Die Bedeutung des Viermächte-Abkommens vom 3. September 1971 für die Entspannungspolitik des Ost-West-Konflikts


Hausarbeit, 2005

29 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Vorwort

2. Definition von Entspannungspolitik

3. Das Viermächte-Abkommen im zeithistorischen Kontext
3.1 Das Viermächte-Abkommen im Kontext der Ostverträge
3.2 Kernpunkte des Abkommens und pragmatische Besonderheiten

4. Das Abkommen in der Anwendung
4.1 Bewertung und Befolgung des Abkommens aus Sicht des Westens
4.2 Bewertung und Befolgung des Abkommens aus Sicht der BRD
4.3 Bewertung und Befolgung des Abkommens aus Sicht der UdSSR
4.4 Bewertung und Befolgung des Abkommens aus Sicht der DDR

5. Die Bedeutung des Abkommens für die Entspannungspolitik

6. Schlussbetrachtungen

7. Literatur

8. Anhang

1. Vorwort

Nach dem Zweiten Weltkrieg prägte der Ost-West-Konflikt fast 40 Jahre lang das internationale und auch das nationale Geschehen. In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wandelte sich der Machtkonflikt von einer Ära der Konfrontation hin zu einer „Ära der Verhandlungen“[1]. In dieser Phase der so genannten Entspannungspolitik näherten sich die antagonistischen Systeme des Ostens und des Westens trotz fortbestehender ordnungspolitischer und ideologischer Unterschiede einander an. Eine Vielzahl von Verträgen und Abkommen wurde in dieser Zeitspanne unterzeichnet - darunter auch das Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971. In der Literatur wird es oft als „Prüfstein“[2] und „Gradmesser“[3] für das Gelingen der gesamten Entspannungspolitik bezeichnet.

Diese Arbeit geht der Frage nach, wie man die Ergebnisse des Abkommens und vor allem die Befolgung der darin enthaltenen Übereinkünfte durch die Ost- und Westmächte bewerten kann. Kann man generell davon sprechen, dass dem Viermächte-Abkommen eine besondere Bedeutung als Grundstein der Entspannungspolitik zukommt? Oder ist eher das Gegenteil der Fall und das Abkommen wird überbewertet?

Anhand einer Analyse des Verhaltens der beiden Systeme in den Jahren nach dem Abkommen in Bezug auf die getroffenen Vereinbarungen soll die Bedeutung der Berlin-Regelung innerhalb der Entspannungspolitik untersucht und dargestellt werden. Dazu wird zunächst der Begriff der Entspannungspolitik genauer definiert und der Zusammenhang des Abkommens zu weiteren Verträgen und Übereinkünften zwischen Ost und West, die zu Beginn der 70er Jahre geschlossen wurden, hergestellt. Danach wird der Kerninhalt des Abkommens mitsamt der Anhänge und Interpretationsschreiben vorgestellt. Auf dieser Grundlage folgt die Analyse des Verhaltens beider Systeme in Bezug auf die Befolgung des Abkommensinhalts. In einer Schlussbetrachtung wird ein Urteil über die Bedeutung des Viermächte-Abkommens für die Entspannungspolitik des Ost-West-Konflikts gefällt.

2. Definition von Entspannungspolitik

Der Begriff der Entspannungspolitik bezeichnet eine Methode „politischer Zusammenarbeit zwischen antagonistischen politischen Systemen des Westens und des Ostens“.[4] Dem amerikanischen Modell der Entspannungspolitik stand das sowjetische der „friedlichen Koexistenz“ gegenüber. Gemeinsam war beiden Vorstellungen, dass man den damaligen territorialen Status quo akzeptierte und auf dieser Grundlage nach gemeinsamen, friedlichen Lösungen zum Abbau von Konflikten suchte. Das primäre Ziel war es, einen atomaren Krieg auf Dauer zu verhindern. Generell ging man weiterhin davon aus, dass gegensätzliche Standpunkte vorhanden waren, versuchte jedoch durch deren Ausklammerung sich einander anzunähern um dadurch praktische Verbesserungen zu schaffen und so auf Dauer eventuell doch Gegensätze abzubauen.

