Reha-Geriatrie. Vorzüge und deren Umsetzung


Hausarbeit, 2004

37 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Definitionen
2.1 Definition des Begriffs „Rehabilitation/Reha“
2.1.1 Die medizinische Rehabilitation
2.1.2 Die berufliche Rehabilitation
2.1.3 Die soziale Rehabilitation

3. Definition des Begriffs „Geriatrie“
3.1 Physiologische Veränderungen im Alter
3.2 Die Theorie des Alterns
3.3 Biografisches, biologisches und soziales Altern
3.4 Veränderungen der Emotionalität
3.5 Geriatrische Reha und ausländische Herkunft

4. Gesetzliche Grundlagen

5. Rahmenbedingungen
5.1 Umsetzungen vor Ort
5.2 Beteiligte Berufsgruppen
5.2.1 Pflegefachkräfte
5.2.2 Ergotherapeuten
5.2.3 Logopäden
5.2.4 Physiotherapeuten
5.2.5 Ärzte
5.2.6 Psychologen
5.2.7 Sozialarbeiter
5.2.8 Ernährungsberater

6. Probleme bei der Umsetzung
6.1. Probleme bei der Überleitung von der Klinik zur stationären Reha
6.2 Probleme bei der Umsetzung des integrierten / multi-professionellen Reha Teams
6.2.1 Probleme der „Medizinprofis“
6.2.2 Probleme, die den Patienten betreffen
6.2.3 Umsetzungsproblematik bei der Rückführung in den Häuslichen Alltag / Familie

7. Verlegung / Entlassung
7.1 Weiterleitung in stationäre / teilstationäre Pflegeinrichtungen
7.2 Weitere Begleitung durch ambulanten Reha-Angebote

8. Abbildung der geriatrischen Leistungen im DRG- System

9. Integrierte Geriatrie im Krankenhaus sowie Schnittstelle Vertragsärzte, Aus- und Weiterbildung der Ärzte

10. Diskussion

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abschließend möchte ich anmerken, dass Formulierungen wie „Patient“, „Arzt“, etc. stets Personen beiderlei Geschlechts bezeichnen.

1. Einleitung

In allen modernen Industriestaaten nimmt der Anteil älterer Menschen ab 60 Jahren an der Gesamtbevölkerung stetig zu und wird in drei bis vier Jahrzehnten ca. 35 bis 40 % ausmachen. Die Sicherung einer hohen Lebensqualität im Alter ist mit einer Fülle individueller und gesellschaftlicher Probleme verbunden.1. Trotzdem hat unsere Gesellschaft noch wenigen Anstalten gemacht, diese auch wirklich zu lösen. Denn der Trend der Industriegesellschaft ist leistungsorientiert und auf Jugend und jung sein ausgerichtet, er richtet sich nach Angebot und Nachfrage - und alt sein ist nun einmal nicht gefragt. Dennoch sind wir m.E. schon aus ethischer Sicht verpflichtet, unseren Müttern und Vätern ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben zu ermöglichen. Doch dieser Wunsch scheitert derzeit an verschiedenen Tatsachen. Die einstige Großfamilie, wie sie in der Kriegsgeneration noch üblich war, ist durch die Kriegswirren so gut wie nicht mehr vorhanden. Auch sind die Kinder der heutigen Rentnergeneration meistens im beruflichen Alltag sehr eingespannt oder wohnen wegen ihres Arbeitsplatzes nicht mehr am Ort. Deshalb muss es andere Wege geben, die für eine weitest gehende Agilität der Senioren zu sorgen. Dann, wenn sich meist typische Altersleiden einstellen, die nicht nur schleichend mit den Jahren auftauchen und sich sukzessive verstärken, aber auch dann, wenn durch ein plötzlich eintretendes elementar gefährdendes Ereignis, wie z.B. Schlaganfall, der Mensch sich nicht mehr selbst helfen kann und auf die Hilfe seiner Umwelt angewiesen ist. Aber auch ältere Menschen können eine erfolgreiche Rehabilitation absolvieren.

