Einschränkung der freien Berichterstattung durch religiöse und politische Einflüsse


Hausarbeit, 2006

23 Seiten


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Der Islam
1. Kurzüberblick
2. Der Koran
3. Bildverbot

III. Freiheit der Berichterstattung
1. Entwicklung in Deutschland
2. Legitimation nach dem deutschen Grundgesetz
3. Einschränkungen und Kontrolle der freien Berichterstattung
4. Gefahren der Pressefreiheit – blindes Medienvertrauen
5. Europäisches Recht

IV. Der Karikaturenstreit
1. Ursachen
2. Entwicklung zur weltweiten Krise
3. Zusammenfassung: Freie Berichterstattung contra Religionsverständnis

V. Die US-Medien und der Irak-Krieg
1. Krieg gegen den Terror – Kampf um Öl?
2. Die Wahrheit als erstes Opfer des Krieges
3. Fazit: Beeinflussung der Medien aus politischen und wirtschaftlichen Gründen

VI. Resümee

„Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben – kämpft gegen sie, bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten“

[Koran, Sure 9: Vers 29]

„…Ohne es zu wollen, wurden die Medien konditioniert und haben nur über Teilaspekte des Krieges berichtet…“

[Marcello Foa, European Journalism Observatory in: „Die amerikanische Pressefreiheit als Opfer des Irak-Konflikts“ unter: www.ejo.ch/analysis/warreporting am 27.03.2006]

„Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. […] Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität wird geachtet.“

[Charta der Grundrechte der Europäischen Union: Artikel 11(1,2)]

I. Einleitung

Als Zeichen gegen die Selbstzensur europäischer Medien in Fragen des Islam veröffentlichte die dänische Zeitung „Jyllands-Posten“ am 30. September 2005 zwölf Zeichnungen mit dem Thema „Muhammeds ansigt“ (in den deutschen Medien meist falsch mit „die Gesichter Mohammeds“ übersetzt). Aus Solidarität und in Hinblick auf die Freiheit der Presse druckten mehrere europäische Zeitungen die Karikaturen ganz oder auszugsweise nach, hier sind unter anderem die norwegische „Magazinet“, die französische „France Soir“ und in Deutschland „Die Welt“ zu nennen.

Als Folge darauf brechen weltweit Proteste der muslimischen Bevölkerung aus: Hunderttausende wütende Moslems verbrennen dänische Flaggen und drohen den „Gotteslästerern“ der westlichen Welt mit dem Tod. Der arabische TV-Sender Al-Dschasira erklärt den „Kampf der Kulturen“ für begonnen, im Gazastreifen werden französische Einrichtungen angegriffen, vor dänischen und skandinavischen Botschaften spielen sich Belagerungsszenen und Sturmversuche ab. In Pakistan werden Puppen des dänischen Premierministers öffentlich verbrannt und im Westjordanland kidnappen radikale Palästinenser für eine Stunde einen Deutschen, den sie für einen Dänen halten.

Diese Entwicklung beschreibt das aktuellste Beispiel zur Einschränkung der freien Berichterstattung vor einem religiösen Hintergrund.

Weiterhin erfährt das Konzept der Medienfreiheit Beschränkungen aus politischen Gründen. Regierungen, meist totalitärer Art, machen sich die Medien zunutze, um ihren Machtanspruch zu unterstreichen und zu legitimieren. Aber auch demokratische Regierungsformen nutzen und begrenzen Medien um sich selbst vor äußerer Kritik zu schützen und eventuelle Fehler nach Möglichkeit zu verschleiern.

Die vorliegende Hausarbeit befasst sich im ersten Teil mit der Frage nach den Grenzen der freien Berichterstattung vor einem religiösen Hintergrund, hierzu wird als Beispiel der Islam mit Blick auf die aktuellen Geschehnisse näher betrachtet. In diesem Zusammenhang wird die verfassungsrechtliche Legitimation der Freiheit der Medien in Deutschland und Europa analysiert. Des Weiteren erörtert die Ausarbeitung die Einschränkung der freien Berichterstattung aus politischen Gründen am Beispiel des Irak-Krieges. Sie zeigt das Verhalten der US-amerikanischen Regierung in Fragen auf die unzensierte Berichterstattung über die kriegerische Auseinandersetzung und fokussiert auf Basis der schwindenden Rechtfertigung die Beeinflussung der Medien zu dem Zweck, die Glaubwürdigkeit und Integrität der Herrschenden zu erhalten.

