Methoden im Krafttraining: Hypertrophietraining


Examensarbeit, 2005

74 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Anatomische und physiologische Grundlagen
2.1 Skelettmuskelfasern
2.1.1 Sarkomer
2.1.2 Mechanismus der Kontraktion
2.1.3 Satellitenzellen
2.2 Muskelfasertypen
2.3 Die Motorische Einheit
2.4 Intra- und intermuskuläre Koordination
2.5 Die Muskelspindel
2.6 Endokrine Faktoren
2.5.1 Testosteron
2.5.2 IGF-1 und muskuläre Isoformen von IGF-1
2.5.3 GH

3. Adaptationen und Auswirkungen von Krafttraining auf das neuromuskuläre und endokrine System
3.1 Umwandlung von Fasern
3.2 Endokrine Adaptationen
3.2.1 Testosteron
3.2.2 IGF-1 und muskuläre Isoformen von IGF-1
3.2.3 GH
3.3 Muskelhypertrophie
3.3.1 Reizsetzung und primäre Auswirkungen
3.3.2 Folgen der Reizsetzung
3.3.3 Hypertrophie und Hyperplasie
3.4 Neurale Adaptationen durch Krafttraining

4. Hypertrophietraining – Methoden und Prinzipien
4.1 Formen der Kraft
4.2 Krafttrainingsmethoden zur Muskelhypertrophie
4.2.1 Basismethode im Hypertrophietraining
4.2.2 Ausbelastungsstrategien im Hypertrophietraining
4.2.3 Prinzipien im Hypertrophietraining
4.2.4 Methoden zur Ausbildung der Maximalkraft
4.2.5 Übersicht über die Variationen der Hypertrophiemethode
4.3 Trainingsintensität, Trainingsvolumen und Reizdichte
4.3.1 Die optimale Satzzahl
4.3.2 Wiederholungszahl und Trainingsintensität
4.3.3 Pausenlänge innerhalb einer Trainingseinheit
4.3.4 Regenerationsphase
4.4 Fazit zur Hypertrophiemethode

5. Krafttraining im Alter
5.1 Auswirkungen des Alterns auf das neuromuskuläre und endokrine System
5.1.1 Auswirkungen auf die Muskelspindeln und spinalen Nervenzellen
5.1.2 Auswirkungen auf die motorische Einheit
5.1.3 Auswirkungen auf das endokrine System
5.2 Auswirkungen von Krafttraining auf die neuromuskuläre Leistungsfähigkeit im Alter
5.2.1 Kraftsteigerung und Muskelaufbau im Alter
5.2.2 Endokrine Reaktionen auf Krafttraining im Alter
5.2.3 Weitere Auswirkungen
5.3 Trainingsmethoden
5.4 Exkurs: Zur Notwendigkeit von Krafttraining im Alter

6. Diskussion
6.1 Auswirkungen eines Krafttrainings
6.2 Krafttraining im Alter
6.3 Die Suche nach optimalen Trainingsmethoden

7. Ausblick

8. Literatur

Abkürzungsverzeichnis
Anhang 1
Anhang 2
Anhang 3
Anhang 4
Anhang 5
Anhang 6
Anhang 7

1. Einleitung

Krafttraining erfreut sich in Deutschland einer enormen Beliebtheit. Nach Eckdaten des Deutschen Sportstudio Verbandes waren im Jahr 2004 ca. 4,7 Millionen Mitglieder in deutschen Fitnessstudios angemeldet. Neben den körperformenden und fitnesssteigernden Effekten, die sich Millionen Fitnessbegeisterter zugunsten machen, wird Krafttraining im Leistungssport in nahezu jeder Sportart zur Leistungssteigerung und Verletzungsprophylaxe angewendet. Darüber hinaus ist Krafttraining bei zahlreichen Verletzungen und Erkrankungen eine adäquate Therapie mit hohen Erfolgsquoten. Insbesondere kann durch Krafttraining der altersbedingten Degeneration der Muskulatur entgegengewirkt werden. Selbst im Alter zwischen 80 und 90 Jahren sind Kraftzuwächse von über 100% nach einem 10 Wochen andauernden Krafttraining möglich (vgl. Fiatarone, 1994). Krafttraining kann so effektiv wie kaum eine andere Trainingsform das körperliche Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit, die körperliche Konstitution und die Belastbarkeit eines jeden Menschen verbessern und muss daher als Schlüsselsportart der kommenden Jahrzehnte bezeichnet werden (vgl. Gottlob, 2001).

Die Ziele, die durch ein Krafttraining angestrebt werden, sind vielfältig. Allgemein lassen sich die Ziele in präventive Ziele, rehabilitative Ziele, Leistungssteigerung, Körperformung und psychische Effekte aufteilen. Das Hypertrophietraining kann für jeden dieser Bereiche eine angemessene Trainingsform darstellen.

Die Hypertrophie ist die Vergrößerung eines Organs, in diesem Fall der Muskulatur, durch Volumenzunahme bzw. Querschnittsvergrößerung der Zellen. Von einer numerischen Hypertrophie (=Hyperplasie) ist die Rede, wenn die Vergrößerung eines Organs auf der Erhöhung der Zellzahl beruht. Hypertrophietraining führt zu einer Querschnittsvergrößerung der Muskulatur, die überwiegend auf der Volumenzunahme der Muskelfasern und wenn überhaupt untergeordnet auf deren Vermehrung beruht. Infolge der Vergrößerung ist die Muskulatur in der Lage eine höhere Maximalkraft zu entwickeln. Doch wie lassen sich die Hypertrophie und die Maximalkraft optimal durch ein Krafttraining ausbilden?

