Die Firma Krupp hatte schon im Dritten Reich eine lange Tradition, der sie die zweifelhafte Ehre verdankte, als „Waffenschmiede des deutschen Volkes“, „Deutschlands Kanonenkönige“ oder als „Rüstungsschmiede des Reiches“ dargestellt zu werden. Auf deutscher Seite galten Firma und Familie Krupp als vorbildlich und patriotisch, auf der Seite der Gegner als Verkörperung von Hochmut und Angriffsgeist.
Firma und Familie haftete ein „Krupp-Mythos“ an, der unter anderem dazu führte, dass nach dem Zweiten Weltkrieg der Inhaber der Firma, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach stellvertretend für seinen Vater in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen zu Enteignung und Festungshaft verurteilt wurde, ein Urteil, das obwohl wenige Jahre später aufgehoben, von bemerkenswerter Härte war. Dieses Urteil drückt klar die Überzeugung aus, dass die Industrie, insbesondere die Rüstungsindustrie, einen Teil der Schuld sowohl am Regime als auch am Zweiten Weltkrieg trage. Die Theorien, welche die Industrie und Krupp als Steigbügelhalter Hitlers darzustellen versuchten, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg weiter gesponnen und trieben ihre wohl farbenprächtigsten Blüten in den Werken William Manchesters, bis sie vor nicht allzu langer Zeit wissenschaftlich wiederlegt wurden. Firma und Familie Krupp haften wohl aufgrund ihrer wechselhaften Geschichte ein Mythos an, der einige Autoren in der Krupp- Dynastie gar nach den Wurzeln des deutschen Nationalcharakters suchen lässt. Im Zuge der seit den 1980er Jahren immer beliebter werdenden mikroökonomischen Studien zur Geschichte des Dritten Reiches ist es an der Zeit, sowohl das von Krupp überlieferte Geschichtsbild als auch die verwandte Methode der Geschichtsschreibung zu hinterfragen. Einen ersten Anstoß in diese Richtung liefert Werner Abelshauser, der durch seine Fragestellung „Krupp-Rüstungsschmiede der Nation?“ darauf hinweist, dass bei genauer Betrachtung des vorhandenen Zahlenmaterials zu Umfang und prozentualem Anteil der im Hause Krupp erzeugten Rüstungsgüter das überlieferte Bild zumindest fraglich wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methodisches Vorgehen und Forschungsstand
- Literatur und Quellenlage
- Produktion
- Betriebsorganisation
- Sozialpolitik
- Quellenlage
- Politische Bedingungen und Steuerung der Produktion von 1933-1939
- Umfang und Entwicklung der Teilnahme des Kruppkonzerns am nationalsozialistischen Aufrüstungsvorhaben von 1933-1939
- Nationalsozialistische Vorstellungen und Anforderungen an Betriebsorganisation und Betriebsstruktur 1933-1939
- Betriebsorganisation und Betriebsstruktur bei Krupp 1933-1939
- Die politischen Bedingungen betrieblicher Sozialpolitik 1933-1939
- Umfang, Entwicklung und Art der betrieblichen Sozialleistungen der Firma Fried. Krupp von 1933-1939
- Betriebliche Sozialleistungen als Mittel zur Arbeiterwerbung und zur Umgehung des „Lohnstopps“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle des Krupp-Konzerns im Dritten Reich zwischen 1933 und 1939, indem sie die Betriebsorganisation, die Produktion und die Sozialpolitik des Unternehmens analysiert. Ziel ist es, ein differenziertes Bild der komplexen Beziehungen zwischen dem Konzern und dem nationalsozialistischen Regime zu zeichnen und gängige Mythen zu hinterfragen.
- Die Produktion von Rüstungsgütern bei Krupp und deren politische Steuerung
- Die Anpassung der Betriebsorganisation an die nationalsozialistischen Anforderungen
- Die Sozialpolitik von Krupp und deren Funktion im Kontext der Aufrüstung
- Die Rekonstruktion des Geschichtsbildes um Krupp und die Hinterfragung etablierter Narrativen
- Die Rolle der Unternehmensführung und deren Einbettung in politische und wirtschaftliche Systeme
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beleuchtet den umstrittenen Mythos um Krupp als „Waffenschmiede des deutschen Volkes“ und die widersprüchlichen Interpretationen seiner Rolle im Dritten Reich. Sie betont die Notwendigkeit, das überlieferte Geschichtsbild und die damit verbundenen Methoden der Geschichtsschreibung zu hinterfragen, insbesondere im Lichte neuer mikroökonomischer Studien. Die Arbeit setzt sich kritisch mit vereinfachenden Erklärungen auseinander, die die Unternehmensentscheidungen allein auf die Motive der Krupp-Familienoberhäupter zurückführen, und betont deren Einbettung in komplexe politische und wirtschaftliche Systeme.