Nach dem Gesetz können die Krankenkassen verschiedene Arten von Kurleistungen gewähren. Dabei handelt es sich zunächst um ambulante Vorsorge- und Rehabilitationskuren.2

Rehabilitationsfähigkeit geriatrischer Patienten

Bei Aufnahme eines älteren Patienten im Akutkrankenhaus stellt sich die Frage, ob er ein „geriatrischer“ Patient ist. Ein geriatrischer Patient ist in diesem Zusammenhang gekennzeichnet durch höheres biologisches Alter, relevante Komorbidität und aktuelle oder drohende funktionelle Einschränkungen. Daneben besteht natürlich eine Erkrankung, welche zur Einweisung in das Krankenhaus führt, aber dabei retrospektiv nicht die Hauptdiagnose im Sinne des neuen Fallpauschalensystems (Hauptgrund der stationären Aufnahme) darstellen muss.3

Hierzu führt das Sozialministerium Baden- Württemberg aus:

„Die Notwendigkeit und Wirksamkeit geriatrischer Rehabilitation ist heute unbestritten. Man geht davon aus, dass auch im Alter die Menschen jene physischen, psychischen und kognitiven Potentiale besitzen, die für die Anwendung von Interventions- und Rehabilitationsmaßnahmen notwendig sind. Dabei ist jedoch auf die spezifische körperliche, seelische und soziale Situation des alten Menschen Rücksicht zu nehmen. Die Bevölkerungsentwicklung mit einem zunehmenden Anteil an alten und hochaltrigen Menschen stellt das (Sozial-) und Gesundheitswesen vor neue Aufgaben. Es gilt, die Menschen in diesem Lebensabschnitt, der häufig durch chronische Krankheiten und Behinderungen und damit verbundene Einschränkungen gekennzeichnet ist, zu unterstützen, ein möglichst beschwerdearmes und selbständiges Leben zu führen.“4

Patientenprofil der geriatrischen Rehabilitation

„Patienten/Innen der geriatrischen Rehabilitation sind ältere Menschen, die nach einer Akuterkrankung oder aus einem chronischen Verlauf heraus in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt oder davon bedroht sind. Dabei besteht das Problem, dass die Patienten/Innen häufig durch Dekompression ihrer multiplen Organerkrankungen beeinträchtigt sind. So ist die geriatrische Rehabilitation eine Kombination aus akutmedizinischen und rehabilitativen Komponenten, wobei die Rehabilitation im Vordergrund steht. Das Krankheitsspektrum alter Menschen zeigt im Vergleich zu jüngeren Patienten/Innen typische chronische Erkrankungsverläufe, am häufigsten Erkrankungen des Herz-/Kreislaufsystems. Ebenfalls sehr häufig sind Patienten/Innen mit Sturzfolgen, Arthrosen (insbesondere Knie- oder Hüftarthrosen) bilden einen weiteren Schwerpunkt der geriatrischen Rehabilitation.“5

Rehabilitationsziele geriatrischer Patienten/Innen

Die Rehabilitationsziele älterer und alter Menschen liegen wie die der jüngeren in der Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität, im subjektiven Wohlbefinden und damit zusammenhängend in größtmöglicher Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Pflege-, Hilfe- und Unterstützungsleistung.

Der Alltag der Patienten/Innen stellt dabei den Bezugsrahmen für folgendes dar:

- Selbständigkeit

Unter „selbständigem Leben“ wird nicht nur das „Funktionieren im Alltag“ verstanden, sondern darüber hinaus die Fähigkeit, Kontrolle über die Verantwortung für seinen Körper und seine Lebensumstände auszuüben.

- Lebensqualität

Lebensqualität wird bestimmt durch objektive Lebensbedingungen und subjektives Wohlbefinden. Sozialgeriontologisch wird Lebensqualität als Erhaltung eines möglichst hohen Grades an sozialer Kompetenz, an Selbständigkeit und an psychischem Wohlbefinden definiert. Im Zusammenhang von Lebensqualität und geriatrischer Rehabilitation geht es vor allem darum, den Menschen nicht als Träger somatischer Symptome zu sehen, sondern auch sein Umfeld zu motivieren und in den Rehabilitationsprozess mit einzubeziehen.

- Soziale Kompetenzen

Das Kompetenzmodell geht davon aus, dass das Verhalten im Alltag aus dem Verhältnis zwischen Anforderungen an die Person und deren Ressourcen zu ihrer Bewältigung verstanden werden muss. Unter sozialer Kompetenz wird die Fähigkeit verstanden, soziale Situationen zu bewältigen. Soziale Kompetenz fördert die Krankheitsbewältigung, das positive Selbstbild und wirkt der sozialen Isolation entgegen.6

2. Definitionen

2.1 Definition des Begriffs „Rehabilitation/Reha“

Vielfach werden die Begriffe Rehabilitation und tertiäre Prävention gleichbedeutend verwendet. Bei manchen Autoren wird hier jedoch unterschieden.

