Bisher verhinderte die im österreichischen internationalen Gesellschaftsrecht herrschende Sitztheorie die identitätswahrende Sitzverlegung einer ausländischen Kapitalgesellschaft nach Österreich. Die Rechtssprechung des EuGH in einer Viererkette von Entscheidungen zur Niederlassungsfreiheit von Unternehmen innerhalb der EU hat dazu geführt, dass für die Gründung von Unternehmen in Österreich auch die Rechtsform der englischen private company limited by shares zulässig ist, selbst wenn deren Geschäftstätigkeit ausschließlich in Österreich liegt.
Angesichts der Möglichkeit, die Rechtsform eines Unternehmens innerhalb Europas frei wählen zu können, sind Informationen über das Gesellschafts- und Insolvenzrecht anderer Mitgliedstaaten für Unternehmensgründer und Gläubiger von zunehmender Bedeutung. Dies gilt insbesondere für das Gesellschaftsrecht von Großbritannien, da diese Rechtsordnung für die Errichtung von Kapitalgesellschaften die geringsten Anforderungen stellt und damit aus Sicht potentieller Gründer am attraktivsten erscheint.
Wie steht es nun um den Schutz der Gläubiger, wenn für Gesellschaften im Niederlassungsland die Insolvenz ansteht? Die Insolvenz einer ausländischen Kapitalgesellschaft mit Verwaltungssitz in Österreich führt zu einem Konflikt verschiedener Rechtsordnungen, da vorwiegend vertreten wird, dass trotz grundsätzlicher Geltung der Gründungstheorie, Gläubigerschutz nach dem Sitzrecht nicht vollständig ausgeschlossen ist.
Inhaltsverzeichnis
- I. Problemstellung
- II. Europarechtliche Grundlage
- II.1 Die Niederlassungsfreiheit nach dem EG – Vertrag
- II.2 Die Rechtssprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit
- II.2.1 Daily Mail (EuGH 27.09.1988 Rs. 81/87)
- II.2.1.1 Daily Mail aus österreichischer Sicht
- II.2.2 Centros (EuGH 09.03.1999 Rs. C – 212/97)
- II.2.2.1 Verhältnis des Centros- zum Daily Mail- Urteil
- II.2.3 Überseering BV (EuGH 05.11.2002 Rs. C - 208/00)
- II.2.3.1 Fazit des Überseering Urteils aus Österreichischer Sicht
- II.2.4 Inspire Art (EuGH 30.09.2003 Rs. C – 167/01)
- II.2.4.1 Einfluss von Inspire Art auf Österreich
- II.2.5 Kernaussage der EuGH Rechtssprechung
- III. Exportschlager englische private limited company by shares
- III.1 Das Gesellschaftsrecht der private limited company
- III.2 Gründung der private limited company in England
- III.2.1 Rechtliche Entstehungsvoraussetzungen
- III.2.2 Mindestkapital
- III.2.3 Gründungsdauer
- III.2.4 Gründungskosten
- III.2.5 Laufende Verwaltungs- und Unterhaltungskosten
- III.2.6 Organe
- III.2.6.1 Directors Geschäftsführer
- III.2.6.2 Secretary
- III.2.6.3 Members (general meeting)
- IV. Insolvenz der private limited company in Österreich
- IV.1 Die europäische Verordnung über Insolvenzverfahren
- IV.1.1 Anwendungsbereiche
- IV.1.1.1 Sachlicher Anwendungsbereich
- IV.1.1.2 Persönlicher Anwendungsbereich
- IV.1.1.3 Räumlicher Anwendungsbereich
- IV.1.1.4 Zeitlicher Anwendungsbereich
- IV.1.1.5 Voraussetzung für die Anwendbarkeit
- IV.1.1.6 Das modifizierte Universalitätsprinzip
- IV.1.1.7 Beschränkung der Wirkung der EuInsVO auf die Mitgliedstaaten
- V. Gläubigerschutz im Insolvenzfall der pl
- V.1 Schutzlücken durch divergierende Kontrollmechanismen
- V.1.1 Der öKapitalschutz im System der europäischen Gesellschaftsrechte
- V.1.2 Schutz des Rechtsverkehrs bei der Limited
- V.1.2.1 Sonderprüfung und Staatsaufsicht in England
- V.1.2.2 Haftung
- V.1.2.2.1 Haftung der Directors
- V.1.2.2.2 Zugriff auf das Privatvermögen der Gesellschafter
- V.1.2.3 Schutz durch Publizitätspflichten
- V.1.2.3.1 Einfluss von Inspire Art auf die öPublizitätspflicht
- V.1.3 Problematik der Staatsaufsicht sowie des Haftungsdurchgriffs
- V.2 Insolvenzrechtlicher Schutz
- V.2.1 Internationale Zuständigkeit
- V.2.1.1 Hauptinsolvenzverfahren
- V.2.1.1.1 Anordnung von Sicherungsmaßnahmen
- V.2.1.2 Territorialinsolvenzverfahren