Die Recherche nationaler sowie internationaler Literatur brachte ein sehr heterogenes Meinungsbild hervor, das sich in den verschiedenen und sich teilweise widersprechenden Überzeugungen von Trainern und Krafttrainingsathleten widerspiegelt. Es herrscht zwar weitestgehend Einigkeit darüber, dass submaximale Krafteinsätze bis zur muskulären Erschöpfung den Grundbaustein eines Hypertrophietrainings darstellen, die weiteren Ausführungsmodalitäten, wie z.B. das Trainingsvolumen (Anzahl der Übungen und Serien pro Trainingseinheit) sind jedoch umstritten. Hier ist insbesondere die Kontroverse zwischen den Vertretern des hochvolumigen Trainings und denjenigen des hochintensiven Trainings zu nennen (Einsatz- vs. Mehrsatz-Training). Die Hypertrophietrainingsmethoden zahlreicher Sportler beruhen folglich nicht auf Fakten, sondern eher auf Vermutungen und eigenen Erfahrungen der Athleten.

Daher gehe ich in dieser Arbeit an die Frage nach einer optimalen Hypertrophietrainingsmethode mit zwei verschiedenen Methoden heran. Die erste besteht in der Recherche und Auswertung empirischer Untersuchungen, die sich mit den Veränderungen des Kraftverhaltens und anthropometrischen Daten infolge eines Krafttrainings auseinandergesetzt haben. Eine weitere Methode ist die Untersuchung der Adaptationen und Auswirkungen infolge eines Krafttrainings auf molekularer Ebene. So lassen z.B. Forschungsergebnisse über die endokrinen Reaktionen auf einen Krafttrainingsreiz oder über den zellulären bzw. molekularen Vorgang der Muskelhypertrophie, Rückschlüsse auf eine effektive Gestaltung der Trainingsmethodik zu.

Der Begriff optimale Trainingsmethode ist an sich problematisch, da einerseits die Trainingserfahrungen stark variieren und andererseits die Zielgruppen höchst unterschiedliche Motivationen und körperliche Voraussetzungen haben. Weitere Variablen, wie Geschlecht, genetische Disposition oder individuelles Anpassungspotential erhöhen die Anzahl effektiver individueller Trainingsmethoden. Das perfekte Trainingsprogramm wird zweifelsfrei von einem zum nächsten Individuum variieren und sogar für eine Person zu verschiedenen Zeitpunkten im Leben. Eine Hypertrophiemethode, die für einen sehr leistungsfähigen, krafttrainingserfahrenen Menschen eine höchst effektive Methode darstellt, ist für Senioren keine adäquate Trainingsform.

Ein möglichst effektives Krafttraining stellt aber gerade für alte Menschen eine Möglichkeit dar, der altersbedingten Atrophie der Muskulatur entgegenzuwirken. Senioren können durch Krafttraining ihre Selbstständigkeit bewahren oder wiedererlangen und ihre Lebensqualität deutlich verbessern. Vermindert man die Pflegebedürftigkeit alter Menschen, können außerdem enorme Summen im Gesundheitswesen eingespart werden.

In dieser Literaturarbeit wird versucht einen möglichst ganzheitlichen Überblick über das Hypertrophietraining zu liefern sowie einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand. Darauf aufbauend wird zunächst eine hoch effektive Hypertrophietrainingsmethode für sehr leistungsfähige Sportler herausgearbeitet und im Anschluss für Senioren. Auf das Thema Ernährung, das einen entscheidenden Einfluss auf die Trainingseffektivität hat, wird aufgrund des großen inhaltlichen Umfangs nicht eingegangen.

Um ein besseres Verständnis zu schaffen, gehe ich zunächst auf die anatomischen und physiologischen Grundlagen des Themas ein. Neben dem Aufbau der Muskelfaser, werden die Muskelfasertypen, die motorische Einheit, die Muskelspindel, das endokrine System und die intra- und intermuskuläre Koordination thematisiert. Für Informationen zum Energiestoffwechsel wird auf die von Hartmann et al. (2001) in dem Lehrbuch der Sportmedizin (Hrsg.: R. Rost) dargestellten Vorgänge verwiesen.

Im Anschluss wird der Frage nachgegangen, welche Adaptationen Krafttraining auf neuromuskulärer und endokriner Ebene bewirkt. Eine ganz entscheidende und als einzige von außen sichtbare Adaptation der Muskulatur ist deren Hypertrophie. Es wird verdeutlicht wie der Vorgang der Hypertrophie nach dem derzeitigen Stand der Forschung abläuft. Da die Muskelhypertrophie über Wachstumsfaktoren und Hormone vermittelt wird, werden die Auswirkungen eines Krafttrainings auf Testosteron, IGF-1, und das Wachstumshormon ausführlich behandelt.

Im Folgenden wird dargestellt, welche Trainingsmethoden für ein Hypertrophietraining existieren und in der Praxis angewendet werden. Hierzu gehören auch Ausbelastungsstrategien und Trainingsprinzipien, welche die Intensität eines Trainings erhöhen können und für den permanenten Trainingsfortschritt notwendig sind. Außerdem werden die Trainingsintensität, das Trainingsvolumen und die Reizdichte gründlich untersucht. Mit den gesammelten Erkenntnissen aus der Trainingswissenschaft sowie der Zell- und Molekularbiologie wird daraufhin eine „optimale“ Hypertrophiemethode genauer definiert.

