In den 1980er Jahren wurde im deutschsprachigen Raum die Kriminalitätsgeschichte, die bis dahin der Rechtswissenschaft zugeordnet wurde, Gegenstand der historischen Forschung. Damit veränderte sich die Herangehensweise, weg von der Interpretation der Gesetzestexte, hin zur Hinterfragung des kriminellen Verhaltens und der strafrechtlichen Ahndung dessel-ben. Grundlegend und wegweisend für die Erarbeitung der Thematik waren die Studien des Arbeitskreises „Historische Kriminalitätsforschung in der Vormoderne“ unter der Leitung von Andreas Blauert und Gert Schwerhoff seit 1991.
Von den Publikationen über Kriminalitätsgeschichte in der Frühen Neuzeit möchte ich zwei Studien über die Städte Köln im 16. Jahrhundert und Frankfurt im 18. Jahrhundert auf-greifen, um an ihrem Beispiel die Deliktkategorie der „Eigentumsdelinquenz“ darzustellen, um sie einem Vergleich zu unterziehen. Die Studien von Schwerhoff und Eibach sind bis zum jetzigen Zeitpunkt die wohl detailreichsten Arbeiten über Kriminalität im städtischen Raum in der Frühen Neuzeit im Reich. Daher bietet sich ein Vergleich beider Städte an. Gerd Schwer-hoff erklärt die Tatsache, dass man im Reich keine mit anderen europäischen Städten ver-gleichbaren Metropolen fand, folgendermaßen: Die Städte im Reich standen in einer älteren und grundsätzlich anders gearteten Tradition. Sie veränderten sich bezüglich ihrer politischen Verfassung, des Bürgerrechts und ihrer Sozialstruktur erst im 19. Jahrhundert maßgeblich. Damit standen sie in ihrer Entwicklung hinter anderen europäischen Metropolen, die sich schon in der Frühen Neuzeit durch Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und Ablösung der Bürger- durch Einwohner-gemeinden auszeichneten, weit zurück. Dies sei ein Kriterium dafür, das Frankfurt im 18. Jahrhundert mit Städten in früheren Jahrhunderten, wie Köln, durchaus vergleichbar sei. Des Weiteren bestanden zwischen den Reichsstädten Gemein-samkeiten, die einen Vergleich trotz der Diskrepanz von 100 Jahren zulassen. Sowohl Köln als auch Frankfurt waren Messestädte. Sie übten damit während der Herbst- und Früh-jahrs(/Fasten-)messe eine enorme Anziehungskraft auf Händler und Fremde aus. Wirtschaft-lich waren sie strukturell ähnlich und gehörten zu den Großstädten des Reichs.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Aspekte der Eigentumsdelinquenz
- 1. Sozialprofil
- 2. Tatort, Tatzeit und Diebesgut
- 3. Tatmotiv: ,,Stehlen inn rechter hungers nott"
- 4. ,,Die Hochsaison der Diebe"
- III.
- 5. Formale und reelle Sanktionierung
- 6. Von der Zahl zum Menschen
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Deliktkategorie der „Eigentumsdelinquenz“ in den frühneuzeitlichen Städten Köln und Frankfurt. Sie setzt sich zum Ziel, den Diebstahl als Rechtsbegriff und seine Ausprägung im städtischen Raum im Vergleich zu betrachten. Dabei werden sowohl formale als auch reelle Sanktionierungsformen analysiert.
- Rechtlicher Rahmen des Diebstahls in der Frühen Neuzeit
- Soziales Profil der Eigentumsdelikte
- Tatorte, Tatzeiten und gestohlene Gegenstände
- Diebstahlmotive in der frühneuzeitlichen Stadt
- Formale und reelle Strafpraktiken
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den aktuellen Stand der Kriminalitätsforschung in der Frühen Neuzeit dar und erläutert die Auswahl von Köln und Frankfurt als Fallbeispiele. Anschließend wird der Rechtsbegriff des Diebstahls in der Peinlichen Gerichtsordnung Karls V. beleuchtet und mit dem heutigen Verständnis des Diebstahls verglichen.
Das zweite Kapitel widmet sich dem Sozialprofil der Eigentumsdelikte und beleuchtet Tatort, Tatzeit und Diebesgut, sowie das Motiv des Diebstahls. Darüber hinaus werden die verschiedenen Formen der formalen und reellen Sanktionierung betrachtet.
Schlüsselwörter
Eigentumsdelinquenz, Diebstahl, Frühneuzeit, Köln, Frankfurt, Strafpraxis, Rechtsgeschichte, Sozialgeschichte, Stadtgeschichte, Kriminalitätsgeschichte, Peinliche Gerichtsordnung, Turmbücher, Criminalia.
- Quote paper
- Andrea Franz (Author), 2005, Eigentumsdelinquenz in der frühneuzeitlichen Stadt - Köln und Frankfurt im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55210