Das Sivajnanasiddhiyar des Arunanti - Untersuchung Kap. 7.: Die Vorlage des Sivajnanasiddhiyar: Meykantadevas Sivajnanabodha - Eigene Erklärungen und Interpretationen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

18 Seiten, Note: 1 (sehr gut)


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Untersuchung Kap. 7.: Die Vorlage des Sivajnanasiddhiyar: Meykantadevas Sivajnanabodha
I. Sutra
II.Sutra
III. Sutra
IV. Sutra
V. Sutra

3. Fazit

4. Kleines Sanskrit-Lexikon

5. Quellen

1. Einleitung

Meykantadeva, auch bekannt als Meykanda, lebte wahrscheinlich im 13. Jahrhundert und war der Lehrer des Arunanti. Meykanda schuf das Sivajnanabodha, das Hauptwerk der Lehrschule des Saiva-Siddhanta. „Dieses Werk bildet selbst einen Kommentar, und zwar zu 12 kurzen Sanskrit-Sutras des Raurava-Agama […]. Diese 12 Sutras gelten als die Essenz der in den Agamas[1] enthaltenen Wahrheit und sollen imstande sein, alle Zweifel zu heben.“[2] (S. 21, Z. 17-21).

Meykanda sollen der Legende nach diese 12 Sutras von einer Art Gott oder Engelwesen (“dem vom Himmel herabgestiegenen Paranjyotimuni“) schon als Kleinkind beigebracht worden sein. Im Auftrag des Ganesa (elefantenköpfiger Gott der Gelehrsamkeit und Sohn Sivas[3] ) übersetzte Meykanda die Sutras ins Tamil und fügte einige Erläuterungen hinzu. Das Sivajnanasiddhiyar seines Schülers Arunanti wiederum stellt u.a. einen Kommentar zum Sivajnanabodha dar.

Im Seminar haben wir uns mit dem I. und II. Sutra des Sivajnanabodha in einem Referat beschäftigt. Für die vorliegende Hausarbeit habe ich nun diese Texte, bis einschließlich des V. Sutras, noch einmal näher untersucht, die Texte vereinfacht wiedergegeben und zu einigen ausgewählten Stellen Interpretations- und Erklärungsversuche festgehalten. Zum weiteren Verständnis habe ich am Ende der Arbeit, ab Seite 14, ein kleines Lexikon mit den wichtigsten Begriffen beigefügt.

2. Untersuchung Kap. 7.: Die Vorlage des Sivajnanasiddhiyar: Meykantadevas Sivajnanabodha

I. Sutra

Zur Einleitung:

„Da das Universum, das uns als er, sie, es (d.h. mannigfaltig) entgegentritt, drei Entwicklungsstufen unterworfen ist, ist es eine bewirkte Realität. […]“ (S. 21, Z. 32-34).

Das Universum ist eine “bewirkte“, also geschaffene Realität. Es entsteht “untergehend“ durch das mala (Unreinheiten des Geistes: Individuation, Karma und Maya). Der Gott des Untergangs (Siva) ist also gleichzeitig der Schöpfer der Welt.

Zum 1. Kapitel (S. 21-22):

„Die Welt ist so beschaffen, daß sie nur mit Hilfe des Untergehens und Entstehens besteht.“ (S. 22, Zeile 2-3).

Alles was besteht, muss einmal entstanden sein, und wird auch wieder vergehen. Dies ist ein dynamischer, und empirisch beobachtbarer („[…] bestehen und untergehen sehen […]“ (S. 22, Z. 4.)) Kreislauf. Dieser kann aber letztlich nicht real sein, da er nicht ewig ist.

Zum 2. Kapitel (S. 22):

1. Bsp.: „Das Untergegangene entsteht aus dem, in das es untergeht. […] Der Gott der Erhaltung [Visnu] und der Gott der Schöpfung (Brahma) gehen auch unter in ihre Ursache.“ (S. 22, Z. 19-24).

Alles was entsteht, geht letztlich immer in seinen Ursprung unter. Auch Visnu und Brahma.

2. Bsp.: Das Karma bewirkt die (künftige) Form des Purusas[4] (das höchste Wesen im Herzen aller Menschen/ Individuum).

„Weil Maya[5] so in Verbindung mit der Sakti[6] dessen steht, der ihr Stützpunkt ist [eine individuelle Seele, oder ist hier Siva gemeint?], erlangt sie die Kraft (zu entstehen) gemäß den Taten der einzelnen Seelen.“ (S. 22, Z. 26-28).

Das bedeutet meiner Auffassung nach, dass man sich im nächsten Leben in die physische Lebensform (Stichwort “Geronnenes Karma“) transformiert, die im vorigen Leben bewußt oder unbewußt herbeigewünscht wurde (kann möglicherweise weiter ausgelegt werden: Ort, soziale Stellung usw.), im Sinne einer sog. “Psycho-Physik“. Dies geschieht durch das Zusammenspiel der göttlichen Energie Sakti und der täuschenden Kraft Maya, ohne dass der Mensch nach seinem Tod weitere Möglichkeit zur Beeinflussung seiner Reinkarnation hat. Sein Zutun, seine Entscheidung, praktisch den Samen der Zukunft hat er bereits im vorigen Leben mit seinen Gedanken, Worten und Taten gelegt. Oberste Entscheidungs-Instanz ist aber auch hier wieder Siva, der ja mit der Sakti untrennbar verbunden ist. „Wie dem Wurm, der zum Käfer zu werden wünscht, gibt er [der Keim, also das eigene Karma, oder Gott Siva?] die gewünschte Gestalt.“ (S. 22, Z. 28-29).

