„Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.“ Ist es tatsächlich so? Kann diese Aussage in der heutigen Zeit, in der zunehmend die Kunst des Sehens verlernt wird, noch so vertreten werden?
1743 fertigte der berühmte britische Maler, Satiriker und Karikaturist William Hogarth (1697-1764) den Gemäldezyklus "Marriage à la mode" an und veröffentlichte dazu 1745 eine Kupferstichreihe. William Hogarth stand in einer besonderen Beziehung zum Theater der damaligen Zeit. Neben vielen Theaterbesuchen war er auch mit dem Schauspieler Garrick und dem Schriftsteller Henry Fielding befreundet. Die Londoner Bühne diente dem Maler als Inspiration für seine Kunst. Es wurde nachgewiesen, dass von 100 Werken Hogarths (darunter Gemälde, Kupferstiche und Zeichnungen) 40 von ihnen ganz deutlich mit dem Theater in Verbindung gebracht werden können. Hogarth selbst sagte, dass seine Kunst wie eine Theateraufführung betrachtet werden sollte:
my Picture was my Stage and men and women
my Actors who were mean[s] of certain Actions
and Express[ions] to Exhibit a dumb shew [sic.]
Theaterikonographie, ein Gebiet der Theaterwissenschaft, befasst sich mit Bildquellen, die über die Theaterkultur einer bestimmten Zeit Aufschluss geben können. Das Kernproblem dieser Unterdisziplin liegt in der Bestimmung einer Beziehung zwischen Bildern und einer vermeintlichen Theaterrealität. Versteht man unter Theaterrealität eine Aufführung so wird das Problem noch deutlicher.
In the absence of monuments, the theatre historian exclusively relies on extant documents and mus resign himself to the ephemeral nature of the performance; once ended, it lives on only in documents and in the memory.
Wenn man auf das Zitat vom Anfang des Textes zurückgeht und dabei Hogarths besondere Beziehung zum Theater berücksichtigt, so stellt sich die Frage in wieweit seine Bilder uns etwas über das Theater der damaligen Zeit verraten können. Hogarths Werk, das in dieser Arbeit auf mögliche Theaterbezüge untersucht werden soll ist die Kupferstichreihe " Marriage à la mode".
Inhaltsverzeichnis
1. William Hogarths „Marriage à la mode“-eine theaterikonographische Quelle?
2. „Marriage à mode“
2.1. Beschreibung der Kupferstiche
2.2 Platte IV
3. Analogien zu zeitgenössischen Theaterstücken
4. Schlussfolgerungen
Literaturnachweise
1. William Hogarths „Marriage à la mode“-eine theaterhistoriographische Quelle?
„Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.“[1]Ist es tatsächlich so? Kann diese Aussage in der heutigen Zeit, in der zunehmend die Kunst des Sehens verlernt wird, noch so vertreten werden?
1743 fertigte der berühmte britische Maler, Satiriker und Karikaturist William Hogarth (1697-1764) den Gemäldezyklus "Marriage à la mode"[2]an und veröffentlichte dazu 1745 eine Kupferstichreihe. William Hogarth stand in einer besonderen Beziehung zum Theater der damaligen Zeit. Neben vielen Theaterbesuchen war er auch mit dem Schauspieler Garrick und dem Schriftsteller Henry Fielding befreundet.[3]Die Londoner Bühne diente dem Maler als Inspiration für seine Kunst. Es wurde nachgewiesen, dass von 100 Werken Hogarths (darunter Gemälde, Kupferstiche und Zeichnungen) 40 von ihnen ganz deutlich mit dem Theater in Verbindung gebracht werden können.[4]Hogarth selbst sagte, dass seine Kunst wie eine Theateraufführung betrachtet werden sollte:
my Picture was my Stage and men and women
my Actors who were mean[s] of certain Actions
and Express[ions] to Exhibit a dumb shew [sic.][5]
Theaterikonographie, ein Gebiet der Theaterwissenschaft, befasst sich mit Bildquellen, die über die Theaterkultur einer bestimmten Zeit Aufschluss geben können. Das Kernproblem dieser Unterdisziplin liegt in der Bestimmung einer Beziehung zwischen Bildern und einer vermeintlichen Theaterrealität.[6]Versteht man unter Theaterrealität eine Aufführung so wird das Problem noch deutlicher.
