeugter Produkte, der Produktion näher steht. (vgl. Distel, 1996, S. 49)

In Niederösterreich darf gemäß § 7 Abs. 1 des NÖ Buschenschankgesetzes die Buschenschank ohne Unterbrechung höchstens durch 3 Monate ausgeübt werden. Wenn die Buschenschank innerhalb der gleichen Gemeinde betrieben wird, dann muss zwischen den Ausschankzeiten ein Zeitraum von mindestens vier Wochen liegen.

Eine Buschenschank wird durch ein Buschenschankzeichen gekennzeichnet, das vom Landesweinbauverband vergeben wird. Es wird am Eingang einer Buschenschank angebracht und beinhaltet den Namen des Winzers. Von Kaiser Josef II. initiiert, sieht das Zeichen wie in Abbildung 12 aus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Buschenschankzeichen (Quelle: Banyai, 1996, S. 64)

Der Unterschied zwischen Buschenschenken und Heurigen wird gemäß der Gewerbeordnung geregelt:

1. „Ein „echter“ Heuriger (=Buschenschank) darf nur eigenen reinen Wein ausschenken, die voll konzessionierten Heurigenbetriebe (Gastgewerbekonzession) dürfen ihren Wein zukaufen wo sie wollen und haben auch die Berechtigung diesen überall auszuschenken.
2. Ein Heuriger darf mit Buffetkonzession nur beschränkt warme Speisen verkaufen, die Vollkonzessionierten sämtliche Speisen in der Manier eines Restaurants.
3. Die Buschenschank muss mindestens zwei Monate im Jahr zusperren, die Konzessionsnehmer können während des gesamten Kalenderjahres offen halten.“ (Banyai, 1996, S. 65)

Der Ab-Hof Verkauf kann als die wohl wichtigste Form der Direktvermarktung gelten. Diese Vertriebsform ist für alle Produkte aus der Eigenerzeugung zulässig und vor allem für Betriebe in der Nähe von Ballungszentren und von Hauptverkehrsadern interessant. „Die Abholung durch den Konsumenten überwiegt bei kleineren Betrieben, was den Vorteil mit sich bringt, dass die Transportkosten, die einen nicht unwesentlichen Faktor darstellen, vom Konsumenten getragen werden.“ (Distel, 1996, S. 48)

Vom Ab-Hof Verkauf zu unterscheiden ist der Tür-zu-Tür Verkauf.

Laut Gewerbeordnung 1994 ist für Landwirte lediglich der Tür-zu-Tür Verkauf für bestimmte Produkte gestattet, zu denen der Wein nicht zählt. Dem Winzer ist es demnach untersagt ohne vorherige Bestellung Tür-zu-Tür Geschäfte abzuwickeln. Liegt eine Bestellung vor, handelt es sich um Zustellung, die als Direktvermarktungsform auch für Wein möglich ist.

Die Zustellung von Produkten frei Haus ist vor allem für marktferne Betriebe gut geeignet. Der Auftrag kann via Telefon, Mail oder auch beispielsweise über einen Onlineshop erfolgen. Aufgrund der Bestellung des Konsumenten sind Art und Menge des Produktes, sowie Lieferzeitpunkt und -ort bekannt, wodurch die Verkaufsroute leicht optimiert werden kann. Diese Form der Direktvermarktung erleichtert es, die Produktpalette um neue Angebote zu erweitern, da Stammkunden eher bereit sind, neue Erzeugnisse zu testen. (vgl. Fischer, 1998, S. 46)

Es können folgende Entwicklungstendenzen angeführt werden:

-Massiver Zuwachs des Flächenangebots
-Verringerung der Geschäftszahl generell
-Verödung und Entleerung von Stadt- und Ortskernzonen
-Verlängerung der Einkaufswege und Steigerung des Autoverkehrs
-Ausdünnung von Spezialangeboten (Bäcker, Fleischer, etc.)
-Soziale Funktion des Nahversorgers geht verloren. (vgl. Sammer, 2000, S.8)

Jene Gemeinden die nahe bei Wien liegen, profitieren vom größeren Angebot, das in Wien besteht, allerdings sind die Auswirkungen durch diese starken Verflechtungsbeziehungen für die örtliche Wirtschaft gravierend, da diese Betriebe oftmals dem Preisdruck der Großstadt nicht Rechnung tragen können und der oben genannten Entwicklungstendenz, der Betriebsaufgabe unterliegen. (vgl. Bartel, 2002, S. 57)

Unter 3.8 wird im Rahmen des Modells auf Versorgungsbeziehungen noch detaillierter eingegangen.

