Während die Zahl der Veröffentlichungen zum Nationalsozialismus nahezu unübersehbar ist, thematisieren nur ganz wenige Autoren die 'Spendennagelungen' im Dritten Reich. Anknüpfung an die 'Kriegsnagelungen' im Ersten Weltkrieg geht der Autor deshalb vor allem den Fragen nach, in welchem Umfange und mit welchem Erfolg die 'Spendennagelungen' im Dritten Reich durchgeführt worden sind und inwieweit sie den Nagelungsaktionen während des Ersten Weltkriegs entsprochen haben. Um zu gesicherten und verallgemeinerbaren Ergebnissen über die 'Spendennagelungen' zu gelangen, die bisher nicht vorliegen, wird versucht, die Spendenaktion auf möglichst breiter Basis von Quellen unterschiedlichster Gattungen zu analysieren.
Dazu gehören in erster Linie zeitgenössische Äußerungen von Erwachsenen und Kindern sowie autobiografische Quellen und offizielle Texte der NSDAP und ihrer Organisationen, der staatlichen Behörden und der Gemeinden. Der Verallgemeinerbarkeit dient auch die intensive Untersuchung von Publikationen, die sehr viele Adressaten erreichten. Hier sind an erster Stelle die Tageszeitungen aus unterschiedlichen Regionen sowie Veröffentlichungen von NS-Organisationen zu nennen. Auf diese Weise beruhen die Ergebnisse der Untersuchung teilweise auf einer insgesamt breiten Grundlage mit hoher Belegdichte. Entgegen der Meinung vieler Geschichtsforscher, dass die Nagelungen des Dritten Reichs weniger erfolgreich waren als die Nagelungen des Ersten Weltkriegs, zeigen die Ergebnisse dieser Untersuchung, dass die Nagelungen in den Jahren 1933 bis 1945 ähnlich verbreitet und finanziell ertragreich wie die im Ersten Weltkrieg waren.
Aber nicht nur hinsichtlich der Häufigkeit standen die Spendennagelungen im Dritten Reich denen des Ersten Weltkriegs nicht nach. Noch wichtiger als der materielle Nutzen der Spendenaktionen war den Machthabern die Umsetzung ideologischer Ziele. So dienten die Nagelungsaktionen als spektakuläre Werbeaktion für die Hitlerjugend und dem Aufbau der ‚Volksgemeinschaft‘.
Der umfangreiche Anhang enthält zahlreiche bisher unveröffentlichte Dokumente und Bilder.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Vorwort
- 1. Einleitung
- 1.1 Geschichte der Nagelungen - Ursprünge und Entwicklung bis 1933
- 1.2 Nationalsozialistische Volkswohlfahrt / Winterhilfswerk des deutschen Volkes
- 1.2.1 Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV)
- 1.2.2 Winterhilfswerk des Deutschen Volkes (WHW)
- 1.3 Forschungsstand und Quellenlage
- 2. Reichsweit durchgeführte Spendenaktionen
- 2.1 Nagelungsaktionen
- 2.1.1 Nagelungen der Hitlerjugendschilde am 19. 11. 1933
- 2.1.2 Nagelungen der Hitlerjugendschilder in Schulen
- 2.1.3 Nagelungen an Feier- und Propagandatagen
- 2.2 Spendenmosaiken
- 3. Überregionale Nagelungsaktionen
- 3.1 Gau Ost-Hannover
- 3.2 Gau Baden
- 3.3 Gau Sachsen
- 3.4 Gau Westfalen-Nord
- 3.5 Gau Kurmark
- 3.6 Landkreise
- 4. Verzeichnis der Städte und Dörfer, in denen genagelt wurde
- 5. Nagelungen in Schulen und Hochschulen
- 5.1 Schuleigene Nagelungen
- 5.2 Teilnahme der Schüler an kommunalen Nagelungen
- 5.3 Nagelaktionen in Hochschulen
- 6. Beteiligung der Kirchen an den Nagelaktionen
- 7. Nagelungen von privaten Organisationen (Vereinen, Innungen, Verbänden, Firmen, Belegschaften u.a.)
- 7.1 Nagelung eigener Objekte
- 7.2 Teilnahme an kommunalen und überregionalen Nagelungsaktionen
- 8. Renaissance von Nagelfiguren aus dem Ersten Weltkrieg
- 9. Motive der Nagelungs-Objekte
- 9.1 Skulpturen
- 9.2 Kreuze (Hakenkreuze, Eisernes Kreuze, Rote Kreuze)
- 9.3 Orden und Abzeichen
- 9.4 Schiffe und Seeminen
- 9.5 Flugzeuge und Fliegersäulen
- 9.6 Tafeln mit propagandistischen Motiven und Spruchtafeln
- 9.7 Alltagsgegenstände
- 9.8 Schilder mit Brauchtumsmotiven
- 9.9 Orts- und Kreiswappen
- 9.10 Mosaikerinnerungstafel (Nagelung)
- 9.11 Mosaiken
- 9.11.1 Allgemein
- 9.11.2 Winterhilfswerk
- 9.12 Objekte mit Adler-Motiven
- 9.13 Andere Motive
- 10. Schlussbetrachtung
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Umfang und der Bedeutung der Spendennagelungen im Dritten Reich. Sie analysiert die Motive und Ziele der Aktionen, die beteiligten Gruppen und Organisationen, die Rolle der Hitlerjugend und der Schulen sowie den Einfluss von Partei und Staat auf die Bevölkerung.
