Phasen und regionale Strukturen der Industrieentwicklung in Westdeutschland zwischen 1950 und 1990


Hausarbeit, 2006

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Phasen der Industrieentwicklung zwischen 1950 und 1990
2.1 Zeit des Wiederaufbaus 1950-1958
2.2 Phase der Vollbeschäftigung 1959 – 1973
2.3 Wachsende strukturelle Probleme 1974 – 1990

3. Sektoraler Strukturwandel

4. Entwicklung verschiedener Branchen
4.1 Prosperierende Branchen
4.2 Branchen mit Bedeutungsverlust

5. Räumliche Aspekte der Industrieentwicklung
5.1 Regionale Entwicklung von Industriestrukturen
5.1.1 Verdichtungsräume
5.1.2 Altindustrialisierte Räume
5.1.3 Periphere Räume
5.2 Ausbildung eines Süd-Nord-Gefälles

6. Fazit

7. Quellenverzeichnis
7.1 Literatur
7.2 Websites

1. Einleitung

Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, die die Städte und die Wirtschaft Deutschlands gleichermaßen trafen, gelang der Wiederaufbau Westdeutschlands überraschend schnell. Bereits in den 50er Jahren zeigte sich die Wirtschaft und dabei vor allem auch die Industrie deutlich erholt. Während des „Wirtschaftswunders“ stieg Westdeutschland schnell wieder zu einer führenden Industrienation auf, womit auch ein starkes Ansteigen des allgemeinen Wohlstands verbunden war. Bis Mitte der 70er Jahre herrschte Vollbeschäftigung. In den Folgejahren zeichnete sich eine strukturelle Krise ab, die durch rapide ansteigende Arbeitslosenzahlen gekennzeichnet war. Weiterhin waren die Ausbildung eines ausgeprägten Süd-Nord-Gefälles und die Tendenz zur Suburbanisierung der Industrie zu konstatieren.

Anliegen dieser Arbeit ist es, die verschiedenen Phasen der industriellen Entwicklung zu skizzieren und unterschiedliche räumliche Entwicklungen herauszuarbeiten. Dabei sollen Merkmale dieser Phasen erläutert werden und auf Auswirkungen einzelner Ereignisse, wie der Ölkrise, näher eingegangen werden. Was waren die Voraussetzungen für den schnellen Wiederaufbau? Wodurch wurden die strukturellen Probleme der 70er und 80er Jahre hervorgerufen? Weiterhin soll kurz auf den in allen hoch industrialisierten Ländern anzutreffenden Trend zur Tertiärisierung der Wirtschaft eingegangen werden. Die Entwicklung unterschiedlicher Branchen soll ebenfalls nur angeschnitten werden. Detailliertere Ausführungen bleiben den noch anstehenden Arbeiten des Semesters vorbehalten.

Einen weiteren Schwerpunkt sollen die regional unterschiedlichen Entwicklungen der Industrie bilden. Was sind die Gründe für die Herausbildung des Süd-Nord-Gefälles? Wodurch ist dieses gekennzeichnet? Welche, die Industrie betreffenden Entwicklungen, sind in verschiedenen Raumstrukturtypen wie „Verdichtungsraum“, „Altindustrialisierter Raum“ oder „Peripherer Raum“ zu erkennen? Auf Fallbeispiele muss auf Grund der gegebenen Kürze verzichtet werden. Auch hier sei auf die kommenden Arbeiten und Referate verwiesen.

2. Phasen der Industrieentwicklung zwischen 1950 und 1990

Die Einteilung der Industrieentwicklung in Phasen wurde anhand des Verlaufs der Arbeitslosenquote (vgl. Abb.1) vorgenommen, da diese wirtschaftliche Entwicklungen oft unmittelbar und schnell widerspiegelt. Die ersten Krisenanzeichen (Rezession 1967) stellten sicherlich einen Einschnitt dar, dennoch wurde, aufgrund der raschen Bewältigung dieser, von der Aufgliederung einer weiteren Phase abgesehen.

Die Zeit des Wiederaufbaus stellt die erste Phase dar. Sie beinhaltet die Jahre 1950 bis 1958 und ist durch deutliches Sinken der Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Phase 2 umfasst die Jahre der Vollbeschäftigung (Arbeitslosenquote geringer als 2%) von 1958 bis 1973. Phase 3 umspannt schließlich die Jahre von 1974 bis 1990, die insgesamt eine Tendenz zu steigender Arbeitslosigkeit aufweisen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Arbeitslosigkeit in Westdeutschland 1950 – 1990.