Im letzten Abschnitt wird das Krafttraining im Alter behandelt. Zunächst werden die Auswirkungen des Alterns auf das neuromuskuläre und das endokrine System untersucht. Weiterhin wird überprüft, in wie weit der alternde Organismus überhaupt noch in der Lage ist infolge eines Krafttrainings zu adaptieren. Die Ausführungsmodalitäten eines Seniorenkrafttrainings zur Ausbildung der Maximalkraft und der Muskelmasse bilden den Abschluss.

2. Anatomische und physiologische Grundlagen

Für ein grundlegendes Verständnis des neuromuskulären Systems, dessen Anpassungseigenschaften in den folgenden Kapiteln thematisiert werden, wird hier ein Einblick gegeben.

2.1 Skelettmuskelfasern

Skelettmuskeln sind in ihrer Struktur streng organisiert in Muskelbündel (Faserbündel), Muskelfasern, Myofibrillen und Myofilamente. Muskelfasern sind die zellulären Elemente des Skelettmuskels. Es sind Riesenzellen, die mehrere tausend Zellkerne enthalten können (vgl. Biletter & Hoppeler, 1994). Ihr Durchmesser beträgt 10-100 μm bei einer Länge von bis zu 15 cm (vgl. Silbernagl & Despopulus, 2003). Die Zellmembran der Muskelfaser heißt Sarkolemm und umschließt das Sarkoplasma, Zellkerne, Mitochondrien, sarkoplasmatische Reticuli und einige hundert Myofibrillen, die die kontraktilen Elemente der Muskelfaser darstellen.

2.1.1 Sarkomer

Das Grundelement der Myofibrille ist das Sarkomer (siehe Anhang 1), welches sich über eine Länge von 2 - 2,5 μm zwischen zwei Z-Scheiben erstreckt. Die Z-Scheiben bestehen aus α-Aktinin und Desmin. α-Aktinin hält die dünnen Filamente an ihrem Ort und in ihrer genauen Einordnung zu den anderen Proteinen des Sarkomers; Desmin verbindet die Z-Scheiben benachbarter Myofibrillen und sorgt damit für die korrekte räumliche Anordnung im Sarkomer (vgl. Biletter & Hoppeler, 2003). Innerhalb der Sarkomere befinden sich die Myofilamente Aktin und Myosin. Ein Myosinfilament besteht aus einem Bündel von ca. 300 Myosin-II Molekülen, die sich jeweils aus einer Myosin-Schwerkette (MHC), vier Myosin-Leichtketten (MLC-1 und MLC-2) sowie zwei Motor-Domänen zusammensetzen (siehe Anhang 2). Die ca. 2000 „dünnen“ Aktinfilamente sind an der Z-Scheibe fixiert, reichen in Richtung Sarkomermitte und überlappen teilweise mit den Myosinfilamenten. Das dünne Filament setzt sich neben Aktin noch aus Troponin und Tropomyosin zusammen, zwei Regulatorproteinen, die je nach Ca++-Konzentration die Querbrückenbildung ermöglichen oder hemmen. Das dicke Filament besteht neben Myosin aus weiteren Zell-Skelettproteinen wie C-Protein, M-Protein, Myomesin und M-CK (vgl. Billeter & Hoppeler, 2003). Diese Proteine haben verschiedene Funktionen, wie z.B. die dicken Filamente in einer regulären Anordnung zu halten und einen Verankerungspunkt für Titin zu bilden.

Die Titinfilamente befinden sich innerhalb der Sarkomere und spannen sich in den Lücken zwischen den Aktin- und Myosinfilamenten in Sarkomerlängsrichtung von den Z-Scheiben bis zu der M-Scheibe. Titin ist einerseits für die Formgebung der Myofibrille und andererseits für physiologische Abläufe von zentraler Bedeutung.

Wie bei einer Kontraktion werden bei einer Dehnung hohe Spannungen auf die Z-Scheiben ausgeübt. Bei der Dehnung ist hierfür das Titin verantwortlich, bei der Kontraktion wird die Spannung über die Aktinfilamente auf die Z-Scheiben übertragen. In beiden Fällen kann es zum Muskelkater kommen, also zu Mikrotraumata innerhalb der Muskelfasern (vgl. Wiemann & Klee, 2000). Möglicherweise ist der verletzungsbedingte Muskelkater die pathologische Form häufig auftretender kleiner Einrisse in den Z-Scheiben, deren Regeneration zur Vermehrung der Myofibrillen und damit zur Hypertrophie führen und den eigentlichen Reiz zur Kraftentwicklung darstellen könnte (vgl. Böning, 2000).

2.1.2 Mechanismus der Kontraktion

Die Kontraktion der Muskulatur wird durch die Verkürzung der zahlreichen, in Reihe geschalteten Sarkomere der Myofibrillen gewährleistet. Nach der Gleitfilament-Theorie verkürzen sich hierbei nicht die einzelnen Myofilamente, sondern die Sarkomere, durch das Ineinandergleiten der dicken und dünnen Filamente. Der Mechanismus des Ineinandergleitens beruht auf dem ATP(Adenosintriphosphat)-getriebenen Querbrückenzyklus (siehe Anhang 3). Je mehr Querbrücken bei dem Zyklus aktiviert sind, umso größer ist die ATP-Spaltung pro Zeiteinheit und damit die Muskelkraft (vgl. Rüegg, 2000). Ein Muskel mit einem größeren Umfang bzw. einer größeren Anzahl an Myofibrillen kann daher bei gleicher neuronaler Aktivierung eine größere Kraft entwickeln.