- Die Anknüpfung der Spendennagelungen an die Kriegsnagelungen des Ersten Weltkriegs
- Die Vergleichbarkeit der Nagelungen im Ersten und Dritten Reich
- Die propagandistische und finanzielle Bedeutung der Spendennagelungen für das Winterhilfswerk
- Die Mobilisierung der Bevölkerung zur Teilnahme an den Nagelungen
- Der Druck von Partei und Staat zur Steigerung der Spendenbereitschaft
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Kapitel 1: Diese Einleitung stellt die historische Entwicklung der Nagelungen von ihren Ursprüngen bis 1933 dar. Sie beleuchtet die Bedeutung des Brauchs im Ersten Weltkrieg, die Rolle von magischen und symbolischen Aspekten und die wachsende Popularität der Nagelaktionen in Deutschland und Österreich. Anschließend werden die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) und das Winterhilfswerk des Deutschen Volkes (WHW) als entscheidende Akteure der Spendennagelungen im Dritten Reich vorgestellt. Zum Abschluss wird der Forschungsstand und die Quellenlage der Arbeit dargestellt, die sich auf Zeitungsartikel, offizielle Dokumente, autobiografische Quellen und Erinnerungen von Zeitzeugen stützt.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel untersucht die reichsweiten Spendenaktionen im Dritten Reich, insbesondere die Nagelung der Hitlerjugendschilde am 19. November 1933. Es beleuchtet die enge Zusammenarbeit zwischen der Reichsjugendführung und den staatlichen Stellen und die umfassende Propagandamaschine, die die Bevölkerung zum Spenden motivieren sollte. Die Untersuchung analysiert das Programm des ‚Tages der Jugend‘, die Medienkampagnen, die Rolle der Schulleiter und die Stimmung innerhalb der Hitlerjugend. Des Weiteren werden Konflikte zwischen den verschiedenen Jugendverbänden und die Einnahmen der Aktion beleuchtet.
- Kapitel 3: Dieser Abschnitt befasst sich mit überregionalen Nagelungsaktionen, die vom Gau und vom Landkreis organisiert wurden. Es werden Beispiele aus Gau Ost-Hannover, Gau Baden, Gau Sachsen, Gau Westfalen-Nord, Gau Kurmark und aus verschiedenen Landkreisen vorgestellt, die sich durch spezifische Objekte und Aktionen auszeichneten.
- Kapitel 4: Dieses Kapitel präsentiert eine umfangreiche Liste von Städten und Dörfern im Deutschen Reich, in denen Spendennagelungen stattgefunden haben. Es werden die einzelnen Nagelobjekte, die beteiligten Organisationen, die Spendensummen und die Daten der Aktionen aufgeführt. Darüber hinaus werden exemplarisch die Nagelaktionen in Hamburg, Salzburg und Wien ausführlicher beschrieben.
- Kapitel 5: Der Fokus liegt auf Nagelungen in Schulen und Hochschulen. Das Kapitel beleuchtet die Teilnahme der Schulen an der reichsweiten Nagelung der HJ-Schilder, die Organisation von schuleigenen Nagelungen und die Beteiligung der Schüler an kommunalen Aktionen. Es wird auch die Situation an Hochschulen, insbesondere an der Philipps-Universität Marburg, betrachtet.
- Kapitel 6: Dieser Abschnitt befasst sich mit der Beteiligung der Kirchen an den Spendennagelungen. Es werden die unterschiedlichen Haltungen der evangelischen und katholischen Kirche gegenüber dem Nationalsozialismus und dem Winterhilfswerk untersucht. Es werden Konflikte zwischen Kirchen und staatlichen Stellen sowie zwischen Kirchen und NSDAP-Organisationen dargestellt.
- Kapitel 7: Dieses Kapitel beleuchtet die Nagelungen von privaten Organisationen. Es werden die Aktivitäten von Vereinen, Innungen, Verbänden, Firmen und Belegschaften vorgestellt, die eigenständige Nagelungen oder die Teilnahme an kommunalen und überregionalen Aktionen organisierten. Es werden Beispiele aus Hamburg, Wien, Salzburg, Münster, Borken, Celle und Stade vorgestellt.
- Kapitel 8: Dieser Abschnitt befasst sich mit der Wiederaufstellung von Nagelfiguren aus dem Ersten Weltkrieg. Es werden Beispiele aus Düsseldorf, Magdeburg und Würzburg beleuchtet, die zeigen, wie die NS-Machthaber die alten Nagelobjekte für ihre Zwecke instrumentalisierten.
- Kapitel 9: Dieses Kapitel bietet einen detaillierten Überblick über die unterschiedlichen Motive der Nagelobjekte. Es werden die wichtigsten Kategorien wie Skulpturen, Kreuze, Orden und Abzeichen, Schiffe und Seeminen, Flugzeuge und Fliegersäulen, Tafeln mit propagandistischen Motiven, Alltagsgegenstände, Schilder mit Brauchtumsmotiven, Orts- und Kreiswappen, Mosaikerinnerungstafeln, Mosaiken und Objekte mit Adler-Motiven aufgeführt.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Spendennagelungen im Dritten Reich, einer Form der Spendensammlung, die in den Jahren 1933 bis 1945 durch die Nationalsozialisten gefördert wurde. Wichtige Schlüsselwörter sind Winterhilfswerk, Nationalsozialistische Volkswohlfahrt, Hitlerjugend, Propaganda, Volksgemeinschaft, Kriegsnagelungen, Eiserner Klomp, Narvikschild, Hakenkreuz, Eisernes Kreuz, Mosaik, und Gau.
- Arbeit zitieren
- Dr. Martin Kronenberg (Autor:in), 2020, Spendennagelungen im Dritten Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/544395