3.7.2 Vergleichsuntersuchungen zum Thema Weintourismus

Nach dieser Einführung in den Weintourismus und seine Charakteristika werden drei verschiedene Studien zum Thema „Weintourismus“ behandelt und ihre unterschiedlichen Ansätze und Ergebnisse im Detail vorgestellt. Die Auswahl dieser Studien wurde deshalb getroffen, da sie aufgrund der ungleichen Nationen, nämlich Italien (Südtirol), Deutschland (Mosel-Saar-Ruwer) und Österreich (Südsteirische Weinstraße) ein breites Spektrum abdecken und ihre Ergebnisse Aufschluss über die Charakteristiken des Weintourismus bieten können. Diese Kennzeichen werden schlussendlich mit dem Untersuchungsgebiet verglichen um mögliches Potential zu erkennen bzw. auch um eventuelle Synergien zu anderen Tourismusformen zu erkennen.

3.7.2.1 Aster Barbara „Die Entwicklungsperspektiven des Weintourismus in Südtirol“

Barbara Aster hat sich im Rahmen ihrer Diplomarbeit mit dem Weintourismus in Südtirol, im speziellen der Gemeinde Tramin befasst.

Neben den landschaftlichen Merkmalen, die für den Weinbau als typisch zu bezeichnend sind, beschränkt sich das Weinerlebnis in Südtirol primär auf die Konsumation in Gaststätten, Restaurants, Törggelkellern, Buschenschenken oder edlen Vinotheken. (vgl. Aster, 2003, S. 5)

Besonders interessant ist in ihrer Arbeit die SWOT Analyse mit den Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren des Weintourismus für dieses Gebiet, die nun vorgestellt wird.

Stärken

Die zentrale Lage

Tramin liegt nur wenige Kilometer von Bozen entfernt und weist die Nähe zu einer Autobahnausfahrt auf.

Kultur, Tradition, Geschichte

Die Gemeinde verfügt über eine große Menge gut erhaltener Kunst- und Kulturdenkmäler. (vgl. Aster, 2003, S. 82)

Natur, Landschaft, Rad- und Wandermöglichkeiten

Das Gebiet bietet nicht nur die klassischen Obst- und Weingärten sondern auch noch die Südtiroler Bergwelt.

Qualitätsweine

Es werden Weine angeboten die weit über die Grenzen Südtirols für ihre Qualität bekannt sind.

Der Name Gewürztraminer

Diese Bezeichnung lässt sich ableiten vom Ortsnamen Tramin, der Name kann als USP gelten.

Das Gewürztraminer Symposium

Hierbei handelt es sich um eine sehr bekannte Veranstaltung wodurch auch Fachleute in dieses Gebiet reisen.

Bereitschaft zur Kooperation zwischen Weinwirtschaft und Tourismus

Nach einigen Unklarheiten in der Vergangenheit versuchen die beiden Wirtschaftssektoren die Zusammenarbeit zu verbessern. (vgl. Aster, 2003, S. 83)

Die „kommunale Wirtschaftsentwicklung“

Grundlage ist ein Projekt, das vom Europäischen Strukturfonds in Auftrag gegeben wurde, durch welches Leitlinien für die Gemeinde Tramin durch die Bürger der Gemeinde in Zusammenarbeit mit der Projektleitung Mersiana GmbH erarbeitet wurden.

Die Annahme der „kommunalen Wirtschaftsentwicklung“

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass das erarbeitete Konzept akzeptiert wurde.

Engagierte Gemeindemitglieder

Sie sind notwendig um das Konzept mit der nötigen Kraft auch durchzusetzen. (vgl. Aster, 2003, S. 84)

Schwächen

Nicht gelebte Kultur

Die Kultur wurde bereits als Stärke genannt, allerdings wurde in Gesprächen mit der Bevölkerung deutlich, dass diese Kultur nicht bzw. kaum gelebt wird.

