Martin W. Brock - Freitagsflug - Analyse der Merkmale des Krimis sowie der Logik des Krimis


Zwischenprüfungsarbeit, 2005

30 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Der Autor

2. Die Merkmale des Krimis
2.1. Die Handlung des Detektivromans
2.2. Die Figuren des Detektivromans

3. Die Logik des Krimis
3.1. Zeitfehler
3.2. weitere Fehler

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis

6. Anhang

1. Der Autor

Über den Autor lässt sich leider nicht viel sagen. Es ist lediglich bekannt, dass er in München als verdeckter Ermittler im Rotlichtmilieu arbeitet und sich deshalb nicht öffentlich zu erkennen geben darf. Der Name „Martin W. Brock“ ist ein Pseudonym, unter dem der Autor auftritt.

Auch, als er bei uns im Seminar war, konnte er uns nichts Persönliches über sich erzählen.

Es ist nur so viel bekannt, dass Freitagsflug sein erstes Buch ist und dass weitere Bücher in dieser Serie folgen werden.

2. Die Merkmale des Krimis

2.1. Die Handlung des Detektivromans

Im Folgenden werden ich mich kurz mit den typischen Merkmalen eines Detektivromans auseinandersetzen und versuchen, diese Merkmale auf den Krimi von Martin W. Brock anzuwenden. Dabei setze ich voraus, dass die Handlung und die einzelnen Figuren des Krimis bekannt sind.

Der Schwerpunkt dieser Hausarbeit liegt allerdings in der Logik des Krimis.

Ich beziehe mich hier ausschließlich auf den Detektivroman.

Laut Peter Nusser gibt es drei tragende Elemente der Handlung eines Detektivromans: das rätselhafte Verbrechen, die Fahndung nach dem Verbrecher und die Lösung des Falles mit der Überführung des Täters.[1]

Bei dem Verbrechen handelt es sich in der Regel um einen Mord. „Es ist das zentrale Ereignis und hat doch nur auslösende Funktion.“[2] Das bedeutet, dass nicht der Mord im Vordergrund steht, sondern die Aufklärung. Der Mord ist nur der Anlass der Ermittlungen.

Diese Aussage kann am Beispiel Freitagsflug nicht ganz belegt werden. Es geschieht zwar ein Mord, allerdings ist er nicht der Anlass für Bauers Ermittlungen. Bauer ermittelt, weil man ihn als Verräter verurteilt. Der Mord geschieht meiner Meinung nach, um der Ermittlung noch einmal den nötigen Anstoß zu geben. Durch den Mord wird eine Verbindung zwischen Bauers Anklage und dem Rotlichtmilieu hergestellt, die letztendlich zur Aufklärung dient.

Die Fahndung nach dem Verbrecher, also „die Enträtselung des Tathergangs, des Motivs und die Feststellung des Mörders […]“[3] kann laut Nusser in folgende inhaltliche Teilaspekte aufgeteilt werden.

Zunächst beobachtet der Detektiv Personen und Gegenstände. Auf dieser Grundlage stellt er Hypothesen über den Tathergang auf, die er ständig anpasst und verändert. Bertholt Brecht beschreibt den Sinn der Beobachtung wie folgt. „Aus den Deformierungen der Szenerie wird der Vorgang aufgebaut, der sich abgespielt hat; aus dem Schlachtfeld wird die Schlacht rekonstruiert.“[4]

Am Beispiel Freitagsflug war eine Beobachtung z. B: die Observation des Anwalts Haumer oder die Durchsicht der Akte auf den British Virgin Islands.

Das Verhör ergänzt die Beobachtung. Um den richtigen Täter zu ermitteln, müssen eine Vielzahl von Fragen beantwortet werden. Manchmal sind die Antworten eindeutig, manchmal passen sie nicht zu anderen Aussagen. So wird eine Atmosphäre des Misstrauens erzeugt. Der Leser kann jeden für den möglichen Mörder halten (vgl. Nusser S. 25).

In Freitagsflug werden verschiedene Arten von Verhören getätigt. Zum einen findet ein Verhör statt, wie man es aus Filmen kennt, die sich mit der Polizei beschäftigen. Tomer verhört Josef Moosbauer in der Wohnung.

Aber auch Bauer verhört die Angestellte der Firma Tropa S. A. Dabei handelt es sich hier nicht um ein typisches Verhör. Mit Hilfe einer List versucht er, die nötigen Informationen zu beschaffen.

Durch Verhöre ist es dem Autor möglich falsche Fährten zu legen. Der Leser wird durch verschiedene Aussagen verunsichert. Scheinbar harmlose Personen werden plötzlich für den Mörder gehalten und der wahre Mörder ist in den Augen des Lesers unschuldig.

In Freitagsflug ist mir keine falsche Fährte aufgefallen. Die gesamte Handlung ist logisch aufgebaut und Erkenntnisse, die Bauer erlangt, helfen ihm bei weiteren Schritten.

