In den klassischen Artusgeschichten sind die Ritter der Artusgemeinschaft durch einen Eid verbunden. Sie geloben, „allen Hilfesuchenden beizustehen, die Schwachen, insbesondere die Frauen, zu beschützen.“1 Dieser Eid der Geselleschaft, der einer praktischen Freundschaft gleicht, ist für die Mitglieder verbindlich. Sie stehen sich treu und loyal gegenüber und treten füreinander ein. Dabei sind zwei der Gesellen um Artus immer enger miteinander verbunden: Gawein und den Titelhelden verbindet meist mehr als eine reine Bündnisfreundschaft. Gawein2 gilt als der vollendetste aller Ritter der Artusgemeinschaft. Er tritt als treuer Freund und Ratgeber der Hauptprotagonisten auf und beeinflusst damit wesentlich das Geschehen. „Er verkörpert das Maß (..)“, so Maria Bindschedler.3 An seiner Klugheit, seinem Taktgefühl und seiner vollendeten Ritterlichkeit können Iwein und Parzival sich messen, von ihm lernen und so ihrer Bestimmung nachkommen.
Um die Untersuchung der Freundschaft zwischen Iwein und Gawein, bzw. Parzival und Gawan soll es nun gehen.
Die Handlungsträger im Artusroman sind im Gegensatz zu Gawan noch nicht vollkommen. Sie müssen sich erst bewähren und den rechten Weg finden. In den zu untersuchenden Romanen handelt es sich um Iwein und um Parzival, die vorerst noch aus fehlgeleiteten Beweggründen agieren und erst nach und nach die volle Integration an den Artushof bzw. an den Gralshof schaffen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Grundlagen
- Wortgeschichte: Die Doppelbedeutung von „Freund“
- Der soziologische Hintergrund: Verwandtschaft und Freundschaft im Mittelalter
- Die Verwandtschaft
- Die Freundschaft
- Parallelen zur Verwandtschaft
- Die Gemeinschaft der iuvenes als Pendant zur Artusgemeinschaft
- Die Freundschaft als Tugend und Teil der höfischen Erziehung und ihr Zusammenhang mit antiken und christlichen Vorbildern
- Wortgeschichte: „,geselle“ und „geselleschaft“ als konkurrierende Begriffe zum „,,Freund\" und zur „Freundschaft“
- Das Motiv des Freundes in der Artusliteratur
- Hartmann von Aue: 'Iwein`
- Die Freundschaft zwischen Iwein und Gawein
- Die Verse 1 bis 2762: Iweins besondere Beziehung zu seinem Vorbild Gawein und sein gesellschaftlicher Aufstieg durch die Heirat mit Laudine
- Die Verse 2763 – 3540: Gaweins verhängnisvoller Freundesrat und Iweins Wahnsinn
- Die Konsequenzen für Iwein
- Die Konsequenzen für Gawein
- Die Verse 3505 bis 5575: Die Bewährung Iweins
- Der Freundeskampf zwischen Iwein und Gawein
- Der Freundeskampf innerhalb der Artusepik
- Das Verkennen als Ausgangssituation beim Kampfbeginn
- Die Allegorie von minne und haz
- Exkurs: Die Freundschaft zwischen Iwein und Gawein als Parallele zu Iwein und Laudine
- Rhetorik und Antithetik der minne und haz - Allegorie
- Die Beschreibung des Kampfes
- Das Erkennen der Freunde nach dem Kampf
- Exkurs: Iweins und Gaweins Stellung zum Recht und die Folgen für den Artushof
- Die Reintegration Iweins an den Artushof : Überwindung der Krisis ...
- Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
- Iwein
- Gawein
- Die Darstellung der Freundschaft im 'Iwein`
- Sprachliche Untersuchung: Die Verteilung der Lexeme vriunt und geselle in Hartmanns 'Iwein'
- Wolfram von Eschenbach: 'Parzival'
- Exkurs: Das Freundesgleichnis im Prolog des I. Buches
- Die Bücher I und II: Die Geschichten von Gahmuret
- Buch III: Parzivals Leben in der Einöde und sein Ausritt zum Artushof
- Buch IV: Das Königreich Brobarz und Parzivals Ehe mit Condwiramurs
- Buch V: Parzivals Frageversäumnis
- Buch VI
- Die Bluttropfen – Szene
- Parzivals Aufnahme in die Tafelrunde
- Der Abschied der Freunde
- Vergleich der wichtigsten Passagen des VI. Buches mit Chrétien
- Die erste Gawanpartie: Die Bücher VII und VIII. Gawans Funktion als „Katalysator der Menschlichkeit“ innerhalb gestörter Gesellschaften
- Buch VII
- Gawan und Obilot
- Parzival und Gawan
- Vergleich mit Chrétien
- Buch VIII
- Das Verhältnis zu Antikonie: Kritik an Gawan?
