„Spieglein,Spieglein an der Wand,wer ist die Schönste im ganzen Land?“Dann antwortet der Spiegel:„Frau Königin,ihr seid die schönste hier,aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als ihr!“
Nicht nur in Märchen kommt Spiegeln eine große Faszination zu;daran hat sich seit Jahrtausenden nichts geändert.Bei Schneewittchen erscheint der Spiegel als Ort der Wahrheit.Er gibt Auskunft darüber,wer die Schönste im Lande sei. Ein eigenartiges Paradox zeigt sich:Der Spiegel verrät die Wahrheit nicht durch das Bild,sondern er verkündet sie durch die Stimme.Betrachten wir den gewöhnlichen Spiegel;auch er zeigt Merkwürdigkeiten.Da ist die Vertauschung von links nach rechts.Das weckt immer wieder Zweifel daran,ob das Spiegelbild die Gestalt des Betrachters wirklich so zeigt,wie er ist–ein Zweifel,der dazu führen kann,das Spiegelbild nochmals zu spiegeln und damit die Vertauschung aufzuheben.Gewöhnlich sagt man,man sehe sich im Spiegel.Sieht man sich wirklich?Oder nur die Vorderseite der eigenen Gestalt?Hinzu kommen weitere Ursachen der Verwirrung: Nicht jeder Spiegel ist gleich wie der andere.Die eigene Gestalt erscheint auf Wasseroberflächen,in ebenen und gekrümmten Spiegel oder im Auge des Gegen-über in unterschiedlicher Form,so dass der Zusammenhang von Spiegelbild und Objektivität nicht ohne weiteres evident ist.Schließlich erstaunt der Reiz von Idealität,Makellosigkeit, der vom Spiegelbild ausstrahlt!Auch in der Psychoanalyse,deren Aufmerksamkeit dem gilt,was man Seelisches nennt,sind diese Erfahrungen aufgenommen worden: Schon das Wort „Seele“ weckt Assoziationen zu See,damit auch zu Spiegel,Oberfläche und Tiefe.Schon S. Freud,hat in ein überlieferten Mythos,in dem sich der Held in sein Spiegelbild im Wasser verliebt: Narzißmus,gesprochen. Liest man Freuds Werke,stößt man nicht nur in der Arbeit,die er mit „Zur Einführung des Narzißmus“ betitelt hat, auf Spiegelmetaphern. Dennoch hat Freud nicht von einen Spiegelstadium gesprochen und seine Beobachtungen und Gedanken dazu nicht systematisiert.Anders verhält es sich bei Lacan,der in bezug auf diese Thematik Freuds Werke in direkter Linie fortgesetzt hat.Das Konzept des Spiegelstadiums beansprucht in der Lehre Lacans einen privilegierten Platz.Dies aus zwei Gründen:Es wurde zuerst ausgearbeitet,vor den Konzepten des Symbolischen und des Realen.In inhaltlicher Hinsicht ist das Spiegelstadium geeignet,Vorgänge in der psychoanalytischen Kur zu erhellen, aber auch Einsichten über Liebe und Sexualität zu vermitteln.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Was heißt Spiegelstadium?
- Der Blick des Dritten
- Das Begehren nach Einssein und sein Scheitern
- Die Verschränkung von Bild und Sprache
- Die Bedeutung des Spiegelstadiums am Beispiel der Hyperaktivität
- Überlegungen zur Hyperaktivität des Kindes
- Einführung
- Ein klinisches Beispiel
- Eine psychoanalytische Annäherung
- Schlussgedanke
- Bibelzitat
- Literaturverzeichnis
- Erklärung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Konzept des Spiegelstadiums, einem zentralen Begriff in der Psychoanalyse Jacques Lacans. Sie untersucht die Bedeutung dieses Stadiums für die Entwicklung des menschlichen Selbstbildes und die Entstehung des Begehrens. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle des Spiegelbildes, des Blickes des Dritten und der Sprache bei der Konstitution des Subjekts. Die Arbeit beleuchtet auch die Bedeutung des Spiegelstadiums für das Verständnis der Hyperaktivität bei Kindern.
- Das Spiegelstadium als Schlüsselmoment der Selbstfindung
- Die Rolle des Dritten (z.B. der Mutter) in der Entwicklung des Selbstbildes
- Die Bedeutung der Sprache für die Konstitution des Subjekts
- Die Beziehung zwischen Spiegelstadium und Hyperaktivität
- Die psychoanalytische Perspektive auf das Konzept des Spiegelstadiums
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Konzept des Spiegelstadiums ein und erklärt, wie es von Lacan entwickelt wurde. Es beschreibt die jubilatorische Reaktion von Kindern im Alter von 6-18 Monaten auf ihr Spiegelbild und analysiert die psychologischen Prozesse, die dabei stattfinden. Das Kapitel beleuchtet auch die Rolle der biologischen Faktoren und der Sprache bei der Entstehung des Spiegelstadiums.
Das zweite Kapitel konzentriert sich auf die Bedeutung des Blickes des Dritten, insbesondere der Mutter, für die Entwicklung des Selbstbildes. Es erklärt, wie die Interaktion mit der Mutter das Kind dabei unterstützt, sich als eigenständiges Wesen zu begreifen. Das Kapitel analysiert auch die Rolle des Begehrens und der Idealisierung in der Beziehung zwischen Mutter und Kind.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Begehren nach Einssein und seinem Scheitern. Es untersucht, wie die Liebe als Suche nach Einheit und Verdopplung des Selbst verstanden werden kann. Das Kapitel analysiert die Spannung zwischen dem Begehren nach Einssein und dem nach Differenz und zeigt, wie diese Spannung zu Konflikten und Herausforderungen in Beziehungen führt.
Das vierte Kapitel beleuchtet die Verschränkung von Bild und Sprache in der Entwicklung des Subjekts. Es erklärt, wie die Sprache das Imaginäre vom Visuellen löst und dem Kind ermöglicht, sich ein Bild von sich selbst zu machen, das nicht mehr an das Spiegelbild gebunden ist. Das Kapitel analysiert auch die Rolle der Sprache bei der Entstehung von Ängsten und Regressionen.
Das fünfte Kapitel widmet sich der Bedeutung des Spiegelstadiums für das Verständnis der Hyperaktivität bei Kindern. Es untersucht die Rolle der mütterlichen Besetzung und der Angstregulation in der Entwicklung des Kindes. Das Kapitel analysiert auch die psychoanalytische Perspektive auf die Hyperaktivität und erklärt, wie sie als Symptom eines unbewussten Konflikts verstanden werden kann.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Spiegelstadium, die Selbstfindung, das Begehren, die Rolle des Dritten, die Sprache, die Hyperaktivität und die psychoanalytische Perspektive. Der Text analysiert die Entstehung des Selbstbildes und die Bedeutung des Spiegelstadiums für die menschliche Entwicklung. Er beleuchtet die Beziehung zwischen Spiegelstadium und Hyperaktivität und bietet eine psychoanalytische Perspektive auf das Konzept des Spiegelstadiums.
- Quote paper
- Piroschka Weßling (Author), 2003, Überlegungen zur Hyperaktivität des Kindes und die Bedeutung des Spiegelstadiums, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55254
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