Ungenügendes Angebot für Italiener

Obwohl diese Zielgruppe laufend an Bedeutung gewinnt, alleine durch den direkten Weinabsatz, ist die Gemeinde für italienische Gäste als eher unattraktiv einzustufen, da es beispielsweise kaum italienischsprachiges Werbematerial gibt.

Geringe Gewürztraminerproduktion

Aufgrund limitierter Anbaurechte ist die Produktion des Gewürztraminers mengenmäßig beschränkt, wodurch diese Weinsorte meist im Spätsommer bereits ausverkauft ist.

Fehlende Strukturen rund um die Kellereien

Die Betreiber der Kellereien stehen einem touristischen Ausbau aufgeschlossen gegenüber, jedoch bestehen erhebliche Schwierigkeiten in der Umsetzung: so sind die Räumlichkeiten der Keller oft sehr klein und die Zufahrts- und Parkmöglichkeiten sehr problematisch. (vgl. Aster, 2003, S. 85)

Hotelstruktur

Die Hotels der Gemeinde Tramin gehören zur 2 bis 3 Stern Kategorie, lediglich ein Hotel bietet mit 4 Sternen einen gehobenen Standard.

Mangelnde Erlebnisgastronomie

Die Restaurants, Gasthäuser und Buschenschanken die in Tramin angesiedelt sind bieten eine gutbürgerliche Küche an, die aber nicht alle Gäste anspricht. So sucht der Großteil der Geschäftsleute eher Restaurants außerhalb der Gemeinde auf, um dort zu speisen.

Mangelnde Identifikation mit Tramin und Gewürztraminer

Der persönliche Nutzen, den viele Wirtschaftstreibende aus der USP ziehen, wird oft verkannt. (vgl. Aster, 2003, S. 86)

Geringe Pflege der Weinkultur sowie mangelnde Unterstützung der heimischen Weinproduktion

In manchen Restaurants kann es passieren, dass man trotz der Präsenz der Weinkultur von schlechtem Servicepersonal beraten wird bzw. einen edlen Tropfen in unpassenden Gläsern serviert bekommt.

Zwischen zwei Stühlen: Massentourist oder Qualitätsgast?

Die Traminer wünschen sich einen kaufkräftigen Gast mit hohem Qualitätsbewusstsein. Dass die Gewinnung solcher Qualitätstouristen allerdings sehr viel länger dauert, schreckt viele ab, wodurch sie sich wieder mehr auf den Massentourismus konzentrieren.

Kooperation

Aufgrund der ausgeprägten Eigenschaft, das Geld im größten Umfang in die eigene Tasche zu wirtschaften, kommt es bei der Zusammenarbeit immer wieder zu Unstimmigkeiten, da eine Partei deutlich schlechter gestellt ist als die andere. (vgl. Aster, 2003, S. 87)

Verkehrsproblematik

Aufgrund der Lage an der Südtiroler Weinstraße ist die Belastung durch den zunehmenden Verkehr erheblich, dazu zählen neben den Abgasen auch die Lärmbelästigungen.

Finanzielle Einschränkung der Gemeinde

Projekte wie jenes der „kommunalen Wirtschaftsentwicklung“, in dem die Leitbilder für Tramin festgelegt wurden, mögen ja wirtschaftlich sinnvoll und auch Erfolg versprechend sein, oft scheitert aber die Umsetzung an den dafür benötigten finanziellen Mitteln. (vgl. Aster, 2003, S. 88)

Chancen

Südtirol als Genießerland

Kultur, Natur und Tradition sollen mit exquisiter Küche kombiniert und angeboten werden.