Unter tertiärer Prävention werden Maßnahmen zur Verhinderung von Rezidiven einer vorangegangenen Krankheit verstanden, Rehabilitation dient hingegen dazu, Krankheitsfolgen wie z.B. eine bleibende Behinderung abzumindern7 Vor dem tieferen Einstieg ist zunächst eine Definition des Begriffs „Rehabilitation“ nötig:

„Rehabilitation (v. mittellat.: rehabilitatio Wiederherstellung) bedeutet im Gesundheitswesen das Wiedereingliedern in den Alltag oder das berufliche Leben. „Nach der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation“ ist das Ziel der Rehabilitation, behinderten Menschen dabei zu helfen, ihre Fähigkeiten und Kräfte zu entfalten und einen entsprechenden Platz in der Gesellschaft zu finden“8.allerdings darf nicht vergessen werden, dass bei vielen alten Menschen, bei denen eine Erwerbstätigkeit nicht mehr in Frage kommt, dennoch eine Rehabilitation zum Erhalt der eigenen Selbständigkeit sinnvoll sein kann. Nach Miehlke (2000) Die Rehabilitation ist in Deutschland aus der Kurmedizin hervorgegangen. Sie wird deshalb auch meist in Heilbädern durchgeführt. Diese Situation erklärt auch die heute noch immer geübte Vermischung der Begriffe „Kur“ und „Rehabilitation“.9 Es werden verschiedene Arten der Rehabilitation unterschieden:

2.1.1 Die medizinische Rehabilitation

versucht, einen die Erwerbsfähigkeit bedrohenden oder (z. B. durch Unfall) entstandenen Gesundheitsschaden zu beseitigen, zu mildern seine Folgen zu beseitigen. Medizinische Rehabilitation gibt es aber auch für Menschen, die nicht oder nicht mehr im Erwerbsleben stehen (z.B. Kinder oder Rentner). Hier werden häufig die von der WHO verwendete Klassifikation der Begriff Schaden, Behinderung und sozialer Nachteil verwendet.

Es gibt in Deutschland insgesamt 7 Rehabilitationsträger (Leistungsträger). Die größte Bedeutung haben die gesetzlichen Rentenversicherungsträger, die gesetzlichen Krankenkassen und die Unfallversicherungen.

- Leistungen im Rahmen der medizinischen Rehabilitation

1) Ärztliche Behandlung
2) Arznei- und Verbandsmittel
3) Heilmittelversorgung
4) Bewegungs- Sprach- und Beschäftigungstherapie10

2.1.2 Die berufliche Rehabilitation

folgt dem Grundprinzip "Rehabilitation vor Rente" und versucht, durch Rehamaßnahmen die Betroffenen wieder in den beruflichen Alltag zu integrieren (z. B. durch Umschulungen). Nach Brockfeld (1998) soll die Voraussetzung für eine weitere Erwerbstätigkeit des Behinderten Menschen geschaffen werden. Zuständig sind jeweils die Arbeitsämter11. Sie können Maßnahmen zum Erhalt des Arbeitsplatzes beim bisherigen Arbeitsgeber finanzieren, z.B. indem sie eine innerbetriebliche Umsetzung auf einen für die Behinderung geeigneten Arbeitsplatz unterstützen. In vielen Fällen ist zur beruflichen Rehabilitation ein Berufswechsel erforderlich Dazu kann von der Bundesanstalt für Arbeit eine stationäre Berufsausbildung (Umschulung) in einem der zahlreichen Berufsförderungswerke (z.B. die Stiftung Rehabilitation Heidelberg) finanziert werden.

Das Sozialgesetzbuch verpflichtet alle größeren Betriebe zur Beschäftigung von mindestens 6% schwerbehinderten Mitarbeitern.12 Für Behinderte, die in einem Wirtschaftsunternehmen arbeiten könne, wurden besondere Werkstätten eingerichtet, in denen über Hilfen bei der Arbeitstätigkeit hinaus auch auf die besonderen medizinischen und psychischen Probleme im Zusammenhang mit Behinderung eingegangen werden kann.