2.1.3 Satellitenzellen

Die Beschreibung der Satellitenzellen sowie ihre Namensgebung geht auf Mauro (1961) zurück, der erstmals anscheinend funktionslose Reservezellen beschrieb, die sich zwar außerhalb der Muskelfasermembran (Sarkolemm), aber noch innerhalb der Basalmembran befinden (vgl. Duncan MacDougall, 1994). Da Muskelfaserkerne im adulten Muskel nicht in der Lage sind in den Zellzyklus zurückzukehren, also nicht mehr teilungsfähig sind, müssen Satellitenzellen den Aufbau neuer Muskelfasern sowie die Regeneration ausgereifter Muskelfasern übernehmen. Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer Abnahme an Satellitenzellen. Auch die Teilungsrate und die Reaktionen auf mitogene Reize sinken mit zunehmendem Alter (vgl. Mezzogiorno et al., 1994).

2.2 Muskelfasertypen

Die Muskelfasern können sich funktionell (Innervation, Kontraktionsgeschwindigkeit, Kraft) und molekular unterscheiden, unter anderem durch verschiedene Isoformen der Myosin-Schwerketten (MHC) (vgl. Steinacker et al., 2002). Man unterscheidet beim Menschen Typ-I von Typ-IIA und Typ-IID Fasern. Typ-I Fasern, auch ST(Slow- Twitch)-Fasern genannt, weisen eine niedrige Ermüdbarkeit sowie langsame Kontraktionen auf und sind daher auf Dauerleistung ausgelegt. Ihre Kapillar- und Mitochondriendichte sowie ihr Gehalt an Fetttröpfchen und Myoglobin sind hoch, und sie haben einen stark entwickelten oxidativen Stoffwechsel. Typ-II oder FT(Fast-Twitch)-Fasern dienen vor allem kurzzeitigen, schnellen Kontraktionen. Da sie bei der Kontraktion sehr viel ATP spalten und damit viel Energie umsetzen, ermüden sie schneller als die Typ-I Fasern (vgl. Rüegg, 2000). Bisher wurde die schnellste Muskelfaser beim Menschen als Typ-IIB und das dazugehörige MHC als MHCIIB bezeichnet; es ist aber mittlerweile eindeutig geklärt, dass es sich hierbei um den Typ-IID bzw. MHCIID (auch als MHCIIX bezeichnet) des Nagetiers handelt (vgl. Steinacker et al., 2002). Typ-IIA Fasern haben im Verhältnis zur glykolytischen Kapazität einen höheren oxidativen Stoffwechsel. Typ-IID Fasern haben die höchste glykolytische Kapazität und sind daher für andauernde Halteleistungen oder kontinuierliche Muskelarbeit ungeeignet, zumal sie das ATP hauptsächlich auf anaerobem Weg gewinnen und dabei Laktat akkumulieren (vgl. Rüegg, 2000). Neben diesen Fasertypen konnte eine weitere, eigentlich kardiale Isoform MHC 1α, im Skelettmuskel identifiziert werden. Aufgrund ihrer Funktionseigenschaften stellt diese Isoform ein Intermediat zwischen MHC-I und MHC-IIA dar (vgl. Steinacker et al., 2002).

2.3 Die Motorische Einheit

Eine motorische Einheit besteht aus einer Nervenzelle (α-Motoneuron), ihrem motorischen Axon und allen Muskelfasern, die von diesem α-Motoneuron innerviert werden. Die Zahl der innervierten Muskelfasern kann zwischen 5-10 und mehr als 1000 variieren. Je kleiner der Muskel und je genauer die auszuführenden Bewegungen sind, desto kleiner ist auch die motorische Einheit (vgl. Noth, 1994). Die Muskelfasern einer einzelnen motorischen Einheit können über größere Anteile (1cm²) des Muskelquerschnitts verteilt sein (vgl. Silbernagel & Despopulus, 2003). Zu deren Versorgung verzweigt sich das Motoneuron zu einer großen Anzahl von Verästelungen (Kollaterale).

Alle Muskelfasern einer motorischen Einheit gehören dem gleichen Muskelfasertyp an. Diejenigen Muskelfasern, die von einem bestimmten Motoneuron innerviert werden, weisen identische biochemische, histochemische und kontraktile Charakteristika auf (vgl. Hoppeler & Billeter, 2003). Die Erregung einer motorischen Einheit erfasst jeweils alle zugehörigen Muskelfasern gleichzeitig. Die Aktivierung der motorischen Einheiten erfolgt nach einem festgelegten Rekrutierungsprinzip, dem so genannten „Größenordnungsprinzip“ oder „Henneman`schen Prinzip“ (vgl. Henneman et al., 1965). Nach diesem Prinzip werden zunächst die motorischen Einheiten mit geringer Kraftentwicklung (ST-Einheiten), die von kleinen Motoneuronen mit den kleinsten Entladungsamplituden innerviert werden, rekrutiert. Kleine Motoneuronen innervieren ermüdungsresistene Muskelfasern, die Typ-I Fasern. Erst bei größerer Muskelkraft werden Typ-II Fasern rekrutiert. Deren große Motoneuronen besitzen die höchsten Entladungsamplituden und sind für motorische Einheiten verantwortlich, die hohe Muskelspannungen aufbauen können (FT-Einheiten) (vgl. Noth, 1994). Die größten und schnellsten motorischen Einheiten werden erst bei über 90% der Maximalkraft aktiviert. Der Mensch kann bei einer willkürlichen Kontraktion gewöhnlich nicht alle motorischen Einheiten eines Muskels gleichzeitig aktivieren, sondern es verbleibt stets eine autonom geschützte Aktivierungsreserve. Durch Training kann die Reserve, die bei Untrainierten etwa bei 30% liegt, bis auf 5% reduziert werden (vgl. Schmidtbleicher & Güllich, 1999).