II. Der Islam

II.1. Kurzüberblick

Als zweitgrößte Weltreligion zählt der Islam ca. 1,2 Milliarden Anhänger, welche vorrangig im Nahen Osten, Nordafrika, Zentral- und Südostasien, Indonesien, dem europäischen Teil der Türkei sowie Albanien angesiedelt sind. Als streng monotheistische Religion grenzt sich der Islam stark von der christlichen Inkarnation und der Trinität ab. Als Quelle des Islam lässt sich einerseits der Koran (das Wort Gottes), andererseits die Sunna (Worte und Taten des Propheten Mohammed) feststellen, was im gegenwärtigen Karikaturenstreit nicht von geringer Bedeutung ist. Moslems sehen ihre Religion als Fortsetzung von Christentum und Judentum, sie verstehen die christlichen Propheten als die eigenen und sehen sich in der Kontinuität der beiden Religionen als deren Vollendung. Als Ursprung der Heiligen Schrift wird die Prophezeiung Mohammeds angesehen, welche ihm nach islamischen Glauben im Jahre 610 durch den Erzengel Gabriel übermittelt worden sei. Der Islam definiert 5 Säulen, die der gläubige Moslem erfüllen muss: das Glaubensbekenntnis, das Gebet, die Almosensteuer, das Fasten und die Pilgerfahrt. Weiterhin existieren im Islam sechs Glaubensgrundsätze[1]: Der Glaube an Allah, seine Engel, seine Offenbarung, seine Propheten, das jüngste Gericht und die göttliche Vorsehung. Dabei ist unter anderem die übermäßige Verehrung Allahs in Form von Personifizierung und bildlicher Darstellung strikt untersagt. Das islamische Recht (die Scharia) gründet auf dem Koran, wobei es in den islamischen Ländern sehr differenziert praktiziert wird[2]. So stellt die Rechtsprechung in Saudi-Arabien zum Beispiel eine fast exakte Kopie des Korans dar, während sie in der Türkei relativ weit davon entfernt ist. Der Islam sieht sich als Einheit von Religion, Recht und Staat, wodurch ein Ausschluss von Laizismus und Pluralismus determiniert ist. Innerhalb des Islam entstanden mehrere Glaubensgruppen, wobei die Sunniten mit 90% der Glaubensanhänger die größte Gruppe darstellt. Zwar gibt es im Koran keinen Zwang zum Glauben[3], jedoch teilt er die Welt in 2 Teile: Das Gebiet des Islam und das Gebiet des Krieges.

II.2. Der Koran

Die Heilige Schrift des Islam wird von den Muslimen als wörtliche, allgegenwärtige und allein gültige Offenbarung Gottes angesehen. Sie besteht aus 114 mit Namen versehenen Suren, welche man je nach Entstehungsort in mekkanische und medinische Suren unterscheidet, wobei die mekkanischen Suren nach der Überlieferung früher entstanden sind. Die einzelnen Suren sind in Verse untergliedert, deren Umfang zum Ende hin immer weiter abnimmt. Die Offenbarung des Korans wurde von Mohammed den Männern der jeweiligen Gemeinde vorgetragen, welche sie wörtlich niederschrieben; zudem gab es immer eine begrenzte Anzahl Muslime, die die Offenbarung auswendig lernten, um einen Verlust durch eine eventuelle Vernichtung der geschriebenen Schrift auszuschließen. Mohammeds Tod stellt auch das Ende der Prophezeiung dar, man ging davon aus, dass sein Lebenswerk vollendet sei und negierte die Gültigkeit weiterer Offenbarungsversuche. Auf Geheiß des dritten Kalifen Utman ibn Affan entstand die erste gebundene Fassung des Korans, wahrscheinlich um 650. Gleichzeitig erging der Befehl des Kalifen, alle anderen Versionen der Heiligen Schrift zu vernichten, um deren alleinigen Geltungsanspruch durchzusetzen. Jedoch entstanden aus verbliebenen Fragmenten und Aufzeichnungen noch bis ins 10. Jahrhunderte weitere, meist geheim gehaltene Fassungen der Offenbarung, welche sich in Grammatik, Orthografie sowie Interpretation von der Ersten unterschieden. Fünf Abschriften der Version des Kalifen wurden jeweils in die Städte Basra, Damaskus, Kufa (nördlich von Bagdad), Medina und Mekka versandt. Die nach der heutigen Auffassung gültige Schrift ist eine Druckausgabe von 1924, welche auf das Exemplar von Hafsa zurückgeht. Hafsa war die Tochter des Umar, welcher laut der islamischen Überlieferung im Besitz der ersten vollständigen Koransammlung war, die er an seine Tochter vererbte. Durch die Wirren der Geschichte und aufgrund der Tatsache, dass nur wenige Teile der Überlieferung historisch belegbar sind, ist der Anspruch auf Gültigkeit und Authentizität der Offenbarung des Mohammed bis heute fraglich, da mindestens zehn verschiedene Versionen des Korans bekannt sind.