In the absence of monuments, the theatre historian exclusively relies on extant documents and mus resign himself to the ephemeral nature of the performance; once ended, it lives on only in documents and in the memory.[7]
Wenn man auf das Zitat vom Anfang des Textes zurückgeht und dabei Hogarths besondere Beziehung zum Theater berücksichtigt, so stellt sich die Frage in wieweit seine Bilder uns etwas über das Theater der damaligen Zeit verraten können. Hogarths Werk, das in dieser Arbeit auf mögliche Theaterbezüge untersucht werden soll ist die Kupferstichreihe " Marriage à la mode".
2. Marriage à la mode
Während Hogarth seine ersten Serien „A Harlot’s Progress“ und „ A Rake’s Progress“ in den niederen Bereichen ansiedelte, ist der Adressatenkreis des Gemäldezyklus „Marriage à la mode“ (1743) und der dazu angefertigten Kupferstiche[8](1745) die englischen Oberschicht. Es liegt die Vermutung nahe, dass dieser Umschwung durch den Vorwurf:
Er könne bloß Winkelszenen des menschlichen Lebens darstellen; sein Genie, wenn er welches Besitze, lebe immer nur in dem Troß [sic.]der Gesellschaft und finde sich nurà son aisein dem Schmutz der Gesindelwelt.[9]
Um den hohen Ansprüchen der Adligen gerecht zu werden wurden für die Reproduktion der Serie die Feinstecher Baron, Scotin und Ravenet aus Paris beauftragt, wobei Hogarth die Ausarbeitung der Köpfe der Figuren übernahm, um einen passenden
Ausdruck der Charaktere und ihres Mienenspiels zu gewährleisten den erotischen Charakter der Szene. Welche Stellung der Verführer Silvertongue im Hause Squanderfield eingenommen hat erkennt man eindeutig.[10]In einer Ankündigung der Kupferstiche (1743) versicherte Hogarth „that there may not be the least Objection to the Decency or Elegance of the whole Work, and
and that none of the Characters represented shall be personal“.[11]Während die Kupferstiche von Anfang an sehr gefragt waren, fanden die Gemälde anfangs keinen Käufer und die 1751 veranstaltete Auktion entpuppte sich als
eine riesige Enttäuschung.[12]Dieser Misserfolg der Gemäldereihe mag darin liegen, dass sich die Oberschicht von den Inhalten der Serie angegriffen fühlte. Es ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Folgen der in „Marriage à la mode“ geschlossenen Ehe zwischen einem Adeligen und einer Kaufmannstochter, unter anderem Ehebruch, Geschlechtskrankheiten, Mord und Suizid sind. Dabei war es nicht im Sinne Hogarths einseitige Kritik an dem Adel auszuüben[13]. Die Geschichte soll, ähnlich einem bürgerlichen Trauerspiel[14], als Abschreckung dienen für Ehen, die aus ökonomischen Interessen und ohne jegliche Zuneigung geschlossen werden.
2.1. Beschreibung der Kupferstiche
In der ersten von sechs Platten werden alle für die Serie relevanten Personen eingeführt. Man sieht zwei Männer, einen Adeligen namens Squanderfield[15]und einen Kaufmann, die am Tisch über den Ehevertrag ihrer beiden Kinder verhandeln. Das junge Paar sitzt gelangweilt nebeneinander und schenkt sich keinerlei Aufmerksamkeit. Die zukünftige Braut wird hingegen von dem Anwalt Silvertongue[16]unterhalten. In der folgenden Szene sieht man den Alltag des bereits verheirateten Paares. Obwohl sie erst seit kurzem in einer Ehepaar sind, scheinen sie zwei voneinander unabhängige Leben zu führen. Wie diese Leben aussehen wird in Platte 3 und 4 deutlich.