2.4 Intra- und intermuskuläre Koordination

Unter intramuskulärer Koordination ist das Nerv-Muskel-Zusammenwirken innerhalb eines gezielten Bewegungsablaufes in einem Muskel zu verstehen. Das Zusammenwirken verschiedener Muskeln wird als intermuskuläre Koordination bezeichnet (vgl. Hollmann & Hettinger, 1990). Sie beruht auf einer möglichst optimalen Abstimmung von Agonist, Antagonist und Synergisten. Durch die intramuskuläre Koordination ist das neuromuskuläre System in der Lage die Muskelkraft zu variieren bzw. sich einem bestimmten Kraftbedarf entsprechend anzupassen. Hierfür sind die Rekrutierung, die Frequenzierung und die Synchronisation der motorischen Einheiten maßgeblich.

Rekrutierung:

Die Rekrutierung der motorischen Einheiten erfolgt nach dem Größenordnungsprinzip (siehe Kapitel 2.4). Bei Explosivkrafteinsätzen ist entscheidend, wie schnell die motorischen Einheiten in der Reihenfolge ihrer Größe nach aktiviert werden (vgl. Güllich & Schmidtbleicher, 1999). Die Zeit vom Rekrutierungsbeginn bis zur maximalen Aktivierung beträgt, je nach Geschwindigkeit der motorischen Einheit, 40-120 ms (vgl. Güllich & Schmidtbleicher, 1999; Zatsiorsky, 2000). Für die Maximalkraft ist die Vollständigkeit der Rekrutierung, also möglichst viele motorische Einheiten zu aktivieren, maßgebend.

Frequenzierung:

Da die motorischen Einheiten nach dem Alles-oder-Nichts-Gesetz aktiviert werden, kann die Abstufung der Kontraktionskraft in einer motorischen Einheit nur über eine Veränderung der Entladefrequenz erreicht werden. Grundsätzlich steigt die Entladefrequenz mit zunehmender Kraftentwicklung (vgl. Zatsiorsky, 2000). ST-Einheiten werden mit niedrigen Reizfrequenzen bis 20 Hz angesteuert, FT-Einheiten mit bis zu 50 Hz und kurzzeitig auch bis zu 100 Hz (vgl. Güllich & Schmidtbleicher, 1999). Der Anteil an der Kraftentwicklung durch Rekrutierung und Frequenzierung ist von Muskel zu Muskel unterschiedlich. In kleinen Muskelgruppen werden bereits bei ca. 50% der maximal erreichbaren Kraft die meisten motorischen Einheiten rekrutiert, und die weitere Kraftsteigerung wird über eine Erhöhung der Entladefrequenz realisiert (vgl. Zatsiorsky, 2000). In großen Muskeln, wie z.B. dem Deltoideus oder dem Biceps, erfolgt die Kraftsteigerung über die Rekrutierung der motorischen Einheiten bis ca. 80% der maximal erreichbaren Kraft. Der Bereich von 80-100% wird durch die Steigerung der Frequenz erreicht (ebd.).

Synchronisation:

Die motorischen Einheiten, die an der Kraftentwicklung beteiligt sind, werden in der Regel asynchron aktiviert, um eine fließende und genaue Bewegung zu erzeugen (vgl. Zatsiorsky, 2000). Bei maximalen Krafteinsätzen können motorische Einheiten auch synchron aktiviert werden (vgl. Schnabel et al., 2003, Zatsiorsky, 2000).

2.5 Die Muskelspindel

Etwa 25000 bis 30000 Muskelspindeln sind in der Skelettmuskulatur des menschlichen Körpers verteilt, wobei die Anzahl in einem Muskel sehr von der Funktion und Größe des Muskels abhängt (vgl. Boyd & Gladden, 1985). Das Muskelspindelorgan besteht aus einer Bindegewebskapsel, einem muskulären Teil aus intrafusalen Muskelfasern sowie einem nervösen Teil, den Endigungen der Typ-1a- und Typ-2- Muskelspindelafferenzen. Bei den intrafusalen Fasern unterscheidet man zwischen Kernkettenfasern, die von Endigungen afferenter Typ-1a-Neuronen sowie afferenter Typ-2-Neuronen umwickelt sind, und Kernsackfasern, welche nur mit den Endigungen der Typ-1a-Neuronen verbunden sind (vgl. Silbernagl & Despopulus, 2003). Die Verbindung von intrafusalen Fasern über die Bindegewebskapsel mit den parallel dazu angeordneten extrafusalen Fasern der Arbeitsmuskulatur ermöglicht die Übertragung von Längenänderungen auf die Muskelspindel. Die Muskelspindeln sind also Messfühler für Länge (Position) und für Längenänderungen (Geschwindigkeit) des Muskels (vgl. Wiesendanger, 2000). Die Endigungen der Typ-1a- und Typ-2-Neuronen melden als Sensoren die Länge der intrafusalen Fasern, die der Typ 1a-Neuronen auch die Längenänderung zum Rückenmark (vgl. Silbernagl & Despopulus 2003). Die Länge und somit die Dehnungsempfindlichkeit der intrafusalen Fasern wird durch γ-Motoneurone bestimmt, indem diese efferent die kontraktilen Enden der intrafusalen Fasern innervieren (ebd.).

