Bis heute gibt es eine anhaltende Faszination für Nixen, Undinen, Meerjungfrauen – Wasserfrauen allgemein – was häufig auf ihre Vielschichtigkeit zurückzuführen ist. Dies bezieht sich unter anderem auf die ihnen zugeschriebenen Repräsentationsweisen des weiblichen Geschlechts. Gerade die Verkörperung der Wasserfrau kann Trägerin verschiedener Ideen sein oder als Sehnsuchtsfigur im Gegensatz zu den realitätsstrukturierenden Weiblichkeitsbildern stehen. Im 20. Jahrhundert wurde sie beispielsweise, aufgrund der Umweltproblematik, zum Symbol der gefährdeten Natur. Sie können aber auch Probleme der Gesellschaft repräsentieren. Die Bearbeitungen der Wasserfrau-Figuren thematisieren häufig Aspekte der Identität und des Anderen, wobei genderspezifische Schwerpunkte abgezeichnet werden. Denn Autor*innen hegten die Fantasie, dass die Wasserfrau das Weibliche als das Andere symbolisiert.
Der Wasserfrauentext, dem im 20. Jahrhundert die meiste Beachtung geschenkt wurde, wurde von Ingeborg Bachmann verfasst und mit "Undine" geht betitelt. Bachmann spricht die Thematik von Geschlechterrollen an und kommt auf die Liebessehnsucht sowie den Trennungsschmerz zurück, was ein stets diskutiertes Thema der Frauenbewegung ist. Dabei bringt sie den Begriff des Anderen in ihren Text mit ein, weshalb in dieser Arbeit gezeigt werden soll, inwiefern Ingeborg Bachmann Aspekte des Anderen in ihren Text in Verbindung mit dem Weiblichkeitsdiskurs einbaut. Bachmann entschied sich, wie bereits durch den Titel deutlich wird, in ihrer Erzählung für die Figur der Undine. Diese ist bereits durch andere Texte sehr bekannt.
Daher werden in einem ersten Schritt zunächst die wichtigsten Wasserfrau-Erzählungen inhaltlich kurz angerissen, die Gemeinsamkeiten zu Bachmanns Version aufweisen und ihr vielleicht sogar als Vorlage dienten. Da die mit dem Text zusammenhängende Gender-Thematik erörtert werden soll, werden daraufhin Genderaspekte bei der Textanalyse als Grundlage des weiteren Vorgehens vorgestellt. Der Schwerpunkt wird auf die Analyse der Wasserfrau als das Andere gelegt, wobei dazu, nach kurzer Vorstellung der Undine bei Bachmann, die Geschlechterthematik auf Figurenebene herangezogen wird. Natürlich stellt sich ebenfalls die Frage, inwiefern Bachmann ihre Undine – im Gegensatz zu vorherigen Wasserfrau-Erzählungen – anders darstellt. Um dies zu klären und um an Kapitel 1 anzuknüpfen, werden in einem letzten Schritt Unterschiede herausgearbeitet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die traditionelle Undine – Konjunktur eines Weiblichkeitsbildes in der Literatur
- Genderaspekte bei der Textanalyse
- Bachmanns Undine-Erzählung: Andersartigkeit der Figur
- Geschlechterthematik auf der Figurenebene
- Beziehung von Undine zu Hans
- Beziehung von Hans zu den Menschenfrauen
- Beziehung und Unterschiede der Undine zu den Frauen
- Abgrenzung von der traditionellen Undine-Figur
- Geschlechterthematik auf der Figurenebene
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Darstellung des „Anderen“ im Geschlechterdiskurs, fokussiert auf Ingeborg Bachmanns „Undine geht“. Sie analysiert, wie Bachmann das Thema des „Anderen“ in Bezug auf Weiblichkeitsbilder in ihren Text integriert. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Undine als „das Andere“ und deren Beziehung zu den Figuren im Text.
- Die Vielschichtigkeit der Wasserfrau als Symbol für das Weibliche und das Andere
- Die Rolle der Undine in Bachmanns Erzählung und ihre Abgrenzung von traditionellen Undine-Darstellungen
- Die Interaktion von Undine mit männlichen und weiblichen Figuren
- Die Beziehung zwischen dem "Anderen" und der Konstruktion von Geschlechterrollen
- Der Einfluss von gesellschaftlichen und historischen Entwicklungen auf die Darstellung der Undine
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Wasserfrau als Repräsentantin des Weiblichen und des Anderen vor und führt in das zentrale Thema der Arbeit ein: die Analyse der Geschlechterthematik in Bachmanns „Undine geht“. Das zweite Kapitel beleuchtet die traditionelle Darstellung der Undine in der Literatur, beginnend mit der Antike und dem Mittelalter, und untersucht, wie die Figur als Ausdruck von Weiblichkeit und Natürlichkeit verwendet wurde. Es analysiert die Entwicklung des Undine-Motivs und dessen Bedeutung für die Konstruktion von Geschlechterrollen im 18. und 19. Jahrhundert.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den Genderaspekten der Textanalyse und legt die Grundlage für die Analyse von Bachmanns „Undine geht“ im Kontext des Geschlechterdiskurses. Im vierten Kapitel wird Bachmanns „Undine geht“ untersucht, wobei die Geschlechterthematik auf der Figurenebene im Fokus steht. Die Analyse konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Undine und Hans sowie auf die Interaktion der Figur mit anderen Frauen. Das Kapitel beleuchtet auch, inwiefern Bachmanns Darstellung der Undine von traditionellen Darstellungen abweicht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema des „Anderen“ im Geschlechterdiskurs, insbesondere mit der Darstellung der Wasserfrau als Symbol für das Weibliche. Schwerpunktthemen sind die Analyse von Bachmanns „Undine geht“, die Geschlechterthematik, die Interpretation der Figur der Undine als „das Andere“ und die Beziehung zwischen Undine und den anderen Figuren im Text.
- Arbeit zitieren
- Nina Hans (Autor:in), 2019, Geschlechterthematik in "Undine geht". Konzepte des Anderen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/544365