Falschen Fährte entstehen oft aus der Beratung des Detektivs mit seinen Mitarbeitern heraus (vgl. Nusser S. 27). Beobachtungen und Aussagen werden zusammengefasst und ausgewertet. „Für den Leser bietet die Beratung zwar eine Orientierungshilfe, sie verführt ihn aber auch, sich in die Irre leiten zu lassen und sich den Argumenten der dem Detektiv zur Seite stehenden Figur(en) anzuschließen.“[5]

Im Münchenkrimi findet die Beratung überwiegend in einem Gespräch zwischen Bauer und Dr. Keufer, Bauer und Port oder allen drei Personen statt.

Das Merkmal der Verfolgung kann laut Nusser nicht als ein „Spezifikum des idealtypischen Detektivromans“[6] betrachtet werden. Aus diesem Grund werde ich es in meiner Ausführung nicht näher erläutern.

Der letzte Teil der Fahndung beschäftigt sich mit der Inszenierung der Überführungsszene. Meistens arrangiert der Detektiv alle Notwendigkeiten selbst, um dem Leser die Pointe nicht vorzuenthalten.

In Freitagsflug hat der Autor es so arrangiert, dass Bauer mit Doris zum Reisebüro fährt. Dort liest er den Namen des Verräters vom Computer ab. Es handelt sich in diesem Fall also nicht um eine typische Überführungsszene. Bauer, der die Rolle des Ermittlers in Freitagsflug übernimmt, wusste bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Tomer der eigentliche Verräter ist. Weiterhin kommt es nicht zu einer Gegenüberstellung zwischen Bauer und Tomer. Tomer wird am Ende des Buches tot aufgefunden.

Dieses typische Merkmal des Detektivromans ist folglich in Freitagsflug nicht erfüllt.

An dieser Stelle kann man sich natürlich fragen, ob es sich mit dem Krimi Freitagsflug tatsächlich um einen Detektivroman handelt, obwohl nicht alle typischen Merkmale laut Nusser erfüllt sind. Die eben beschriebenen Merkmale können aber nicht allgemeingültig auf jeden Krimi übertragen werden. Unter dem Aspekt, dass in dem Krimi von Martin W. Brock die Ermittlung absolut im Vordergrund steht, bin ich der Meinung, dass es sich um einen Detektivroman handelt.

2.2. Die Figuren des Detektivromans

Laut Nusser sind alle Figuren eines Detektivromans einem speziellen Handlungsplan unterworfen. Dabei treffen zwei Gruppen aufeinander, die kleine Gruppe von Ermittelnden mit dem Detektiv als Helden und die größere Gruppe der Unbekannten (vgl. Nusser S. 34).

Zunächst werde ich mich mit der Gruppe der Nicht-Ermittelnden auseinandersetzen. In dieser Gruppe ist die Figurenzahl „begrenzt, überschaubar und konstant“[7] Der Ermittler wie auch der Leser lernen die Figuren dieser Gruppe schon frühzeitig kennen. Das besondere an dieser Gruppe ist, dass sich unter ihnen auch der Mörder befindet.

Autoren nutzen verschiedene Möglichkeiten einen solchen geschlossenen Kreis zu bilden. So geschehen die Morde auf einer Party, auf einem Schiff, auf einer Hochzeit usw. Es handelt sich also um „Menschen, die sich in der Regel lange und gut zu kennen glauben und alle am gleichen Ort versammelt sind.“[8]

Typisch für diese Gruppe ist die Reduzierung der Personen auf Eigenschaften wie Eifersucht, Rachsucht usw. Die Darstellung dieser Eigenschaften dient lediglich der Abrundung eines Alibis oder einer Verdächtigung (vgl. Nusser S. 35).

Im Krimi Freitagsflug ist die Gruppe der Nicht-Ermittelnden schwer zu benennen, da es sich, wie oben bereits erwähnt, nicht hauptsächlich um den Mord, sondern um die Vorwürfe handelt, denen Bauer ausgesetzt ist. Diese Gruppe setzt sich, meiner Meinung nach, aus den Beamten im Präsidium zusammen. Es handelt sich um einen geschlossenen Personenkreis, die der Leser frühzeitig kennen lernt. Wie durch Nusser bestätigt, befindet sich unter ihnen auch der eigentliche Verräter. Zusätzlich zu dieser Gruppe würde ich die Personen aus dem Milieu zählen, auch, wenn sie im Krimi keine wesentliche Rolle spielen.

In der Gruppe der Nicht-Ermittelnden befindet sich ebenfalls das Opfer, Verdächtige und, wie bereits erwähnt, der Mörder.

Das Opfer hat den geringsten Stellenwert, es ist lediglich Auslöser der Ermittlungsarbeiten. „Die Leiche ist gleichsam der Hebel, der der Story den Anstoß liefert.“[9] Dabei muss berücksichtigt werden, dass das Opfer für den Leser kaum eine Bedeutung auf emotionaler Ebene einnimmt. „Der Tote hinterlässt im Detektivroman keinen Eindruck, sondern lediglich ein Problem.“[10]

Für die Romanfiguren ist das Opfer natürlich Anlass ihrer Schwierigkeiten.