Image der Südtiroler

Über die Grenzen hinaus bekannt für ihre Qualitätsweine

Die Größe des Gewürztraminers

„Die Profilierung mit diesem Prädikatswein schafft für Tramin eine nicht zu überbietende Vormachtstellung.“ (Aster, 2003, S. 89)

Neupositionierung der Südtiroler Weinstraße

Tramin ist eine jener Gemeinden, die an der Südtiroler Weinstraße liegen. Durch eine Neupositionierung der Südtiroler Weinstraße auf den

Qualitätstourismus erwartet man sich in Tramin zusätzliche

Wertschöpfungsmöglichkeiten. (vgl. Aster, 2003, S. 89)

Kooperationen zwischen den Gemeinden

Ein gebildeter Weintourist ist nicht nur an einem Ort sondern an der gesamten Weindestination interessiert, wodurch einzelne Angebote der Dörfer unter dem Dach einer Destination in Kooperationen angeboten werden sollen.

Trend zu Kurzurlauben

Zukünftig wird man öfter, kürzer und erlebnisreicher verreisen wollen. Die Aufgabe der Gemeinde oder einer Tourismusorganisation besteht darin, passende Angebote auf den Markt zu bringen, die diesem Umstand entsprechen. (vgl. Aster, 2003, S. 90)

Inszenierung als Antwort auf Veränderungen im Tourismus

Aufgrund der Entwicklung, dass der Konsument immer anspruchsvoller wird, ändert sich auch das Reiseverhalten. „Mit Hilfe einer geschickten Inszenierung von historisch geprägter Landschaft mit spezieller Geschichte, Natur und Kultur kann dem Erlebnishunger der Reisenden und der Forderung nach einem materiellen und emotionalen Zusatznutzen entsprochen werden.“ (Aster, 2003, S. 91)

Weintourismus als Inszenierung

Da der Wein ein fester Bestandteil der Südtiroler und Traminer Kultur ist, bringt er ein geradezu optimales Vermarktungspotential mit sich. (vgl. Aster, 2003, S. 91)

Gefahren

Wein im Abwärtstrend

Auch wenn der Wein in den letzten Jahrzehnten als Lifestyle-Getränk bezeichnet werden konnte, zeigen sinkende Absatzzahlen und eine gesundheitsbewusstere Lebensweise der Menschen deutlich, dass die Schiene Weintourismus auch die falsche sein kann.

Möglicherweise Einbruch der Marke Gewürztraminer

Der Gewürztraminer war in den letzten Jahren zweifellos eine sehr erfolgreiche Weinsorte, aufgrund des sich schnell ändernden Konsumverhaltens der Weintrinker kann sich dies aber in der Zukunft auch wieder ändern.

Historische Rivalität

Die Kooperationen zwischen den Südtiroler Weindörfern könnten an den historischen Rivalitäten scheitern, wodurch Tramin als Einzelkämpfer dem Wettbewerb mit anderen besser entwickelten Weingemeinden ausgesetzt wäre. (vgl. Aster, 2003, S. 92)

Ungenügende Integration beider Wirtschaftssektoren

Mögliche Konflikte zwischen dem Sektor Tourismus und dem Sektor Landwirtschaft könnten dem Weintourismus ein schnelles Ende bereiten.

Austauschbarkeit der Ferienorte und Erlebniswelten

Dem im Laufe der letzten Jahre entstandenen Preisdumping kann Südtirol nicht wirksam entgegenwirken, vielmehr haben kostspielige Investitionen, Fremdfinanzierungen und Unterdeckung häufig zu ruinösen Situationen geführt.

Fehler bei der Konzeption des Weinerlebnisses

Die Inszenierung eines Weinerlebnisses muss behutsam umgesetzt werden. Wird dabei nicht auf den emotionalen Zusatznutzen des Kunden bedacht genommen, dann besteht die Gefahr, dass der Gast merkt, dass es sich lediglich um eine getarnte Verkaufsstätte handelt. (vgl. Aster, 2003, S. 93)

Barbara Aster hat im Rahmen dieser SWOT-Analyse sehr deutlich gemacht, welche Entwicklung der Weintourismus haben kann und worin sein Potential besteht, sich auch weiter als Trendtourismusart zu behaupten.