Quelle: Gaebe (1998), S. 128. (verändert)

2.1 Zeit des Wiederaufbaus 1950 - 1958

Grundbedingung für den Wiederaufbau war die Förderung der Montanindustrie. Kurze Zeit später erlebten Mineralölverarbeitung, Fahrzeug- und Maschinenbau, Chemie und Kunststoffe einen wahren Boom.

Die 50er Jahre waren gekennzeichnet durch starkes wirtschaftliches Wachstum, verbunden mit Kapitalakkumulation, sinkender Arbeitslosigkeit und wachsendem Wohlstand. Die Voraussetzungen dafür schufen die Währungsreform von 1948 (Abschaffung der zentralen Wirtschaftslenkung und Preisadministration), eine neue wirtschaftsfreundliche Gesetzgebung und Wirtschaftshilfe, die der BRD durch den Marshall-Plan[1] zugesichert wurde. Die soziale Marktwirtschaft verhalf in Verbindung mit einer weltweiten Hochkonjunktur und den schon angesprochenen Maßnahmen zu einem schnellen Wiederaufbau. Nicht außer Acht zu lassen ist ebenso die Unterbewertung der DM, weshalb deutsche Waren auf dem Weltmarkt verhältnismäßig billig waren. In den folgenden Jahren erlebte Westdeutschland ein wahres „Wirtschaftswunder“. Dieses hielt bis Mitte der 60er Jahre an. Dabei gelang es auch die Millionen Vertriebenen zu integrieren und die Wohnungsnot zu lindern.[2]

Das billigere und leichter zu transportierende Erdöl verdrängte sukzessive die Steinkohle als Energieträger und Rohstoff. Zeitgleich entwickelte sich ein Massenbedarf an Heizöl und Autobenzin. Während immer neue Raffinerien, zunächst vor allem in Norddeutschland, später auch in Süddeutschland und im Rhein-Ruhr- und Rhein-Main-Gebiet, gebaut wurden, begann im Ruhrgebiet und im Saarland das „Zechensterben“. Im Gegensatz zu Kohlekraftwerken, die nahe den Fördergebieten angesiedelt wurden, suchten Erdölraffinerien verstärkt die Nähe des Verbrauchers. Denn im Gegensatz zu petrochemischen Erzeugnissen, kann Rohöl über Pipelines verhältnismäßig leicht transportiert werden.[3]

2.2 Phase der Vollbeschäftigung 1959 – 1973

In den 60er Jahren ging der Trend zunehmend zu langlebigen Fertigwaren, während sich eine Krise für die Produktionsbereiche Leder, Textil, Bekleidung, Bergbau und Stahl abzeichnete.

Bis Mitte der 60er Jahre florierte die deutsche Wirtschaft, wobei die Wachstumsraten geringer wurden. Aufgrund von Arbeitskräftemangel wurden bereits seit 1955 Gastarbeiter angeworben. Auch der Anteil der Frauenbeschäftigung nahm zu. Durch die Rezession 1966/67 erlebte die Nachkriegswirtschaft nach fast zwanzigjährigem Wachstum einen ersten Rückschlag. Das Bruttosozialprodukt sank um 0,2 %, während die Arbeitslosenquote von 0,7 auf 2,2 % stieg. Neue wirtschaftspolitische Konzepte der Großen Koalition (unter Kiesinger) brachten eine relativ schnelle konjunkturelle Erholung.[4]

Nach dem Ende der Ära Adenauer (1949-1963) fand in der Bundesrepublik ein Mentalitätswechsel statt, der in den Studentenunruhen Ende der 60er Jahre gipfelte.

Seit Ende der 50er Jahre verlor die Ruhrkohle an Bedeutung. In Folge der Substitution von Kohle durch Erdöl gerieten die Zechen des Ruhrgebiets in Absatznöte. Zwischen 1957 und 1990 sank die Beschäftigtenzahl im Bergbau von 400000 auf 113700[5]. Es kam zu Stilllegungen und Entlassungen.[6]

In den 60er Jahren setzte in verschiedenen Regionen eine allmähliche Deindustrialisierung ein. Diese betraf weniger solche mit hohem Anteil an Schlüsseltechnologieunternehmen und hoch spezialisierten unternehmensbezogenen Dienstleistungen, als altindustrialisierte Räume. Allerdings konnte die partielle industrielle Schrumpfung durch Wachstum anderer Branchen noch ausgeglichen werden.