- Die Lösung des politischen Konflikts durch Gawan
- Parzivals Kampf gegen Vergulaht
- Buch VII
- Buch IX: Parzivals Umkehr und Selbsterkenntnis durch Trevrizent
- Die zweite Gawanpartie: Buch X - XIII
- Buch X: Gawan auf dem Weg nach Schastel Marveile
- Die Heilung Urjans: Gawans medizinische Fähigkeiten
- Gawan und Orgeluse
- Vergleich mit Chrétien
- Buch XI: Gawans Kampf auf Schastel Marveile
- Buch XII: Gawan 'heilt` Orgeluse
- Buch XIII: Die Heilung der Hofgesellschaft
- Exkurs: Das Freundschaftsgleichnis
- Vergleich mit Chrétien
- Buch X: Gawan auf dem Weg nach Schastel Marveile
- Buch XIV: Der Freundeskampf und seine Folgen
- Allgemeines zum Freundes – und Verwandtenkampf
- Der Kampf zwischen Parzival und Gawan
- Die Situation nach dem Kampf
- Die Folgen des Kampfes für Parzival
- Buch XV: Parzivals Berufung zum Gral
- Buch XVI: Die Erlösung der Gralsgesellschaft durch Parzival
- Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
- Parzival
- Gawan
- Die Freundschaft zwischen Gawan und Parzival
- Sprachliche Untersuchung
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Motiv der Freundschaft in den beiden mittelhochdeutschen Epen 'Iwein' von Hartmann von Aue und 'Parzival' von Wolfram von Eschenbach. Dabei wird untersucht, wie die Freundschaft zwischen Gawein und den Titelhelden, Iwein und Parzival, dargestellt wird und welche Bedeutung sie im Kontext der jeweiligen Erzählung hat. Der Fokus liegt auf der Analyse der sprachlichen und narrativen Mittel, mit denen die Autoren die Freundschaft zwischen den Figuren konzipieren.
- Die Bedeutung von Freundschaft im Kontext der höfischen Gesellschaft des Mittelalters
- Die Funktion der Freundschaft im Rahmen der ritterlichen Erziehung und ihrer Bedeutung im Kontext der Artusromane
- Die Rolle von Freundschaft im Rahmen der Bewährungsprozesse der Helden in den Epen
- Die Darstellung der Freundschaft als Spannungsverhältnis zwischen Minne und Haz
- Die sprachliche Analyse des Motivs der Freundschaft, insbesondere der Lexeme „Freund" und "Geselle"
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema und den Forschungsstand. Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen für die Analyse gelegt. Es wird die Wortgeschichte des Begriffs "Freund" beleuchtet sowie der soziologische Hintergrund der Freundschaft im Mittelalter beschrieben. Kapitel 3 untersucht das Motiv des Freundes in der Artusliteratur. Im vierten Kapitel wird Hartmanns 'Iwein' analysiert. Es wird die Freundschaft zwischen Iwein und Gawein in ihrer Entwicklung und ihren Herausforderungen im Verlauf des Epos untersucht. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Freundeskampf zwischen den beiden Figuren und seiner Deutung als Allegorie von Minne und Haz. Im fünften Kapitel steht Wolframs 'Parzival' im Fokus. Hier werden die wechselseitigen Beziehungen zwischen Parzival und Gawan in den verschiedenen Phasen der Erzählung analysiert. Besonders intensiv wird der Freundeskampf in Buch XIV beleuchtet. Die Arbeit schließt mit einem Schlusswort, das die zentralen Ergebnisse zusammenfasst.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Freundschaft in der mittelhochdeutschen Literatur, speziell in den Epen 'Iwein' und 'Parzival'. Die Analyse umfasst die sozio-kulturellen Kontexte der Freundschaft im Mittelalter, die Rolle der Freundschaft in der höfischen Gesellschaft und in der ritterlichen Erziehung, die Darstellung von Freundschaft in der Artusliteratur sowie die sprachliche Analyse des Motivs der Freundschaft. Schlüsselbegriffe sind: Freundschaft, Gawein, Iwein, Parzival, Artusliteratur, Minne und Haz, Höfische Gesellschaft, Ritterliche Erziehung, Sprachliche Analyse.
- Die Freundschaft zwischen Iwein und Gawein
- Arbeit zitieren
- MA Ulrike Ziegler (Autor:in), 2004, Gawein als Freund. Eine Untersuchung der Freundschaft zwischen Gawein und den Titelhelden im "Iwein" und im "Parzival", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54780