2.1.3 Die soziale Rehabilitation

umfasst alle Leistungen zur Teilhabe am sozialen Leben. Das kann zum Beispiel sein: Wohnungshilfe, Haushaltshilfe.13 Die wird von der Staat finanzielle Hilfe geleistet, um eine behindertengerechte Gestaltung des privaten Umfeldes zu ermöglichen, dazu kann z.B. ein erforderlicher Umbau der Privatwohnung bezahlt werden, dass die Behinderte lernen, mit ihrer persönlichem Umfeld zurechtzukommen. Außerdem können auch Selbsthilfegruppen eine wertvolle Hilfe bei der sozialen Rehabilitation darstellen.

Die oben aufgeführten Definitionen lassen erahnen, wie komplex die Verteilung der bei einer Rehabilitation entstehenden Kosten ist. Auch lässt sich eine Vielfalt von Antragsformularen wegen dieser Komplexität vermutlich nicht vermeiden.

Ein Mensch jeden Alters hat ein Recht auf Rehabilitation, auch wenn kein volkswirtschaftlicher Nutzen zu erwarten ist.

3. Definition des Begriffs „Geriatrie“

Nach T. Nikolaus liegt 2003 die Zahl von pflegebedürftigen Menschen in Deutschland bei etwa 1,9 Millionen. In den nächsten 20 Jahren wird eine weitere Million pflegebedürftiger Menschen hinzukommen. 1996 lebten insgesamt 450000 Menschen in Pflegeinrichtungen und zusätzlich 200000 Ältere in Altenheimen.14

Die Münchner Gerontologen definieren hierzu:

„Gerontologie (Altersforschung, von griech. Geron = Alter, Greis und Griech. Logos = Lehre). Wissenschaft von den körperlichen, psychischen und sozialen Vorgängen des Alterns.

Geriatrie (Altersheilkunde): Lehre von den Krankheiten des alternden und des alten Menschen und ihrer Behandlung, gewissermaßen der medizinische Zweig der Gerontologie. Im deutschen Sprachraum ist die Grenzziehung zum geriatrischen Patienten relativ willkürlich, ungefähr beim 70. Lebensjahr.

Allerdings: Es gibt (fast) keine "Alterskrankheiten" - alle scheinbar "typischen" geriatrischen Erkrankungen (wie Inkontinenz, Arthrose, Osteoporose) treten bei manchen Menschen auch schon oft in früheren Jahren auf.“15

Das lässt den Rückschluss zu, dass man Erkrankungen nicht ohne weiteres dem Alter des zu Rehabilitierenden zuschreiben kann. Grundsätzlich bedeutet das, dass jede Erkrankung in jedem Alter des Patienten zu rehabilitieren ist.

3.1 Physiologische Veränderungen im Alter

Veränderungen im Alter sind nicht nur abhängig vom Alter allein, sondern auch von Änderungen, wie sie durch Arbeits- und Lebensgewohnheiten entstehen können.

„Altern: Biologischer, psychischer und sozialer Prozess, der nicht erst in höherem Lebensalter beginnt, sondern von der Geburt an unumkehrbar fortschreitet.

Die Alterungsvorgänge beeinflussen alle Aspekte des menschlichen Daseins:

- Alterungsprozesse bewirken Veränderungen vieler organischer Funktionen
- Sie führen zu psychischen Veränderungen des alternden Menschen“16

3.2 Die Theorie des Alterns

Früher dachte man, der gesunde Körper werde in zunehmendem Maße durch neu eintretende Erkrankungen Stück für Stück zerstört. Verschleißerscheinungen (z.B. Gelenkabnutzung) oder Vergiftungserscheinungen (z.B. durch Umweltgifte, oder falsche Ernährung) spielten demnach die Hauptrolle im Alterungsprozess.

Durch die moderne Altersforschung ist jedoch deutlich geworden, dass es sich beim Altern um ein genetisch festgelegtes Geschehen handelt, welches durch äußere Faktoren lediglich frühzeitig in Gang gesetzt und beschleunigt wird.

Auch wenn das Alter genetisch verankert ist, wird der Zeitpunkt des (spürbaren) Altwerdens von der Lebensgeschichte und dem Lebensstil des Einzelnen entscheidend beeinflusst.

