G. Boccaccios Falkennovelle


Seminararbeit, 2001

11 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Herkunft des Begriffs „Novelle“ und Definitionsproblem der Gattung

Novellentheorien

Goethes „unerhörte Begebenheit“

„Die Schwester des Dramas“

Die „Falkentheorie“

Zusammenfassung und Erweiterung der Kennzeichen einer Novelle

Interpretation der „Falkennovelle“

Überleitung von der Rahmenhandlung zur eigentlichen Erzählung

Exposition

Steigerung zum Höhepunkt

Höhepunkt bzw. Wendepunkt

Abfall und Schluss der Novelle

Das Falkenmotiv

Der fünfte Tag

Literaturverzeichnis

Herkunft des Begriffs „Novelle“ und Definitionsproblem der Gattung

Der Begriff „Novelle“ stammt ursprünglich vom italienischen „novella“ ab, was soviel bedeutet wie „Neuigkeit“. Dieses Wort kann wiederum vom lateinischen „novellus“ abgeleitet werde, was „neu“ heißt und die Verkleinerungsform von „novus“ ist. Somit ist eine Novelle eine kleine Neuigkeit, die auf eine Doppeldiminutivform zurückzuführen ist.

Bevor die Bezeichnung jedoch im 13.Jahrhundert einer literarischen Gattung zugeteilt wurde, war die Novelle vor allem im Bereich der Rechtswissenschaften zu finden. So gibt es auch heute noch den Terminus „Gesetzesnovelle“.[1]

„Es ist nicht leicht zu sagen, was eigentlich die Novelle sei, und wie sie sich von den verwandten Gattungen, Roman und Erzählung, unterscheide... Man gibt mit dem Namen bald zu viel, bald zu wenig. Es ist zu viel, wenn man geradezu sagt, die Novelle müsse eine ausgesprochene Tendenz haben, aber doch erwartet man in ihr etwas Hervorspringendes, eine Spitze... Man wird die scharfe, epigrammatische Pointe auch nicht zu sehr herausheben dürfen... Es ist schwer, hier einen allgemeinen Begriff zu finden, auf den sich alle Erscheinungen dieser Art zurückbringen ließen.“[2]

Dieses Zitat von Ludwig Tieck macht deutlich, dass die Definition der Novelle nicht eindeutig zu klären ist. So existieren verschiedene Novellentheorien, unter anderem von Johann Wolfgang von Goethe, Theodor Storm und Paul Heyse, die zwar gemeinsame Nenner aufweisen, aber doch eindeutige Unterschiede zeigen. Darauf soll im Folgenden näher eingegangen werden und die dort aufgeführten Kennzeichen einer Novelle anhand von Giovanni Boccaccios „Falkennovelle“ verifiziert werden, wobei das „Falkenmotiv“ einen besonderen Stellenwert einnimmt.

Novellentheorien

Goethes „unerhörte Begebenheit“

Wenn man die Geschichte und Entwicklung der Novelle betrachtet, fällt auf, dass es viele verschiedene Novellentheorien gibt. Eine der wohl wichtigsten stammt von Johann Wolfgang von Goethe.

Anlässlich seiner Altersdichtung „Novelle“ kam Goethes Formulierung der „unerhörten Begebenheit“ zustande. Er schrieb am 25. Januar 1827 an Eckermann:

„... was ist eine Novelle anders als eine sich ereignete, unerhörte Begebenheit...“[3]

Laut Goethe handelt es sich bei dieser Gatttung um ein völlig neues, überraschendes oder außergewöhnliches Ereignis. Darauf deutet der Begriff „unerhört“ hin. Es ist also etwas, das auf jeden Fall Aufmerksamkeit erregte. Auch besagt die Definition, dass es die beschriebene Situation wirklich gab bzw. dass der Anschein der Authentizität erweckt werden soll ( „sich ereignete“). Der unbestimmte Artikel „eine“ legt fest, dass nur von einer „Begebenheit“ erzählt wird, diese Situation aber im Ganzen wiedergegeben wird, nicht nur in Fragmenten. Es ist nur ein Handlungsstrang vorhanden, der zielstrebig zum Höhepunkt führt und nicht durch Nebensächlichkeiten vom Wesentlichen ablenkt.[4]

Zu dieser Definition Goethes passen auch die Kennzeichen, die Boccaccio selbst als Merkmale seiner Novellen festgelegt hat. Er hob vor allem „il caso“, den Zufall, hervor. Diese Erklärung sieht also immer einen Wendepunkt, der meist auch der Höhepunkt ist, in der Handlung vor. Boccaccio definiert die Novelle also durch das „sich ereignete Ereignis“, das vom Zufall bestimmt ist. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass man die Vokabeln „avvenire“/ „avvenimento“ 369mal im „Dekameron“ findet. Auch tauchen zahlreiche weitere Worte auf, wie z.B. „avventura“, „miracolo“ oder „fortuna“.[5] All diese Begriffe weisen auf ein überraschendes Ereignis hin, das von „Oben“ beeinflusst wird und den Umschwung des Geschehens einleitet. Diese Ansicht findet man auch bei vielen anderen Autoren, die meist in irgendeiner Form den Zufall, bzw. den Wendepunkt ins Zentrum der Novelle stellen.

„Die Schwester des Dramas“

Theodor Storm hat sich von diesem Erklärungsversuch abgewandt und in seiner Vorrede zu der zweibändigen Novellenausgabe folgendes als typisch bezeichnet: er nannte die Novelle „die Schwester des Dramas und die strengste Form der Prosadichtung“. Laut Storm ist der Novelle ein dramatischer Aufbau nachzuweisen, bei dem sich von der Exposition bis zum Schluss ein Spannungsbogen aufbaut. Des weiteren werden, gleich wie im Drama, die grundlegendsten Probleme des menschlichen Daseins behandelt. Außerdem enthalte die Novelle ebenfalls einen Konflikt, der den Wegfall alles Unwichtigen und die „geschlossene Form“ zur Folge hat.[7][6]

Die „Falkentheorie“

Die Theorie, die sich bis heute am ehesten durchgesetzt hat ist die „Falkentheorie“ des Nobelpreisträgers Paul Heyse. Sie basiert auf der neunten Novelle des fünften Tages in Boccaccios „Il Decamerone“. Heyse sah diese Novelle als Musterbeispiel für diese Gattung, da sie alles enthält, wodurch, seiner Meinung nach, der Charakter einer Novelle zustande kommt: das Wesen einer Person und die ganze äußere Umgebung werden nicht weiter ausgemalt, als es zum Verständnis der Situation und der Handlung notwendig ist.

[...]


[1] Thomas Degering, Kurze Geschichte der Novelle: von Boccaccio bis zur Gegenwart. Fink, München,1994, S.7

[2] Ebd.

[3] Ulrich Karthaus, Novelle. C.C.Buchner Verlag, Bamberg, 1990. S.14

[4] Hugo Aust, Novelle. Metzler, Stuttgart 1994

[5] Wilhelm Pötters, Begriff und Struktur der Novelle. Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 1991, S 38ff

[6] Ulrich Karthaus, Novelle. S.29ff

[7] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
G. Boccaccios Falkennovelle
Hochschule
Universität Augsburg  (Fachbereich Germanistik)
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
11
Katalognummer
V5499
ISBN (eBook)
9783638133562
Dateigröße
451 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Boccaccios, Falkennovelle
Arbeit zitieren
Beate Sewald (Autor:in), 2001, G. Boccaccios Falkennovelle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5499

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