„Humor ist, wenn man trotzdem lacht“. Diese Redewendung, die dem deutschen Schriftsteller Otto Julius Bierbaum zugeschrieben wird, ist wohl nahezu jedem bekannt. In knappen Worten schildert sie den Grundgedanken von Humor: Durch ihn sollen schwierige Zeiten leichter werden, harte Tage zu heiteren werden und die Fröhlichkeit den Missmut besiegen. Humor ist somit nicht immer nur verbunden mit Lachen, Witzen oder Späßen, sondern bedeutet meist eine positive Grundeinstellung zum Leben, die sich über schlechte Situationen hinwegsetzt. Niederlagen, Krisen, Scheitern und Fehler sollen durch diese Form von Widerstand gegen die Wirklichkeit ihren Ernst und ihren Trübsinn verlieren.
Hermann Hesse, der sich bekanntlich nicht selten in schweren psychischen Krisen befand, versuchte auch in seinen Büchern einen Ausgleich zu der oft bitteren Realität zu schaffen. Daher möchte ich in dieser Arbeit die Funktion des Humors in den Werken Kurgast, Nürnberger Reise und Steppenwolf näher beleuchten. Die unterschiedlichen Vorstellungen Hesses im Hinblick auf die Lebens- und Wirklichkeitsbewältigung durch Humor sollen dabei im Vordergrund stehen. Die Exkurse über unterschiedliche Konzeptionen versuchen in knapper Weise darzustellen, wo die Ursprünge in Hesses Humorkonzept herrühren könnten. Der größte Augenmerk wird allerdings auf die Konflikte und deren Lösungsangebote hinsichtlich des Humors gelegt und eventuelle Entwicklungen innerhalb des Werkes aufgezeigt. So richtet sich auch die Gliederung der einzelnen Kapitel jeweils nach dem Weg in die Krise und dem Ausweg durch den Humor. Obwohl Hesse zu den meistgelesenen deutschen Autoren gehört, finden seine unbekannteren autobiographischen Werke in der Forschung kaum Beachtung. Vor allem die Nürnberger Reise wird gern als Übergangswerk zum Steppenwolf betrachtet und daher nur kurz und oberflächlich abgehandelt. Aus diesem Grunde fällt die Literatur hierfür abgesehen vom Steppenwolf eher dürftig aus. Auch im Hinblick auf die Themenstellung ist die Auswahl der Forschungsliteratur sehr begrenzt. In den meisten Werken finden sich zwar einige Bemerkungen zum Humor, werden jedoch nicht ausführlich behandelt. Eine Ausnahme bildet hier die Dissertation von Günter Baumann, die sowohl den autobiographischen Erzählungen großen Platz einräumt als auch den Humor ergiebig beleuchtet. So stellt dieses Werk trotz der psychoanalytischen Themenstellung eine wichtige Stütze für diese Arbeit dar.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Humor als Auflehnung - Der Kurgast
- 1. Der Weg in die Selbstaufgabe
- 2. „Einsicht in die unendliche Lächerlichkeit“
- III. Humor als Vermittler - Die Nürnberger Reise
- 1. Die romantische Konzeption von Humor nach Jean Paul
- 2. Der Widerspruch zwischen Ideal und Wirklichkeit
- 3. Humor als Produkt und Aufhebung des Leidens
- IV. Die „Schule des Humors“ – Der Steppenwolf
- 1. Die romantische Ironie nach Schlegel
- 2. Nietzsches „fröhliche Wissenschaft“
- 3. Die Neurose einer Generation – Der Weg in die Verzweiflung
- 3. Der „versöhnliche Ausweg des Humors“
- V. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Funktion des Humors in den Werken Hermann Hesses, insbesondere in "Der Kurgast", "Die Nürnberger Reise" und "Der Steppenwolf". Die Analyse zielt darauf ab, die verschiedenen Konzeptionen des Humors bei Hesse aufzuzeigen, die er als Mittel der Lebens- und Wirklichkeitsbewältigung einsetzt. Dabei werden insbesondere die Konflikte und Lösungsansätze in Bezug auf den Humor untersucht und mögliche Entwicklungen innerhalb der Werke beleuchtet.
- Die Rolle des Humors als Mittel der Auflehnung gegen die Welt und die eigene Unzulänglichkeit.
- Die Verbindung des Humors mit romantischen Konzepten der Ironie und des Idealismus.
- Die Verwendung des Humors als Mechanismus zur Bewältigung von psychischen Krisen und Verzweiflung.
- Die Entwicklung des Humorkonzepts Hesses von einer anfänglichen Auflehnung hin zu einer Suche nach Versöhnung.
- Die Bedeutung autobiographischer Elemente und die Einordnung der Werke im Kontext der literarischen Forschung.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel, "Humor als Auflehnung - Der Kurgast", untersucht den autobiographischen Roman "Der Kurgast" und analysiert, wie Hesse den Humor als Mittel der Abgrenzung und Distanzierung von einer ihm fremden Welt einsetzt. Der Protagonist, der Kurgast, gerät in eine tiefe Verzweiflung und Selbstverachtung, die er durch Humor zu durchbrechen versucht. Der Fokus liegt auf der Entwicklung des Protagonisten von einer anfänglichen ironischen Distanz hin zu einer Selbstverurteilung und schließlich zu einer humorvollen Einsicht in die "unendliche Lächerlichkeit" der Situation.
Das zweite Kapitel, "Humor als Vermittler - Die Nürnberger Reise", beleuchtet die Funktion des Humors als Vermittlungsmechanismus zwischen Ideal und Wirklichkeit. Der Schwerpunkt liegt auf der romantischen Konzeption des Humors nach Jean Paul und dessen Einfluss auf Hesses Werk. Durch die Analyse von Hesses Auseinandersetzung mit dem Widerspruch zwischen Ideal und Wirklichkeit wird deutlich, wie der Humor als Produkt und Aufhebung des Leidens fungiert.
Das dritte Kapitel, "Die „Schule des Humors“ – Der Steppenwolf", befasst sich mit Hesses bekanntem Roman "Der Steppenwolf". Der Schwerpunkt liegt hier auf der Frage, wie Hesse den Humor als Ausweg aus der Verzweiflung und der Neurose einer Generation nutzt. Der Roman bietet einen Einblick in die "fröhliche Wissenschaft" Nietzsches und zeigt, wie Hesse den Humor als "versöhnlichen Ausweg" aus der existenziellen Krise des Protagonisten betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Funktion des Humors bei Hermann Hesse. Die Schlüsselwörter umfassen: Humor, Ironie, Romantische Konzeption des Humors, Jean Paul, Friedrich Schlegel, Nietzsche, "fröhliche Wissenschaft", autobiographische Erzählungen, "Der Kurgast", "Die Nürnberger Reise", "Der Steppenwolf", Verzweiflung, Lebensbewältigung, Wirklichkeitsbewältigung.
- Quote paper
- Jochen Engelhorn (Author), 2006, Zur Funktion des Humors bei Hermann Hesse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54355