Viele Alterungsvorgänge, etwa die der Haut oder der Lunge, werden durch zusätzliche Schädigungen, z.B. zu intensives Sonnenbaden oder Rauchen, beschleunigt, verstärkt und dadurch überhaupt klinisch manifestiert. Auf der anderen Seite lassen sich zahlreiche Funktionen (darunter - ganz wichtig: die Gehirnleistung) noch bis ins hohe Alter trainieren und teilweise sogar steigern.

Außerdem bedeutet Alter nicht nur einen Abbau, sondern in Teilbereichen auch einen Gewinn (z.B. an Erfahrung, an Verantwortungsgefühl), der Verluste durchaus kompensieren kann.

Trotz der Einzigartigkeit, wie jeder den Alterungsprozess durchlebt, gibt es bestimmte typische Alterungsverläufe, wie der Haut, der Gelenke, etc.“17

Aufgrund der o.g. positiven Punkte lässt sich ein grundsätzlicher Nutzen für eine Rehabilitation im gehobenen Alter ableiten. Dies beweist, dass rehabilitative Maßnahmen in einzelnen Punkten spezifisch gefördert, kleinere Defizite in Randbereichen kompensieren können, was im Anschluss an das Rehabilitationsverfahren ohne weiteres ein selbständiges oder zumindest teilweise selbständiges Leben im privaten Umfeld ermöglicht.

3.3 Biografisches, biologisches und soziales Altern

a) Biografisches und biologisches Altern

Der genetisch vorbestimmte Alterungsprozess und die Entwicklung chronischer Krankheiten unterliegen großen individuellen Schwankungen. Daher stellt man dem biografischen (oder chronologischen) Altern, also der am Kalender ablesbaren Alterung, das biologische Altern gegenüber.

Das biologische Alter ist ein (Schätz-)Maß für die gegenwärtige gesundheitliche Situation und Belastbarkeit eines Menschen:

- Ein biografisch 85-jähriger, aber biologisch 75-jähriger ist überdurchschnittlich rüstig und wird eine große Operation mit höherer Wahrscheinlichkeit ohne gravierende Komplikationen überstehen als biografischer Altersgleicher.
- Ein biografisch 71-jähriger, aber biologisch 80-jähriger ist vorgealtert und sein Organismus wenig anpassungsfähig.

b) Soziales Altern

Das Altern wird nicht nur vom Einzelnen, sondern auch von Gesellschaft, sozialem Umfeld und Familie geprägt. Diese entscheiden ganz wesentlich, wie das Individuum sein Älterwerden erlebt und mitgestaltet.“18

Diese Punkte zeigen, dass nicht ohne weiteres eine pauschale Ablehnung von therapeutisch und medizinischen Maßnahmen erfolgen kann, sondern jeder Einzelfall für sich auf Sinn und Zweck geprüft werden muss.

3.4 Veränderungen der Emotionalität

Die Münchner Gerontologen sehen auch eine Veränderung in der Emotionalität.

„Mit Emotionalität werden sowohl kurzfristige Gefühle wie Ärger oder Freude als auch langfristige Stimmungen und Eigenschaften wie Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit bezeichnet.

Die Annahme, dass alte Menschen wesentlich häufiger traurig, depressiv oder (lebens-) unzufrieden sind, konnte in Untersuchungen nicht eindeutig bestätigt werden. Für die Emotionalität alter Menschen ("Gefühlshaushalt") sind Faktoren wie Gesundheit, Aktivitätsniveau und sozialer Status von größerer Bedeutung als das biographische Alter.“19

Dennoch sollte in einer stationären oder ambulanten Rehabilitation mit einer Beschäftigungstherapie begonnen werden. Man sollte den Versuch unternehmen, individuelle Freizeitbeschäftigungen für den Einzelnen zu finden, die er später, im privaten Umfeld, weiter ausüben kann.