Die Hauptfunktion der Muskelspindeln ist die reflektorische Konstanterhaltung der Muskellänge. Wird der Muskel plötzlich, z.B. durch einen Stoß, gedehnt bewirkt die damit verbundene Entladungssalve in den 1a-Afferenzen eine Aktivierung der Motoneuronen und somit eine Spannungszunahme im Muskel, durch die Kontraktion der dem Motoneuron untergeordneten Muskelfasern. Die Zeit, die ein Muskel benötigt um beim monosynaptischen Dehnungsreflex auf einen Dehnungsreiz reflektorisch zu kontrahieren, liegt im Bereich von 30-50ms (vgl. Latasch ,1998).

Der Dehnungsreflex hat verschiedene Funktionen. Insbesondere bei der Aufrechterhaltung des Körpers sowie der Stellung der Extremitäten im Raum spielt er eine wichtige Rolle (vgl. Biedert, 2000). Verliert ein Muskel seine reflektorische Kontrolle, so kann er sich nur noch unzureichend an plötzliche Belastungen anpassen (vgl. Noth, 1994). Die Fähigkeit Störimpulse zu kompensieren ist in diesem Fall nur noch unzureichend, mit der Folge, dass die Sturzgefahr und allgemein die Verletzungsgefahr zunehmen.

2.6 Endokrine Faktoren

Für die Trainingsanpassung an ein Krafttraining und somit das muskuläre Wachstum sind verschiedene Hormone besonders bedeutend. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die Wirkung von Testosteron, Wachstumshormon (GH) und IGF gegeben. Die komplizierten Wirkungsmechanismen und wechselseitigen Beeinflussungen sind nur andeutungsweise geschildert, da diese ansonsten den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden. Weitere wichtige Hormone sind unter anderem das katabol wirkende Kortison, die Katecholamine Adrenalin / Noradrenalin und das anabol wirkende Insulin. Letzteres wird jedoch hauptsächlich durch die Glucosekonzentration im Blut bzw. die Ernährung beeinflusst und kaum durch Krafttraining.

2.5.1 Testosteron

Testosteron wird in speziellen Zellen des Hodens gebildet und stellt das wichtigste Sexualhormon des Mannes dar. Der Hauptanteil des Testosterons ist an das sexualhormonbindende Globulin gekoppelt (SHBG). Biologisch wirksam kann jedoch nur der nicht gebundene Anteil, das im Plasma gelöste freie Testosteron, werden. Testosteron wirkt eiweißanabol. Eine positive Wirkung auf die Zunahme des kontraktilen Muskeleiweiß konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden (vgl. Kraemer, 1994b). Die Wirkung des Testosterons entfaltet sich über eine komplizierte Informationskette an dessen Anfang die Bindung an muskuläre Rezeptoren und an dessen Ende die Interaktion mit Proteinen des Zellkerns steht. Somit besteht eine direkte Einflussnahme auf das Wachstum der Muskelfasern (ebd.). Der größte Effekt in der Wirkung des Testosterons wird aber indirekt vermittelt, über seine Einflussnahme auf verschiedenste Gewebe (speziell Nervengewebe) und andere Hormone (z.B. Wachstumshormone).

2.5.2 IGF-1 und muskuläre Isoformen von IGF-1

IGFs (Insulin-like Growth Factor) sind insulinartige Wachstumsfaktoren, die auch „Somatomedine“ genannt werden. Man unterscheidet IGF-1 und IGF-2, wobei letzteres für diese Arbeit nicht von Bedeutung ist, da es nur pränatal produziert wird (vgl. Gießing, 2002). IGF-1 hat einen stimulierenden Effekt auf die Muskelhypertrophie und die Regeneration, kann bei muskulären Anpassungen an Stress eine wichtige Rolle spielen und ist in der Lage die Stammzellen im Skelettmuskel zu aktivieren sowie die Proliferation und Differenzierung von Myoblasten zu stimulieren (vgl. Steinacker et al., 2002). Es wird angenommen, dass alle Effekte des Wachstumshormons über IGF vermittelt werden (vgl. Kraemer, 1994b). Bei der Regulation der IGF-Konzentration haben verschiedene Hormone wie Insulin oder Wachstumshormon sowie weitere Faktoren (z.B. Ernährung, Belastungsreize) eine bedeutende Rolle.

Neben IGF-1 selbst sind dessen Isoformen „mechano growth factor“ (MGF) und IGF-1Ea an der Hypertrophie beteiligt. Die Expression von MGF findet direkt im Skelettmuskel statt und wird durch mechanische Belastungen stimuliert (vgl. Steinacker et al., 2002). Solange der Muskel nicht belastet oder geschädigt wird ist MGF kaum oder gar nicht im Muskel nachweisbar (vgl. Goldspink, 2003). MGF regt neben der Protein-Synthese auch die Satellitenzellaktivität an (ebd.).

