Die Steuerhoheit wird seit jeher als ein fundamentales Prinzip und als Ausdruck staatlicher Souveränität angesehen. Oftmals auch als Sympathiebarometer der Regierungen aufgefaßt, nimmt die Steuerpolitik einen prominenten Platz in den Medien über die Staatsgrenzen hinaus ein. Darüber hinaus übt die Besteuerung von Unternehmen und Haushalten als eine der wichtigsten Stellschrauben makroökonomischer Politik enormen Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Staates aus. Vor diesem Hintergrund wird die Brisanz der Einflußnahme des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf nationale Steuervorschriften verständlicher. Insbesondere in der Europäischen Union mit der EU-Osterweiterung am 1. April 2004 ist der steuerliche Wettbewerbsdruck zwischen den Mitgliedsstaaten gestiegen. Gleichzeitig stehen die Mitgliedsstaaten vertraglich unter dem zunehmenden Druck, das nationale Steuerrecht dem Gemeinschaftsrecht anzupassen. Die oftmals unterschiedliche Auslegung des Europäischen Gemeinschaftsvertrags (EGV) und dessen Regelungsziele von Klägern und Finanzgerichten führte in den letzten 25 Jahren zu einer Reihe von Verhandlungen vor dem EuGH. Die Urteile des EuGH waren nicht nur auf nationaler Ebene für die jeweiligen Finanzgerichte von Relevanz sondern hatten auch Auswirkungen auf das deutsche Steuerrecht. In diesem Zusammenhang ist es das Ziel dieser Arbeit, einen Beitrag zum Verständnis der Bedeutung der EuGH-Rechtsprechung und deren Auswirkungen auf das deutsche Steuerrecht zu leisten. Der Schwerpunkt liegt aufgrund der betriebswirtschaftlichen Relevanz in der Analyse der Konsequenzen bisheriger Urteile des EuGH für die Unternehmensbesteuerung. Andere Steuerbereiche, für die ebenfalls Auswirkungen beobachtbar sind, sollen hier nicht detailliert behandelt werden. Kapitel 2 befaßt sich mit Grundlagen zur EuGH-Rechtsprechung und den Grundsätzen, die bei ihr vor dem Gerichtshof zur Anwendung kommen. Zwei themenbezogene Urteile, die weitreichende Auswirkungen auf das nationale Steuerrecht haben, werden in den Kapiteln 3.1 und 3.2 vorgetragen und unter Bezugnahme auf vorige Grundsatzurteile analysiert. Kapitel 3.3 bezieht eine aktuelle Entscheidung des EuGH zur direkten Unternehmensbesteuerung in diese Analyse ein. Einige der durch die Entscheidungen her-vorgerufenen Änderungen des deutschen Steuerrechts werden in Kapitel 4 hervorgehoben.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Die deutsche Steuersouveränität im dynamischen Wandel der EU
- 2 Grundsätze in der Rechtsprechung des EuGH.
- 2.1 Die Regelungen zu den direkten und indirekten Steuern
- 2.2 Kompetenzen des EuGH.
- 2.3 Das Verhältnis von nationalem zu Gemeinschaftsrecht
- 2.4 Die Grundfreiheiten des EGV..
- 3 Wegweisende Urteile zur direkten Unternehmensbesteuerung
- 3.1 Der Fall,,ICI“
- 3.1.1 Die steuerlichen Kernaussagen der Entscheidung
- 3.1.2 Die Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit und ihre Rechtfertigung………
- 3.2 Der Fall,Saint-Gobain“.
- 3.2.1 Die steuerlichen Kernaussagen der Entscheidung
- 3.2.2 Die Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit und ihre Rechtfertigung.
- 3.3 Der Fall,,Manninen“ und seine Folgen
- 4 Ausgewählte Beispiele von Anpassungen des deutschen Steuerrechts an die EuGH-Maßstäbe
- 5 Zusammenfassende Betrachtung und Ausblick..
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Bedeutung der EuGH-Rechtsprechung und deren Auswirkungen auf das deutsche Steuerrecht, insbesondere auf die Unternehmensbesteuerung. Ziel ist es, ein tieferes Verständnis für die Konsequenzen bisheriger Urteile des EuGH in diesem Bereich zu entwickeln.
- Die deutsche Steuersouveränität im Spannungsfeld des Europäischen Gemeinschaftsrechts
- Die Anwendung von Grundfreiheiten des EGV im Steuerrecht
- Die Bedeutung der Vorabentscheidungsverfahren des EuGH
- Die Anpassung des deutschen Steuerrechts an die EU-Rechtsprechung
- Der Einfluss der EuGH-Rechtsprechung auf die Unternehmensbesteuerung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Dieses Kapitel stellt die deutsche Steuersouveränität im Kontext der EU-Osterweiterung und des wachsenden Wettbewerbsdrucks zwischen den Mitgliedsstaaten dar. Es beleuchtet die Bedeutung der Anpassung des nationalen Steuerrechts an das Gemeinschaftsrecht und die Rolle der EuGH-Rechtsprechung in diesem Prozess.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel erläutert die grundlegenden Prinzipien der EuGH-Rechtsprechung im Bereich der direkten und indirekten Steuern. Es beleuchtet die Kompetenzen des EuGH, das Verhältnis zwischen nationalem und Gemeinschaftsrecht sowie die Bedeutung der Grundfreiheiten des EGV für das Steuerrecht.
- Kapitel 3: Dieses Kapitel analysiert zwei wegweisende Urteile des EuGH (ICI und Saint-Gobain), die weitreichende Auswirkungen auf das nationale Steuerrecht hatten. Es werden die steuerlichen Kernaussagen der Entscheidungen sowie die Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit und deren Rechtfertigung untersucht. Des Weiteren wird ein aktuelles Urteil des EuGH (Manninen) in diese Analyse einbezogen, welches ebenfalls die direkte Unternehmensbesteuerung betrifft.
- Kapitel 4: Dieses Kapitel zeigt einige Beispiele für Anpassungen des deutschen Steuerrechts an die EuGH-Maßstäbe, die durch die Entscheidungen des EuGH herbeigeführt wurden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den wichtigsten Begriffen und Themen im Zusammenhang mit der EuGH-Rechtsprechung und deren Auswirkungen auf das deutsche Steuerrecht. Dazu gehören: Steuersouveränität, Grundfreiheiten des EGV, Vorabentscheidungsverfahren, direkte Unternehmensbesteuerung, Niederlassungsfreiheit, Harmonisierung des Steuerrechts, Anpassung des nationalen Rechts an das Gemeinschaftsrecht, EuGH-Urteile, Wettbewerb im Steuerbereich, Steuerpolitik, Wirtschaftsentwicklung, EU-Osterweiterung. Die Analyse fokussiert auf die wichtigsten Urteile des EuGH im Bereich der Unternehmensbesteuerung und deren konkrete Auswirkungen auf das deutsche Steuerrecht.
- Arbeit zitieren
- Sönke Thiedemann (Autor:in), 2005, Folgen der EuGH-Rechtsprechung für das deutsche Steuerrecht - Grundsätze und Beispiele, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54457