3.5 Geriatrische Reha und ausländische Herkunft

Deutschland zählte am 1.1.2000 über 82 Millionen Einwohner, davon mehr als 7 Millionen Ausländer und davon wiederum etwa 2 Millionen Türken, insgesamt etwa 3,7 Millionen Muslim.20 Etwa 1,2 Millionen stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Ging man ursprünglich 1961 vom Konzept der „Gastarbeiter“ aus, die von der Industrie angeworben wurden, so handelt es sich mittlerweile längst um Einwanderer oder Migranten, von denen über 50 % einschließlich ihrer Familien bereits mehr als zehn Jahre bei uns leben. Zusätzlich wanderten seit einigen Jahren viele deutschstämmige Umsiedler aus Russland, ebenso wie Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylanten aus aller Welt ein. Ihre medizinische Versorgung ist in Deutschland, auch im psychiatrischen Bereich, längst Bestandteil des klinischen Alltags geworden21 Unter Migranten werden nach der Definition der Vereinten Nationen alle Personen verstanden, die ihren Wohnsitz in andere Länder verlegen, unabhängig von ihrer Motivation oder kulturellem Hintergrund.22 „Im Internationalen Vergleich ist die Qualität der Gesundheitsversorgung in Deutschland auf hohem Niveau. Bei der Behandlung ausländischer Patientinnen und Patienten wird jedoch immer wieder von Schwierigkeiten berichtet. Als drängendstes Problem wird die schwierige Kommunikation zwischen Patienten und Fachpersonal genannt“.23

Noch weniger beschäftigt man sich mit der Frage, welche Bedürfnisse überhaupt bestehen und welche Dienstleistungen gefragt sind. Altenhilfe und Migrationssozialarbeit scheinen wie zwei Systeme zu sein, die einander fremd sind. Es gibt nicht viele Informationen über die Bedürfnisse der Patienten anderer Kulturen und Religionen. Beide Systeme sind sehr unterschiedlich strukturiert und beziehen sich kaum aufeinander. Dieser kleine Text in dieser Hausarbeit kann weder alle Eventualfälle abdecken noch jede Frage beantworten. Er kann den Leser jedoch wenigstens in einem gewissen Maß auf mögliche Fragen vorbereiten und ihm aufuzeigen, wann sie wahrscheinlich auftreten werden.

[...]


1 Reiner V., Martina B., Brunhilde V. S. 5

2 Boch, E., Hillebrandt, B., Wolf, W. 1997, S. 31

3 E. Steinhagen-Thiessen G. Hamel D. Lüttje P. Oster A. Plate W. Vogel. S. 6

4 Sozialministerium Baden- Württemberg, S. 85

5 Sozialministerium Baden- Württemberg, S. 85

6 Sozialministerium Baden- Württemberg, S. 86

7 Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Frankfurt am Main

8 Ökologisches Stoffgebiet, S. 270

9 Gedanken eines Arztes zur Zukunft unseres Gesundheitssystems S.5

10 Ökologisches Stoffgebiet, S. 273

11 Ökologisches Stoffgebiet, S. 274-276

12 Das Sozialgesetzbuch

13 http://www.medizinerboard.de/lexikon/Rehabilitation,erklaerung.htm

14 Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, Band 36, Heft 4 (2003) Steinkopff Verlag 2003

15 http://pflege.klinikum-grosshadern.de/campus/alter/geriatr/geria.html

16 http://pflege.klinikum-grosshadern.de/campus/alter/geriatr/geria.html

17 http://pflege.klinikum-grosshadern.de/campus/alter/geriatr/geria.html

18 http://pflege.klinikum-grosshadern.de/campus/alter/geriatr/geria.html

19 http://pflege.klinikum-grosshadern.de/campus/alter/geriatr/geria.html

20 Fischer 2002, S. 181

21 Heise, T., H. Pfefferer-Wolf, K. Leferink, E. Wulff, A. Heinz: (2001) 72, 231–233

22 W. Hausotter (2002) No 5 S. 161

23 Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Ausländer1995, S .8-9.

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Reha-Geriatrie. Vorzüge und deren Umsetzung
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Gesundheitswissenschaft)
Veranstaltung
MPH 38, Schwerpunktseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
37
Katalognummer
V544509
ISBN (eBook)
9783346176981
ISBN (Buch)
9783346176998
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rehabilitation, Reha, Pflege, Krankenpflege, Qualitätsmanagement, Krankenhaus, Entlassung, Logopäde, Ergotherapeut, Physiotherapeut, Pflegeheim, Herkunft, DRG, Schnittstelle, Pflegeeinrichtung, Klinik, stationär, teilstationär
Arbeit zitieren
Stefan Schrank (Autor:in), 2004, Reha-Geriatrie. Vorzüge und deren Umsetzung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/544509

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