2.5.3 GH

Das Wachstumshormon (GH = Growth Hormone; syn.: STH = Somatotropes Hormon) ist ein Polypeptid, welches im vorderen Hypophysenlappen gebildet wird. Es hat eine direkte Wirkung auf die Lipolyse (Mobilisierung von Fettsäuren aus Fettgewebe) und die Glykogenolyse und eine indirekte Wirkung auf Chondrogenese (Knorpelentwicklung), Myogenese, Knochenwachstum und Proteinsynthese, die über die erhöhte Produktion von IGFs vermittelt wird (vgl. Wuttke, 2000). Die Abgabe des Wachstumshormons erfolgt nach einem pulsatilen Muster und ist nachts, während des Schlafs, am höchsten. Diese typische Tagesrhythmik wird von weiteren Faktoren wie Ernährung, Alkohol, körperlicher Aktivität und Schlaf beeinflusst (vgl. Kraemer, 1994).

3. Adaptationen und Auswirkungen von Krafttraining auf das neuromuskuläre und endokrine System

Krafttraining bewirkt zahlreiche Anpassungserscheinungen. Diese können strukturelle Veränderungen darstellen, wie z.B. die Umwandlung, die Neuentwicklung oder die Hypertrophie von Muskelfasern. Ebenso kommt es zu Veränderungen im endokrinen System und zu neuronalen Anpassungserscheinungen. Die Fähigkeit zur schnellen Anpassung der Muskulatur an veränderte Bedingungen wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass die Hälfte der kontraktilen Proteine alle 7 Tage ersetzt wird (vgl. Goldspink & Harridge, 2003).

Neben den im Folgenden beschriebenen Auswirkungen kommt es durch Krafttraining unter anderem zu Veränderungen in der Kapillarisierung (vgl. Gottlob, 2001), zu einer Erhöhung der Knochenmineraldichte (vgl. Nelson et al., 1994), zu einer Vergrößerung der Gylokogen- und Phosphatspeicher (vgl. Ehlenz et al., 2003) und zu einer Verstärkung der Sehnen, Bänder, Faszien und Gelenkstrukturen (vgl. Gottlob, 2001).

3.1 Umwandlung von Fasern

Ein Muskel ist immer aus verschiedenen, schnellen und langsamen Fasern zusammengesetzt. Er ist also trotz eines vorherrschenden Typs histochemisch und funktionell heterogen. Muskelfasern lassen sich jedoch Umwandeln. Dies kann einerseits durch Elektrostimulation oder durch Krafttraining erreicht werden, andererseits auch durch eine Veränderung der Innervation. Buller et al. konnten dies bereits 1960 durch Versuche mit Katzen zeigen. Sie führten am Hinterbein von Katzen eine Kreuzinnervierung des langsamen Soleusmuskels und des schnellen Flexor digitorum longus durch. Die langsame Muskulatur der Soleus wandelte sich in schnelle Muskelfasern um und umgekehrt (vgl. Noth, 1994a). Die Umwandlung von schnellen zu langsamen Fasern ist leichter bzw. schneller zu erreichen als umgekehrt. Dies gilt neben der Methode der Kreuzinnervierung auch für Krafttrainingsmethoden (vgl. Noth, 1994a).

Krafttraining wird häufig angewendet um die Schnelligkeit der Muskulatur zu erhöhen. Dabei kommt es zur Hypertrophie der Typ-IIA Fasern und meistens auch zur Abnahme der Typ-IID Fasern. Folglich kommt es zu einer Verschiebung des MHC (Myosin heavy chain) -Isoformspektrums von MHCIID zu MHCIIA entsprechend einer schnell-zu-langsam Transformation (vgl. Steinacker et al. ,2002). MHCIID wird auch als „Inaktivitäts-Myosin“ bezeichnet, weil es in den meisten Studien mit unterschiedlichen Aktivitäten abnimmt (vgl. Steinacker et al., 2002, Liu et al, 2003). Auch Liu et al (2003) konnten eine Abnahme von MHCIID infolge eines Krafttrainings mit maximalen Kontraktionen (3 Wdh. pro Serie) feststellen. Die verminderte Expression von MHCIID durch Krafttraining steht also in genauem Widerspruch zu den Zielen des Krafttrainings, die eigentlich darin liegen, die Expression von MHCIID, als schnellsten und kräftigsten Muskelfasertypen zu fördern. Ein kombiniertes Training aus maximalen Kontraktionen, ballistischen Bewegungen und Bewegungen mit Dehnungs-Verkürzungs-Zyklen vermag jedoch nach Liu et al. (2003) die bisweilen kaum publizierte langsam-zu-schnell Veränderung des MHC-Isoformprofils zu bewirken. Die Verschiebung von MHCIID zu MHCIIA durch ein „herkömmliches“ Krafttraining geht mit einer Steigerung der Maximalkraft einher, wobei die maximale Bewegungsgeschwindigkeit aber abnimmt.

Die Transformation der MHC-Isoformen, welche für muskuläre Strukturen und Funktionen bestimmend sind, ist eine der wichtigsten Mechanismen für die muskuläre Anpassung (vgl. Steinacker et al., 2002). Als weitere Möglichkeiten der Modifizierung des Muskelfasertyps gelten Atrophie (Abbau von Proteinen in bestimmten Fasern), Hypertrophie (Aufbau von Proteinen in bestimmten Fasern), Fasersplicing (Teilung von bestimmten Fasern), Apoptose (Programmierter Zelltod von nicht benötigten Fasern), Neogenese (Neubildung von Fasern) und der ungeplante, komplette Untergang von Fasern, die Nekrose.

