In der Medizinsoziologie herrscht über die Rollen, die der Arzt und der Patient in der gemeinsamen Interaktion übernehmen sollen, keineswegs Einigkeit. Das früher dominierende Bild des Arztes als „Halbgott in Weiß“, der in jeder Lage weiß, was das Beste für seinen Patienten ist und dieses sofort umsetzt, mag zwar sich zwar noch nicht völlig aufgelöst haben, erscheint aber oftmals durch die immer stärkere Konzentration auf die Rolle eines aktiven Patienten in einem neuen Licht. Sieht Talcott Parsons es noch als selbstverständlich an, dass sich der Patient den Anordnungen des Arztes zu fügen und dessen Handeln nicht in Frage zu stellen hat weil er es ohnehin nicht verstünde -, so stellt im Gegenzug Eliot Freidson nicht nur ärztliches Handeln, sondern den Aufbau der Arzt-Patienten-Beziehung, wie sie bei Parsons dargestellt wird, an sich in Frage. Einen wichtigen Aspekt stellt dabei die Frage dar, ob bzw. inwieweit die Stellung der medizinischen Experten diesen das Recht gibt, darüber, wie sie mit ihren Patienten - den Laien - verfahren sollen, allein zu entscheiden oder ob man als Patient trotz in der Regel nicht vorhandener Fachkenntnisse einen Teil dieser Entscheidungen selbst treffen kann.
Im vorliegenden Text soll zunächst die Rolle des Arztes und die Beschaffenheit seiner Beziehung zum Patienten aus parsonsianischer Sicht dargelegt werden, wobei auch auf zwei Beispiele aus der Praxis eingegangen werden soll: Ein Interview mit einer Ärztin, das im Rahmen des Forschungsprojektes „Ethik und Organisation“ (Institut für Soziologie der LMU München) durchgeführt wurde sowie die Ergebnisse mehrerer von Allsop und Mulcahy durchgeführter Studien über die Reaktionen von Ärzten auf Beschwerden ihrer Patienten. Danach wird die Arzt-Patienten-Beziehung aus der Sicht Freidsons beleuchtet und es werden dessen Kritik an der Sichtweise Parsons’ sowie einige seiner Verbesserungsvorschläge kurz dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Rolle des Arztes bei Parsons
- Universalismus
- Funktionale Spezifität
- Affektive Neutralität
- Kollektivorientierung
- Die Asymmetrie in der Arzt-Patienten-Beziehung bei Parsons
- Patientenverfügungen
- Patientenbeschwerden
- Freidsons Ziel: Symmetrie zwischen Arzt und Patient
- Ist professionelles Wissen tatsächlich „professionell"?
- Von Freidson vorgeschlagene Maßnahmen
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay analysiert die Arzt-Patienten-Beziehung aus der Sicht von Talcott Parsons und Eliot Freidson. Er beleuchtet die Parsonsianische Sichtweise der Arztrolle und die damit verbundene Asymmetrie in der Beziehung zum Patienten. Anschließend wird Freidsons Kritik an dieser Sichtweise dargestellt und seine Forderung nach einer symmetrischeren Arzt-Patienten-Beziehung erläutert. Der Essay untersucht die Rolle des Patienten in der medizinischen Versorgung, die Bedeutung von Patientenverfügungen und Patientenbeschwerden sowie die Frage, ob professionelles Wissen tatsächlich „professionell" ist.
- Die Arzt-Patienten-Beziehung in der Medizinsoziologie
- Parsons' Modell der Arztrolle und die Asymmetrie in der Beziehung zum Patienten
- Freidsons Kritik an Parsons' Sichtweise und seine Forderung nach einer symmetrischeren Beziehung
- Die Rolle des Patienten in der medizinischen Versorgung
- Die Bedeutung von Patientenverfügungen und Patientenbeschwerden
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Arzt-Patienten-Beziehung in der Medizinsoziologie dar und führt in die Thematik des Essays ein. Im zweiten Kapitel werden die zentralen Elemente von Parsons' Modell der Arztrolle, Universalismus, funktionale Spezifität, affektive Neutralität und Kollektivorientierung, erläutert. Das dritte Kapitel analysiert die von Parsons dargelegte Asymmetrie in der Arzt-Patienten-Beziehung, indem es die Rolle des Patienten und die Bedeutung von Patientenverfügungen und Patientenbeschwerden beleuchtet. Kapitel vier widmet sich Freidsons Kritik an Parsons' Sichtweise und seinen Forderungen nach einer symmetrischeren Arzt-Patienten-Beziehung. Freidsons Argumentation, dass professionelles Wissen nicht immer „professionell" ist und Patienten ein Mitspracherecht in medizinischen Entscheidungsprozessen haben sollten, wird im Detail dargestellt. Das Kapitel beleuchtet auch Freidsons vorgeschlagene Maßnahmen zur Reorganisation des Gesundheitssystems, um eine bessere Stellung des Patienten zu erreichen. Das Fazit fasst die zentralen Argumente des Essays zusammen und betont die Notwendigkeit einer ausgewogenen Arzt-Patienten-Beziehung, die sowohl die Expertise des Arztes als auch die Autonomie des Patienten berücksichtigt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Arzt-Patienten-Beziehung, die Medizinsoziologie, Talcott Parsons, Eliot Freidson, Universalismus, funktionale Spezifität, affektive Neutralität, Kollektivorientierung, Asymmetrie, Patientenverfügungen, Patientenbeschwerden, professionelles Wissen, Symmetrie, Reorganisation des Gesundheitssystems, Autonomie des Patienten.
- Quote paper
- Maximilian Schröter (Author), 2005, Die Arzt-Patienten-Beziehung bei Parsons und Freidson., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54633
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