Im Islam erfährt der Koran höchste Wertschätzung, so ist zum Beispiel die Berührung der Schrift nur nach der rituellen Reinigung des Körpers gestattet; Neugeborenen werden kurz nach der Geburt Auszüge ins Ohr geflüstert und das letzte, was ein Moslem vor seinem Tod hören sollte, entstammt ebenfalls der Heiligen Schrift.

Zur Übersetzung des Korans sind bis heute mehrere verschiedene Versuche unternommen worden. Sie unterscheiden sich gravierend in Art und Weise der Sprache, von mächtigen sprachlichen Bildern über vergleichende Exemplare bis hin zu wissenschaftlichen Arbeiten. Jedoch wird in der traditionellen islamischen Theologie die Übersetzung des Textes strikt abgelehnt, da jede Form der Übersetzung Interpretationen enthalte, welche im Text selbst strengstens untersagt sind.

Der Koran stellt zusammen mit der Sunna die Hauptquelle der Scharia (Rechtsprechung) dar; so werden beide Schriften zu verbindlichen Vorgaben für das Denken und Handeln jedes Moslems, was die Dimension ihres Einflusses auf die islamische Welt verdeutlicht.

II.3. Bildverbot

Als Bild- oder Darstellungsverbot wird die religiöse Vorschrift bezeichnet, bildliche Darstellung von Göttern oder „Götzen“ strikt zu vermeiden. Begründet liegt dies im Verbot der Bildverehrung, welches vor allem im Judentum, Islam und im Protestantismus ausgelegt wird. In islamischen Moscheen sucht man deshalb Darstellungen Gottes, der Religionsstifter (Mohammed!) und sogar zumeist Abbildung von Mensch und Tier vergeblich. Jedoch besteht im Koran kein ausdrückliches Verbot für die Darstellung des Propheten, lediglich existiert das Verbot der Götzenverehrung wie im Christen- und Judentum (2. Gebot, Exodus 20, Sure 17). Ein „Götze“ (arab.: asnan) wird als bildliche oder figürliche Darstellung verstanden. In der Sunna nimmt das Bildverbot dagegen eine deutlichere Form an: Es gilt, dass die Darstellung beseelter Wesen untersagt ist, da die Abbildung das Privileg Gottes als Schöpfer in Frage stelle. Für Mohammed selbst stellte das Verbot der Götzenverehrung gemäß der Überlieferung die gemeinsame Basis der drei Weltreligionen dar (neben der Transzendenz Gottes und dem Monotheismus). Jedoch entstanden im Verborgenen Buchillustrationen, in denen Menschen und Tiere dargestellt wurden, jedoch nicht das Antlitz Mohammeds, welches in jeder schriftlichen Überlieferung verdeckt ist.