3.2 Endokrine Adaptationen

Während und nach einem Krafttraining kommt es zu veränderten Konzentrationen verschiedener Hormone. Diese Veränderungen können unmittelbar als Reaktion auf eine Trainingseinheit erfolgen oder eine Langzeitänderung des Ruheniveaus bewirken (vgl. Zatsiorsky, 2000). Durch die trainingsinduzierte Schädigung des Muskelgewebes bieten sich zahlreiche Interaktionsmöglichkeiten für die Hormone. Die Anpassungen des endokrinen Systems an ein Krafttraining lassen sich nach Kraemer & Ratamess (2003) in drei Ebenen einteilen:

Akute Veränderungen der Hormonkonzentrationen während und nach einem Krafttraining

Chronische Veränderungen der Ruhekonzentration

Chronische Veränderungen der akuten Hormonkonzentrationsänderungen in Folge eines Krafttrainingsreizes

Im Folgenden werde ich die Wirkung eines Krafttrainings auf die Hormone bzw. Wachstumsfaktoren IGF, MGF, GH und Testosteron erläutern. Die Kenntnis über die genauen Wirkungs- und Adaptationsmechanismen der genannten Hormone lässt Rückschlüsse über die Reizkonfiguration zu, die für eine Hypertrophie der Muskulatur notwendig ist.

3.2.1 Testosteron

Krafttraining bewirkt eine Zunahme der Ruhetestosteron-Konzentration im Serum und eine unmittelbare Niveauerhöhung des zirkulierenden Testosterons (vgl. Zatsiorsky, 2000). In einer Untersuchung von Ahtiainen et al. (2005) wurden große akute Anstiege von Testosteron und freiem Testosteron gemessen. Kraemer & Ratamess (2005) beschreiben eine unmittelbare Zunahme der Gesamttestosteron- Konzentration nach einem Krafttraining; bezüglich der Ruhetestosteron-Konzentration sind die Ergebnisse jedoch widersprüchlich. Es gibt Anzeichen für eine Erhöhung der Gesamttestosteron- und der freien Testosteron-Konzentration nach einem hochvolumigen Training (ebd.). Die Größe der Konzentrationsänderung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie der Intensität, dem Volumen, der involvierten Muskelmasse, der Nahrungsaufnahme, der Trainingserfahrung und der individuellen Maximalkraft. Übungen, die eine große Masse an Muskulatur aktivieren (z.B. Kniebeugen, Kreuzheben), führen zu einer besonders starken Erhöhung der Testosteron-Konzentration. Außerdem scheint es in Bezug auf die Testosteron-Konzentration und die Verbesserung der Maximalkraft vorteilhaft derartige Übungen zu Beginn der Trainingseinheit durchzuführen (vgl. Kraemer & Ratamess, 2005).

3.2.2 IGF-1 und muskuläre Isoformen von IGF-1

Kraemer et al. (1994b) beobachteten nach praktisch allen untersuchten Formen von Krafttraining einen Anstieg von IGF-1. Neuere Untersuchungen geben genauere Hinweise auf die Reize, welche die IGF-1 Bildung stimulieren. Eine erhöhte IGF-1 und/oder IGF-1 mRNA Expression in den Muskelzellen wird insbesondere durch „increased loading“, „stretch“ und „eccentric contraction“ hervorgerufen (vgl. Adams, 2002). Die Auswirkungen eines Krafttrainings auf die Ruhe IGF- Konzentration scheinen nach einem hochvolumigen Training höher zu sein, als nach einem Training mit niedrigem Volumen (vgl. Kraemer & Ratamess, 2005). Hohe IGF-1 Level induzieren die Muskelhypertrophie. Dies wurde durch Versuche, in denen, IGF-1 direkt in den Muskel injiziert oder eine Überexpression hervorgerufen wurde, nachgewiesen (vgl. Adams, 2002). “IGFs increase protein syntheses during resistance training and enhance muscle hypertrophy. “ (Kraemer & Ratamess, 2005, S.350)

Neben IGF-1 spielt eine splicing Variante von IGF-1, der in der Skelettmuskulatur gebildete mechano-growth-factor (MGF), eine wichtige Rolle bei der Hypertrophie (vgl. Steinacker et al., 2002). Eine weitere muskuläre Isoform, das IGF-1Ea bewirkt ebenso wie MGF eine erhöhte Proteinsynthese und Satellitenzellenaktivität (vgl. Kraemer & Ratamess, 2005). Die Expression beider Isoformen, MGF und IGF-1Ea, wird durch überbelastete Muskulatur und spätere mechanische Schäden, wie sie durch ein Krafttraining auftreten, stimuliert (ebd.).

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Ende der Leseprobe aus 74 Seiten

Details

Titel
Methoden im Krafttraining: Hypertrophietraining
Hochschule
Universität Bremen
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
74
Katalognummer
V54449
ISBN (eBook)
9783638496568
ISBN (Buch)
9783656767329
Dateigröße
3480 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Literaturarbeit wird versucht einen möglichst ganzheitlichen Überblick über das Hypertrophietraining zu liefern sowie einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand. Darauf aufbauend wird zunächst eine hoch effektive Hypertrophietrainingsmethode für sehr leistungsfähige Sportler herausgearbeitet und im Anschluss für Senioren. Die umfangreiche Literaturrecherche, die dieser Arbeit zugrunde liegt, umfasst neuste nationale und internationale Forschungsergebnisse.
Schlagworte
Methoden, Krafttraining, Hypertrophietraining
Arbeit zitieren
Jan Veihelmann (Autor:in), 2005, Methoden im Krafttraining: Hypertrophietraining, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54449

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