Während der junge Graf mit seiner wahrscheinlich mit Syphilis infizierten Geliebten einem Arzt einen Besuch abstattet, verabredet sich seine Ehefrau, die mittlerweile auch Mutter geworden ist, zu einer Maskerade mit dem von der ersten Platte bekannten Anwalt Silvertongue. Während in der 4 Platte der Ehebruch von Lady Squanderfield nur angedeutet wird ist er in Platte 5 ganz deutlich. Sie und ihr Liebhaber werden in einem Bagnio von dem ihnen gefolgten Ehemann der Lady überrascht. Es kommt zu einem Duell bei dem der Graf tödlich verletzt wird. In der letzten Szene erreicht die Tragödie ihren Höhepunkt. Die Gräfin hat sich da Leben genommen und ihre kleine, nichts ahnende, syphiliskranke Tochter streckt ihre Arme nach ihrer Mutter aus.[17]
[...]
[1]Kurt Tucholsky.
[2]Im Verlauf der Arbeit wird die deutsche Übersetzung " Heirat nach Mode" als Synonym für "Marriage à la mode" verwendet.
[3]Molinari, Cesare: "Notes About Series In Theatre Iconography“, in:European TheatreIconography, 2002, S.85-92
[4]Vgl. Klinger Lindberg, Mary:"William Hogarth’s Theatrical Writings: The Interplay Between Theatre, His Theories, and His Art”, in:Theatre Notebook XLVII,1993 ,S. 29-41, S. 29.
[5]Hogarth, William:The Analysis of Beauty with the Rejected Passages from the Manuscript Drafts and Autobiographical Notes, hrsg. v. Joseph T. A. Burke, Oxford, 1955, S. 209.
[6]Balme, Christopher:" Theaterikonographie", in:Metzler Lexikon Theatertheorien,hrsg. v. Erika Fischer-Lichte, Doris Kolesch, Matthias Warstat, Stuttgart:2005.
[7]Erenstein, Robert L.: "Theatre Iconography: An Introduction“, in:Theatre Research International,New York: 1997, S. 185- 189, S. 185.
[8]Siehe auch Wörterbuch der Kunst, hrsg. v. Johannes Jahn und W. Haubenreißer, Stuttgart:1995.
[9]Lichtenberg, G.C.:G.C. Lichtenbergs ausführliche Erklärung der Hogarthischen Kupferstiche,Erfurt:1949, S.142.
[10]Vgl. Schnachenburg-Hartung,Freia: "Marriage à la mode", in:William Hogarth 1697-1764,Ausstellungskatalog, Berlin: 1980, S. 125-135, S.125.
[11]Vgl. De Voogd, Jan Peter:Henry Fielding And William Hogarth: The Correspondence of the Arts,Amsterdam: 1981, S. 84 f.
[12]Vgl. Egerton, Judy: " Zu William Hogarths Zyklus Marriage à la mode", in:Marriage à la mode – Hogarth und seine deutschen BVgl. Egerton, Judy: " Zu William Hogarths Zyklus Marriage à la mode", in:Marriage à la mode – Hogarth und seine deutschen Bewunderer,hrsg. v. Martina Keisch, Ausstellungskatalog, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Berlin:1998, S. 26- 47,S. 26 und 47.
[13]Vgl. Busch, Werner: " Hogarth'sMarriage a la mode:the Dialectic between Precision and Ambiguity", in:Hogarth: Representing nature's machines,Manchester and New York:2001, S. 195-218, S. 201.
[14]Vgl. Schnachenburg-Hartung,Freia:" Marriage ..",1980, S.126 f.
[15]Englisch to squander= verschwenden.
[16]Englisch silvertongue= Silberzunge.
[17]Vgl. Egerton, Judy: " Zu William Hogarths Zyklus..",1998, S. 27-47.
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