3.7.2.2 Haart Norbert „Weintourismus"

Norbert Haarts Studie bezieht sich auf den Tourismus im Weinbaugebiet Mosel-Saar- Ruwer, das in der Nähe der Großräume Köln-Bonn, Rhein-Ruhr und Saarbrücken liegt. (vgl. Haart, 2004, S. 241) Diese Region war durch den Strukturwandel besonders stark betroffen, da sich die Anzahl der Betriebe von 1979 bis 1999 nahezu halbierte. Diese Entwicklung führte bereits zu wahrnehmbaren Kulturlandschaftsveränderungen, vor allem zum Brachfallen von Rebflächen. (vgl. Haart, 2004, S. 239) Trotzdem ist das Weinbaugebiet Mosel-Saar-Ruwer auch wegen seiner Kulturlandschaft bekannt, wobei aber zu erwähnen ist, dass die Infrastruktur hinsichtlich Weintourismus praktisch nicht ausgebaut ist. Es existieren lediglich ein paar Weinlehrpfade aus den 60er und 70er Jahren, aber kein modernes Museum bzw. Erlebniszentrum des Moselweins. Hinsichtlich des kulturellen Erbes führt Haart an, dass die historischen Bauten fast alle einen direkten Bezug zu Wein haben wie die römischen Kelteranlagen, mittelalterlichen Kirchen, Burghäuser, Schlösser etc. Allerdings werden die für Weintourismus klassischen touristischen Veranstaltungen wie Tag der offenen Kellertür, Weinstraßenfest, Kirchweih oder auch Patronatsfeste ebenfalls durchgeführt. (vgl. Haart, 2004, S. 243)

Haart ist der Meinung, dass Weinbaubetriebe in diesem Gebiet auf Dauer nur bestehen können, wenn sie ihren Wein direkt an den Letztverbraucher verkaufen. Dies erfolgt beispielsweise durch die Absatzform der Besen- bzw. Straußenwirtschaften2, die sich insbesondere die Nähe zu den bereits erwähnten Großräumen zu Nutzen machen. (vgl. Haart, 2004, S. 241) Die Besenwirtschaften profitieren einerseits durch den Ausflugs- und andererseits durch den Übernachtungstourismus. Sowohl der Ausflugstourismus als auch der Übernachtungstourismus sind im Zeitraum Mai- Oktober am intensivsten. Die meisten Gästeankünfte gibt es mit ca. 90 % in dieser Zeit, wobei allerdings alleine 20 % der Ankünfte auf den Oktober entfallen. (vgl. Haart, 2004, S. 245) Übernachtungsmöglichkeiten gibt es viele, sie reichen von den klassischen Hotels bis hin zu Privatquartieren. Diese Privatzimmervermietungen haben über Jahre an Bedeutung gewonnen, sodass ihre Anzahl mittlerweile deutlich jene der gewerblichen Anbieter übersteigt. Der Großteil dieser Privatquartiere wird von Winzerbetrieben geführt, von denen sich laut einer Umfrage 96 % der Winzer die „Gewinnung neuer Kunden für den Weinabsatz“ und 83 % den „Aufbau eines zweiten wirtschaftlichen Standbeins“ erhoffen. (vgl. Haart, 2004, S. 242f)

Während dem Urlaub am Winzerhof, wie diese Unterkunftsform auch genannt wird, werden dem Kunden entsprechende Zusatzangebote zur Verfügung gestellt:

-Weinproben (96 %)
-Kellerführungen/Betriebsführungen (91 %)
-Weinbergführungen (70 %)
-Mitarbeit im Weinberg (60 %)
-Grillabende (50 %)
-Spezielle Weinseminare (22 %)
-Straußwirtschaft (20 %)

[...]


1 Die Unterscheidung zwischen Bürgergemeinde und Politischer Gemeinde existiert nur in der Schweiz.

2 Besenwirtschaften/Straußenwirtschaften entsprechen der österreichischen Buschenschank.

Ende der Leseprobe aus 168 Seiten

Details

Titel
Der Weintourismus im südlichen Weinviertel
Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien  (Angewandte Regional- und Wirtschaftsgeographie)
Note
1
Autor
Jahr
2006
Seiten
168
Katalognummer
V54231
ISBN (eBook)
9783638494830
ISBN (Buch)
9783656245247
Dateigröße
4478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weintourismus, Weinviertel
Arbeit zitieren
Mag. Elisabeth Schmid (Autor:in), 2006, Der Weintourismus im südlichen Weinviertel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54231

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