3. Bsp.: „[…] Daher ist er [der Höchste] ohne jede Fesselung, wie der Mensch, der den gehabten Traum so sieht, daß er ihn noch beim Erwachen weiß (davon nicht berührt wird; er ist z.B. nicht von einem Tiger gebissen, wie er träumte).“ (S. 22, Z. 32-35).

Der “Höchste“ ist der oberste der drei Gottheiten (im Sivaismus, also hier gemeint: Siva). Er ist eingebunden, aber doch verschieden. Er weiß auch, dass die Realität (nur) traumartig ist. Er agiert (möglicherweise “klarträumend“) in (der weltlichen/ menschlichen) Realität.

Zum 3. Kapitel (S. 22-23):

„Wie die Welt durch den unvergleichlichen Einen entstanden ist und besteht, so wird sie auch in den unvergleichlichen Einen untergehen. Daher ist der unvergleichliche Verursacher des Untergangs der Höchste. Das wie Gott ewige Eine (die Welt der Seelen) ist ihm dort (in mukti[7] ) auf verschiedene Weise untertan.“ (S. 22-23, Z. 41-3).

Die (scheinbare, weltliche) Wirklichkeit ist Werden, nicht Bleiben. Alles wird wieder in “den Einen“, also Siva, untergehen. Das “ewige Eine“, also die tatsächliche Realität, ist ihm in der Erlösung (mukti, bzw. moksha) von der Illusion (samsara[8]) untertan.

Da die moksha auch für den Menschen das erstrebenswerte Ziel darstellt, kann man sie vielleicht mit der Erlösung des Nirvana[9], vergleichen, bzw. möglicherweise hat die Idee des Nirvana hier ihre Wurzel. Die Theorien des Nirvana und des samsara sind auch im Buddhismus bekannt. Es gibt aber den wichtigen Unterschied, dass Buddhisten vom “Verlöschen der Flamme“, und gewissermaßen dem Eingang in eine Leere (das zumindest werfen Hinduisten dem Buddhismus oft vor) sprechen, während Hinduisten auf den Eingang ins (immaterielle) Reich Gottes nach dem Tod hoffen.[10]

[...]


[1] Agama: Hinduistische Lehrschrift; Der Veda; Lehrbuch der Praktiken der Gottesverehrung.

[2] Deutsche Transkription: Schomerus, Hilko Wiardo: Arunantis Shivajnanasiddhiyar - Die Erlangung des Wissens um Shiva oder um die Erlösung. Wiesbaden: Steiner, 1981. Zitatbelege nach dieser Ausgabe mit Seiten- und Zeilenangabe künftig im Text.

[3] Siva: Teil der Hindu-Trinität (“Trimurti“: Brahma, Visnu, Siva); Gott der Zerstörung und der Transformation; Ur-Yogi; kosmisches Bewußtsein.

[4] Purusa: Das höchste Wesen; das Wesen im Herzen aller Menschen; wird als Begriff für den Herrn verwendet; die Beschreibung bezieht sich auf das Selbst, das sich im Herzen aller Wesen befindet.

[5] Maya: Die täuschende Kraft Brahmans, bzw. Sivas; die verschleiernde und projizierende Kraft im Universum.

[6] Sakti: Kraft; Energie; Macht; die Göttliche Kraft des Werdens; der wahrnehmbare dynamische Aspekt des Ewigen Wesens; die Absolute Kraft oder kosmische Energie. Auch Frau Sivas.

[7] Moksha/ Mukti: Isolation; letztendliche Glückseligkeit; Befreiung.

[8] Samsara: Leben durch wiederholte Geburten und Tode; der Prozeß des weltlichen (illusionären) Lebens.

[9] Nirvana: Erleuchtung, Aufhebung des Leids und der Unwissenheit. Ende der Wiedergeburten, Eingang ins (immaterielle) Reich Gottes.

[10] Vgl. Prabhupada, Swami: Bhagavad-Gita. Wie Sie ist. Zürich: The Bhaktivedanta Book Trust, 1983. S. 154.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Sivajnanasiddhiyar des Arunanti - Untersuchung Kap. 7.: Die Vorlage des Sivajnanasiddhiyar: Meykantadevas Sivajnanabodha - Eigene Erklärungen und Interpretationen
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Veranstaltung
Der shivaitische Hinduismus anhand des Shivajnanasiddhiyar als Hinführung zum Verständnis des klassischen hinduistischen religiösen Denkens
Note
1 (sehr gut)
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V54299
ISBN (eBook)
9783638495417
ISBN (Buch)
9783656771388
Dateigröße
572 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sivajnanasiddhiyar, Arunanti, Untersuchung, Vorlage, Sivajnanasiddhiyar, Meykantadevas, Sivajnanabodha, Eigene, Erklärungen, Interpretationen, Hinduismus, Shivajnanasiddhiyar, Hinführung, Verständnis, Denkens
Arbeit zitieren
Ralf Klossek (Autor:in), 2006, Das Sivajnanasiddhiyar des Arunanti - Untersuchung Kap. 7.: Die Vorlage des Sivajnanasiddhiyar: Meykantadevas Sivajnanabodha - Eigene Erklärungen und Interpretationen , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54299

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