In Freitagsflug würde ich Bauer als das eigentliche Opfer bezeichnen, obwohl natürlich Swetlana das wirkliche Opfer ist. Allerdings sind die Vorwürfe bezüglich Bauer der Auslöser der Ermittlungsarbeiten.

Der Mörder ist oft die unauffälligste Person (vgl. Nusser S. 36). Durch Äußerungen oder bestimmte Verhaltensweisen tritt er, wie alle anderen Verdächtigen auch, abwechselnd als schuldig und unschuldig im Krimi auf.

In Freitagsflug würde ich Tomer die Person des Mörders oder besser des Täters zuschreiben. Zwar tötet er niemanden im eigentlichen Sinn, aber er gibt für Geld polizeiliche Informationen heraus und ist somit der Verräter. Auch ist hier zu erwähnen, dass die eigentlichen Mörder vermutlich die beiden Russen sind, die Alex´ Nachbar zusammen mit Swetlana durch den Türspion beobachtet hat.

Die Verdächtigen erfüllen allein den Zweck einer möglichen Täterschaft. Sie spielen im Krimi nur eine Rolle, damit der eigentliche Täter nicht sofort entlarvt werden kann. „Ihr Verhalten kann exakt beobachtet, kleinen Tests unterworfen werden.“[11] Somit hat auch der Leser die Möglichkeit, Reaktionen und Verhaltensweisen der Verdächtigen zu beobachten.

Die Gruppe der Verdächtigen ist im Mündchenkrimi recht groß. Es kommt nahezu jeder Arbeitskollege von Bauer in Betracht, wenn man von Bauer als Opfer ausgeht. Dabei lernt der Leser kaum eine Person besonders gut kennen, abgesehen von Alex, der aber kein Kollege ist, Frank Tomer und Doris.

Die Gruppe der Ermittelnden setzt sich aus dem Detektiv und seinen Mitarbeitern zusammen, wobei der Detektiv die zentrale Figur des Krimis darstellt (vgl. Nusser S. 38). Oftmals ist der Detektiv eins mit der Person eines Polizisten. Dies ist darin begründet, dass in der Realität die Kriminalpolizei für die Aufklärung von Morden zuständig ist. Häufig treten Detektive aber auch als Duo auf.

Gemäß Nusser erkennt man in Detektivromanen ein „quantitatives Übergewicht des einzelgängerischen Amateurdetektivs gegenüber dem professionell ermittelnden Polizeioffizier“.[12]

In Freitagsflug fällt die Rolle des Detektivs hauptsächlich auf Bauer zurück, wobei er Unterstützung vom Berufsdetektiven Port erhält. Bauer werden demnach zwei Rollen zugeteilt. An dieser Stelle ist er der Detektiv, doch wie oben bereits erwähnt, ist er auch das Opfer trügerischer Verleumdungen.

[...]


[1] Vgl. Nusser, Peter: Der Kriminalroman. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart, Weimar: Verlag J. B. Metzler 2003

[2] Ebd. S. 23

[3] Ebd. S. 24

[4] Brecht, Bertholt: Über die Popularität des Kriminalromans. In: Der Kriminalroman. Poetik, Theorie, Geschichte. Hrsg. von Jochen Vogt. München: Wilhelm Fink Verlag 1998. S. 35

[5] Nusser, P.: Der Kriminalroman. S. 27

[6] Ebd. S. 28

[7] Ebd. S. 34

[8] Alewyn, Richard: Anatomie des Detektivromans. In: Der Kriminalroman. Poetik, Theorie, Geschichte. Hrsg. von Jochen Vogt. München: Wilhelm Fink Verlag 1998. S. 63

[9] Heißenbüttel, Helmut: Spielregeln des Kriminalromans. In: Der Kriminalroman. Poetik, Theorie, Geschichte. Hrsg. von Jochen Vogt. München: Wilhelm Fink Verlag 1998. S. 113

[10] Nusser, P.: Der Kriminalroman. S. 36

[11] Vogt, J.: Der Kriminalroman. S. 35

[12] Nusser, P.: Der Kriminalroman. S. 38

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Martin W. Brock - Freitagsflug - Analyse der Merkmale des Krimis sowie der Logik des Krimis
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
30
Katalognummer
V54874
ISBN (eBook)
9783638499804
ISBN (Buch)
9783640330454
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit habe ich im Rahmen meiner Zwischenprüfung geschrieben. Ich analysiere in der Hausarbeit bekannte Krimimerkmale und weise auf Logikfehler hin, die der Autor übersehen hat.
Schlagworte
Martin, Brock, Freitagsflug, Analyse, Merkmale, Krimis, Logik, Krimis
Arbeit zitieren
Marion Brelage (Autor:in), 2005, Martin W. Brock - Freitagsflug - Analyse der Merkmale des Krimis sowie der Logik des Krimis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54874

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