In den Discorsi erscheint Machiavelli als großer Kritiker einer tyrannischen Herrschaftsform. In diesem Zusammenhang setzt er sich mit der römischen Diktatur auseinander. Er erläutert ihre Vorteile und Zweckmäßigkeiten und will damit die Stimmen widerlegen, die diese römische Institution kritisierten oder gar als Vorstufe der Tyrannei ansahen. Im folgenden
möchte ich Machiavellis Beschreibung der römischen Diktatur mit seiner antiken Vorlage, der Römischen Geschichte des Livius, vergleichen und auf seine Unterschiede bzw. Versäumnisse untersuchen. Die römische Diktatur war für Machiavelli deshalb von Bedeutung, da er in ihr einen überaus geeigneten Weg sieht, einerseits Gefahren von einem Staat abzuwenden, andererseits
durch ein System der zeitlichen Begrenztheit zu verhindern, dass ein Herrscher zu mächtig wird und letztlich dem Gemeinwohl schadet. Auch wenn er auf bestimmte Eigenheiten der römischen Gesellschaft zu sprechen kommt (wie die Unverdorbenheit des römischen Volkes, Disc. I, 34) so versucht er doch, Parallelen zwischen der antiken Einrichtung und dem frühneuzeitlichen
politischen System in Venedig herzustellen, im engeren Sinne die Stellung des
Großen Rates (Disc. I, 50) oder bestimmte Sonderrechte innerhalb der Bürgerschaft (Disc. I, 34). Machiavelli geht anders mit dem Komplex der römischen Diktatur um als Livius. Letzterer bewertet in seiner Geschichte nicht das Amt an sich, sondern die jeweils handelnden Personen. Er verzichtet darauf Stellung zu beziehen, ob er die Einsetzung eines Diktators für gerechtfertigt hält oder nicht, beurteilt allerdings oft die Männer, die dieses Amt bekleiden. Ein gutes Beispiel ist die Lobpreisung des Postumius Tubertus - die Wirren um dessen Einsetzung sind Thema in Disc. I, 50 bei Machiavelli - als vorzüglichen Diktator (Livius IV, 29,5). Auch eine exakte zusammenhängende Definition des Amtes fehlt bei Livius. 502 v. Chr. nach dem
Raub der Sabinerinnen und im Schatten eines herannahenden Krieges sollen die Römer das erste Mal auf die Diktatur zurückgegriffen haben (Livius II, 18). Livius schreibt zwar, dass das Gesetz vorschrieb, als Diktator einen Senator einzusetzen, die eingeschränkte Amtszeit (sechs Monate) und die uneingeschränkte Befehlsgewalt werden aber erst zu späteren Zeitpunkten
erwähnt. Hier wird deutlich, dass es Livius mehr um die Schilderung der Ereignisgeschichte als um die genaue Definition des Amtsbereichs innerhalb der römischen Verfassung ging. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Die Darstellung der römischen Diktatur in Machiavellis Discorsi im Vergleich zur antiken Vorlage
- Einleitung
- Machiavellis Beschreibung der römischen Diktatur
- Livius' Darstellung der römischen Diktatur
- Machiavellis Interpretation der römischen Diktatur
- Livius und Machiavelli - Ein Vergleich
- Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay zielt darauf ab, Machiavellis Beschreibung der römischen Diktatur in seinen Discorsi mit Livius' antiker Vorlage in der Römischen Geschichte zu vergleichen und Unterschiede sowie Versäumnisse in Machiavellis Darstellung aufzudecken. Der Essay untersucht die Frage, wie Machiavelli die Diktatur als ein Instrument der Staatsführung im Kontext seiner Zeit interpretierte, und wie er diese mit der römischen Vergangenheit verband.
- Machiavellis Interpretation der römischen Diktatur
- Vergleich von Machiavellis Darstellung mit Livius' Beschreibung
- Untersuchung von Machiavellis Versäumnissen
- Die Rolle der Diktatur in der römischen Geschichte
- Machiavellis Übertragung der römischen Geschichte auf seine Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
- In diesem Kapitel wird die Problematik der Darstellung der römischen Diktatur in Machiavellis Discorsi im Vergleich zu Livius' Römischer Geschichte beleuchtet. Der Essay beschäftigt sich mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in beiden Werken, die sich auf die Diktatur beziehen. Außerdem wird Machiavellis Interpretation der römischen Diktatur im Kontext seiner Zeit beleuchtet.
- In diesem Kapitel wird Machiavellis Beschreibung der römischen Diktatur anhand seiner Discorsi beleuchtet. Der Essay analysiert, wie Machiavelli die Diktatur als ein Instrument der Staatsführung betrachtet, wie er die Vorteile und Zweckmäßigkeiten der Institution beschreibt und wie er versucht, die Kritik an der römischen Diktatur zu widerlegen.
- Dieses Kapitel widmet sich der Darstellung der römischen Diktatur durch Livius in seiner Römischen Geschichte. Der Essay zeigt auf, dass Livius die Diktatur nicht als Institution an sich bewertet, sondern die jeweils handelnden Personen und ihre Taten. Darüber hinaus wird untersucht, ob Livius eine explizite Definition der römischen Diktatur anbietet.
- In diesem Kapitel wird Machiavellis Interpretation der römischen Diktatur anhand seines Vergleichs mit Livius' Römischer Geschichte beleuchtet. Der Essay analysiert, wie Machiavelli die Diktatur in den Kontext seiner Zeit überträgt und welche Aspekte er aus der römischen Geschichte für seine politischen Überlegungen nutzt. Darüber hinaus werden die Unterschiede in der Darstellung der römischen Diktatur bei Machiavelli und Livius herausgestellt.
- Dieses Kapitel vergleicht die Darstellungen der römischen Diktatur bei Livius und Machiavelli. Der Essay zeigt auf, dass Machiavelli in seinen Discorsi die verschiedenen Facetten der Diktatur nicht vollständig abbildet, sondern sich auf bestimmte Aspekte konzentriert. Es werden Machiavelli Versäumnisse und Ungenauigkeiten in seiner Darstellung aufgezeigt und mit Livius' Beschreibung der Diktatur in der Römischen Geschichte verglichen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Essays sind: Römische Diktatur, Livius, Machiavelli, Discorsi, Römische Geschichte, Staatsführung, Politik, Zeitgeschichte, Vergleich, Interpretation, Versäumnisse, antike Vorlage.
- Arbeit zitieren
- Bernd Evers (Autor:in), 2003, Die Darstellung der römischen Diktatur in Machiavellis Discorsi, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54909