Als Belege für das Bildverbot führen Muslime folgende Koranstellen an:

a) „Oh Gläubige, der Wein, das Spiel, die Bilder und Loswerfen sind verabscheuungswürdig und ein Werk des Satans. Vermeidet sie, damit es euch wohl ergehe“[4]

b) „Haltet euch fern von der Abscheulichkeit des Götzendienstes und hütet euch lügenhafte Reden auszusprechen“[5]

III. Freiheit der Berichterstattung

III.1. Entstehung in Deutschland

Die schriftlichen Medien stellen eine der ältesten Formen der der Nachrichtenübermittlung dar, sodass der Begriff „Pressefreiheit“ weit vor dem heute gängigen Ausdruck „Freiheit der Berichterstattung“ entstand. Definitorisch bezieht sich die Pressefreiheit jedoch lediglich auf einen Teil der Freiheit der Berichterstattung. Die historischen Hintergründe der Pressefreiheit stehen selbstverständlich in engem Zusammenhang mit der Entstehung der Presse als flächendeckendes Medium. Hier sind vor allem Luther mit seiner Bibelübersetzung 1521/1534 und Gutenberg durch die Erfindung des Buchdrucks um 1440 zu nennen. Durch die nun entstandene Möglichkeit der öffentlichen Information, welche bis dato fast ausschließlich in der Hand der absolutistischen Herrscher lag, wurden während der französischen Revolution 1789 bürgerliche Forderung nach einer unabhängigen, vom Staat getrennten Berichterstattung laut, welche auch zum Teil im Zuge der Aufklärung erfüllt wurden. Starke Gegenwehr erfuhr die neu gewonnene Freiheit der unabhängigen Presse in der Zeit der Jakobinerdiktaturen, während Napoleons Herrschaft und in Preußen. Hier sind rückschrittliche Tendenzen zum Beispiel in Form des preußischen „Pressgesetz[es]“ deutlich erkennbar. Zu Zeiten der beiden Weltkriege war eine strikte Zensur aufgrund der politischen Lage sowie aus ideologischen Gründen gängige Praxis, durch die Installation des Reichskulturkammergesetzes durch die NSDAP hatte die Partei sogar zeitweise die absolute Kontrolle über sämtliche Medien. Jedoch auch Stalin und Mussolini bedienten sich solcher Methoden, um die Legitimation ihrer Gewaltherrschaften zu unterstreichen. Hier wird die Bedeutung der Presse als politisches Medium zur Durchsetzung der eigenen Ziele v. a. in Diktaturen bereits besonders deutlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Freiheit der Berichterstattung 1949 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert, der damals gewählte Wortlaut ist bis heute identisch:

„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“[6]

Ähnliche Vorgaben entstanden gleichzeitig in der DDR, wobei hier die Zensur aus politischen Gründen mit dem Ziel der Verbreitung des Sozialismus und der Unterbindung der Demokratie bekanntlich gängige Praxis war. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde die Freiheit der Berichterstattung als wichtiges Element der Demokratie in ganz Deutschland zum verbindlichen Wert. Durch die Verbreitung des Hörfunks, des Fernsehen und der neuen Medien gewann und gewinnt der Artikel 5 des Grundgesetzes immer mehr an Bedeutung. Heute ist die Pressefreiheit in vielen v. a. westlichen Staaten in der Verfassung verankert, wobei sie natürlich keine globale Selbstverständlichkeit darstellt, sodass sie durchaus als Privileg angesehen werden kann.

[...]


[1] vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Islam#Der_Islam_und_andere_Religionen, 10.05.06

[2] vgl. http://gutenberg.spiegel.de/anonymus/koran/inhalt.htm, 10.05.06

[3] Koran, Sure 2, Vers 256: „Und wenn dein Herr wollte, würden die, die auf der Erde sind, alle gläubig werden. Willst du die Menschen (dazu) zwingen, dass sie glauben? Niemand darf gläubig werden, außer mit der Erlaubnis Gottes“. Übersetzt durch R. Paret. Dieser Vers wird im Allgemeinen im Sinne der Zwanglosigkeit des Glaubens und somit als dessen Freiheit verstanden

[4] Koran, Sure 5: Vers 91

[5] Koran, Sure 22: Vers 31

[6] Grundgesetz: Artikel 5(1)

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Einschränkung der freien Berichterstattung durch religiöse und politische Einflüsse
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Institut für Soziologie)
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V54938
ISBN (eBook)
9783638500227
ISBN (Buch)
9783638802482
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zitierung über Fußnoten
Schlagworte
Einschränkung, Berichterstattung, Einflüsse
Arbeit zitieren
Cliff Ellenberger (Autor:in), 2006, Einschränkung der freien Berichterstattung durch religiöse und politische Einflüsse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54938

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