- V.2.1.2.1 Sekundärinsolvenzverfahren
- V.2.1.2.2 Partikularinsolvenzverfahren
- V.2.1.3 Kompetenzkonflikte – Zuständigkeit kraft Zuvorkommens
- V.2.2 Aktuelle Rechtssprechung zur internationalen Zuständigkeit
- V.2.2.1 ISA/Daisytek
- V.2.2.2 EMBIC
- V.2.2.3 Fallgestaltung des LG Salzburg/ OLG Linz
- V.2.2.4 Eurofood/Parmalat
- V.2.3 Vorraussetzung der Konkurseröffnung
- V.2.3.1 Art des Schuldners
- V.2.3.2 Konkursgründe
- V.2.3.2.1 Zahlungsunfähigkeit
- V.2.3.2.2 Überschuldung
- V.2.3.2.3 Parallelverfahren
- V.2.4 Kostendeckendes Vermögen
- V.2.4.1 Parallelverfahren
- V.2.4.1.1 Sekundärverfahren
- V.2.4.1.2 Partikularverfahren
- V.2.5 Konkursantragsrecht
- V.2.6 Konkursantragspflicht
- V.2.6.1 Haftungstatbestände
- V.2.6.1.1 § 69 Konkursordnung
- V.2.6.1.2 § 159 Strafgesetzbuch
- V.2.6.1.3 § 25 GmbH - Gesetz
- V.2.6.1.4 § 25 Unternehmensreorganisationsgesetz
- V.2.6.2 Sonstige Haftungstatbestände
- V.2.6.2.1 Sittenwidriges Verhalten
- V.2.6.2.2 § 156 Strafgesetzbuch
- V.2.7 Sonstige Gläubigerschutzbestimmungen
- V.2.7.1 Eigenkapitalersatz
- V.2.7.1.1 Englisches Eigenkapitalersatzrecht?
- V.2.7.1.2 Eigenkapitalersatz im Strafrecht
- V.2.7.2 Unterkapitalisierung
- Die Bedeutung der Niederlassungsfreiheit im europäischen Gesellschaftsrecht
- Die Herausforderungen des Gläubigerschutzes bei der Verwendung von englischen Limited Companies
- Die Anwendung der EuInsVO im österreichischen Insolvenzrecht
- Die Analyse von Schutzlücken und divergierenden Kontrollmechanismen
- Die Bedeutung der internationalen Zuständigkeit im Insolvenzverfahren
- Kapitel II legt die europarechtlichen Grundlagen für die Arbeit dar und analysiert die Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit. Besondere Aufmerksamkeit wird der Fall Daily Mail und dem Centros-Urteil geschenkt. Die Bedeutung der Überseering- und Inspire Art-Entscheidungen für das österreichische Recht wird ebenfalls beleuchtet.
- Kapitel III stellt das Gesellschaftsrecht der englischen Private Limited Company vor. Es werden die rechtlichen Voraussetzungen für die Gründung einer Limited in England, das Mindestkapital, die Gründungsdauer und die laufenden Kosten sowie die Organe der Gesellschaft erläutert.
- Kapitel IV befasst sich mit der europäischen Verordnung über Insolvenzverfahren (EuInsVO). Es wird der sachliche, persönliche, räumliche und zeitliche Anwendungsbereich der EuInsVO sowie das modifizierte Universalitätsprinzip dargestellt.
- Kapitel V analysiert den Gläubigerschutz im Insolvenzfall der Private Limited Company in Österreich. Es werden die Schutzlücken durch divergierende Kontrollmechanismen, die Problematik der Staatsaufsicht und des Haftungsdurchgriffs, sowie die internationalen Zuständigkeitsregelungen im Insolvenzverfahren untersucht.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Problematik des Gläubigerschutzes im Insolvenzfall einer privaten Limited Company mit Sitz in Österreich. Die Arbeit analysiert die Bedeutung der EuInsVO unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung und untersucht die Auswirkungen der europäischen Rechtsprechung auf das österreichische Recht.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen des europäischen Gesellschaftsrechts und des internationalen Insolvenzrechts, insbesondere die Niederlassungsfreiheit, den Gläubigerschutz, die Anwendung der EuInsVO, Schutzlücken im Insolvenzrecht, die internationale Zuständigkeit, das Prinzip der Universalität, sowie die Rechtsprechung des EuGH in relevanten Fällen. Die Arbeit konzentriert sich auf die Private Limited Company als Gesellschaftsform im europäischen Kontext.
- Arbeit zitieren
- Magister Markus Kern (Autor:in), 2005, Gläubigerschutz im Insolvenzfall der Private Limited Company mit Sitz in Österreich- die Bedeutung der EuInsVO unter Beachtung neuester Rechtssprechung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54820