Die USA legten dabei ihrem Konzept von Entspannungspolitik ein anderes machtpolitisches Ziel zu Grunde als die Sowjetunion. Die Regierung unter Nixon versprach sich durch die Einbindung der UdSSR in Verträge und Abkommen eine Eindämmung der sowjetischen Macht und hoffte so auf einen amerikanischen Machterhalt.[5]

Das Konzept einer "friedlichen Koexistenz" unter Chruschtschow verfolgte einen anderen Grundgedanken. Dadurch, dass man mit den Westmächten Abkommen schloss, erhoffte man sich zwar gleichfalls einen Machtgewinn, zielte dabei aber auf eine Gleichrangigkeit mit den USA ab. Eine „ideologische Entspannung“ von Seiten der Sowjetunion konnte es nicht geben; die Entspannungspolitik in Form der „friedlichen Koexistenz“ wurde als Mittel zur Statusverbesserung und zur „Anerkennung einer der USA ebenbürtigen Weltmacht“ benutzt.[6]

Obwohl sich beide Konzepte im Grunde gegenüberstanden, wurden zwischen 1969 und 1974 auf der Grundlage des beiderseitigen Wunsches nach Entspannung insgesamt 51 Verträge bzw. Abkommen geschlossen.[7] Darunter auch das Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971.

3. Das Viermächte-Abkommen im zeithistorischen Kontext

3.1 Das Viermächte-Abkommen im Kontext der Ostverträge

Das Viermächte-Abkommen wird als eines der kompliziertesten Abkommen zwischen Ost und West angesehen[8], denn es ist Teil eines ganzen Netzwerkes aus Verträgen und Abkommen, die zu Beginn der siebziger Jahre geschlossen wurden. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland machte den Abschluss des Moskauer sowie des Warschauer Vertrags von einer befriedigenden Berlin-Regelung abhängig. Sie war nur gewillt, den Gewaltverzichtsvertrag mit der UdSSR sowie das Abkommen mit Polen[9] zu ratifizieren, wenn zuvor die Berlin-Regelungen aus dem Viermächte-Abkommen in Kraft getreten waren.

Die östliche Seite war sehr daran interessiert, die Verträge mit der Bundesrepublik zu sichern, u. a. hoffte man auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und dadurch auf eine verbesserte Binnenwirtschaft. Daneben wünschte sich die UdSSR eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Doch auch deren Zustandekommen machten die Westmächte von einer befriedigenden Berlin-Regelung abhängig.

Knapp einen Monat nachdem die Bundesrepublik die Ostverträge ratifiziert hatte, wurde das Viermächte-Schlussprotokoll am 3.Juni 1972 verabschiedet und damit wurden die Regelungen aus dem Viermächte-Abkommen über Berlin in Kraft gesetzt. Zuvor wurde bereits eine Reihe von deutsch-deutschen Folgevereinbarungen zum Viermächte-Abkommen geschlossen, wie das Transitabkommen oder detaillierte Vereinbarungen zum Besucher- und Reiseverkehr. Dies waren die konkreten Ergebnisse aus den Verhandlungen über Berlin. Auf der Grundlage dessen schlossen die Bundesrepublik und die DDR am 21. Dezember 1972 einen Grundlagenvertrag, der u. a. eine Annäherung der beiden Staaten und eine engere Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen vorsah.[10] Am 1. August 1975 wurde die Schlussakte der KSZE verabschiedet, die ebenfalls eine Annäherung der beiden Systeme zur Folge hatte.

3.2 Kernpunkte des Abkommens und pragmatische Besonderheiten

Das Viermächte-Abkommen setzt sich aus einer Präambel und drei Textteilen zusammen. Die beiden ersten Textteile enthalten die erarbeiteten Bestimmungen; ein dritter Textteil legt fest, dass das Abkommen durch ein Schlussprotokoll in Kraft tritt. Dieses wird dann unterzeichnet, wenn alle „vorgesehenen Maßnahmen vereinbart worden sind.“[11] Des Weiteren sind dem Abkommen fünf Anlagen beigefügt, die die Bestimmungen des Haupttextes genauer spezifizieren. Darüber hinaus werden oftmals noch zwei vereinbarte Sitzungsprotokolle, der Notenwechsel der Botschafter über die verschiedenen Auslegungen des Abkommenstextes sowie das Schlussprotokoll als Bestandteile des Viermächte-Abkommens herangezogen. Der Westen spricht von einem „zusammengesetzten Ganzen“, während sich der Osten eher dagegen verwahrt und lediglich die Bestimmungen des Haupttextes als bindend ansieht.[12]