2.3 Strukturelle Probleme 1974 – 1990

Die Ölkrise von 1973 löste die schwerste Wirtschaftskrise seit Kriegsende aus. Hervorgerufen wurde die Ölkrise durch Drosselung der Ölexporte der arabischen Länder in westliche Industrieländer. Die BRD wurde von dem Boykott hart getroffen, da sie ihren Energiebedarf zu 55% aus importiertem Erdöl bezog. In Folge der Ölkrise, die nicht nur in Westdeutschland, sondern weltweit eine Wirtschaftskrise hervorrief, stiegen Arbeitslosigkeit und Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Nach Entspannung der politischen Krise im Nahen Osten lag das Preisniveau deutlich über dem vor 1973. Dies hatte besonders für die Automobilindustrie und ihre Zulieferbetriebe negative Folgen. Sowohl der inländische Absatz, als auch der Export ließen stark nach. Aufgrund der knappen Energievorräte, mussten die Industriebetriebe teilweise ihre Produktion einschränken, während auf Verbraucherseite durch Mehrausgaben für Energie die Kaufkraft sank. Die Unternehmen reagierten mit Kurzarbeit, Massenentlassungen und Firmenfusionen. Von 1974 bis 1975 verdoppelte sich fast die Arbeitslosenquote. Sie stieg von 2,2% auf 4,2%. Um weniger abhängig von Erdölimporten zu sein, geriet die Atomenergie zunehmend ins Blickfeld der Politik. Außerdem förderten die Erfahrungen der Ölkrise die Suche nach weiteren alternativen Energiequellen.[7]

Durch die Konkurrenzfähigkeit gegenüber neuen Wettbewerbern konnte sich die exportorientierte BRD auf dem Weltmarkt in den Folgejahren dennoch behaupten. Jedoch stieg trotz konjunkturellen Aufschwungs die Arbeitslosigkeit in den kommenden Jahren weiterhin. Die Ursache hierfür ist in dem Bedeutungsverlust früherer Schlüsselindustrien, wie Kohle und Stahl, zu sehen. Durch tief greifende Umstrukturierungsprozesse und technische Neuerungen, die häufig zu Rationalisierungen führten, verloren diese an Arbeitsplatzkapazitäten. Mit der Etablierung der Mikroelektronik erfolgte eine Zäsur in der industriellen Produktion. In vielen Bereichen der Produktion konnte der Mensch durch automatische Fertigungsstraßen und Industrieroboter ersetzt werden. Trotz des erneuten Wirtschaftsaufschwungs lag die Arbeitslosenquote 1990 noch bei 6,7 %, nachdem sie 1985 gar auf 8,1% angestiegen war (vgl. Abb.1). Verstärkt wurde die steigende Zahl der Arbeitslosen durch die Nachwirkungen des Babybooms der 60er Jahre. Einen weiteren Grund für die wirtschaftliche Krise stellte die zunehmende Verschiebung der ersten Verarbeitungsstufen in Rohstoff- und Billiglohnländer dar. In der BRD bildete sich immer stärker eine Standort- ungunst für energie- und rohstoffintensive Produktionen, sowie für lohnkostenintensive Konsum- und Investitionsgüterindustrien heraus.[8]

[...]


[1] Vom amerikanischen Außenminister George C. Marshall konzipiertes Programm zum Wiederaufbau der nach dem II. Weltkrieg enorm geschwächten Wirtschaft Europas. Die nach Westdeutschland fließenden Hilfsleistungen belaufen sich auf 1,5 Milliarden US-Dollar.

[2] Vgl. www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/index.html. (8.4.2006)

[3] Vgl. Brücher (1982), S. 91-93.

[4] Vgl. www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/KontinuitaetUndWandel/index.html. (9.4.2006)

[5] Vgl. Dege (1991), S. 77.

[6] Vgl. www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/KontinuitaetUndWandel/WirtschaftlicheEntwicklungenInOstUndWest/kriseAnDerRuhr.html. (8.4.2006)

[7] Vgl. dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/NeueHerausforderungen/Weltwirtschaftskrise/oelkrise.html. (9.4.2006)

[8] Vgl. Brücher/ Riedel (1991), S. 51, 52.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Phasen und regionale Strukturen der Industrieentwicklung in Westdeutschland zwischen 1950 und 1990
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Geographie)
Veranstaltung
Mittelseminar
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V54511
ISBN (eBook)
9783638496964
ISBN (Buch)
9783638751872
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Phasen, Strukturen, Industrieentwicklung, Westdeutschland, Mittelseminar
Arbeit zitieren
Eric Petermann (Autor:in), 2006, Phasen und regionale Strukturen der Industrieentwicklung in Westdeutschland zwischen 1950 und 1990, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54511

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