Produktion der Fried. Krupp AG 1933-1939: Dieses Kapitel analysiert die Produktion des Krupp-Konzerns im Kontext der politischen Bedingungen und der nationalsozialistischen Aufrüstung. Es untersucht den Umfang und die Entwicklung der Beteiligung Krupps an den Rüstungsprojekten des Regimes, wobei es gängige Mythen über die ausschließliche Rolle Krupps als Rüstungsschmiede hinterfragt und ein differenzierteres Bild zeichnet.
Betriebsorganisation der Fried. Krupp AG 1933-1939: Dieser Abschnitt befasst sich mit der Anpassung der Betriebsorganisation und -struktur von Krupp an die nationalsozialistischen Ideologien und Anforderungen. Er untersucht, wie die nationalsozialistischen Vorstellungen in die Praxis umgesetzt wurden und welche Auswirkungen dies auf die interne Organisation und Struktur des Unternehmens hatte. Der Fokus liegt auf der Interaktion zwischen den Unternehmensstrukturen und den politischen Vorgaben des NS-Regimes.
Sozialpolitik der Fried. Krupp AG 1933-1939: Das Kapitel analysiert die Sozialpolitik des Krupp-Konzerns in den Jahren 1933-1939. Es untersucht den Umfang, die Entwicklung und die Art der betrieblichen Sozialleistungen im Kontext der politischen Rahmenbedingungen und beleuchtet deren Rolle im Kontext der Arbeiterwerbung und der Umgehung des „Lohnstopps“. Die widersprüchlichen Beurteilungen der Kruppschen Sozialpolitik werden kritisch diskutiert und in einen umfassenderen Kontext eingeordnet.
Schlüsselwörter
Krupp, Drittes Reich, Rüstung, Betriebsorganisation, Sozialpolitik, Nationalsozialismus, Aufrüstung, Wirtschaftsgeschichte, Unternehmensgeschichte, Mythos, Geschichtsbild, Mikroökonomie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Die Fried. Krupp AG im Dritten Reich (1933-1939)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Rolle des Krupp-Konzerns im Dritten Reich zwischen 1933 und 1939. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der Betriebsorganisation, der Produktion (insbesondere von Rüstungsgütern) und der Sozialpolitik des Unternehmens. Ziel ist es, ein differenziertes Bild der komplexen Beziehungen zwischen Krupp und dem nationalsozialistischen Regime zu zeichnen und gängige Mythen zu hinterfragen.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt die politische Steuerung der Rüstungsproduktion bei Krupp, die Anpassung der Betriebsorganisation an die nationalsozialistischen Anforderungen, die Sozialpolitik von Krupp und deren Funktion im Kontext der Aufrüstung, die Rekonstruktion des Geschichtsbildes um Krupp und die Hinterfragung etablierter Narrativen sowie die Rolle der Unternehmensführung und deren Einbettung in politische und wirtschaftliche Systeme.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, drei Hauptkapitel (Produktion, Betriebsorganisation, Sozialpolitik der Fried. Krupp AG 1933-1939) und ein Kapitel mit Schlüsselbegriffen. Die Einleitung beleuchtet den Forschungsstand und die methodische Vorgehensweise. Die Hauptkapitel untersuchen jeweils die jeweilige Thematik im Kontext des Dritten Reichs und der nationalsozialistischen Politik. Die Zusammenfassung der Kapitel bietet einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf eine umfassende Literatur- und Quellenlage, inklusive Produktionsdaten, Betriebsorganisationsplänen und sozialpolitischen Dokumenten der Fried. Krupp AG. Es wird explizit auf die Literatur zu Produktion, Betriebsorganisation, Sozialpolitik und die Quellenlage eingegangen.
Welche Mythen werden hinterfragt?
Die Arbeit hinterfragt vereinfachte Erklärungen, die die Unternehmensentscheidungen allein auf die Motive der Krupp-Familienoberhäupter zurückführen und den Mythos von Krupp als ausschließliche „Waffenschmiede des deutschen Volkes“. Sie betont die Einbettung der Unternehmensentscheidungen in komplexe politische und wirtschaftliche Systeme.
Welche methodische Vorgehensweise wird angewendet?
Die Arbeit wendet eine kritische und differenzierte Analysemethode an, indem sie gängige Narrativen hinterfragt und ein differenziertes Bild der komplexen Beziehungen zwischen dem Krupp-Konzern und dem nationalsozialistischen Regime zeichnet. Sie greift auf mikroökonomische Studien zurück, um ein umfassenderes Verständnis zu ermöglichen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Krupp, Drittes Reich, Rüstung, Betriebsorganisation, Sozialpolitik, Nationalsozialismus, Aufrüstung, Wirtschaftsgeschichte, Unternehmensgeschichte, Mythos, Geschichtsbild, Mikroökonomie.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, ein differenziertes und umfassendes Verständnis der Rolle des Krupp-Konzerns im Dritten Reich zu liefern, indem sie die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem Unternehmen und dem nationalsozialistischen Regime aufzeigt und vereinfachende Darstellungen hinterfragt.
- Quote paper
- M. A. Simon Reimann (Author), 2004, Krupp im 'Dritten Reich' (1933- 1939) - Betriebsorganisation, Produktion und Sozialpolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55276