In der Präambel des Abkommens wird der Fortbestand des Viermächtestatus über Berlin festgelegt und so eine gemeinsame Verantwortung der vier Mächte über Berlin auch von der UdSSR anerkannt. Da man sich auf keine gemeinsamen Rechtspositionen einigen konnte, wurden die sich gegenüberstehenden Vorstellungen bezüglich der Rechtslage ausgeklammert. Denn der Grundgedanke dieses Abkommens war es nicht, den Rechtsstatus über Berlin neu zu definieren; man handelte „von dem Wunsch geleitet, zu praktischen Verbesserungen der Lage beizutragen“.[13] Die Probleme, die sich mit dieser Modus-vivendi Regelung ergaben, werden im weiteren Verlauf der Arbeit dargestellt.

[...]


[1] Äußerung des damaligen Präsidenten der USA, Nixon. In: Woyke, Wichard: Handwörterbuch Internationale Politik. 9. Auflage. Bonn 2004. S. 76.

[2] Prell, Uwe: Grenzüberschreitungen in Berlin. Der Reise- und Besuchsverkehr und die westlichen politischen Entscheidungen. 2. Auflage. Berlin 1978. S. 94.

[3] Baumeister, Dieter/Zivier, Ernst: Die Status-Bestimmungen des Viermächte-Abkommens und die Zukunft Berlins. Berlin 1979. S. 7.

[4] Woyke, Wichard: Handwörterbuch Internationale Politik. S. 74.

[5] Ebd. S. 77.

[6] Ebd.

[7] Ebd.

[8] Prell, Uwe: Grenzüberschreitungen in Berlin. S. 112.

[9] Der Warschauer Vertrag enthält außer der Einigung auf Gewaltverzicht und Frieden zwischen Polen und der BRD auch eine Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Ostgrenze der Bundesrepublik und war somit für den ganzen Ostblock von großer Bedeutung in Bezug auf die territoriale Einheit des sozialistischen Einflussbereichs.

[10] Sei es im wirtschaftlichen, kulturellen oder ökologischen Bereich. Außerdem enthielt der Vertrag zum ersten Mal eine staatliche Anerkennung der DDR, jedoch keine völkerrechtliche, um die erhoffte Wiedervereinigung nicht zu gefährden. Außerdem wurde die DDR nicht als Ausland bezeichnet.

[11] Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.): Verträge, Abkommen und Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Stuttgart 1973. S. 334.

[12] Hacker, Jens: Die außenpolitische Resonanz des Berlin-Abkommens. In: Gottfried Zieger (Hrsg.): Zehn Jahre Berlin-Abkommen 1971-1981. Versuch einer Bilanz. Symposium 15./16. Oktober 1981. München 1983. S. 231.

[13] Verträge, Abkommen und Vereinbarungen. S. 331.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung des Viermächte-Abkommens vom 3. September 1971 für die Entspannungspolitik des Ost-West-Konflikts
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Grundkurs II: Von der Konfrontation zur Kooperation - Zur Geschichte des Ost-West-Konflikts
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
29
Katalognummer
V54465
ISBN (eBook)
9783638496667
ISBN (Buch)
9783638718202
Dateigröße
526 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Viermächteabkommen von 1971 und stellt sich die Frage, welche Bedeutung es für die Entspannungspolitik des Ost-West-Konflikts hat(te). Dazu wird der Gesetzteswortlaut genau unter die Lupe genommen, aber auch Tatsachen und Ereignisse nach Abschluss des Abkommens herangezogen.
Schlagworte
Bedeutung, Viermächte-Abkommens, September, Entspannungspolitik, Ost-West-Konflikts, Grundkurs, Konfrontation, Kooperation, Geschichte, Ost-West-Konflikts
Arbeit zitieren
Henry Mayer (Autor:in), 2005, Die Bedeutung des Viermächte-Abkommens vom 3. September 1971 für die Entspannungspolitik des Ost-West-Konflikts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54465

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