Ein Blick in die Literatur, die bislang besonders in Deutschland und Europa über das Theater der Chicanas und Chicanos veröffentlicht wurde, fördert Interessantes zu Tage: Sie behandelt primär Dramen, die in den 60er Jahren veröffentlicht wurden, Dramen von Luis Valdez und des Ensembles Teatro Campesino.Dieses Theater war international bekannt für seine Thematisierung des politischen und ethnischen (Klassen-) Kampfes der Chicanos um Gleichberechtigung in der amerikanischen Gesellschaft. Aber hat es in den letzten Jahren keine wichtigen und politisch bedeutenden Dramen des Chicano-Theaters gegeben? Fehlt den Dramatikern heute die Motivation eines Valdez, auf der Bühne auf die Diskriminierung ihrer ethnischen Gruppe aufmerksam zu machen? Mitnichten. Der Eindruck, dass das Chicano-Theater seit den 70er Jahren völlig an Bedeutung eingebüßt hätte, entsteht bei der Überbetonung des Teatro Campesinoleicht. Wie Oliver Mayer, einer der wichtigsten Vertreter des „neuen“ Teatro Chicano,in dem oben angeführten Zitat unterstreicht, gibt es unter Chicanas und Chicanos immer noch ein Theater mit einer starken politischen Zielrichtung. Allerdings hat sich die Zielsetzung der Theaterbewegung in den letzten zwanzig Jahren geändert. Es hat eine Umorientierung des Theaters stattgefunden, begleitet von demographischen Änderungen und Veränderungen im Zielpublikum und im Umfeld derer, die heute Chicano-Theater inszenieren. Die Krise im Chicano-Theater Anfang der 80er Jahre, die von Kritikern rückblickend als „profound internal crisis“ gesehen wird, ist überwunden. Das Theater ist wieder eine der wichtigsten und stärksten künstlerischen Ausdruckformen der Chicanos. Es ist ein politisches Instrument, mit dem die Chicanos ihre Forderungen artikulieren. Die Themen, die das Theater behandelt, und seine Vielschichtigkeit stehen exemplarisch für die Situation der Chicanos in der Vereinigten Staaten. Auch wenn viele Chicanos nur ungern von „politischem Theater“ sprechen (Theaterkritiker Michael Philips: „It has come to mean everything and nothing. Too often it has meant the worst kind of finger-wagging“), verfolgt ihr Theater verschiedene politische Ziele. Diese sollen im Folgenden aufgezeigt werden. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Was ist Chicano-Theater?
- Definitionsversuche in der modernen Forschung.
- „Ethnisches“, „ethnospezifisches“ und „nationales“ Theater.
- Die Entwicklung des Teatro Chicano vom Agitprop zum professionellen Theater
- Die Bedeutung des Teatro Campesino für das Chicano-Theater der Gegenwart.
- Das zeitgenössische Teatro Chicano und die Debatte um Mainstream, Kommerzialisierung und angloamerikanischen Einfluss
- Chicanos on Broadway: Die Debatte um das Zielpublikum
- Die Forderung nach „Multicultural Theater“ und der Effekt für das Chicano-Theater seit den 80er Jahren.
- Die Struktur des Chicano-Theaters heute
- (K)Eine Debatte um die Sprache auf der Bühne
- Reflecting the Other(s): Das moderne Chicano-Theater und der Blick auf die amerikanische Gesellschaft
- America as a Rainbow of Color? Oliver Mayers Ragged Time
- A Lesson in Diversity. Culture Clash: Bordertown San-Diego-Tijuana.
- Reflecting Us and Our Community: Der Blick des Chicano-Theaters auf die Chicanos und die Forderung nach sexueller Befreiung
- Die Darstellung der Frau im modernen Chicano-Theater.
- Die Ausgangslage
- Fat is a Feminst Issue. Josefina Lopez: Real Women Have Curves
- Re-Constructing El Teatro Campesino. Cherrie Moraga: Heroes & Saints
- Homosexualität als Thema im modernen Chicano-Theater
- Die Ausgangslage
- Giving Up the Myth. Cherrie Moraga: Giving Up the Ghost
- Homosexualität im Boxsport.. Oliver Mayer: Blade to the Heat
- What it Means to be a Family. Luis Alfaro Straight as a Line
- A Chicana/Lesbian Nationalism. Monica Palacios: Greetings From a Queer Senorita
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit befasst sich mit dem zeitgenössischen Chicano-Theater und analysiert die Entwicklungen, die es seit den 1990er Jahren durchlaufen hat. Sie untersucht, wie sich die Ziele und Themen des Chicano-Theaters im Laufe der Zeit gewandelt haben und welche Rolle es in der amerikanischen Gesellschaft spielt. Darüber hinaus wird die Darstellung von Frauen und Homosexuellen im Chicano-Theater analysiert.
- Die Entwicklung des Chicano-Theaters seit den 1990er Jahren
- Die politische Zielsetzung des Chicano-Theaters
- Die Darstellung der Chicanos als ethnische Minderheit in der amerikanischen Gesellschaft
- Die Darstellung von Frauen und Homosexuellen im Chicano-Theater
- Die Forderung nach sexueller Befreiung in der konservativen lateinamerikanischen Gemeinschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik des Chicano-Theaters und beleuchtet die Bedeutung des Teatro Campesino als einflussreiche Vorläuferbewegung. Die folgenden Kapitel befassen sich mit der Entwicklung des Chicano-Theaters vom Agitprop zum professionellen Theater. Sie beleuchten die Debatte um Mainstream, Kommerzialisierung und angloamerikanischen Einfluss, sowie die Frage des Zielpublikums und die Struktur des Theaters.
Ein weiteres Kapitel widmet sich der Reflexion des modernen Chicano-Theaters auf die amerikanische Gesellschaft und analysiert Dramen, die sich mit den Erfahrungen verschiedener ethnischer Minderheiten in den Vereinigten Staaten auseinandersetzen. Schließlich werden die Darstellung von Frauen und Homosexuellen im zeitgenössischen Chicano-Theater untersucht, wobei verschiedene Stücke analysiert werden, die sich mit den Themen sexueller Befreiung, Genderidentität und LGBTQ+ Themen beschäftigen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den folgenden Schlüsselbegriffen: Chicano-Theater, Teatro Campesino, politische Zielsetzung, ethnische Minderheiten, Diskriminierung, Marginalisierung, Frauen, Homosexualität, sexuelle Befreiung, LGBTQ+, Genderidentität, amerikanische Gesellschaft, Mainstream, Kommerzialisierung, angloamerikanischer Einfluss, Zielpublikum, Theaterstruktur.
- Arbeit zitieren
- Bernd Evers (Autor:in), 2003, Reflecting Us and the Other: Das Chicana-/Chicano-Drama der Gegenwart , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54911